SteffenHuber schrieb am 17.08.2008 23:30
Auf der anderen Seite glaube ich nicht, dass die NATO-Mitgliedschaft Georgien was geholfen hätte. Oder glaubt jemand ernsthaft, die Bundeswehr wäre zu Hilfe geeilt, wo doch die Russen nur ihre Landsleute beschützen wollten und lediglich eine Friedensarmee ins Land geschickt haben?
Steffen
Das kann man so nicht sagen. Eine NATO Mitgliedschaft hätte eine genaue Absprache Georgiens mit dem Bündnis vorausgesetzt. Soviel ich hier verstanden habe gab es höchstens einen vagen Informationsaustausch mit den USA. Wenn das Bündnis dann das ok gegeben hätte, hätte sie, wenn überhaupt, die Besetzung Südossetiens mit Sicherheit besser abgesichert als das jetzt der Fall gewesen war.
Russische Propaganda hin oder her, das Agieren Georgiens war dilettantisch und eigentlich ist es eine Zumutung, wenn Merkel, Sarkozy und Bush sich jetzt für Saakaschwili einsetzen müssen.
"Auf der anderen Seite glaube ich nicht, dass die NATO-Mitgliedschaft Georgien was geholfen hätte. Oder glaubt jemand ernsthaft, die Bundeswehr wäre zu Hilfe geeilt, wo doch die Russen nur ihre Landsleute beschützen wollten und lediglich eine Friedensarmee ins Land geschickt haben? "
Machen wir uns nichts vor. Der Sinn einer NATO Mitgliedschaft liegt in der Abschreckung.
Wenn die nicht mehr funktioniert, ist die NATO Mitgliedschaft nichts mehr wert.
Allerdings stellt sich die Frage, welches Risiko die Russen eingehen würden, um das zu testen. Auch die Amerikaner und die anderen NATO Mitglieder hätten viel zu verlieren, wenn diese Glaubwürdigkeit verloren ginge. Was wiederum die Russen wissen.
Es mag gut sein, dass die Russen deswegen jetzt so massiv reagiert haben, weil sie sich das nach einem NATO Beitritt Georgiens nicht mehr getraut hätten.
Richtig, wobei ich hier wieder auf meinen von Lexx so schnöde verachteten Zwist zwischen NATO und EU zurückkomme; sollte sich die NATO dazu entschliessen, die gegenwärtig vielbeschworene territoriale Integrität Georgiens durchzusetzen wäre das das politische Gegenteil von dem, was die EU im Kosovo durchgezogen hat; die Separierung eines Landes gegen den Willen der Zentralregierung.
Ich sehe nicht, wie der Westen aus dieser Glaubwürdigkeitslücke heil herauskommen kann.
Freilich gilt dasselbe für die Russen umgekehrt.
DP:
Ich komme nicht umhin, diesen Zwist ein weiteres mal schnöde zu verachten: Die USA waren einer der Staaten, die das Kosovo als erstes anerkannt haben. Inzwischen ist es praktisch auch die gesamte NATO. Auf der anderen Seite hat sich die NATO, wie EU mehr oder weniger für ein einiges Georgien ausgesprochen. Neben den USA waren es vor allem Frankreich und Deutschland, die sich hier bemüht haben.
In dem einen Fall jetzt die EU hervorzuheben und im anderen Fall die NATO wirkt daher ziemlich konstruiert.
...sollte sich die NATO dazu entschliessen, die gegenwärtig vielbeschworene territoriale Integrität Georgiens durchzusetzen wäre das das politische Gegenteil von dem, was die EU im Kosovo durchgezogen hat; die Separierung eines Landes gegen den Willen der Zentralregierung.
Ich sehe nicht, wie der Westen aus dieser Glaubwürdigkeitslücke heil herauskommen kann.
...
DP
Gar nicht.
Aber das spielt doch bei diesem Thema keine Rolle. Es geht nicht um die Verteidigung der europäischen Vorherrschaft als Moralapostel. Es geht um Leben und Tod. Die Russen sind nach einer Pause von 20 Jahren wieder auf dem Vormarsch. Wir müssen uns überlegen, wie wir diesen Vormarsch stoppen wollen.
Oder wir dürfen bald wieder den Spruch hören "Lieber rot als tot".
MfG Frank
Anonymer User schrieb am 18.08.2008 10:31
Russische Propaganda hin oder her, das Agieren Georgiens war dilettantisch und eigentlich ist es eine Zumutung, wenn Merkel, Sarkozy und Bush sich jetzt für Saakaschwili einsetzen müssen.
