kater_5 schrieb am 09.10.2008 14:50
Mal eine Frage dazu:
Wie kann man eigentlich irgendwelche sinnvollen Aktionen rund um den Libor sehen, wenn gleichzeitig die Europäische Zentralbank beliebige Summen zu einem Zinssatz von 3,75% in den Markt bringt ?
Die EZB bringt diese Kredite nicht 'auf den Markt', sondern gibt ihn nur an definierte Geschäftsbanken (gegen bestimmte Sicherheiten und nach vorgegebenen Verfahren). Die Geschäftsbanken sollten dann den Markt mit weiteren Krediten versorgen, was sie aber aus Furcht vor Verlust nicht tun, bzw. zu einem immer höher steigenden Preis. Die Zentralbanken haben versucht, diesen Preis durch Leuitzinssenkungen zu senken, das hat aber lt. Bloombergbericht nicht funktioniert. Möglicherweise gibt es vor dem WE nochmals eine Notsenkung. Geht das so weiter, dann gibt es auch für Dich kein Geld mehr.
Japan hat gestern nicht mitgemacht, weil sie nur noch wenig senken können, die USA haben auch nur noch 1,5 %. So funktioniert das System halt.
Jetzt fange mal an mit dem Köpfen. Ich finde, es ist ein gutes Beispiel, dass Marktwirtschaft funktioniert.
Gruß, Martin
Wo funktioniert hier die Marktwirtschaft ?
Es wird zwar spannend, wer die Garantiesumme bezahlen wird, aber genau das ist ja das Problem. Es werden nicht die Leute sein, die diese Werbung rausgegeben haben, nicht die, die dafür Provisionen kassiert haben und es werden auch nicht die sein, die da ihr Geld angelegt haben. Die bekommen allenfalls die versprochenen Zinsen nicht und haben ein bischen Papierkram.
Wahrscheinlich wird da der europäische Steuerzahler für einstehen.
kater_5 schrieb am 09.10.2008 15:25
"Ich versuche aber erst mal für mich die richtigen Entscheidungen zu treffen."
Was soll man schion machen ?
Aktien kaufen. So billig gibt es die so schnell nicht wieder.
Leider habe ich derzeit alles Geld ins Haus gesteckt.
Gruss
Kater
Beispiele:
- Festgeld auf 1-2 jährige Staatsanleihen umgeschichtet
- Konten auf mehreren Banken etwas aufgefüllt
- dabei Konto bei Bank, wo ich noch Hypothekenzinsen bezahle so aufgefüllt, dass ich vom Zahlungsverkehr unabhängig bedienen kann.
- Die Aktien, die ich noch habe, durch Dax-Puts abgesichert
- usw.
kater_5 schrieb am 09.10.2008 15:31
Wo funktioniert hier die Marktwirtschaft ?
Gruss
Kater
Die Leute kriegen, was sie verdienen. Wer gierig nach hohen Zinsangeboten greift, ohne sich mal eine Plausibilitätsfrage zu stellen, bezahlt dafür gelegentlich. Dass Island in Finanzschwierigkeiten ist, konnte man schon seit Monaten lesen.
Die Regel, dass mit höheren Zinsen höhere Risiken verbunden sind hat sich bestätigt.
- Festgeld auf 1-2 jährige Staatsanleihen umgeschichtet
- Konten auf mehreren Banken etwas aufgefüllt
- dabei Konto bei Bank, wo ich noch Hypothekenzinsen bezahle so aufgefüllt, dass ich vom Zahlungsverkehr unabhängig bedienen kann.
- Die Aktien, die ich noch habe, durch Dax-Puts abgesichert
- usw.
Gruß, Martin
Bei mir vergammelt die Kohle aufm Girokonto. Ich glaub das gibt so 1% Zinsen. Mir ist dasalles einfach zu mühsam und neuerdings ist ja das Giro der grosse Knüller. Da ich keine Geldsorgen hab ist mir Geld völlig egal.
kater_5 schrieb am 09.10.2008 14:50
Mal eine Frage dazu:
Wie kann man eigentlich irgendwelche sinnvollen Aktionen rund um den Libor sehen, wenn gleichzeitig die Europäische Zentralbank beliebige Summen zu einem Zinssatz von 3,75% in den Markt bringt ?
