Wir können ja mal diskutieren, wann so der adäquate Zeitpunkt ist, ab dem ich einem Täter den Missbrauch meiner Tochter verzeihen und auf Strafe verzichten soll.
Gruss
Kater
kater,
was genau ist an "Relativ" unverständlich? Wäre der Begriff "verhältnismäßig" eher verständlich? Oder "adäquat"? Oder "gemessen an der Tat? Ich bin immer wieder erstaunt, wie missverständlich die Sprache wohl sein kann.
Wenn man die Verbrechen auf der Skala rückwärts geht, dann stehen ganz oben die Massenmörder, die Menschen gleich im Dutzend foltern und ermorden. Dann kommen die einfachen Mörder, dann kommt Totschlag. Irgendwo in der Reihe kommen noch Menschenhändler, Drogenhändler, Händler mit gefälschten (unwirksamen) Medikamenten und so weiter. Dann kommen so Sachen wie Folter (diesmal ohne "Massen"), schwere Vergewaltigung und so weiter.
Eine schwere Vergewaltigung hat nicht stattgefunden, da weder ein körperliches Eindringen stattgefunden hat noch eine Körperverletzung hinzukommt. Wir reden nicht davon, dass das Mädchen im Park vom Fahrrad gezerrt wurde und dort eine Horde halbstarker stundenlang über sie hergefallen wäre. Das Mädchen wurde nicht betäubt oder geschlagen oder gefesselt.
Scheinbar scheinen wir von völlig verschiedenen Fällen zu sprechen, kater, wenn du hier auch nur den leisesten Ansatz für eine 15jährige Zuchthausstrafe siehst.
In Deutschland gibt es Fälle, in denen eine schwere Vergewaltigung mit Körperverletzung stattgefunden haben, bei denen aus der Vergewaltigung auch noch ein Kind entstanden ist. Die deutschen Gerichte haben in solchen Fällen auf niedrig-mehrjährige Haftstrafen geurteilt. Nun kann man mit gewissem Recht fragen, ob solche Urteile nicht zu niedrig sind. Aber für den Fall, der hier zur Debatte stand eine Haftstrafe von 15 Jahren zu fordern, sind mittelalterliche Forderungen, die mit einem modernen Rechtsstaat nicht in Übereinstimmung zu bringen sind.
Von Vergebung hat keiner was gesagt. Deine Forderungen sind schlicht monströs und die der englischen Mutter auch.
MfG Frank
Frag doch ansonsten mal den Unternehmer Alexander Falk, was er davon hält, daß 6 Monate Untersuchungshaft die Grenze zwischen Rechts- und Schurkenstaat sein sollen. Der damals 25jährige Falk saß in Hamburg wegen eines Vermögensdelikts für knapp 2 Jahre in Untersuchungshaft - weil das OLG Hamburg das für richtig befand (EMRK hin oder her).
Und nicht umsonst wurde schon mehrmals darüber diskutiert, Deutschland wegen solcher Fälle anzuklagen. Das ist auch nicht begründbar.
Im übrigen ist es ein offenes Geheimnis, dass in Deutschland Vermögensdelikte -vor allem gegen die öffentliche Hand- relativ betrachtet unvergleich viel härter bestraft werden als Strafrechtliche Delikte. Und das ist nicht nur meine Meinung sondern hat mir selbst mal ein Strafrichter bestätigt.
Frag doch ansonsten mal den Unternehmer Alexander Falk, was er davon hält, daß 6 Monate Untersuchungshaft die Grenze zwischen Rechts- und Schurkenstaat sein sollen. Der damals 25jährige Falk saß in Hamburg wegen eines Vermögensdelikts für knapp 2 Jahre in Untersuchungshaft - weil das OLG Hamburg das für richtig befand (EMRK hin oder her).
Und nicht umsonst wurde schon mehrmals darüber diskutiert, Deutschland wegen solcher Fälle anzuklagen. Das ist auch nicht begründbar.