DP
Das war nur dann dilettantisch, wenn man die russische Version des Krieges glaubt. Jetzt mal rational überlegt: mehr als die Hälfte der russischen Armee, also über 10.000 Mann mit schwerem Gerät, sind durch EINEN EINZIGEN BERGTUNNEL eingerückt. Wäre die Ereigniskette tatsächlich so abgelaufen, wie von den Russen behauptet, dann hätten die Georgier als allererstes diesen Tunnel gesprengt. Dann wäre der Krieg nämlich ganz anders verlaufen - schließlich ist das da keine nordeuropäische Tiefebene, sondern Bergland.
Statt dessen rücken die Russen mit einer ganzen Armme seelenruhig in Südossetien ein und die Georgier machen nicht mehr, als zuzusehen. Wie glaubwürdig ist diese Version? Macht euch doch nicht lächerlich. Viel wahrscheinlicher ist doch, dass die Russen ZUERST durch den Tunnel aufmarschiert sind und erst, als bereits 10.000 russische Soldaten in Südossetien standen, haben die Georgier geschossen. In dem Fall haben nicht die Georgier den Krieg begonnen, sondern die Russen.
Ich bin echt erstaunt, wie sehr in den deutschen Medien bedenkenlos den Russen geglaubt wird. Scheint so, dass die Russen da (im Gegensatz zu den USA!) per se erst mal die "Guten" sind und ich frage mich wieso eigentlich...
Frank2000 schrieb am 18.08.2008 13:15
Aber das spielt doch bei diesem Thema keine Rolle. Es geht nicht um die Verteidigung der europäischen Vorherrschaft als Moralapostel. Es geht um Leben und Tod. Die Russen sind nach einer Pause von 20 Jahren wieder auf dem Vormarsch. Wir müssen uns überlegen, wie wir diesen Vormarsch stoppen wollen.
Oder wir dürfen bald wieder den Spruch hören "Lieber rot als tot".
MfG Frank
Wie kann man nur eine derart verzerrte Wahrnehmung der Realität haben? "Die Russen sind auf dem Vormarsch". "Ekaatt, die Russen kommen!" Ich lach' mich schlapp!
Zur Abwechslung mal ein guter Beitrag von Steingart auf SPON:
Zitat:
Russlands Einmarsch in Georgien hat die Liebhaber historischer Vergleiche auf den Plan gerufen. Schwedens Außenminister Carl Bildt verglich Wladimir Putin mit Hitler. Der ehemalige US-amerikanische Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski fühlte sich an Stalins Vorgehen gegenüber Finnland erinnert.
Doch diese Analogien sagen mehr über den Gemütszustand des Westens als über Putin. Auch wenn es zunächst verwegen klingt und die Amerikaner es nicht gern hören werden: Der Wladimir Putin unserer Tage ähnelt noch am ehesten dem John F. Kennedy der Jahre 1961/62.
Schon Kennedy unterschied zwischen souveränen Staaten 1. und 2. Klasse. Er ging davon aus, dass der Bewohner im Vorderhaus auch im Hinterhof ein Wort mitzureden habe, zum Beispiel in Kuba. So sieht es auch Putin, zum Beispiel im Falle Georgiens. Im Falle Amerikas nennen wir ein solches Verhalten dominant, im Falle Russlands aggressiv. Aber wir meinen dasselbe.
Das Denken in Einflusssphären hatte bei Kennedy militärische Folgen, so wie bei Putin. Kennedy ging in Kuba sogar weiter als der russische Ministerpräsident in Georgien. Der amerikanische Geheimdienst CIA unterstützte im April 1961 die Landung von Exilkubanern in Playa Girón an der kubanischen Schweinebucht. Kennedy wollte einen Regimewechsel in Havanna erzwingen, was sich Putin in Georgien verkniff.
Und wieder ein gesalzener Kommentar - diesmal zu Georgien und dem Westen.
"Leider weigert sich auch die Bundeskanzlerin nachzuforschen, von wem die Aggression ausging. Trotz aller Provokationen der russischen Seite - letztendlich von Georgien. Dies ist mittlerweile erhärtet, Beweise gibt es ausreichend.
