Zitat von DP im Beitrag #240Wenn es um die Diskreditierung der US geht zitiert Martin jeden Idioten, selbst Varoufakis, der mit etwas Amibashing und Verschwörungstheorien auf Bilderberger Niveau mal eben auf Stand der Wissenschaft überhöht wird.
Was ich V. zugute halte ist, dass er eben nicht in diesem Deinen Stil Bashing oder sonst was betreibt. Sein Stil ist recht nüchtern und überhaupt nicht negativ. Dass die USA eine Weltmacht im Sinne des Wortes sind ist in der Regel unbestritten (vielleicht siehst Du das anders), mit allen Implikationen. Festzustellen, dass sich die USA die Butter nicht einfach vom Brot nehmen lassen wollen, beweist erst mal Realitätssinn, hat mit bashing nichts zu tun. Ich weiß nicht genau, was in den Köpfen der Ossis so vorging, als die Mauer fiel, aber ich kannte sowohl vietnamesische Flüchtlinge, als auch jetzt bosnische Flüchtlinge, für die die USA das Zielland #1 sind, Deutschland ist höchstens zweite Wahl. Das sagt viel über die Stellung der USA in den Köpfen der Menschen. Für jemanden, der nicht das Flüchtlingssyndrom hat, für den die USA persönliche Wirkstätte waren, fällt es vielleicht ein bisschen leichter die Situation nüchtern zu sehen.
Ich referenziere V. dort, wo er die historischen Zusammenhänge beschreibt (sein Buch habe ich zufällig bekommen), vielleicht fällt Dir auf, dass ich über seine Lösungsvorschläge, also das, wo er sich selbst einbringt, nicht geschrieben habe. Da hat er mich nicht überzeugt. Sie waren aber interessant, um zu erkennen, ob er solche Vorschläge in der Euro-Gruppe umzusetzen versucht hatte. Nicht mehr und nicht weniger. Er ist auf der Suche nach einem Regelmechanismus. Ich habe da eigene Ideen (die ich hier im TdT auch schon mal erwähnt habe, vermutlich zu Papandreou-Zeiten), die, wenn ich einen Mitarbeiterstab hätte auch gerne mal kalkuliert sehen würde - übrigens inspiriert von der Zeit nach dem Mauerfall. Man darf sich allerdings keine Illusion machen, die EU ist so handlungsunfähig, dass sie kein neues Fass aufmachen wird.
Zitat Was mir bei Varoufakis sehr deutlich auffiel war, dass er von den Basics der Finanzpolitik keine Ahnung hat. Er konnte dazu weder Fragen beantworten noch Strukturen erläutern. Varoufakis kann nur das Grosse und Ganze,...
Ich habe V. bisher nicht Life erlebt, ich weiß nicht, woher Dein Eindruck entstanden ist. Gibt es dazu ein Interview?
Zitat Die Griechenland Krise ist, wo wir schon beim Thema sind, ist zu weiten Teilen auch dem fehlenden Grundlagenwissen verschiedener Politiker geschuldet. Die neugewählten Quasi-Kommunisten waren leider komplett überfordert und beauftragten mit der Verhandlungsführung zwei linke Redenschwinger ohne Ahnung von der Materie. Die Kenntnis von Spieltheorien und Märchen (also VWL) ersetzt nun mal nicht das ABC der Staatsfinanzen. Dass Varoufakis die erst beste Gelegenheit nutzte sich abzuseilen war folgerichtig und die Vorführung eines griechischen Ministerpräsidenten wie einem kleinen Schuljungen in den entscheidenden Verhandlungen leider auch.