Das Beispiel dient dem Zweck, einfach mal aufzuzeigen, daß man nicht so tun kann, als würde sich die Türkei mit dieser 8monatigen U-Haft außerhalb des Wertesystems der EU bewegen. Die Leute, die hier den Mund aufreißen und ein Riesentheater machen, haben von der Rechtswirklichkeit einfach keine Ahnung. Es wäre mal interessant zu recherchieren, wieviele türkischstämmige Menschen derzeit in Deutschland länger als 6 Monate in U-Haft sitzen.
"Aber nur, wenn man sie wie du für eine naive, religiöse Extremistin hält (was u.U. sogar zutrifft)."
Ja, natürlich gehe ich davon aus. Übrigends hätte jeder Amerikaner ähnliche Forderungen gestellt, und evtl. wäre sogar von einem US Gericht entsprechend entschieden worden.
Und selbst bei einer 6 Monatsstrafe würde Marco dann jetzt auf einer Webseite sein Leben lang als Sexualstraftäter gebranntmarkt worden.
So unterschiedlich sind nun mal die Sitten. Das heisst nicht, dass ich das unbedingt unterstütze, aber es ist nun mal Tatsache, dass das unterschiedlich gesehen wird. Und letztlich hat auch Charlottes Mutter das Recht, das so zu sehen.
Wobei ich Franks Sicht der Dinge dazu ebenso problematisch finde, wenn ich mir seine Beiträge zur Verschärfung des Sexualstrafrechts in Deutschland so ansehe.
Gruss
Kater, der trotzdem froh ist, dass die Verschärfung des deutschen Gesetzes erstmal gescheitert ist.
Anonymer User schrieb am 17.12.2007 16:23
Es wäre mal interessant zu recherchieren, wieviele türkischstämmige Menschen derzeit in Deutschland länger als 6 Monate in U-Haft sitzen.
Anonymer User schrieb am 17.12.2007 15:19
Der damals 25jährige Falk saß in Hamburg wegen eines Vermögensdelikts für knapp 2 Jahre in Untersuchungshaft -
Wen interessiert das. Hier gehts um Minderjährige in U Haft.
kater: "Wir können ja mal diskutieren, wann so der adäquate Zeitpunkt ist, ab dem ich einem Täter den Missbrauch meiner Tochter verzeihen und auf Strafe verzichten soll."
Auf solch eine Polemik gehe ich nicht ein.
Ich sehe, dass von britischer Seite eine Taktik gefahren wurde, um Marco von Anfang an möglichst viel Schaden zuzufügen. Das fängt bei der ewig nicht überstellten Aussage der Britin an, und geht bis zur jetzigen Strafanzeige gegen die deutschen Anwälte wegen angeblicher unerlaubter Einflussnahme und Beschwerde gegen die Entscheidung.
Ein vernünftiger Mensch hätte die Arbeit dem Gericht überlassen - wenn der Täter verurteilt wird, bekommt er schließlich seine Strafe.
Anonymer: "Wo bitte soll das denn in der UN-Charta stehen?! "
Ich kommentiere meinen zuletzt geposteten Text mal: "Es gibt neben der UN-Charta, die wir für allgemeinverbindlich halten [Dies ist ein Argument, warum man generell etwas gegen ausländische Rechtssprechung haben kann] auch die europäischen Wertemaßstäbe, die eine solch lange U-Haft für einen Minderjährigen nicht rechtfertigen [Das bezieht sich auf den konkreten Fall]"
jetzt verstanden?
"Der damals 25jährige Falk"
...war ganz offensichtlich kein Minderjähriger. -> offtopic
"komischerweise regt sich niemand darüber auf, daß das englische Gericht den Prozess verzögert hat"
Ich kritisiere das durchaus, siehe die Antwort an Kater.
Frank: "m übrigen ist es ein offenes Geheimnis, dass in Deutschland Vermögensdelikte -vor allem gegen die öffentliche Hand- relativ betrachtet unvergleich viel härter bestraft werden als Strafrechtliche Delikte."
