Nun hat sich die GdL ja doch noch durchgesetzt. Vorbehaltlich natürlich, dass sich die anderen Gewerkschaften irgendwie in diesen Abschluss hineinpuzzeln lassen.
Und gleich holt Mehdorn die grosse Keule heraus: Entlassungen, Stellenverlagerungen ins Ausland, Kündigung des Beschäftigungspaktes.
Das ist allzu durchsichtig und zeigt vor allem, dass Mehdorn ein schlechter Verlierer ist.
Klar ist, dass die Bahn auf ihrem Weg von einem verkrusteten und überbesetzten Regiebetrieb zu einem effizienten und rentablen Unternehmen noch längst nicht am Ziel angekommen war. Und Mehrdon ist unbestritten der Mann, der die Bahn auf diesem Weg am weitesten vorangebracht hat.
Aber: Der Zwang zu weiteren Stellenkürzungen bestand auch schon vor dem GdL-Abschluss. Jetzt für alles, was an Restrukturierungen noch notwendig ist, der GdL den schwarzen Peter zuzuschieben ist billig. Ich meine, die GdL braucht sich diesen Schuh nicht anziehen.
Yep, Mehdorn wäre ein schlechter Manager, wenn er diese Einsparmassnahmen nicht auch ohne diesen Abschluss planen würde. Die Vorstellung, dass er jetzt plötzlich Potential sieht, wo vorher keins war, ist irgendwie abenteuerlich.
Genau genommen sind doch diese Massenentlassungen die Folge von jahrelangem Missmanagement (mal abgesehen von Technologiesprüngen).
Die Bahn hat hunderte Betriebe und Tochterunternehmen. Man kann z.B. die Wartung und Reparatur von rollendem Material ins Ausland verlegen. Gerade da schlagen die Arbeitskosten hoch zu Buche.
kater_5 schrieb am 15.01.2008 13:07
Yep, Mehdorn wäre ein schlechter Manager, wenn er diese Einsparmassnahmen nicht auch ohne diesen Abschluss planen würde.
Wenn es hier wirklich um Massnahmen geht, die Milliarden an neue Kosten verursachen, sind Entlassungen und Umsatzsteigerung durch die Erhöhung der Tarife doch die logische Konsequenz. Die Frage ist natürlich, ob das aufgeht. Die Ticketpreise dürfen nur so erhöht werden, dass sie marktwirtschaftlich Sinn machen und nicht die Kunden auf die Strasse oder zu den Airlines treiben.
Aber letztendlich hat Mehdorn vollkommen recht: Irgendeiner muss das nun bezahlen.
Im Prinzip ist das ja richtig. Aber der Restrukturierungsdruck besteht schon lange unabhängig von dem GDL-Abschluss.
Durch die Presse geisterte die Zahl von 200 Mio Mehrkosten durch den Abschluss. Mehr Kosten als was? Mehr als gar keine Erhöhung? Mehr als die Höhe der Lohnsteigerungen, die die beiden anderen Gewerkschaften sowieso schon vereinbart hatten? Man weiss es nicht.
Ich bin grundsätzlich gegen Neiddiskussionen und gönne den Lokführern ihren Erfolg genau wie dem Vorstand, dessen letzte Gehaltserhöhung die Bahn 60 Mio gekostet hat. Da hat Mehdorn ja darauf verzichtet, den Beschäftigungspakt zu kündigen oder die Preise zu erhöhen.
FW: "Die Bahn hat hunderte Betriebe und Tochterunternehmen. Man kann z.B. die Wartung und Reparatur von rollendem Material ins Ausland verlegen."
Irrtum!
Die Wagen der DB Regio NRW bleiben in der Region NRW und werden auch dort gewartet und repariert. Ich bezweifle, dass es sich für die Bahn rentiert, den Wagenbestand um 20% aufzustocken, weil ständig irgendwelche Wagen auf dem Weg nach Tschechien sind....
Und Gekauft wird sowieso bei Dritten Unternehmen. Ob es da Vereinabarungen o.Ä. gibt oder man die HERSTELLUNG der Eisenbahnen verlagern kann ist natürlich eine andere Sache.
DP: "Aber letztendlich hat Mehdorn vollkommen recht: Irgendeiner muss das nun bezahlen."
Naja sooooo gravierend ist das ja nun auch nicht. Hier wurden die Mehrkosten doch mal auf 12 mio. gerechnet - bei 31% mehr Lohn? Naja, die Größenordnung stimmt jedenfalls.
Allein die DB Regio hat letztes Jahr 690 mio. € Gewinn gemacht, die 12 mio. müssen also keineswegs auf die Fahrgäste umgelegt werden (McKinsey würde natürlich etwas anderes sagen).
