Der Streit der GDL geht ja nun seit Monaten. Nach den ersten Streikverboten auf dem juristischen Weg hatte sich die GDL zu einer Stillhalteperiode verpflichtet, die letzte Woche ablief. Nun möchte die Bahn die Streikenden zum Notdienst zwingen. Wer dies unterlässt kann mit Abmahnungen und später mit einer Kündigung rechnen.
Nun, ich finde, so ein Lobbyverein wie die GDL, die auf Kosten der Bahnfahrer die Einkommen ihrer Klientel erhöhen möchte gehört nicht unterstützt. Aber die Anwendung juristischer Mittel finde ich fragwürdig. Es gibt doch ein Recht auf Streik? Für mich ist das ein unseriöser Weg, den die Bahn da geht und ganz gewiss ist der nicht dazu geeignet, den Konflikt zu lösen.
"Für mich ist das ein unseriöser Weg, den die Bahn da geht und ganz gewiss ist der nicht dazu geeignet, den Konflikt zu lösen."
Nun, ja die Bahn steht da mit dem Rücken zur Wand. Ich denke auch, dass Herr Mehrdorn ziemlich viel Zuspruch von Kollegen in anderen Vorständen findet, die natürlich alle eine ziemliche Angst davor haben, dass solche Situationen, wo man sich mit drei oder mehr Gewerkschaften einigen muss, die sich dann auch noch gegenseitig hochschaukeln, normal werden. Für die Unternehmen ist das natürlich eine Horrorvorstellung.
Folglich werden alle Möglichkeiten ausgelotet, schon weil diese Sitation relativ neu ist und eingespielte Szenarien völlig überdacht werden müssen.
Was mir allerdings auffällt, ist, dass das ursprüngliche Streikverbot, welches mit den besonderen Schäden durch die Urlaubszeit begründet wurde, nun der Bahn vor die Füsse fällt. Während die Schäden sich in der Urlaubszeit wohl noch in Grenzen gehalten hätten, trifft es die Bahn/Wirtschaft jetzt mit voller Wucht.
Noch dazu führen die Urteile des Gerichtes, welches Streiks im Güter und Fernverkehr, wo es die Bahn wirklich treffen würde, dazu, dass die GDL im Nahverkehr besonders zulangen muss.
Die Streiks im Nahverkehr sind Mehdorn doch eigentlich ziemlich egal.
Ein Streik geht, wenn man so will, immer auf Kosten der Kunden. Ein Streik ist ja gerade dazu da, dem Arbeitgeber klarzumachen, dass ohne die Arbeitnehmer keine Gewinne zu machen sind. Wenn ein Unternehmen in der Lage ist, einen Streik so stark abzufedern, dass die Kundenseite nichts davon merkt, dann ist ein Streik ja schon von vorne herein zum Scheitern verurteilt.
Allerdings fällt auch hier wieder auf, dass Gewerkschaften eine recht kurzsichtige Sichtweise haben. Gewerkschaften sind nicht die Lobbisten der Arbeitnehmer, sondern die Lobbisten der Arbeitsplatzbesitzer. Es werden bereits erste Versuche durchgeführt, im Nahverkehr automatisierte Bahnen einzusetzen. Je höher die Arbeitskosten sind, desto mehr rechnet es sich, die Zugführer ganz abzuschaffen und durch Investitionen zu ersetzen. Im Fernverkehr ist das zwar noch unwahrscheinlich. Aber bei U-Bahnen wird es schon gemacht.
Es werden bereits erste Versuche durchgeführt, im Nahverkehr automatisierte Bahnen einzusetzen. Je höher die Arbeitskosten sind, desto mehr rechnet es sich, die Zugführer ganz abzuschaffen und durch Investitionen zu ersetzen.
Das kann man auch anders sehen. Da das in jedem Fall kommen wird, müssen die jetzt eben noch rausholen was geht.
Aber es zeigt , wo es lang geht. Die relativ simplen Lockführerposten werden von den wesentlich anspruchsvolleren Fahrleiter-, Wartungs- sowie den Entwicklungsjobs verdrängt.
Da geht es um einen Ego-Konflikt Schell/Mehdorn, da geht es um bahnspezifische Interessengegensätze.