Das ist in der Rechtssprechung so drin. Urheberrechtsverletzungen haben ja inzwischen auch schon höhere Strafmaße als Diebstahl oder so manche Körperverletzung.
Lexx schrieb am 17.12.2007 19:46 Anonymer: "Wo bitte soll das denn in der UN-Charta stehen?! "
Ich kommentiere meinen zuletzt geposteten Text mal: "Es gibt neben der UN-Charta, die wir für allgemeinverbindlich halten [Dies ist ein Argument, warum man generell etwas gegen ausländische Rechtssprechung haben kann] auch die europäischen Wertemaßstäbe, die eine solch lange U-Haft für einen Minderjährigen nicht rechtfertigen [Das bezieht sich auf den konkreten Fall]"
jetzt verstanden?
Brauchst Du Nachhilfe im vollständigen Zitieren?! Egal.
Von welchem europäischen Wertemaßstab redest Du denn ganz konkret?
Anonymer User schrieb am 17.12.2007 16:23
Es wäre mal interessant zu recherchieren, wieviele türkischstämmige Menschen derzeit in Deutschland länger als 6 Monate in U-Haft sitzen.
Dawirst du wohl keinen Minderjährigen finden.
Eine Dissertation aus dem Jahr 2002 hat die Behandlung von minderjährigen Tatverdächtigen von der Ermittlung durch die Polizei bis zur Verurteilung am Beispiel Einbruchdiebstahl untersucht. Gegenstand der Untersuchung waren insgesamt 203 Sachverhalte.
Bei diesen 203 untersuchten Sachverhalten wurde 50mal U-Haft angeordnet. In 5 Fällen (10%) dauerte die U-Haft länger als 200 Tage (3 davon waren Ausländer - auch wenn das hier nichts zur Sache tut). Die längste U-Haft dauerte 497 Tage, die zweitlängste 490 Tage - mehr als doppelt so lang wie die U-Haft von Marco.
Es ist ein Märchen der deutschen Medien, daß die U-Haft für Minderjährige in Deutschland in irgendeiner Form auf einen Zeitraum von weniger als 6 Monaten begrenzt sei. Es gibt zwar ein Beschleunigungsgebot in Jugendsachen - aber die Regelungen zur Untersuchungshaft machen in Bezug auf die Dauer derselben keinen Unterschied zwischen Minderjährigen und Erwachsenen. Minderjährige können in Deutschland deutlich länger als 6 Monate in U-Haft sitzen und tun das auch.
Anonymer User schrieb am 18.12.2007 11:10
..(3 davon waren Ausländer - auch wenn das hier nichts zur Sache tut).
Ich denke schon, dass das was zur Sache tut. Ich kenne mindestens einen Fall (nicht minderjährig), in dem die U-Haft unüblich lange gedauert hat, weil der Betreffende Ausländer war.
Ich vermute auch, dass im Fall Marco eine deutsche Staatsanwaltschaft ein Verfahren eröffnet hat, um den Fall am Ende weiterzuführen. Die Türken haben Marco sicher nicht freigelassen, ohne einen Weg zu haben, das Gesicht nicht zu verlieren, falls dieser im April nicht wieder vor das türkische Gericht treten will. Ich weiß nicht, ob es zu solchen Fällen bestehende internationale Vereinbarungen gibt, aber ich kann mir vorstellen, dass solche Vereinbarungen von Fall zu Fall getroffen werden können. Zumindest, wenn keine türkischen Staatsbürger direkt betroffen sind.
Anonymer User schrieb am 18.12.2007 11:10
..(3 davon waren Ausländer - auch wenn das hier nichts zur Sache tut).
Ich denke schon, dass das was zur Sache tut. Ich kenne mindestens einen Fall (nicht minderjährig), in dem die U-Haft unüblich lange gedauert hat, weil der Betreffende Ausländer war.
