Wer zur Zeit nach der Koalitionsverhandlung zwischen schwarz und gelb googelt, findet einige für mich überraschende Meldungen.
So fordert die FDP die Abschaffung von Hartz IV und stattdessen die Einführung eines Bürgergelds. Unter dem Namen "bedingungsloses Grundeinkommen" ist das im Prinzip eine ur-linke Idee, die SPD, Grüne und Linke verfolgen. Auch die deutliche Anhebung der Hartz-IV-Sätze ist eine Forderung, die praktisch seit ihrer Einführung von Linken und Gewerkschaften kommt.
Wie kommt's, dass ausgerechnet die als neoliberal verschriene FDP mit ähnlichen Ideen in die Koalitionsverhandlungen geht?
Oder ist die Art und Weise, wie die FDP sich das Bürgergeld vorstellt garnicht so linkssozial, wie es scheint? Schließlich bekämen Hartz-IV-Empfänger je nach Größe der Wohnung mehr oder aber auch weniger Geld als momentan. Profitieren würden vor allem ALG-Empfänger mit niedrigen Bezügen. Es würde die Idee des Hartz-Konzeptes (Vereinheitlichung der Zahlungen, Geld statt Sachleistungen) fortführen.
Ich selbst symphatisiere übrigens mit der Idee, denn sie verringert Bürokratie und schafft mehr Anreize, neben den Bezügen arbeiten zu gehen (wo bisher 85% des Nebeneinkommens auf Hartz-IV angerechnet werden).
Links ist vor allem das Bestreben die Erhöhung der verschiedenen staatlichen Alimentierungen anzustreben. Die Liberalen wollen vor allem das einfache Konzept. Die Beitragshöhe ist dabei nicht entscheidend. Im Prinzip sprechen wir hier von einer Bierdeckelsteuer, nur dass hier alle Leistungen zusammengefasst, kontrolliert und ausgezahlt werden. Das wäre einfach zu verstehen, zu kontrollieren und zu verwalten.
Wie du es mit dem Wohngeld aber schon andeutest ist aber genau wie die Bierdeckelsteuer die Alimentierung pauschal. Damit eröffnet sih das weite Feld der Proklamation der sozialen oder sonswie gearteten Gerechtigkeit. Und weil der Sozialneid weit grösser ausgeprägt ist als der Drang zur Simplifizierung wird dieses heisse Eisen nie angefasst werden.
die fdp und sozial? eher friert die hölle zu. nein, nein, dass von den asozialen neolibs ausgeheckte konzept, dass mit dem irreführenden etikett "bügergeld" versehen wurde, ist eine mogelpackung. vor allem bei der krankenversorgung soll gespart werden. details hier: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31260/1.html
"Die einfachste surrealistische Tat besteht darin, mit Revolvern in den Fäusten auf die Straße zu gehen und blindlings, solange man kann, in die Menge zu schießen. Wer nicht einmal im Leben Lust gehabt hat, auf diese Weise mit dem derzeit bestehenden elenden Prinzip der Erniedrigung und Verdummung aufzuräumen - der gehört eindeutig selbst in diese Menge und hat den Wanst ständig in Schusshöhe." ~André Breton
Zitat von LexxSo fordert die FDP die Abschaffung von Hartz IV und stattdessen die Einführung eines Bürgergelds. Unter dem Namen "bedingungsloses Grundeinkommen" ist das im Prinzip eine ur-linke Idee, die SPD, Grüne und Linke verfolgen.
Das wäre mir aber neu, dass das FDP-Bürgergeld "bedingungslos" sein soll. Quelle?
Bei den Änderungen bezüglich Hartz IV scheint mir mehr die Erhöhung des Schonvermögens im Mittelpunkt zu stehen, eine Idee, mit der man bisher die linken Parteien nicht begeistern konnte.
Verkehrte Welt Teil 2: Laut N24 hat die FDP Steuersenkungen zur (unverhandelbaren) Bedingung für eine Koalition gemacht.
Gleichzeitig rechnet der entsprechende Arbeitskreis beider Parteien mit Haushaltslöchern zwischen 29 und 35 Mrd. €, die gemäß der Schuldenbremse mit höheren Einnahmen und/oder niedrigeren Ausgaben finanziert werden müssen. Wirtschaftsexperten prophezeien bereits steigende Steuern und Krankenversicherungsbeiträge. Da fragt man sich doch: Wie passt das zusammen? Will die FDP Steuersenkungen über die Mehrwertsteuer finanzieren?
So ganz unmöglich ist das Unterfangen doch nicht mit den Steuersenkungen.