Da geht es aber auch um grundsätzliches: Nach den Präzedenzfällen der Pilotengewerkschaft Cockpit bei der LH und der Fluglotsengewerkschaft schickt sich die GDL an, die heilige Kuh der Einheitsgwerkschaft endgültig zu schlachten.
Man sollte nicht vergessen, dass das Ergebnis der Verhandlungen unter den Mediatoren Geissler und Biedenkopf nicht von der Bahn oder der GDL gekippt wurde, sondern von den beiden anderen Gewerkschaften, vor allem der Transnet aus dem DGB-Stall.
DGB und AG ziehen hier an einem Strang und es wäre wünschenswert, dass die juristischen Auseinandersetzungen möglichst schnell höchstinstanzlich geklärt werden. Es geht letztlich darum, ob Koalitionsfreihet und Streikrecht allein dem DGB zusteht oder auch anderen, die nicht nach der DGB-Pfeife tanzen.
1. Ich finde die den Streit Gewerkschaften contra Bahn sollen die unter sich ausmachen. Kaum einer, der seine Meinung dazu abgibt pro oder contra deren Forderungen hat wirklich eine Ahnung, wie der Beruf aussieht, und wie die Bezahlung ist.
31% klingt viel, weswegen wenige Verständnis haben. Aber in Rumänien verlangen die Lehrer 100% mehr, weil sie schlichtweg unterbezahlt sind, da verstehen das plötzlich alle. Wenn ein Lohnniveau einfach mal radikal korrigiert werden muss, dann ist das nunmal so.
Wenn man die Forderungen der anderen Gewerkschaften mit deren Abschlüssen vergleicht 87% -> 4,5%) landen wir bei den Lokführern bei 20%, realistisch gesehen vielleicht bei 16-18%, da fände ich jetzt nicht soooo gravierend. die GDL hat ca. 34000 Mitglieder, wenn man allen 15% mehr gibt sind das Mehrkosten von gut 11 mio. € - nicht gerade etwas, woran die Bahn ersticken dürfte.
2. Gerichte einzuschalten halte ich für unangemessen. Ich frage mich nach wie vor, auf welcher Rechtsgrundlage das chemnitzer Gericht überhaupt entschieden hat. Der Kommentar der zeitungen (auch der FAZ) ging in die Richtung "etwa rechtmäßigkeit gibt es nicht - entweder ganz oder garnicht", deswegen bin ich auch für eine höhere Instanz.
3. Bahn-Streik, na und?
Samstag hatte mein Zug 25 Minuten Verspätung, die nächste Fahrt am Mittwoch
hin 4 und zurück 31 Minuten, Donnerstag
hin 5 Minuten, zurück eine.
Freitag hin 6 Minuten, zurück 0
Wenn man sich also auf der Bahn-Seite die züge raussucht, die fahren, dann ist die Verspätung, mit der man fährt eigentlich "wie immer". Ich will aber nicht verschweigen, dass bei der Rückfahrt 4 andere S-Bahnen ausgefallen sind, u.a. meine in Gegenrichtung. Für mich selbst, war die Fahrt heute allerdings angenehmer - es war leerer als sonst.
Natürlich sind die 31% eine Eingangsforderung, die verhandelbar ist. Das sagt die GDL selbst bei jeder Gelegenheit. Ihr geht es um den eigenen Tarifvertrag.
Und genau den will die Bahn (und auch der DGB) verhindern, zumal er ja gerade einen Tarifvertrag für die Eisenbahner ausgehandelt hat. Von allen am meisten steht hier für den DGB auf dem Spiel. Wenn sich das durchsetzt und jetze Futzelgewerkschaft ihr Ding durchzieht haben die ein gewaltiges Problem. Was das langfristig für grössere und mittlere AG bedeutet ist noch nicht abzuschätzen. Es gibt weniger Gemauschel und mehr echte Verhandlungen, dafür kann der AG die kleinen Gewerkschaften gegeneinander ausspielen.