Ich habe bisher keinen Grund, an V.s Ahnung von der Materie zu zweifeln, aber ich bin bisher nicht recht schlau geworden über seine und Tsipras' Aktionen. Das hat ja auch ganz andere Aspekte: Beide kommen als völlige Außenseiter ins bestens vernetzte Brüssel und stehen wochenlang im Mittelpunkt der Berichtserstattung. Der Unterschied zwischen V. und T. war für mich erst mal, dass sich V. von diesem Brüssel überhaupt nicht einvernehmen lassen wollte, T. würde wohl gerne, steht dann aber in voller Spannung zu den Daheimgebliebenen seiner Regierung. Wie er wohl reagieren würde, wenn man ihm einen lukrativen Posten avisierte (ich denke, Brüssel kann das)? Zerbricht dann die Koalition in GR, und kommt dann eine willfährigere Regierung? Das Referendum hat gezeigt, dass Brüssel darauf nicht setzen kann. Es bleibt spannend, der IWF schießt mal wieder quer: http://www.zerohedge.com/news/2015-07-14...t-europe-has-be
Ich habe bisher keinen Grund, an V.s Ahnung von der Materie zu zweifeln, aber ich bin bisher nicht recht schlau geworden über seine und Tsipras' Aktionen. Das hat ja auch ganz andere Aspekte: Beide kommen als völlige Außenseiter ins bestens vernetzte Brüssel und stehen wochenlang im Mittelpunkt der Berichtserstattung. Der Unterschied zwischen V. und T. war für mich erst mal, dass sich V. von diesem Brüssel überhaupt nicht einvernehmen lassen wollte, T. würde wohl gerne, steht dann aber in voller Spannung zu den Daheimgebliebenen seiner Regierung. Wie er wohl reagieren würde, wenn man ihm einen lukrativen Posten avisierte (ich denke, Brüssel kann das)? Zerbricht dann die Koalition in GR, und kommt dann eine willfährigere Regierung? Das Referendum hat gezeigt, dass Brüssel darauf nicht setzen kann. Es bleibt spannend, der IWF schießt mal wieder quer: http://www.zerohedge.com/news/2015-07-14...t-europe-has-be
Gruß, Martin
Ja genau, das ist Varoufakis Leier: Die armen aber ehrlichen und aufrichtigen Griechen werden von Brüssel erpresst, drangsaliert und geschulmeistert.
Das stimmt natürlich, hat aber auch eine kleine Vorgeschichte; Sarrazin: "Ein souveräner Staat kann seine Einnahmen und Ausgaben stets so ordnen, dass keine untragbaren Defizite entstehen. Wenn er dies nicht will, muss er auch die Folgen tragen."
Zitat von DP im Beitrag #242 Das stimmt natürlich, hat aber auch eine kleine Vorgeschichte; Sarrazin: "Ein souveräner Staat kann seine Einnahmen und Ausgaben stets so ordnen, dass keine untragbaren Defizite entstehen. Wenn er dies nicht will, muss er auch die Folgen tragen."
Die Diskussion gab es schon 2010: Souveränität gegen Geld. Es wäre wohl die abschreckendste Variante für potentielle Nachahmer. Allerdings sicher nicht für große Länder, wie Spanien, Italien, und vor allem Frankreich. Das wirkt höchstens bei den Kleinen.
Die Griechenland Krise ist, wo wir schon beim Thema sind, ist zu weiten Teilen auch dem fehlenden Grundlagenwissen verschiedener Politiker geschuldet. Die neugewählten Quasi-Kommunisten waren leider komplett überfordert und beauftragten mit der Verhandlungsführung zwei linke Redenschwinger ohne Ahnung von der Materie. Die Kenntnis von Spieltheorien und Märchen (also VWL) ersetzt nun mal nicht das ABC der Staatsfinanzen. Dass Varoufakis die erst beste Gelegenheit nutzte sich abzuseilen war folgerichtig und die Vorführung eines griechischen Ministerpräsidenten wie einem kleinen Schuljungen in den entscheidenden Verhandlungen leider auch.
Die Griechen hatten keine Chance, und haben versucht sie zu nutzen. Wenn man mal die Vergangenheit beiseite lässt, standen T+V vor der Situation, dass die Massnahmen der Troika offensichtlich nicht gewirkt haben und auch nicht wirken werden und einer EU, die nur genau diese Massnahmen fortsetzen wollen. Da die EU alle Macht hat, diese Massnahmen weiter durchzusetzen, haben sie gepokert. Die Chancen zu gewinnen waren extrem gering, entsprechend haben sie auch verloren, aber sie haben so gut gespielt, wie es unter den Umständen ging. Wobei der Ausgang duurchaus knapp war, ich hatte schon den Eindruck, dass sie am Ende den einen oder anderen Verbündeten gefunden hatten, aber Schäuble war letztlich zu stur.