Eingangs- und Spitzensteuersatz wenige Punkte runter, und zwar so, dass es den Haushalt nicht über Gebühr belastet, aber man damit die Werbetrommel 'Mehr Netto vom Brutto' rühren kann. Der psychologische Effekt führt dann zu mehr Konsumfreude und das Geld ist durch die eingenommene Umsatzsteuer wieder drin.
Rotgrün haben es ja zu Beginn ähnlich gemacht: Die Steuerkurve ein paar Punkte runtergelegt, das als Steuerreform verkauft und im Gegenzug als nicht unerhebliche Belastung die sog. Ökosteuer eingeführt. Der Wähler hat's doch weitgehend gefressen und die Vorhaben waren meines Wissen im Wahlkampf sogar angekündigt worden.
Für mich hat da die CDU nun ein Problem. Das Nebulöse aus dem Wahlkampf fällt ihr nun auf die Füße. Sie kann in der Steuerpolitik gegen FDP und auch die CSU mit keinen klaren Aussagen aufwarten, die von ihren Wählern legitimiert wurden.
Zum einen müsste die Regierung den Rückfluss der Steuersenkungen in der Haushaltsplanung ausrechnen (können) und zum anderen - was bringt eine Senkung des Spitzen- und Eingangssteuersatzes um 2-3%-Punkte, wenn gleichzeitig Mehrwertsteuer und Krankenkassenbeiträge um zusammen 3-5%-Punkte steigen? Wo ist da das "mehr Netto vom Brutto"?
Man kann dem Wähler vielleicht so einiges unterjubeln, aber DAS nicht. Jeder, der sich nur ein bisschen mit der aktuellen Wirtschaftslage beschäftigt, sieht, dass Steuersenkungen im Moment einfach illusorisch sind. Wenn an die 30 Millarden € im Bundeshaushalt eingespart werden müssen, dann muss man Einnahmen steigern und Ausgaben senken. Werden die Einnahmen an einer Stelle absichtlich gesenkt, muss man an anderer Stelle umso stärker erhöhen. Eine Steuersenkung zum jetzigen Zeitpunkt wäre letztlich eine Umverteilung von unten nach oben. Schließlich wissen wir alle, dass die unteren und mittleren Schichten keine beziehungsweise kaum Steuern zahlen. Die Forderung nach Steuersenkungen ist also reine Klischeepflege der FDP, die sie unglücklicherweise als Wahlversprechen am Bein hängen hat.
Dabei gäbe es viel sinnvollere Spielplätze, auf denen die FDP sich austoben könnte...Steuervereinfachung, Bürokratieabbau, kalte progression. Überall da kann man etwas für den Bürger tun, ohne auf Geld zu verzichten, das man dringend braucht.
Na, da hast Du doch schon 2 Themen, die unmittelbar zu "mehr netto vom brutto" führen können - gerade das mit der "kalten Progression" ist etwas sehr wichtiges und würde der FDP von allen (na ja, zumindest allen ESt-Zahlern) hoch angerechnet, auch wenn es sich erst langsam auswirken würde.
Schönen Tag WRL
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)
Die Milderung der kalten Progression funktioniert nur durch Drehen an der Steuerkurve und zwar am oberen Ende nach unten, was auf jeden Fall zu Mehrausgaben führt.
Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer kommt für diese Regierung aktuell m.E. gar nicht in Betracht, da sich beide Parteien entsprechend ablehnend geäußert hatten, die FDP natürlich deutlicher als die CDU.
so ansieht, kann man sich gerade mal auf die Dinge einigen, die wegen einer benötigten 2/3 Mehrheit sowieso nicht durchsetzbar sind. Mal davon abgesehen, dass die Festlegung der deutschen Sprache im GG nun nicht gerade zu den dringensten Problemen gehört.
Was die Steuersenkungen angeht, frage ich mich, wie man ernsthaft glauben kann, in Anbetracht der Verschuldungslage da nur ansatzweise dran zu denken. Wenn man tatsächlich die Progression reduzieren wollte, müsste man in der Mitte mehr nehmen, denn das Geld für die Senkung ist schlicht nicht da. Die genannten 24 Mrd. Fehlbetrag dürften ja eher noch untertrieben sein.
Bisher scheint sich Schwarz/Gelb jedenfalls treu zu bleiben. Die krassesten Abgabenerhöhungen hatte ich jedenfalls während der Kohl Regierung. Sieht jetzt so aus, als bleibe man sich da treu. Ich sehe jedenfalls keinerlei Ansatz, wie man die Kosten im Gesundheitssystem in den Griff kriegen will. Da wird uns bei den Krankenversicherungen und der Arbeitslosenversicherung noch einiges blühen.
