kater_5 schrieb am 11.09.2008 14:47
Oder was hast Du gedacht, warum sich die ganzen Autokonzerne so viele Marken halten ?
Gruss
Kater
Der treibende Faktor für ein Niedrigpreissegment ist in der Regel, dass neue Konkurrenz im Niedrigpreissegment angreift.
Kaum ein Management geht in den Niedrigpreissektor um die Volumina zu vergrößern. Dieser Effekt ist dann eher eine Art Windfall-Profit, wobei das auch nur dann funktioniert, wenn die Entwicklungsstände der Marken (Billig bis teuer) nicht auseinanderdriften.
Ein wichtigerer Aspekt ist u.U., dass über die generellen Abnahmevolumina bei Tier 1 Lieferanten die Rabatte steigen. Wobei ich es interessant fände, ob Bosch die an indische Hersteller gemachten Preise, die 'Geheimsache' sind, auch an Dacia weitergäbe, wenn Renault damit Einblick bekäme. Oder diese Sachverhalte werden ganz entspannt gesehen.
BMW hat (außer mit dem teuren Mini) keine Niedrigpreismarke, aber hat einen hohen Leveraginggrad bei Teilen, und vor allem der Motorentechnologie. Trotzdem ist der Entwicklungsstand (Efficient Dynamics) der Antriebe in den verschiedenen Typen geschätzt zwei Jahre auseinander.
"BMW hat (außer mit dem teuren Mini) keine Niedrigpreismarke,"
Auch BMW treibt alle möglichen Mäzchen, um den Vertrieb zu optimieren und jedem ein Auto in seiner sozialen Klasse anzubieten, und zwar teilweise dieselben Autos zum unterschiedlichen Preis.
Angefangen vom 318d, der den gleichen Motor wie der 320d hat, nur mit einem anderen Steuerchip, aber ein paar tausend Euro billiger ist, weiter mit einer Firmenwagenversion des 520d, der auch nur einen anderen Chip hat, aber ebenfalls ein paar tausend Euro billiger als das Standardmodell ist ist und am oberen Ende mit einem 535d, den kein Mensch braucht, der aber weit überproportional viel Geld kostet (und damit Profit bringt), damit auch die Leute, die das brauchen, ihr Geld bei BMW lassen können.
Man muss das ja nicht auf niedrigem Niveau machen.
kater_5 schrieb am 11.09.2008 20:47
"BMW hat (außer mit dem teuren Mini) keine Niedrigpreismarke,"
Angefangen vom 318d, der den gleichen Motor wie der 320d hat, nur mit einem anderen Steuerchip, aber ein paar tausend Euro billiger ist, weiter mit einer Firmenwagenversion des 520d, der auch nur einen anderen Chip hat, aber ebenfalls ein paar tausend Euro billiger als das Standardmodell ist ist und am oberen Ende mit einem 535d, den kein Mensch braucht, der aber weit überproportional viel Geld kostet (und damit Profit bringt), damit auch die Leute, die das brauchen, ihr Geld bei BMW lassen können.
Gruss
Kater
Kater,
auch Dir sollte klar sein, dass 'nur ein anderer Chip' nicht nur Materialpreis ist, sondern Entwicklungsarbeit, inklusive Erprobung.
Ob der Profit beim 535D dann so viel größer ist, kann selbst bei BMW vielleicht niemand genau sagen. Jedenfalls wäre dafür eine präzise Kostenallokation aller motorenspezifischen Aktivitäten von der Entwicklung bis zum Service Voraussetzung. Den Aufwand einer solchen Kostenallokation kann man sich aber auch sparen, und den Profit nur über den Materialpreis und die pauschale Umlage der Gesamtentwicklungskosten errechnen. Je nach Aufwand und Umlageverfahren kann man beliebig Augenwischerei betreiben.
kater_5 schrieb am 11.09.2008 14:47
Letztlich wird am Renault mehr Geld verdient, aber man kann zusätzlich dasselbe Zeugs im Dacia noch mal verkaufen an die Leute, die sich einen Renault nicht leisten können/wollen.