Die Lohnerhöhung bedroht also weder Wettbewerbsfähigkeit noch die Gewinne der Bahn. Aus dem Abschluss jetzt irgendwelchen dringenden Handlungsbedarf abzuleiten ist daher vollkommen unbegründet. Wenn die Bahn Kosten sparen will oder nicht, macht sie das oder nicht, unabhängig davon ob die Lokführer nun 10% mehr kassieren oder nicht.
Irrtum!
Die Wagen der DB Regio NRW bleiben in der Region NRW und werden auch dort gewartet und repariert. Ich bezweifle, dass es sich für die Bahn rentiert, den Wagenbestand um 20% aufzustocken, weil ständig irgendwelche Wagen auf dem Weg nach Tschechien sind....
Das kann man ja ändern. Dass die Wagen und Loks der regionalen Betriebsorganisation zugeordnet sind heisst ja nicht, dass sie ausschliesslich dort rollen, oder wird an der Landesgrenze umgeladen? Da braucht man nur die Umlaufpläne ändern und sie kurz vor der turnusmässigen Inspektion im grenzüberschreitenden Verkehr einzusetzen. Schon hat man sie ohne zusätzliche Transportkosten und höhere Ausfallzeiten im Ausland. Wenn man das schon für nur 20% des Bestandes machen könnte, dann kommt da eine bedeutende Ersparnis zusammen. Das macht vor allem Sinn, weil die Bahn hauptsächlich technisch und sicherheitstechnisch anspruchslose Wagen im Besitz hat. Spezialwaggons wie Tank- oder Kühlwaggons gehören weit überwiegend privaten Firmen wie der VTG. Bei Tankwaggons gehören nur rund 20% der Bahn selbst.
Wie ich schon schrieb. Das würde er sowieso tun müssen, wenn es was brächte.
Und durch den Abschluss der Lokführer hat sich ja an den Kosten dieser Betriebsteile nichts geändert. Mal davon abgesehen, dass es mehr teure Lokführer bräuchte, um die Waggons ins Ausland zu bringen
"Da braucht man nur die Umlaufpläne ändern und sie kurz vor der turnusmässigen Inspektion im grenzüberschreitenden Verkehr einzusetzen."
Also wenn ich mir die Berichte über die logistischen Fähigkeiten der DB so ins Gedächniss rufe, schaffen die es nicht mal, die normalen Transportaufgaben halbwegs vernünftig abzuwickeln. Wie die da jetzt noch einen zusätzlichen Faktor berücksichtigen sollen, ist mir schleierhaft.
F-W schrieb am 15.01.2008 23:28
Aber der Restrukturierungsdruck besteht schon lange unabhängig von dem GDL-Abschluss.
Lexx schrieb
Allein die DB Regio hat letztes Jahr 690 mio. € Gewinn gemacht, die 12 mio. müssen also keineswegs auf die Fahrgäste umgelegt werden (McKinsey würde natürlich etwas anderes sagen).
Die Lohnerhöhung bedroht also weder Wettbewerbsfähigkeit noch die Gewinne der Bahn. Aus dem Abschluss jetzt irgendwelchen dringenden Handlungsbedarf abzuleiten ist daher vollkommen unbegründet. Wenn die Bahn Kosten sparen will oder nicht, macht sie das oder nicht, unabhängig davon ob die Lokführer nun 10% mehr kassieren oder nicht.
In so einem Riesenladen wie der DB besteht immer und unabhängig von jedem Abschluss so etwas wie 'Restrukturierungsdruck'. Das das in einem solchen Beamtenapparat mit Monopolstruktur generell an Grenzen stösst dürfte allen auch klar sein.
Ich will hier nicht mit Zahlen agieren, die werden von 10 Millionen bis 10 Milliarden gegenwärtig zu beliebig kolportiert. Aber generell darf man annehmen, dass der GDL Abschluss der Bahn finanziell schmerzt. Ob nun mehr direkt durch den Abschluss und dessen Folgekosten oder mehr indirekt durch die Nachzüge bei GDBA und Transnet, die ja bereits eigene Streiks androhten, falls das Angebot nicht auf das gesamte Bahntarifgebiet ausgedeht wird oder noch weiter gedacht durch Kosten die entstehen werden, weil sich in Zukunft weitere Lobbygewerkschaften mit Extremforderungen durchsetzen werden und Streiks den Mammut Bahn schädigen könnten - das alles sei dahingestellt. Mehdorn sieht, dass es jetzt ans Eingemachte geht, und natürlich hat er dabei nicht die sogenannten 'Gewinne' (ich weigere mich konsequent das so zu nennen bei dem was der Bund an Milliarden zuschiessen muss Jahr für Jahr) im Sinne, denn die sind längst verplant worden. Mehdorn wird, wenn er nicht ein 2-3 Jahren vor einem grossen Loch stehen will, jetzt abbauen müssen und zwar in den üblichen Gebieten die zuerst drankommen; Service, Unterhalt, Customer Care alles Dinge, die man sich aufgrund der Monopolstruktur zwar jetzt zu sparen leisten kann, die aber längerfristig gesehen doch Sinn gemacht hätten auszubauen oder zumindest zu behalten. Es ist das UK oder DDR Syndrom, wenn grössere Staatsbetriebe sparen dann tun sie es an der Substanz. Das merkt man zuerst gar nicht, nach ein paar Jahren fällt auf, dass die Fassade bröckelt, dann werden nur noch die kosmetischen Operationen ausgeführt, zuletzt werden die substanziellen Investitionen nicht mehr machbar sein, ohne den Plunter zwangszuprivatisieren. Dann kostet das Unternehmen dann keine Milliarden mehr sondern die gibts dann gratis und die Restrukturierungen werden dann so ausfallen, dass diese Regelungen wie die der GDL im Museum für Sozialkunde hängen als Beispiel, wozu der Sozialismus fähig ist und was er angerichtet hat.