Wobei ich so manche Idee der FDP durchaus gut finde, allerdings zeigt sich jetzt, dass die CDU als Hüterin der sozialen Wohltaten wohl eher auf Niveau von Lafos aktueller Partei ist. Und die FDP wird dann einknicken. Die wollen jetzt an die Fleischtöpfe und die CDU weiss das.
Na, wollen mal sehen. Das kann ja noch eiter werden.
Dass sich die Politik unter s/g gegenüber einer groKo nur in Nuancen unterscheiden wird war doch von Anfang an klar. Auch das war letztlich der Grund für den lauen Wahlkampf. Die CDU wurde schliesslich klar stärkste Partei, damit sie mit ihrem "weiter so" fortfährt. Momentan finde ich höchstens interessant, ob sich die SPD noch erholen kann oder ob sie von den kleinen Parteien auch noch geschluckt wird.
WRL: "Na, da hast Du doch schon 2 Themen, die unmittelbar zu "mehr netto vom brutto" führen können"
Dagegen hab ich ja auch nichts. Allerdings wird bei der momentanen Haushaltslage JEDE derartige Entlastung 1:1 durch Mehrbelastungen an anderer Stelle aufgefressen. Soweit ich gelesen habe muss nämlich wegen der Schuldenbremse der Haushalt um etwa 30 Mrd. € eingedampft werden. Das zahlen selbstverständlich die Bürger, ob über sinkende Zuwendungen oder höhere Abgaben.
Die Frage ist nur, welche Schichten wieviel dazu beitragen - oder ob die Unternehmen stärker belastet werden. Von daher finde ich es schon ne ziemlich freche Beweihräucherung, bei den Koalitionsverhandlungen auf Steuersenkungen zu bestehen.
alle: Verkehrte Welt, Teil 3: "Union und FDP wollen nach einem Zeitungsbericht eine künftige Bundesregierung ermächtigen, Großkonzerne notfalls zu zerschlagen. Die Wirtschaftspolitiker der Parteien haben nach Informationen der "Financial Times Deutschland" in ihren Koalitionsverhandlungen vereinbart, dass große Unternehmen in letzter Konsequenz damit rechnen müssen, zugunsten von mehr Wettbewerb vom Staat zurechtgestutzt zu werden." http://www.n24.de/news/newsitem_5511372.html
Zitat von Lexx Verkehrte Welt, Teil 3: "Union und FDP wollen nach einem Zeitungsbericht eine künftige Bundesregierung ermächtigen, Großkonzerne notfalls zu zerschlagen. Die Wirtschaftspolitiker der Parteien haben nach Informationen der "Financial Times Deutschland" in ihren Koalitionsverhandlungen vereinbart, dass große Unternehmen in letzter Konsequenz damit rechnen müssen, zugunsten von mehr Wettbewerb vom Staat zurechtgestutzt zu werden." http://www.n24.de/news/newsitem_5511372.html Neoliberal ist das nun nicht gerade.
Doch, natürlich. Es ist eine urliberale Forderung, dass die Kartellbehörde schlagkräftig sein muss. "Liberal" bedeutet nicht die Abwesenheit jedweder Regulierung.
In Deutschland ist das Kartellamt leider ein zahnloser Tiger - da gibt es ja sogar die "Ministererlaubnis".
Vielleicht wäre es wichtiger darauf zu schauen, was die Finanzminister mehr einnehmen als was sie mehr ausgeben wollen.
Ich kann es nicht nachvollziehen (dazu hab ich derzeit einfach zu viel zu tun) aber im Jahre 2008 zahlten wir 75 Mrd € mehr Steuern als 2005, und bis 2013 soll das nochmal ganz kräftig ansteigen. Wobei das wohl die Gesamt-Einnahmen, also nicht nur die Steuern des Bundes darstellen.
Wenn ich dauernd mehr ausgebe als ich einnehme bekomm ich eine Zeitlang Kredit bei der Bank, aber irgendwann ist das auch nicht mehr drin. Dann muss ich, wenn ich meine Einnahmen nicht mehr steigern kann, endlich mal an meine Ausgaben ran. Nur die Tageszeitung abbestellen (um mal bei einem Familien-Beispiel zu bleiben) reicht dann eben nicht, vielleicht muss man mal an die teuren Hobbies ran etc.
Im Übrigen stehen die 30 Mrd € garantiert im "Schwarzbuch" des entsprechenden Jahres des BdStZ drin - bei mehr Disziplin könnte also zumindest ein Großteil davon problemlos eingespart werden.
Schönen Tag WRL
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)
Nunja, was alles Verscwhendung ist, ist bei einigen Punkten des Schwarzbuchs durchaus diskussionswürdig. Und verhindern kann man das nur durch mehr Sorgfalt, was im Beamtenapparat mehr Kontrolle = mehr Arbeit = höhere Kosten ist.
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