Damit bekommt man die hohen Volumina und daraus resultierenden niedrigeren Stückpreise und kann totzdem noch die höheren Gewinne bei den Premiummarken abgreifen.
Oder was hast Du gedacht, warum sich die ganzen Autokonzerne so viele Marken halten ?
Ich denke das hängt wirklich vom Einzelfall ab; Branche, Stellung im Markt etc. Z.B. hat unsere Firma neben ihrer Mobile Marke (Sunrise) noch eine Billigmarke (yallo) lanciert. Der einzige Unterschied bei der Billigmarke ist "no frills", also keine extras, Spezialkonditionen etc. Die Idee war, den Markt mit dem Billigangebot zu überschwemmen, um keine oder so wenig wie möglich andere neue Marktteilnehmer zuzulassen. Natürlich nimmt man auch noch neue Kunden mit etc. aber am Ende kannibalisiert sich die Firma eher selber. Die Marke wurde also aus strategischen Gründen lanciert, weniger aus finanziellen.
kater_5 schrieb am 12.09.2008 11:35
"Ob der Profit beim 535D dann so viel größer ist, kann selbst bei BMW vielleicht niemand genau sagen."
Ähm, das meinst Du jetzt nicht im Ernst, oder ?
Gruss
Kater
Ich kenne nicht die Interna bei BMW, in unserer Industrie habe ich jedenfalls eine genaue Kostenallokation aber in 30 Jahren nicht erlebt. Bei der Ermittlung des Profits pro Gerät wird für den Entwicklungsaufwand ein pauschaler Anteil (xy%) gerechnet, der für alle Geräte eines Geschäftsbereichs gleich ist, und nichts mit dem individuellen Entwicklungsaufwand zu tun hat.
Während des Entwicklungsprojekt gibt es Projekt-begleitend eine laufend auf dem neuesten Stand gehaltene ROI-Bestimmung, die aber nur mit Stückzahlannahmen arbeitet, und nach Produktionsfreigabe nicht mehr weitergeschrieben wird. Sie dient nur als Berechtigungsnachweis für das Projekt (wenn das Geld mal ausgegeben ist, ist das nur noch 'Papier'). Außerdem wird bei der ROI-Ermittlung nicht auf jede Produktoption aufgeschlüsselt.
Das ist pragmatischer Alltag, der für Detaillierung notwendige Aufwand (Konten, Aufschlüsselung von Arbeitszeiten, Benutzung von Einrichtungen und Resourcen, usw. ) rechtfertigt nicht den Nutzen. Soll halt jeder dran glauben, dass mit high end - Geräten mehr Profit gemacht wird.
Wohlgemerkt: Dies gilt nur für die high-/low-end Optionen innerhalb einer Produktfamilie. Das gilt nicht für gänzlich unterschiedliche Produktfamilien.
DP schrieb am 12.09.2008 11:59
Die Idee war, den Markt mit dem Billigangebot zu überschwemmen, um keine oder so wenig wie möglich andere neue Marktteilnehmer zuzulassen. Natürlich nimmt man auch noch neue Kunden mit etc. aber am Ende kannibalisiert sich die Firma eher selber. Die Marke wurde also aus strategischen Gründen lanciert, weniger aus finanziellen.
So war das auch bei uns: Wir haben unseren Markt lieber selbst kannibalisiert, bevor andere das gemacht haben. Wir haben primär für den high end Bereich entwickelt, und dies dem low end Bereich zugutekommen lassen. Der high end Bereich hat dann die Entwicklungskosten für das Essentielle getragen, dem low cost Bereich wurden nur die Kosten für das 'Umdosen' zugeordnet.
