Martin: "Unterm Strich wird die Neuverschuldung nicht auf 1% begrenzt werden können, sondern deutlich darüber liegen."
Das liegt aber auch an der Politikkultur. Wer Geschenke verteilt an Lobbygruppen und Wählerklientel, der kann natürlich nicht gleichzeitig sparen. Die Subventionszahlungen belaufen sich dieses Jahr auf 54,4 Mrd. Gleichzeitig verspricht die Regierung Steuersenkungen in Höhe von 25 Mrd. €. Das sind zum Großen Teil Ausgaben, die nicht notwendigerweise getätigt werden müssen. In diesen Bereichen kann man mehr als nur Nuancen ändern ohne große soziale Verwerfungen. Auch bei Unternehmenssteuern sind mehr als nur Nuancen drin. Zumindest theoretisch kann man die Unternehmenssteuern erhöhen und gleichzeitig bürokratischen Aufwand senken, sodass unterm Strich die Produktivität nicht gesenkt wird. Dafür braucht man nur Genehmigungsverfahren zu vereinfachen und überdimensionierte Auflagen zu streichen.
"Zumindest theoretisch kann man die Unternehmenssteuern erhöhen und gleichzeitig bürokratischen Aufwand senken, sodass unterm Strich die Produktivität nicht gesenkt wird."
Nicht, dass ich was dagegen hätte - aber Du bist Dir doch hoffentlich darüber im Klaren, dass das "Aufwand senken" identisch ist mit Belegschaft freisetzen!
Schönen Tag WRL
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)
WRL: Ich habe vergessen zu erwähnen, dass "Aufwand senken" in erster Linie Klein- und Mittelunternehmen trifft, wo der Chef sowas in der Regel selber macht.
Zitat von LexxWRL: Ich habe vergessen zu erwähnen, dass "Aufwand senken" in erster Linie Klein- und Mittelunternehmen trifft, wo der Chef sowas in der Regel selber macht. Man schaue sich dazu einfach das hier an: http://www.youtube.com/watch?v=_m7AEBiq-4g
Nun, mein Bruder führt ein Kleinunternehmen und ein mittelständisches Unternehmen. Der hat keinen Anmeldungsaufwand, der sein laufendes Geschäft behindert. Du kannst ja mal konkret werden.
"Der Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe (VDAB) rechnet sogar damit, dass in der Pflege bis zu 40 Prozent der Arbeitszeit für Bürokratie aufgewendet werden muss." http://home.landtag.nrw.de/mdl/rudolf.henke/e2.htm
"Berater in deutschen Banken und Sparkassen verbringen durchschnittlich nur die Hälfte ihrer Arbeitszeit mit Kundengesprächen. Die übrige Zeit wird von Verwaltungsaufgaben blockiert. Bei 28 Prozent der Mitarbeiter entfallen sogar zwei Drittel der Arbeitszeit auf die Pflege von Kundendaten, Dokumentationspflichten sowie administrative Zwänge."
"Viele Wissenschaftler ersticken an den Anforderungen der Forschungsbürokratie. Klimaforscher Haug etwa sagte in einem Zeitungsinterview, dafür würden 70 Prozent seiner Arbeitszeit verschlungen. Nur 30 % blieben für Forschung und Lehre." http://sfb649.wiwi.hu-berlin.de/press/AS..._WIRTSCHAFT.pdf
Und besonders das hier: "Der Generalsekretär des Deutschen Handwerks, Hanns-Eberhard Schleyer, rechnete vor, dass besonders kleine und mittlere Betriebe finanziell überproportional durch Bürokratiekosten belastet würden. Mehr als 4300 Euro müsse ein Kleinunternehmen pro Mitarbeiter aufwenden, während die Belastung bei Großbetrieben für jeden Mitarbeiter mit 115 Euro veranschlagt werde.
Die Arbeitszeit für den bürokratischen Aufwand sei schon in den neunziger Jahren mit 731 Stunden im Jahr berechnet worden - das entspreche einer Arbeitskraft für fast fünf Monate." http://www.manager-magazin.de/unternehme...60984-2,00.html
Hinzu kommen unnötige Wartezeiten durch langwierige Genehmigungsverfahren wie im verlinkten Video "der reale Irrsinn"
ich kann in den Beispielen keinen Aufwand für Genehmigungsverfahren finden. 'Überdimensionaler Aufwand' muss bewertet werden:
In der Tat ist der bürokratische Aufwand im medizinischen und pflegerischen Bereich hoch. Die 'Unternehmen' sind aber nicht typisch für die Industrie- und Dienstleistungslandschaft. Beides ist hochreguliert, der Staat verteilt viel Geld um und rechtfertigt sich durch enge Kontrolle. Der Bürger kann durch sein Wahlverhalten weniger regulierte Verfahren wählen, will es aber offensichtlich nicht.
Ähnlich ist das bei Wissenschaftlern: Wer an öffentliche Umverteilungmechanismen andocken will, der muss halt bestimmten Grundstandards genügen.