Über sechs Jahre lang haben die USA Georgien aufgerüstet und mit jenen Waffen versorgt, die eingesetzt wurden, um gegen das wehrlose Ossetien zuzuschlagen. Georgien führte einen Eroberungskrieg, allein aus ethnischen Gründen. Moskau spricht von einem Genozid, dies mag übertrieben sein. Aber es kann doch nicht angehen, dass die Bundeskanzlerin so tut, als wäre nichts geschehen - und weiterhin Georgien die Aufnahme in die NATO zusichert."
"Genauso wie in Russland wurden die Wähler bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen [In Georgien] unter Druck gesetzt, genauso wurde am Ergebnis manipuliert. Die Wahlbeobachter der OSZE haben dies bekundet, im Übrigen die Deutschen deutlicher als die Amerikaner. Vergessen anscheinend, dass Saakaschwili im Dezember des letzten Jahres brutal die Opposition hat niederschlagen lassen, dass die Presse zum Teil unterdrückt wird. Seit Beginn seiner Amtszeit hat Saakaschwili nicht den Dialog mit Abchasen oder Osseten gesucht, sondern die Konfrontation. Dass er dafür vom Westen nun belohnt wird, ist mehr als unverständlich."
Die russische Propaganda hätte es nicht schöner formulieren können. Die ARD hat ja schon seit den ersten Berichten quasi 1:1 die Sichtweise von Russia Today übernommen.
Merkwürdig nur, dass alle Reporter, die vor Ort sind, ein ganz anderes Bild zeichnen.
Steffen
Das war ein Kommentar, kein Bericht.
In den Berichten und den Journalisten von ARD und ZDF vor Ort sind die Russen als Hauptaggressoren deutlich.
Zu verschweigen, dass der Georgier dumm und ziemlich chaotisch gehandelt hat, wäre unlauter.
Merkel war auch nicht so doll von seinem Maulheldengetue bei ihrem Besuch begeistert.
Anonymer User schrieb am 18.08.2008 13:27
Zur Abwechslung mal ein guter Beitrag von Steingart auf SPON:
Doch diese Analogien sagen mehr über den Gemütszustand des Westens als über Putin. Auch wenn es zunächst verwegen klingt und die Amerikaner es nicht gern hören werden: Der Wladimir Putin unserer Tage ähnelt noch am ehesten dem John F. Kennedy der Jahre 1961/62.
Das ist das Dümmste, was ich bisher zu dem Thema gehört habe.
Würde mich nicht wundern, wenn Steingart bezahlter Agent des russischen Geheimdienstes wäre.
Kodo: "In den Berichten und den Journalisten von ARD und ZDF vor Ort sind die Russen als Hauptaggressoren deutlich.
Zu verschweigen, dass der Georgier dumm und ziemlich chaotisch gehandelt hat, wäre unlauter.
Merkel war auch nicht so doll von seinem Maulheldengetue bei ihrem Besuch begeistert."
Das ist das Dümmste, was ich bisher zu dem Thema gehört habe.
Würde mich nicht wundern, wenn Steingart bezahlter Agent des russischen Geheimdienstes wäre.
Alles klar. Das ist bestimmt einer von Putins Bande.
"Doch diese Analogien sagen mehr über den Gemütszustand des Westens als über Putin. Auch wenn es zunächst verwegen klingt und die Amerikaner es nicht gern hören werden: Der Wladimir Putin unserer Tage ähnelt noch am ehesten dem John F. Kennedy der Jahre 1961/62."
Anonymer User schrieb am 18.08.2008 13:27
Zur Abwechslung mal ein guter Beitrag von Steingart auf SPON:
Zitat:
...
Doch diese Analogien sagen mehr über den Gemütszustand des Westens als über Putin. Auch wenn es zunächst verwegen klingt und die Amerikaner es nicht gern hören werden: Der Wladimir Putin unserer Tage ähnelt noch am ehesten dem John F. Kennedy der Jahre 1961/62.
...
Ja, dem kann man zustimmen. Auch JFK war ein Kriegstreiber mit guter PR. Aber das ist wahrscheinlich nicht die Auffassung von Steingart, der eher das heile Bild von JFK hier benutzen will, um Putins Aggressortaktiken schönzureden.
Passt aber ins aktuelle Bild des deutschen Journalismus.
Das ist das Dümmste, was ich bisher zu dem Thema gehört habe.
Würde mich nicht wundern, wenn Steingart bezahlter Agent des russischen Geheimdienstes wäre.
Alles klar. Das ist bestimmt einer von Putins Bande.