kater_5 schrieb am 16.01.2008 09:14
"Das kann man ja ändern."
Wie ich schon schrieb. Das würde er sowieso tun müssen, wenn es was brächte.
Das ist nicht die Realität. Es gibt immer irgendwelche Auslöser für Maßnahmen, egal, ob die Maßnahmen damit zur Gänze begründbar sind, oder nur zum Teil. Mit dem Lohnabschluss im Rücken ist eine Einsparmaßnahme immer einfacher durchsetzbar.
"Es gibt immer irgendwelche Auslöser für Maßnahmen, egal, ob die Maßnahmen damit zur Gänze begründbar sind, oder nur zum Teil. Mit dem Lohnabschluss im Rücken ist eine Einsparmaßnahme immer einfacher durchsetzbar. "
Ja, diese Massnahmen sind aber in der Regel dann eher Schwachsinn. Da werden dann 3000 Leute entlassen und im nächsten Jahr wieder eingestellt, weil die irgendwie doch gebraucht würden.
Und Mehdorn hat ja in den letzten Jahren permanent "optimiert". Man mag jetzt sagen, dass er gerne mehr gemacht hätte und dafür jetzt einen Auslöser braucht, andererseits, wenn es schon um eine psychologische Pille geht, sollte die auch nachvollziehbar sein. Wenn man sich aber selbst 60 Mio Gehaltserhöhung genehmigt und dann plötzlich 200 Mio als KO Kriterium ansieht, dürfte die psychologische Pille zum Eigentor geraten. Was sie ja anscheinend auch tut.
Und diese ganzen "Optimierungen" durch Mehdorn haben ihn ja erst in die Situation gebracht, in die er jetzt ist. Den Lokführern ist ja nicht plötzlich aufgefallen, dass sie mal eben streiken sollten, sondern die Gürtel wurden immer enger gezogen, bis die einen Ausbruchsversuch gestartet haben. Das ist dann eben die Folge von Massenentlassungen und Restrukturierungen, die nicht auf tatsächlichen Produktivitätsfortschritten beruhen, sondern auf unbezahlten Überstunden der verbliebenen MA. So wie ich das verstanden haben, sind die Überstundenkonten praktisch sämtlicher Bahnmitarbeiter prall gefüllt, was will er denn jetzt noch machen, ohne dass der Laden zusammenbricht oder er noch mehr Ärger im eigenen Laden hat ? Er kann ja nicht ins Ausland gehen.
Und letzlich erwarte ich von einem Manager, dass er den Laden permanent optimiert. Dann sind keine Massenentlassungen nötig, denn es werden permanent im Rahmen von Optimierungen oder Rationalisierungen Leute eingestellt, freie Stellen nicht wiederbesetzt, umgesetzt, umgeschult, usw.
FW: "Das kann man ja ändern. Dass die Wagen und Loks der regionalen Betriebsorganisation zugeordnet sind heisst ja nicht, dass sie ausschliesslich dort rollen, oder wird an der Landesgrenze umgeladen?"
Die Wagen der DB Regio NRW werden ausschließlich auf den Linien der NRW-Bahnen eingesetzt. Die einzigen Zielpunkte außerhalb der Landesgrenze sind
Venlo, Koblenz-Gießen, Heerlen, Gerolstein, Enschede und Dillenburg,
also grenznahe Städte, die auch meist nur von einer Linie angefahren werden. Die S-Bahnen bleiben komplett innerhalb NRWs. Keiner dieser Züge verlässt dauerhaft Nordrhein-Westfalen und das wird sich vermutlich auch nicht ändern. Dass sich eine Fahrt zu einer Werkstatt in Tschechien oder Polen neben dem organisatorischen Aufwand finanziell lohnen würde bezweifle ich stark. Mal abgesehen davon, dass der Fahrzeugbestand vermutlich nicht ausreicht, um einen solchen längerfristigen Ausfall zu kompensieren.