Da muss doch die innerbänkische Liquidität einbrechen und der Zinssatz von 4.75 für den Libor ist doch reine Theorie ?
Oder sehe ich da was falsch ?
Gruss
Kater
In normalen Zeiten ist das Volumen des Interbankenmarktes um ein vielfaches höher als die Refinanzierung bei den Zentralbanken. Der Libor ist dann ein echter Marktpreis, der ja auch zig-tausenden Kreditverträgen als Zinsbasis zugrunde liegt. Auch wenn Zentralbankgeld einen Tick billiger ist als der Libor (oder Euribor für €) ziehen die Banken den Interbankenmarkt vor, weil a) ständig Geld über alle Laufzeiten angeboten wird und b) die Banken untereinander keine Sicherheiten verlangen. Eine Bank hält nicht ständig einen grossen Bestand an erstklassigen Wertpapieren vor um sich gelegentlich Geld bei der Zentralbank leihen zu können.
Wenn der Geldmarkt stockt, weil sich die Banken gegenseitig nicht mehr über den Weg trauen, ist plötzlich jedermann auf die Zentralbankrefinanzierung angewiesen, die Frage ist dann, ob er noch über genügend Sicherheiten verfügt um die benötigten Beträge zu unterlegen. Wer das nicht kann, muss dann im Geldmarkt zu enormen Risikoprämien Geld leihen, solange überhaupt etwas angeboten wird. Der Interbankensatz reflektiert dann nicht mehr die normale Liquiditätslage, weil die Banken den Markt umgehen. Dennoch ist sein Preis Berechnungsgrundlage für die Kredite an die Realwirtschaft. Das ist dann ein Transmissionsriemen mit dem die Probleme der Finanzwirtschaft in die Realwirtschaft übertragen werden.
Wenn die Zentralbanken wollen, dass sich ihr Leitzins in den Interbankenmarkt überträgt, müssen sie wohl oder übel die Sicherheitenvorschriften lockern oder gleich ganz wie die Engländer den Interbankenmarkt staatlich garantieren.
Ich sehe überhaupt keinen Grund, warum man Bankkapitäne anders behandeln sollte als Schiffskapitäne.
Gruss
Kater
Man hat es zwar geahnt.
Es ist jedoch erschuetternt zu sehen, wie unfaehig und gleichzeitig oft kriminell (bei der Schoepfung und Vermittlung von unsicheren Anlagen) viele Banker sind.
Die Krise ist einmal das Resultat von Gechaeften, die mit serioesen Bankgeschaeften nichts zu tun haben und anderseits der Tatsache, dass offenbar kein Banker einem anderen traut.
Letzteres ist bei Kriminellen so ueblich.
Und dann der Ruf nach dem Staat.
Bitte rette uns!
Schon irre.
Kodo
Und ohne Sicherheiten gibt es nun mal keinen Kredit.
Gruss
Kater
Kater,
da es im alltäglichen Geldmarktgeschäft unpraktikabel wäre, jedesmal Sicherheiten hin-und herzuschieben, basierte der Geldmarkt auf 'Vertrauen' (Kontrolle der Institute durch Behörden, Eigenkapital, Ratings), und wurde zusätzlich durch unregulierte Versicherungen (credit default swaps) abgesichert.
Das Vertaruen in Ratings, Qualität des Eigenkapitals, Kontrolle durch Behörden, bzw. Wirtschaftsprüfer, CDS ist weg. Wenn diese Kontrollmaßnahmen funktioniert hätten, hätte es ja nicht diese Pleiten geben können.
So ganz nebenbei: Die Wirtschaftsprüfer sind sich wohl einig, dass sie bei der heute bestehenden Komplexität der Finanzstrukturen und ausländischen Niederlassungen kein wirklich umfassendes Gutachten abgeben können. Dies gilt um so mehr für Bewertungen von Finanzinstrumenten, denen mathematische Algorithmen zugrundeliegen.
Gruß, Martin
PS: Mit dem Geschriebenen kannst du vielleicht besser diese Nachrichten einordnen:
More than 350 banks and investors signed up to settle credit-default swaps tied to Lehman. No one knows exactly how much is at stake because there's no central exchange or system for reporting trades. It's that lack of transparency that has increased the reluctance of financial institutions to do business with each other, exacerbating the global credit crisis and prompting calls for regulation of the market.