Die Handwerkssituation kann ich nicht beurteilen, ich vermute aber, dass viele Handwerker mit Computerhilfsmitteln, die Zeit sparen könnten, auf dem Kriegsfuß stehen.
Was zum Teil nicht vergessen werden darf ist, dass mancher bürokratischer Aufwand einen gewissen Standard befriedigt, den die Kunden wollen, zum Teil auch indirekt, wenn es um verbraucherbezogene Normen handelt die über EU-Richtlinien wieder zurückkommen. Vielleicht gäbe es einen Markt an als unreguliert deklarierten Dienstleistungen und Waren. Vielleicht sollte die EU das zulassen. Es wäre mal ein Versuch wert, wie die Kunden darauf reagieren.
Martin: Ich hab leider keine Quelle dazu, aber mal im Fernsehen das Beispiel einer Bäckerei gesehen. Da musste man insgesamt wimre 52 verschiedene Genehmigungen einholen, also 52 mal Formulare und Anträge ausfüllen, auf die Antwort warten und ggf. Folgeschreiben verfassen...und wieder warten. Als Student weiß ich, wie aufwändig das schon bei EINER Genehmigung (BAFöG-Antrag) sein kann. Und da habe ich noch einen Sachbearbeiter, mit dem ich das alles besprechen kann. Ein angehender Bäcker ist damit auf sich allein gestellt - ohne so etwas wie 'Service' seitens der Behörden. Und je nachdem an welchen Beamten man gerät (siehe das verlinkte Video) kann das dann ziemlich bitter und langwierig werden.
Der Fernsehbericht war sich übrigens nicht zu fein, auch eine Lösungsmöglichkeit zu bieten: Eine zentrale Anlaufstelle bei der man einen Antrag auf Genehmigung einer Bäckerei stellt und die einem dann zentral alle Anforderungen auflistet.
Der Fernsehbericht war sich übrigens nicht zu fein, auch eine Lösungsmöglichkeit zu bieten: Eine zentrale Anlaufstelle bei der man einen Antrag auf Genehmigung einer Bäckerei stellt und die einem dann zentral alle Anforderungen auflistet.
Also die Lösung ist nicht die Beseitigung des admin. Aufwandes sondern eine neue Behörde, die über die anderen Behörden Bescheid gibt. Wer hat denn den Beitrag verfasst, Franz Kafka?
Also für den, der die Bäckerei eröffnen will, ist das schon eine enorme Erleichterung, nur einen Ansprechpartner zu haben.
Sicher kann man das noch besser gestalten, aber...
Mal ein Gegenbeispiel: Als wir anbauen wollten, musste ich die Genehmigung vom Nachbarn haben. Dazu brauchte ich einen Grundbuchauszug vom Nachbargrundstück. Diesen Grundbuchauszug hatten die auch im Bauamt auf dem Rechner, aber sie brauchten trotzdem das noch mal in schriftlich. Nun bekommt man einen Grundbuchauszug für das Nachbargrundstück nicht einfach so, dazu brauchte ich eine Vollmacht des Nachbarn. Um also diesen Grundbuchauszug, der bereits im Rechner war, schriftlich zu bekommen, musste ich erst meinen Nachbarn aufsuchen, eine Vollmacht bekommen, zum Grundbuchamt (was nicht im gleichen Haus wie das Bauamt ist) und dann wieder zum Bauamt.
Ich wette, wenn ich da einen Ansprechpartner in einer Behörde gehabt hätte, und der die Rennerei gehabt hätte, wäre das schon lange geändert worden.
In Antwort auf:Nun bekommt man einen Grundbuchauszug für das Nachbargrundstück nicht einfach so, dazu brauchte ich eine Vollmacht des Nachbarn.
Das ist wieder ein so Beispiel deutscher Idiotie. In vielen Ländern ist das Grundbuch uneingeschränkt öffentlich zugänglich, was zumindest mir auch sinnvoll erscheint. Was gibt es da geheim zu halten bzw. vor welchem Zugriff muss diese Information geschützt werden? Kann der Stoiber da nix machen?
Nein, kann er nicht, sein Job ist nämlich auf die EU-Probleme beschränkt, D hat ihn erstmal garnicht zu interessieren...
Schönen Tag WRL
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)
In Antwort auf:Nun bekommt man einen Grundbuchauszug für das Nachbargrundstück nicht einfach so, dazu brauchte ich eine Vollmacht des Nachbarn.
Das ist wieder ein so Beispiel deutscher Idiotie. In vielen Ländern ist das Grundbuch uneingeschränkt öffentlich zugänglich, was zumindest mir auch sinnvoll erscheint. Was gibt es da geheim zu halten bzw. vor welchem Zugriff muss diese Information geschützt werden?
Immerhin sind dort eventuelle Kreditgeber verzeichnet - das finde ich ist schon eine Information, die nicht unbedingt öffentlich sein müsste.