DP schrieb am 13.10.2007 00:48
Und genau den will die Bahn (und auch der DGB) verhindern, zumal er ja gerade einen Tarifvertrag für die Eisenbahner ausgehandelt hat. Von allen am meisten steht hier für den DGB auf dem Spiel. Wenn sich das durchsetzt und jetze Futzelgewerkschaft ihr Ding durchzieht haben die ein gewaltiges Problem.
Das ist richtig und der anhaltende Mitgliederverlust der DGB-Gewerkschaften und dagegen der Zuwachs für Spezialistengewerkschaften sprechen eine deutliche Sprache. Der DGB und seine Einheitsgewerkschaften haben sich genauso überlebt wie die gute alte Deutschland AG.
Dabei sehe ich 2 Grundprobleme des DGB:
Der Einheitstarifvertrag mit der Einheitsgewerkschaft führt zwangsläufig zu einer Nivellierung, in der viele Berufsgruppen sich nicht mehr angemessen vertreten fühlen. Genau das hat zur Gründung der Pilotengewerkschaft, der Fluglotsengewerkschaft, der GDL oder des Marburger Bundes (Klinikärzte) geführt. Nicht zufällig handelt es sich dabei meist um hohe Qualifizierungen (worüber man bei den Lokführern noch am meisten streiten könnte. Aber auf Ärzte, Piloten oder Fluglotsen trifft das sicher zu im Vergleich zu Krankenschwestern, Bodenstewardessen oder Tippsen). Andereseits sind die Angehörigen dieser Berufsgruppen nicht in einer ausreichend hohen Position im Unternehmen um wie leitende Angestellte einzeln mit dem AG bessere Konditionen aushandeln zu können. Gerade bei Grossunternehmen gibt es für aT-Positionen interne Tarife, bei denen es nichts zu verhandeln gibt. Da fahren die Leute mit einer Spezialgewerkschaft oft besser als mit aT-Verträgen.
Der politische Vertretungsanspruch des DGB. Der DGB ist nach wie vor links verortet. Der Streit um die SPD-Agenda hat den DGB noch weiter nach links gerückt. Die PDS/Linke gewinnt an Einfluss. Dazu kommt die Tradition als Kämpfer für das niedere Proletariat. Mit allsowas haben Akademiker wie Ärzte, Piloten, Kaufleute oder Ingenieure nichts am Hut. Sie wollen eine Gewerkschaft, die wirkungsvoll ihre materiellen Interessen vetritt, sie aber politisch nicht bevormundet. Nicht zufällig halten sich die Kleingewerkschaften mit ihren allgemeinpolitischen Aussagen auffälig zurück.
Die AG werden damit leben müssen, dass die Welt auch auf der Personalseite komplizierter wird. Die Lufthansa kann das offensichtlich ganz gut. Die Bahn wirds auch noch lernen.
Partei:
Ja, für die Bahn sind das wirklich Peanuts bei einem Umsatz von über 30 Mrd. € und einem Gewinn von weit über einer Millarde Euro.
Deswegen sehe ich die wahren Stolpersteine eher beim eigenen Tarifvertrag und dem öffentlichen Kampf. Wenn jemand da einen Kompromiss machen würde, wie man ohne eigenen Vertrag die Löhne entsprechend erhöhen kann, wäre eine Einigung sehr schnell machbar, denn auf Dauer kann die Bahn nur verlieren - die Frage ist, ob die anderen Gewerkschaften auch verlieren.
Lexx schrieb am 14.10.2007 02:06
Partei:
Ja, für die Bahn sind das wirklich Peanuts bei einem Umsatz von über 30 Mrd. € und einem Gewinn von weit über einer Millarde Euro.
Die Bahn macht Gewinn? Abzüglich sämtlicher Subventionen?
Zitat:
Deswegen sehe ich die wahren Stolpersteine eher beim eigenen Tarifvertrag und dem öffentlichen Kampf. Wenn jemand da einen Kompromiss machen würde, wie man ohne eigenen Vertrag die Löhne entsprechend erhöhen kann, wäre eine Einigung sehr schnell machbar, denn auf Dauer kann die Bahn nur verlieren - die Frage ist, ob die anderen Gewerkschaften auch verlieren.