Wobei ich durchaus sehe, dass auch Tsirpas nicht wirklich an die Probleme ran will. Die Beamtenzahl muss offensichtlich reduziert werden, die Steuern müssen eingetrieben werden. Aber vor allem muss die Wirtschaft wieder wachsen. Die Verschuldung Griechenlands in Relation zum BIP ist bei konstanter Schuldenhöhe drastisch gestiegen, weil die Wirtschaft so geschrumpft ist. Und das sehe ich einfach überhaupt keinen Ansatz, weder bei der Troika, noch bei den Griechen, das zu ändern.
Wie soll das denn jetzt weiter gehen, wenn die Griechen zwar weiter sparen, das aber absehbar zu einer weiteren Reduzierung des BIP führt ? In ein paar Jahren stehen die Griechen wieder da, wo sie jetzt sind, nur sind die Schulden höher und die Optionen noch weniger. Naja, Schäuble wird dann nicht mehr dabei sein.
Zitat von Kater im Beitrag #244 Wenn man mal die Vergangenheit beiseite lässt, standen T+V vor der Situation, dass die Massnahmen der Troika offensichtlich nicht gewirkt haben und auch nicht wirken werden
Bis zum Zeitpunkt als sich die Griechen für diese Links-rechts Regierung entschieden war Griechenland doch auf Kurs. Man erwartete sogar ein Wachstum im Bereich 3%. Mit weiteren Erfolgen hätte man mit den Gläubigern sicher auch über einen Schuldenschnitt reden können. Aber die Griechen wählten die Konfrontation und haben sie bekommen.
Natürlich muss man auch klar sagen, dass es hier noch mehr Dimensionen gibt; kein Land will Renitenten auch noch Zuckerbrot reichen und Extremparteien mit Erfolgen füttern hat auch keiner Lust mit Blick auf die eigenen Wahlen. Das sind die Minuspunkte, für die die Griechen per se nichts können. Dagegen steht das Plus, dass sich alle Mühe gaben für einen Erfolg, obwohl der weder politisch noch moralisch noch wirtschaftlich auch nur irgendwie gerechtfertigt ist.
Zitat von DP im Beitrag #245Bis zum Zeitpunkt als sich die Griechen für diese Links-rechts Regierung entschieden war Griechenland doch auf Kurs. Man erwartete sogar ein Wachstum im Bereich 3%. Mit weiteren Erfolgen hätte man mit den Gläubigern sicher auch über einen Schuldenschnitt reden können. Aber die Griechen wählten die Konfrontation und haben sie bekommen.
Griechenland war nicht auf Kurs, die Zahlen, die gehandelt werden halten keiner Überprüfung stand. Man hat versucht, die Lage erst damit in den Griff zu bekommen, dass man die bestehenden Kredite gestundet hat. Nicht berücksichtigt dabei war aber, dass regelmäßig nachgeschossen werden muss. Das kann man dann auch wieder zu 0% Zinsen machen. Usw.. Wenn dann in 30 Jahren Zinsen höher stehen, dann kommt spätestens dann der Knall, nur sind die heutigen Politiker dann nicht mehr im Amt. Die Amerikaner nennen das 'kicking the can down the road'. Die künftige Generation darf das ausbaden. Ist bei uns im Prinzip nicht anders, nur unterschiedlich in der Größenordnung.
Zitat Natürlich muss man auch klar sagen, dass es hier noch mehr Dimensionen gibt; kein Land will Renitenten auch noch Zuckerbrot reichen und Extremparteien mit Erfolgen füttern hat auch keiner Lust mit Blick auf die eigenen Wahlen. Das sind die Minuspunkte, für die die Griechen per se nichts können. Dagegen steht das Plus, dass sich alle Mühe gaben für einen Erfolg, obwohl der weder politisch noch moralisch noch wirtschaftlich auch nur irgendwie gerechtfertigt ist.
In ein souveränes Land von außen hinein zu regieren widerspricht allen unseren Grundsätzen. Der Grexit hätte erst mal den Vorteil, dass eine griechische Regierung voll dem eigenen Volk verantwortlich wäre, inkl. Währungspolitik, und dass das Fingerpointing zur EU entfiele. Ohne Schuldenerlass funktioniert das aber nicht, die Dose wurde schon zu lange gekickt. Ich kann nicht beurteilen, ob die Griechen in der Lage wären, eine zu den Nordländern konkurrenzfähige Wirtschaft aufzubauen, sie stehen auch in Konkurrenz zu Bulgarien, Rumänien, u.a.. Ich kann nur beitragen, dass beispielsweise eine Fertigungslinie, die wir mal in Rumänien hatten, allein von der nicht ganz kompatiblen Mentalität der Leute her immer eng kontrolliert werden musste, aber dann doch viele Qualitätsprobleme hatte. Und das in einer Situation, in der sie eigentlich Zugriff auf die Besten des Landes hatten. Ich behaupte mal, mit den Griechen wäre das nicht viel anders. Ich kann mich aber nicht erinnern, dass wir oder irgendein Zulieferer jemals eine Fertigungsstätte in GR gehabt hätten.