Erstaunlicherweise ist aber trotz Kannibalisierung der high end Umsatz nicht wesentlich zurückgegangen. Man kann das aber nur auf Dauer machen, wenn der Innovationsgrad hoch bleibt.
Wie auch immer man das im einzelnen begründet, aber am Ende führt es doch vor allem dazu, dass die Leute, die aus finanziellen oder sonstigen Gründen das High End Gerät nicht kaufen können, nun ein Angebot bekommen, das für sie akzeptabel ist. Und das wird nicht gemacht, weil es irgendwelche sozialistischen Vorgaben gibt, sondern weil man damit Geld verdient.
Und DAS ist letztlich genau das, was ich gaaanz am Anfang mal ausdrücken wollte. Unterschiedliche Preise für unterschiedlich zahlungskräftige Kunden hat absolut nicht mit Sozialismus zu tun sondern ist Kapitalismus in Reinkultur und fast alle Unternehmen machen das ganz von alleine. Natürlich irgendwie mit Leitungsunterschieden etc. begründet, man muss ja den Mehrzahlern erklären, warum sie mehr zahlen, sonst würden die ja das Billigere nehmen.
Unterschiedliche Preise für unterschiedlich zahlungskräftige Kunden hat absolut nicht mit Sozialismus zu tun sondern ist Kapitalismus in Reinkultur
... deswegen haben staatlich verordnete Zuschüsse zu irgendwelchen Verbraucherpreisen noch lange nichts mit Marktwirtschaft zu tun, das war deine genaue Eingangsthese.
Wenn etwa die Energieversorger selber auf die Idee kämen, günstigere Preise für Geringverdiener anzubieten, dann wäre das marktwirschaftlich. Aber dazu wird es wohl nicht so schnell kommen, denn ein Liter Sprit oder eine Kilowattstunde lässt sich schwerer für verschieden kaufkräftige Zielgruppen vermarkten als eure Autos.
"... deswegen haben staatlich verordnete Zuschüsse zu irgendwelchen Verbraucherpreisen noch lange nichts mit Marktwirtschaft zu tun, das war deine genaue Eingangsthese. "
Nö. Ich hatte nur mal drauf hingewiesen, dass es durchaus Leute in Deutschland gibt, die sowas für Sinnvoll halten würden (wobei ich offen gehalten habe, was ich selbst davon halte). Woraufhin FW unterschiedliche Preise für identische Produkte als Sozialismus kritisierte, was ich damit gekontert habe, dass unterschiedliche Preise für fast identische Produkte längst normal sind.
"Wenn etwa die Energieversorger selber auf die Idee kämen, günstigere Preise für Geringverdiener anzubieten, dann wäre das marktwirschaftlich. Aber dazu wird es wohl nicht so schnell kommen, denn ein Liter Sprit oder eine Kilowattstunde lässt sich schwerer für verschieden kaufkräftige Zielgruppen vermarkten als eure Autos."
Gibt es doch schon längst. Oder was glaubst Du, sollen die Angebote für die ganzen Premium Spritsorten zu 5 Cents Aufpreis ?
Damit wird den Besserverdienenden mit ihren Porsches und Mercedes zusätzlich Geld aus der Tasche gezogen. Denn einen Effekt haben diese Spritsorten nachweislich nicht.
Und selbst beim Strom gibt es Ökostrom oder "Kein Kohle"-Strom für mehr Geld für die Leute, die das zahlen wollen. Und jedes Stadtwerk hat seine Billigtarife, für die, die danach fragen.
kater_5 schrieb am 12.09.2008 13:13
Wie auch immer man das im einzelnen begründet, aber am Ende führt es doch vor allem dazu, dass die Leute, die aus finanziellen oder sonstigen Gründen das High End Gerät nicht kaufen können, nun ein Angebot bekommen, das für sie akzeptabel ist. Und das wird nicht gemacht, weil es irgendwelche sozialistischen Vorgaben gibt, sondern weil man damit Geld verdient.