Um hier irgendwelche Einsparungen vorzunehmen, müsste es
- in Venlo, Heerlen oder Enschede ein Bahnbetriebswerk geben
- die Wartung und Reparatur in den Niederlanden billiger sein als bei uns
- ein "Ausfall" der Züge in den dortigen Endstationen fahrplantechnisch möglich sein
Venlo: Der RE13 fährt als Wendezug in den Bahnhof ein - und auch wieder aus. Rangieren findet nicht statt. Es existiert ein Güterbahnhof, aber kein Bahnbetriebswerk. Die eingesetzten Lokomotiven sind nicht geeignet, um auf dem holländischen Oberleitungs-Netz zu fahren.
-> Wartung in Venlo oder Umgebung nicht möglich, da die Züge auf das deutsche Wechselstrom-System angewiesen sind.
Enschede, Heerlen: Beides Kleinstadtbahnhöfe. Es gilt ansonsten das gleiche wie für Venlo.
Da auch Belgien, Frankreich, Dänemark, Luxemburg, Polen und Tschechien inkompatible Stromsysteme haben bliebe als einzige Möglichkeit nur Österreich und die Schweiz. Da die Bahn einen gewissen Überhang an Fahrzeugen anschaffen müsste, der Unterhalt kostet, und die Fahrten von NRW nach Österreich bezahlt werden müssten (Energiekosten, Lohnkosten, Verschleiß) bezweifle ich sehr stark, dass sich das rentieren würde - mal ganz abgesehen davon, dass das Netz gen Schweiz und Österreich die zusätzlichen Fahrten garnicht verkraften dürfte.
Ähnliches gilt für die rein theoretische Möglichkeit, Waggons an den Grenzen hinter ausländische Lokomotiven zu spannen.
Die Einsparmöglichkeit der DB Regio NRW durch Wartung der Züge im Ausland ist also = 0!
DP:
Mag ja alles sein, aber was hat das mit dem Abschluss der GDL zu tun?
Bei dem Umsatz und den ausgewiesenen Gewinnen machen die paar Millionen den Kohl nun wirklich nicht fett.
Übrigens: Die Subventionen des Staates kommen fast ausschließlich der DB Netz zugute (3,58 Mrd. €). Die DB Regio dagegen verdient an den Ländern bzw. am Staat nur durch dessen Aufträge - den Betrieb des Schienen-Nahverkehrs. Der hier verbuchte und von mir angeführte Gewinn von 690 mio. € ist also echt!
kater_5 schrieb am 16.01.2008 11:27
"Es gibt immer irgendwelche Auslöser für Maßnahmen, egal, ob die Maßnahmen damit zur Gänze begründbar sind, oder nur zum Teil. Mit dem Lohnabschluss im Rücken ist eine Einsparmaßnahme immer einfacher durchsetzbar. "
Ja, diese Massnahmen sind aber in der Regel dann eher Schwachsinn. Da werden dann 3000 Leute entlassen und im nächsten Jahr wieder eingestellt, weil die irgendwie doch gebraucht würden.
Ich vermute mal, dass Dir der Überblick fehlt, um von 'in der Regel' sprechen zu können. Ich behaupte, dass die meisten eigentlich notwendigen Massnahmen verschleppt werden, weil sie ohne Auslöser nicht durchsetzbar sind. Bei Firmenübernahmen geht beispielsweise plötzlich einiges, was das Management zuvor nicht umstzen wollte / konnte.
Zitat:
Und diese ganzen "Optimierungen" durch Mehdorn haben ihn ja erst in die Situation gebracht, in die er jetzt ist.
Nun, der Fall GDL ist nicht einfach á priori zu Ende zu denken. Mehdorn hatte das legitime Ziel, mit den Gewerkschaften in Zukunft homogen zu verhandeln. Mit den 'Optimierungen' hat das nichts zu tun. Der Kernpunkt war für die GDL die Eigenständigkeit. Unterschiedliche Standpunkte gehören zu Geschäft.
Zitat:
Und letzlich erwarte ich von einem Manager, dass er den Laden permanent optimiert. Dann sind keine Massenentlassungen nötig, denn es werden permanent im Rahmen von Optimierungen oder Rationalisierungen Leute eingestellt, freie Stellen nicht wiederbesetzt, umgesetzt, umgeschult, usw.
Soso, was Du alles von einem Manager erwartest. Ich erwarte von ihm auch, dass er innerhalb vorgegebener Zeiten vorgegebene Ziele erreichen kann. Dein Manager ist wohl für die Produktion von Heftklammern verantwortlich. 'Massenentlassungen' stelle ich übrigens in Relation zur Belegschaft, und nicht in Relation zu einer kleinen Dorfbevölkerung.