Zitat von DP im Beitrag #240Wenn es um die Diskreditierung der US geht zitiert Martin jeden Idioten, selbst Varoufakis, der mit etwas Amibashing und Verschwörungstheorien auf Bilderberger Niveau mal eben auf Stand der Wissenschaft überhöht wird.
Was ich V. zugute halte ist, dass er eben nicht in diesem Deinen Stil Bashing oder sonst was betreibt. Sein Stil ist recht nüchtern und überhaupt nicht negativ.
Gruß, Martin
Beispiele: „Was sie mit Griechenland machen, hat einen Namen - Terrorismus“, sagte Varoufakis der spanischen Zeitung „El Mundo“ vom Samstag. „Was Brüssel und die Troika heute wollen, ist, dass das ’Ja’ gewinnt, damit sie die Griechen weiter erniedrigen können“, sagte er mit Blick auf die Volksabstimmung am Sonntag. „Warum haben sie uns gezwungen, die Banken zu schließen? Um Angst unter den Leuten zu schüren“, sagte der Minister. „Und wenn es darum geht, Angst zu verbreiten, dann nennt man dieses Phänomen Terrorismus.“
Hier wird immer die Souveränität hochgehalten. Nur, welches Land ist denn souverän im Sinne von mehr oder weniger unabhängig? Jedes Land schließt Veträge mit anderen Ländern und ist in internationale Abläufe eingebunden. Je mehr sich ein Land verschuldet, desto weniger souverän ist es. Und im Falle Griechenland kommt hinzu, dass Griechenland deshalb nie souverän war, weil es bis heute in Hand von korruten Kleptokraten war/ist.
Zitat von DP im Beitrag #240Wenn es um die Diskreditierung der US geht zitiert Martin jeden Idioten, selbst Varoufakis, der mit etwas Amibashing und Verschwörungstheorien auf Bilderberger Niveau mal eben auf Stand der Wissenschaft überhöht wird.
Was ich V. zugute halte ist, dass er eben nicht in diesem Deinen Stil Bashing oder sonst was betreibt. Sein Stil ist recht nüchtern und überhaupt nicht negativ.
Gruß, Martin
Beispiele: „Was sie mit Griechenland machen, hat einen Namen - Terrorismus“, sagte Varoufakis der spanischen Zeitung „El Mundo“ vom Samstag. „Was Brüssel und die Troika heute wollen, ist, dass das ’Ja’ gewinnt, damit sie die Griechen weiter erniedrigen können“, sagte er mit Blick auf die Volksabstimmung am Sonntag. „Warum haben sie uns gezwungen, die Banken zu schließen? Um Angst unter den Leuten zu schüren“, sagte der Minister. „Und wenn es darum geht, Angst zu verbreiten, dann nennt man dieses Phänomen Terrorismus.“
Hier wird immer die Souveränität hochgehalten. Nur, welches Land ist denn souverän im Sinne von mehr oder weniger unabhängig? Jedes Land schließt Veträge mit anderen Ländern und ist in internationale Abläufe eingebunden. Je mehr sich ein Land verschuldet, desto weniger souverän ist es. Und im Falle Griechenland kommt hinzu, dass Griechenland deshalb nie souverän war, weil es bis heute in Hand von korruten Kleptokraten war/ist.
Sorry, ich hatte von seinem Buch geschrieben. Dass V. sonst etwas spektakuläre Auftritte hat ist davon unbenommen.
Zitat von MartiS2 im Beitrag #239 Die USA hatten nach Bretton Woods den $ als Welthandelswährung etabliert, konnten aufgrund des dadurch starken $ leicht weltweit Kapital einsammeln: D hat fleißig Autos in die USA gekauft, und die Gewinne gleich hinterhergeschickt. Dito. Andere.