F-W schrieb am 10.10.2008 01:48
In normalen Zeiten ist das Volumen des Interbankenmarktes um ein vielfaches höher als die Refinanzierung bei den Zentralbanken. Der Libor ist dann ein echter Marktpreis, der ja auch zig-tausenden Kreditverträgen als Zinsbasis zugrunde liegt. Auch wenn Zentralbankgeld einen Tick billiger ist als der Libor (oder Euribor für €) ziehen die Banken den Interbankenmarkt vor, weil a) ständig Geld über alle Laufzeiten angeboten wird und b) die Banken untereinander keine Sicherheiten verlangen. Eine Bank hält nicht ständig einen grossen Bestand an erstklassigen Wertpapieren vor um sich gelegentlich Geld bei der Zentralbank leihen zu können.
Wenn der Geldmarkt stockt, weil sich die Banken gegenseitig nicht mehr über den Weg trauen, ist plötzlich jedermann auf die Zentralbankrefinanzierung angewiesen, die Frage ist dann, ob er noch über genügend Sicherheiten verfügt um die benötigten Beträge zu unterlegen. Wer das nicht kann, muss dann im Geldmarkt zu enormen Risikoprämien Geld leihen, solange überhaupt etwas angeboten wird. Der Interbankensatz reflektiert dann nicht mehr die normale Liquiditätslage, weil die Banken den Markt umgehen. Dennoch ist sein Preis Berechnungsgrundlage für die Kredite an die Realwirtschaft. Das ist dann ein Transmissionsriemen mit dem die Probleme der Finanzwirtschaft in die Realwirtschaft übertragen werden.
Wenn die Zentralbanken wollen, dass sich ihr Leitzins in den Interbankenmarkt überträgt, müssen sie wohl oder übel die Sicherheitenvorschriften lockern oder gleich ganz wie die Engländer den Interbankenmarkt staatlich garantieren.
FW
In einem Satz ausgedrückt:
Die Banker trauen sich gegenseitig nicht mehr und machen dicht.
Das ist ganz schön paranoid.
Gott sei Dank gibt es noch die vernünftigen Kunden.
Nun haben in einer konzertierten Aktion IMF, G7, G20 und Eurozone ein Paket geschnürt, und alle starren nun gebannt auf die Börsen. Wie reagiert Tokyo, was machen der DAX und London, was passiert an Wall Street?
Das Europa-Paket orientiert sich im Wesentlichen am britischen Modell. Deutschland will 400 Mrd. in Form von Bürgschaften für den Geldmarkt und Kapitalspritzen für ins Schlingern geratene Banken bereitstellen. Dazu einigten sich die Europäer einige Bilanzierungsregeln zu ändern um die rasende Abwertung von Vermögenswerten der Banken und die daraus resultierenden Verluste einzudämmen.
Eigentlich ein ganz schön happiger Betrag wenn man bedenkt, dass noch vor ein, zwei Wochen Steinbrück die Finanzkrise zu einer amerikanischen Show erklärt hatte und deutsche Beiträge zur Lösung ausschloss. Mit den Hilfen für die HRE und dem nun beschlossenen Paket haben wir das US-Volumen schon erreicht. Wenn man noch dazurechnet, was Engländer, Franzosen und sonstige noch einschiessen kommt man zu dem Schluss, dass die Europäer (und die Chinesen, die 600 Mrd. $ verloren haben, die Inder und die grossen Rohstofflieferanten vom Golf bis nach Moskau) die Hauptleidtragenden dieser Affäre sind.
Man darf gespannt sein, wie sich nach dieser tektonischen Verschiebung die Finanzmärkte neu ausrichten, welchen Einfluss der Rest der Welt den geschwächten Amerikanern bei der Neugestaltung zugestehen wird.
Interessant, ob wir auch von der Island-Pleite noch ähnliche Abwicklungen sehen werden: Das unvorstellbare Volumen der Credit Default Swaps hängt wie ein Damoklesschwert über den Märkten.
Für den Euro ist und bleibt dies alles eine große Zerreißprobe, die EZB agiert längst jenseits ihres rechtlichen Rahmens. Das Problem ist, dass die Legislative kaum hinter den Entwicklungen herkommen wird. Ich frage mich auch, wer die notwendigen Eilgesetze schreibt und prüft.