Wie es aussieht bekommt die GdL nun doch ihren Tarifvertrag. Wie sich das alles langfristig auswirkt muss man sehen. Ich denke, Verdi wird, trotz besserem Angebot an die GdL ihren Vertrag mit der Bahn nicht nachverhandeln sondern stillschweigend akzeptieren, dass das nun so ist. Der DGB wird versuchen, dem Problem politisch beizukommen und die kleinen Elitegewerkschaften einzugemeinden oder irgendwie einzubinden. Ob das machbar ist oder sich weitere Nischengewerkschaften absplittern muss man abwarten. Die GdL hats erstmal vorgemacht, klar, dass das jetzt Begehrlichkeiten weckt.
Ja macht sie! Das hättest du mit Google auch ganz schnell selber rausfinden können. Bereits im Wikipedia-Artikel steht es. Vielleicht erinnerst du dich auch noch an die letzten Presseauftritte, wo Mehdorn mit stolzer Brust verkündet hat, dass die Bahn sich in der Gewinnzone befindet!?
"Die GdL hats erstmal vorgemacht, klar, dass das jetzt Begehrlichkeiten weckt."
Naja, vorgemacht haben es eigentlich die Piloten, manche sagen auch die Ärzte. Auf jeden Fall ist das Verhalten nicht beispiellos.
Deswegen sprechen Kritiker auch schon von "dem Rosinenpicken" und meinen damit einen Trend - den Trend, den du hier bereits genannt hast, dass sich kleine Nischengewerkschaften absplittern, zu ihrem eigenen Vorteil und zu Lasten der anderen. Wenn die GDL scheitert, könnte das diesen Trend natürlich abschwächen.
Bei der Herstellung der Beziehung Bahn und Gewinn graust es jedem Betriebswirtschaftler.
Man stelle sich vor; ich gründe eine Firma. Ich nehme aus meinem Vermögen 10 Millionen Euro und baue die Infrastruktur auf, stelle Leute ein etc. Jedes Jahr habe ich Fixkosten von 1 Million. Am Ende des Tages habe ich einen Umsatz von 10,000.- und operationelle Kosten von 9,980.- Was mache ich? Die 10 Millionen schreibe ich ab und die jährlichen Fixkosten von 1 Millionen stecke ich in irgendeinen Haushalt. Somit habe ich 20.- Euro Gewinn!!
Das ganze ist doch in die Tasche gelogen. Zuerst mal hat der Bund bei der Privatisierung die Schulden der Bahn von DM 67 mrd übernommen. Das sind jetzt Bundesschulden, also Staatsschulden und damit Deine.
Dann die Infrastruktur; die wird vom Staat übernommen. Jedes Jahr steckt der Bund zwischen 3 und 4 mrd Euro in den Ausbau der Infrastruktur. Das zahlt der Steuerzahler, also auch Du. In der Bilanz der Bahn ist diese Rechnung nämlich nicht, sondern in der Investitionsrechnung des Bundesverkehrsministeriums.
Dazu kommen die Investitionen für den Regionalverkehr. Der ist traditionell hochdefizitär und lastet auf dem Budget von Ländern und Gemeinden. Ich hatte vor Jahren mal gehört, dass allein die BVG (das ist die Berliner U- und Strassenbahn) mit jährlich einer mrd DM gesponsert werden muss. Die Wirtschaftswoche errechnet eine jährliche Subvention für den Regionalverkehr von mehr als 7 mrd Euro. Da auch hierfür öffentliche Mittel verwendet werden ist auch hier also der Steuerzahler derjenige, der dies bezahlt.
So und jetzt sag mir noch mal, dass die Bahn Gewinn erwirtschaftet.
"So und jetzt sag mir noch mal, dass die Bahn Gewinn erwirtschaftet."
Klar macht sie das.
Subventionen sind für ein Unternehmen erstnal ganz normale Einnahmen, die auf der Haben Seite auftauchen.
Und beim öffentlichen Nahverkehr bezahlen die Kommunen für eine Dienstleistung, die die Bahn erbringt. Das kann man als Subventionen sehen, aus Sicht der Bahn sind das ganz normale Einnahmen.
Dass der Bund sich selbst bescheisst an der Stelle, ist aus Sicht des Unternehmens Bahn egal.