Ob geplant oder nicht, für die USA war das kein schlechter Deal. Für die Europäer ging der Euro auch ganz gut, bis dann die fehlender Regelmechanismen offensichtlich wurden. Da sind wir nun. Bevor wir zur DM zurückkehren muss es eine deutlich schlimmere Krise geben als GR.
Gruß, Martin
Durch Brettan-Woods wurde der US-$ als Leit-, Transaktions- und Reservewährung weltweit eingeführt. Nicht danach. Das entsprach dem wirtschaftlichen Gewicht der USA, so dass das enlische Pfund keine Leitwährung mehr sein konnte. Das war also keine Verschwörung oder Magie. Deutsche Autofirmen haben ihre Gewinne aus ihren USA-Geschäften in die USA "geschickt"? An wen?
Der Euro hat sofort nach seiner Geburt bis heute die Rolle einer so genannten weltweiten Reservewährung eingenommen (2014 = 24,4 % zu 61 % US-$)
Die Deutsch-Mark als Erlöser-Manna und Sarrazani als der Erlöser himself?
Bis zum Zeitpunkt als sich die Griechen für diese Links-rechts Regierung entschieden war Griechenland doch auf Kurs. Man erwartete sogar ein Wachstum im Bereich 3%. Mit weiteren Erfolgen hätte man mit den Gläubigern sicher auch über einen Schuldenschnitt reden können. Aber die Griechen wählten die Konfrontation und haben sie bekommen.
Wenn ich das richtig verstanden hatte, ergaben sich diese Wachstumszahlen nur durch die negative Inflation. Das Wirtschaftswachstum wird in der Regel um die Inflation vermindert, um die Preissteigerung rauszurechnen. Das ergibt dann natürlich sinnvolle Werte, wenn man z. B. ein Wirtschaftswachstum von 5% hat und eine Inflation von 3%, ist das reale Wachstum nur 2%.
Bei Griechenland war das wohl ein reales Wirtschaftswachstum von -1,1% abzüglich der Inflationsrate von -1,8% ergibt ein reales Wachstum von +0,7%.
Statistisch vielleicht korrekt, aber die beiden Zahlen für sich sind kein Erfolg.
Gysi zwitschert: "Alles andere als ein Ja im griechischen Parlament bedeutete, eine Katastrophe, eine Verelendung des griechischen Volkes hinzunehmen."
Gysi empfiehlt, den griechischen Abgeordneten mit JA zu stimmen und will selbst in Berlin dagegen stimmen. Stimmt so?
Schade, dass unerwähnt bleibt, wie sich die deutsche Regierung mit Hjilmar Schacht an den eigenen Haaren aus dem Sumpf gezogen hat, nämlich durch die sogenannten Mefo-Wechsel.
Wenn ich das richtig verstanden hatte, ergaben sich diese Wachstumszahlen nur durch die negative Inflation. Das Wirtschaftswachstum wird in der Regel um die Inflation vermindert, um die Preissteigerung rauszurechnen. Das ergibt dann natürlich sinnvolle Werte, wenn man z. B. ein Wirtschaftswachstum von 5% hat und eine Inflation von 3%, ist das reale Wachstum nur 2%.
Bei Griechenland war das wohl ein reales Wirtschaftswachstum von -1,1% abzüglich der Inflationsrate von -1,8% ergibt ein reales Wachstum von +0,7%.
Statistisch vielleicht korrekt, aber die beiden Zahlen für sich sind kein Erfolg.
Gruss Kater
Gut dann wäre die Frage, was denn für dich Erfolg ist? Die Staatsquote in GR ist mit den Massnahmen der Troika um 30% zurückgegangen. Das halte ich für einen Erfolg (unbenommen, dass das ein griechischer Beamter anders sieht). Jetzt kann man natürlich mosern, dass es 50% hätten sein müssen, ok, aber es waren doch immerhin 30%, also ein guter Anfang und die Basis, ein reales Wachstum von 0.7% (um deine Zahl zu nehmen) zu erwirtschaften und nicht -10% wie vorher. Das Problem der Griechen ist, dass sie ihren Staat nur als Versorger betrachten, den es möglichst günstig auszuschlachten gilt. Deshalb ist die Reduktion der Staatsquote für die Gläubiger mit jedem % ein Segen und für die Griechen ein Fluch. Deshalb wäre ein Grexit auch so segensreich; weil die Griechen dann wieder auf sich gestellt wären, zumindest ausserhalb der humanitären Hilfe der EU. Dann können sie weiterhin ihren Staat plündern, dann eben auf Kosten der anderen Griechen und nicht der Slowaken, Deutschen und Esten.