Und DAS ist letztlich genau das, was ich gaaanz am Anfang mal ausdrücken wollte. Unterschiedliche Preise für unterschiedlich zahlungskräftige Kunden hat absolut nicht mit Sozialismus zu tun sondern ist Kapitalismus in Reinkultur und fast alle Unternehmen machen das ganz von alleine. Natürlich irgendwie mit Leitungsunterschieden etc. begründet, man muss ja den Mehrzahlern erklären, warum sie mehr zahlen, sonst würden die ja das Billigere nehmen.
Gruss
Kater
Kater,
das liest sich dogmatisch oder verbohrt. Was soll man mit 'Kapitalismus in Reinkultur' anderes anfangen als linke Wähler zu gewinnen? Die Realität ist anders:
1. Das deutsche Einkommensniveau kann nicht aus der Bedienung von low end Märkten erwirtschaftet werden.
2. Der high end Bereich ist in der Regel der Entwicklungsträger. Es liegt in der Natur des high end Bereichs, dass die Zahl der Kunden begrenzt ist, und dass die breite Masse erst später in den Genuss der goodies kommt. Handys waren anfangs teure Luxusartikel. Diesen Werdegang dem 'Kapitalismus in Reinkultur' zuzuschreiben, anstatt solider unternehmerischer Tätigkeit, verwundert mich.
3. Zahlungskräftige Kundschaft und ihre Ansprüche treiben Neuentwicklungen, die sonst aus dem Raster der rein kapitalistischen Projektentscheidungen fallen würden. Ich weiß von Betrieben im Automobilbereich hier herum, bei denen herausfordernde Projekte nur für Auftraggeber im Nahen Osten laufen. Dabei wird natürlich auch know how erarbeitet, dass dann irgendwann der breiteren Mass zukommt.
Ich hatte nur mal drauf hingewiesen, dass es durchaus Leute in Deutschland gibt, die sowas für Sinnvoll halten würden ...
Das wäre dann wohl werhamsterei.
Deine Hinweise auf Premiumsprit (warum sind deren Zapfhähne immer so aufdringlich in bester Griffweite?) und Stromtarife ist nicht verkehrt. Aber siehe oben. Mein Aufhänger war, dass hier weitere staatliche Eingriffe kontraproduktiv sind worauf du mit der Marktwirtschaft kamst, die es doch genau so mache. Da hast du dich ja nun zurückgenommen. Für sinnvoll halten kann man vieles.
ich habe nirgendwo auch nur mit der kleinsten Silbe erwähnt, dass ich das in irgendeiner Form schlimm fände. Es ist schlicht eine normale Tatsache, dass Firmen das so tun und es geht auch gar nicht anders, wie Du sehr richtig dargelegt hast.
Ich habe mich lediglich gegen F-Ws Behauptung gewandt, dass eine solche Preisbildung irgend etwas mit Sozialismus zu tun hätte und somit irgndwie unanständig wäre. Das hat es definitiv nicht.
kater_5 schrieb am 12.09.2008 14:08
Gibt es doch schon längst. Oder was glaubst Du, sollen die Angebote für die ganzen Premium Spritsorten zu 5 Cents Aufpreis ?
Damit wird den Besserverdienenden mit ihren Porsches und Mercedes zusätzlich Geld aus der Tasche gezogen. Denn einen Effekt haben diese Spritsorten nachweislich nicht.
Diese Aussage stimmt so nicht. Auf dem Prüfstand kann man den Effekt sehr gut nachweisen, insbesondere wenn die Kennfelder der Motorelektronik entsprechend angepasst werden. Um im realen Betrieb einen merklichen Vorteil zu haben, musst Du allerdings zum Chiptuner Deines Vertrauens gehen, denn die Kennfelder der Serienfahrzeuge enden bei 98 Oktan. Warum auch immer.
Ob der Effekt nun den Mehrpreis rechtfertigt, lasse ich mal dahingestellt.