Ich vermute auch, dass im Fall Marco eine deutsche Staatsanwaltschaft ein Verfahren eröffnet hat, um den Fall am Ende weiterzuführen. Die Türken haben Marco sicher nicht freigelassen, ohne einen Weg zu haben, das Gesicht nicht zu verlieren, falls dieser im April nicht wieder vor das türkische Gericht treten will. Ich weiß nicht, ob es zu solchen Fällen bestehende internationale Vereinbarungen gibt, aber ich kann mir vorstellen, dass solche Vereinbarungen von Fall zu Fall getroffen werden können. Zumindest, wenn keine türkischen Staatsbürger direkt betroffen sind.
Ausländer sitzen einfach deshalb häufiger in U-Haft, weil man bei ihnen eher eine Fluchtgefahr annimmt. Deshalb saß ja auch Marco in Haft.
Das türkische Gericht kam wohl zu der Auffassung, daß die zu erwartende Strafe die bereits verbüßte U-Haft von Marco nicht wesentlich übersteigen wird (so es denn zu einer Verurteilung kommt). Deshalb hat man auch auf weitere Auflagen (zum Beispiel daß Marco in der Türkei bleiben muss) verzichtet.
Daß es für den konkreten Fall eine Absprache zwischen dem türkischen Gericht und deutschen Behörden gab, halte ich für unwahrscheinlich. Das wäre m.W. auch unüblich. Die StA in Lüneburg hat ein Verfahren eröffnet, weil sie von den Vorwürfen gegen Marco Kenntnis erlangt hat. Gleichzeitig hat sie dann aber das Verfahren vermutlich erstmal unterbrochen, um den Verlauf des Verfahrens in der Türkei abzuwarten. Wenn nämlich Marco in der Türkei verurteilt wird und seine Strafe mit Verbüßung der U-Haft als abgesessen gilt, kann er in Deutschland nicht mehr bestraft werden und das Verfahren wäre einzustellen. Das gilt entsprechend für einen Freispruch.
Wenn Marco in Abwesenheit zu einer höheren Strafe verurteilt wird, sich der Verbüßung aber durch Flucht entzieht, muss die deutsche StA nochmal tätig werden. Da sie Marco als Deutschen nicht ausliefern kann, müsste dann in Deutschland nochmal ein Verfahren stattfinden. Würde er auch in diesem verurteilt werden, würde die U-Haft in der Türkei angerechnet werden (vermutlich mit einem Faktor >1,5 wegen der erschwerten Haftbedingungen).
Daß das türkische Gericht das Verfahren jetzt noch nach Deutschland abgibt, halte ich für unwahrscheinlich. Das hätten sie ja auch schon vor 7 Monaten machen können.
Anonymer User schrieb am 18.12.2007 11:55
Daß das türkische Gericht das Verfahren jetzt noch nach Deutschland abgibt, halte ich für unwahrscheinlich. Das hätten sie ja auch schon vor 7 Monaten machen können.
Ich erinnere mich an einen Pressekommentar mit der Aussage, dass die anfängliche Einmischung durch die deutsche Politik die Abgabe konterkariert habe.
Anonymer User schrieb am 18.12.2007 11:55
Daß das türkische Gericht das Verfahren jetzt noch nach Deutschland abgibt, halte ich für unwahrscheinlich. Das hätten sie ja auch schon vor 7 Monaten machen können.
Ich erinnere mich an einen Pressekommentar mit der Aussage, dass die anfängliche Einmischung durch die deutsche Politik die Abgabe konterkariert habe.
Das war mit Sicherheit nicht hilfreich. Würde ich aber auch nicht überbewerten. Grundsätzlich wird auch die Türkei ein Interesse daran haben, den Strafanspruch für in der Türkei begangene Taten selbst durchzusetzen.
Wir verurteilen ausländische Straftäter (die nicht in Deutschland wohnen) ja auch in Deutschland - und schieben sie danach ab.