Schade, dass unerwähnt bleibt, wie sich die deutsche Regierung mit Hjilmar Schacht an den eigenen Haaren aus dem Sumpf gezogen hat, nämlich durch die sogenannten Mefo-Wechsel.
Gruß, Martin
NZZ: "Im Falle Deutschlands ist der Ausgang bekannt: Nach drei Jahren Deflationspolitik kam Hitler an die Macht. Im Falle Griechenlands sind die politischen Folgewirkungen noch unabsehbar.
In beiden Fällen war das Schuldnerland Teil eines Währungssystems, das einen wesentlichen Anpassungsmechanismus blockiert: Wie damals die Bindung an das Gold verhindert heute im Euro-System die Abschaffung nationaler Währungen die Anpassung der Wechselkurse an realwirtschaftliche Verschiebungen."
Hier irrt der NZZ-Wirtschaftshystoriker, weil er seine Meinung zu heute mit einer unzulässigen Verkürzung der Geschichte begründen will! ... " ... Doch waren die finanziellen Spielräume Deutschlands seit dem amerikanischen Börsen- und Bankenkrach von 1929 rasch sehr klein geworden. Kurzfristige amerikanische Kredite wurden massenhaft zurückgerufen. In Deutschland kam es 1930/31 zu Bankenkrisen mit Hunderten Bankrotten kleiner Sparkassen und vorübergehenden Schließungen aller Finanzinstitute. Hier verschärfte der rigorose Sparkurs Brünings die Lage.
Doch muss auch festgestellt werden, dass es 1930 keinerlei Rettungsmechanismen gab und das Deutsche Reich auf den Finanzmärkten schlicht keinen Kredit mehr hatte - das hat soeben noch einmal Knut Borchardt in der jüngsten Ausgabe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte festgestellt. Borchardts klassische Abhandlung von 1979 über "Zwangslagen und Handlungsspielräume in der großen Wirtschaftskrise der frühen dreißiger Jahre" liegt längst auf Englisch vor und könnte auch von amerikanischen Ökonomen gelesen werden.
Wer vergleicht, muss auch Unterschiede bedenken. Deutschland hatte, als es 1930 in die Krise fiel, bereits drei existenzielle Schocks hinter sich: Den Verlust des Ersten Weltkriegs mit Millionen Toten und Verwundeten; die Hungerkrise des Winters 1918/19 mit etwa 200 000 Toten; die Inflation von 1923 mit der Vernichtung der Sparvermögen vor allem der Mittelschicht.
... Die heutige Krise am Mittelmeer hat deutlich andere Hintergründe: Im Kern ist sie eine Globalisierungskrise, in Griechenland kommt dazu der Zusammenbruch eines dysfunktionalen staatsklientelistischen Systems. Bankenkrisen und Staatsinsolvenzen konnten bisher vermieden werden. Anders ist auch, dass den jungen Deutschen um 1930 kein durchlässiger europäischer Arbeitsmarkt offenstand - allenfalls gab es die Möglichkeit der Auswanderung, die angesichts der globalen Dimension der Krise wenig verlockend war.
Griechenland hat das Sonderproblem des versagenden Staats. Was teure Ausgabenprogramme bei fehlender Verwaltungseffizienz, überhaupt bei Wettbewerbsungleichgewichten auf längere Sicht eigentlich bewirken sollen, hat noch keiner der heutigen Pseudo-Keynesianer richtig erklären können. Deutschland war 1930 ein Staat mit sehr guter Verwaltung und einer hoch entwickelten, modernen Industrie - Voraussetzungen für einen raschen Wiederaufstieg, die in Griechenland fehlen." Gustav Seibt, Historiker
Was also bisher sehr unterbelichtet ist, ist die Tatsache, dass Griechenland ein Nation-Building braucht, weil es keine halbwegs arbeitsfähige und integre Verwaltung hat und auch keine solche Führung. Ohne das, ist es tatsächlich ein Fass ohne Boden. Einigermaßen souverän kann Griechenland erst nach dem Nation-Building werden.