Ja, da kann ich eine gewisse Schadenfreude nicht verhehlen. Ich sehe den Euro-Dollar-Kurs auf meinem Desktop praktisch in Echtzeit und er hat sich seit einiger Zeit über 1,30 $ stabilisiert.
Dass die Anti-Euro-Spekulationen aufgehört haben, habe ich auch schon gelesen. Auch, dass sie sich demnächst gegen den Dollar richten könnten. Ohnehin sei die Frage, ob der Euro wirklich stärker geworden, oder der Dollar noch schwächer geworden ist.
Aber vorbei ist die Geschichte sicherlich nicht. Ich habe gestern im Wartezimmer eines Arztes eine Focus-Ausgabe vom Mai gelesen. Da wurde der Schutzschirm massiv kritisiert und Griechenland die Rettungsfähigkeit abgesprochen. Am Ende, so der Focus, wird die Aufgabe der Prinzipien der EZB (die ja nun selbst Schrottanleihen gekauft hat) uns noch teuer zu stehen kommen, weil die Rettung Griechenlands am Ende fehl schlägt. Besser wäre es gewesen, das wirtschaftlich für den Gesamtraum vernachlässigbare Land (ca. 3% des €-BIP) aus der Währungsunion austreten zu lassen. Allerdings habe ich spätestens dann an der Qualität des Artikels gezweifelt, als der Austritt Deutschlands aus der Währungsunion und die Einführung der "neuen deutschen Mark" (NDM) nicht nur empfohlen, sondern auch ernsthaft diskutiert wurde.
Es ist eben ein Unterschied, ob man in einem VWL Seminar solche Szenarien diskutiert oder in der realen Politik diese Dinge konkret behandelt und umsetzt.
In der FAZ steht ein interessanter Artikel über das politische Wochenende vom 8. Mai.
Zitat von KaterDas eigentliche Problem ist aber doch, dass die Bundesregierung Bürgschaften übernommen hat.
...die irgendwann fällig werden, außer man schiebt den Pleitekandidaten das Geld anderweitig in den Hintern.
In den letzten Tagen ist mir klarer geworden, wie der Umverteilungsmechanismus funktioniert: Die irische Nationalbank hat ca. 30 Mrd neues Geld 'gedruckt' um seine banken mit Liquidität zu versorgen. Ich war bisher davon ausgegangen, dass nur die EZB gegen (inzwischen immer schlechtere) Sicherheiten die Geschäftsbanken versorgen darf. Die deutsche Bundesbank hat anscheinend zu Hochzeiten der HRE zum gleichen Mittel (Emergency Liquidity Assistance) gegriffen. Bei den Iren ist das aber ein zweistelliger Prozentteil ihres BIPs.
Heute lerne ich von Prof. Sinn, dass es eine Clearingstelle (Target2) der europäischen Nationalbanken gibt, über die andere europäischen Nationalbanken bei der deutschen Bundesbank mit über 300 Mrd € in der Kreide stehen: Steigende Tendenz, ohne Regularien zur Begrenzung http://www.wiwo.de/finanzen/kritik-an-kr...desbank-457649/. Deutschland hat keine andere Wahl als irgendwie Rettungsgelder zu verteilen, denn das Geld wäre dann eben anders futsch.
Man sieht, alles geht seinen vorhersehbaren Gang, auch wenn die Wege der Herren nicht immer genau vorhersehbar sind. Gut, dass die Nebennachrichten keinen Platz für solche Meldungen lassen.
Der Bürger hat doch sowieso schon jeglichen Bezug zu derartigen Summen verloren.
Frage: Wieviel hat uns die Rettung der angeschlagenen Banken in der Finanzkrise gekostet? Antwort: Über 270 Mrd. €, allein die Rettung der HRE und WestLB hat den Schuldenstand um 230 Mrd. €(!) erhöht.
"Gegenüber dem 31. Dezember 2009 hat sich der Schuldenstand um 18,0% beziehungsweise 304,4 Milliarden Euro erhöht. (...) Wesentlich zum Anstieg beigetragen haben die im Jahr 2010 neu gegründeten (beziehungsweise in Geschäftsbetrieb gegangenen) „Bad Banks“. Die Übertragung von Risikopapieren der Hypo Real Estate in die FMS Wertmanagement sowie die Stützungsmaßnahmen der Ersten Abwicklungsanstalt für die WestLB erhöhten den Schuldenstand zum Jahresende um 232,2 Milliarden Euro. [Belastungen der Länder nicht mitgerechnet, Anm.]" Quelle
Was kümmert es uns da, wenn wir ein paar Millarden verliehenes Geld nicht zurückbekommen?
p.s. Kann mir einer den Mechanismus von Target-2 mal erklären? Ich hab mich zwar durch "Clearing" und "Settlement" durchgelesen, aber noch nicht verstanden, wo da jetzt warum so viel Geld transferiert wurde.
Zitat von LexxMartin: Was kümmert es uns da, wenn wir ein paar Millarden verliehenes Geld nicht zurückbekommen?
Wie heißt es? Mut ist Mangel an Phantasie? Ab wann einen etwas kümmert hängt gelegentlich von der persönlichen Vorstellungskraft ab. Die Menschen in Nordafrika gehen nicht auf die Straße, weil sie sich das Brot morgen nicht leisten können, sondern weil sie sich um ihre Zukunft betrogen fühlen. Das teurere Brot ist nur ein Indikator.
Zitat p.s. Kann mir einer den Mechanismus von Target-2 mal erklären? Ich hab mich zwar durch "Clearing" und "Settlement" durchgelesen, aber noch nicht verstanden, wo da jetzt warum so viel Geld transferiert wurde.
So viel sollte Dir klar sein: Wenn Dein Bäcker Dir und anderen Kunden erlaubt ohne Limit anzuschreiben, dann ist Deine Brötchenversorgung gesichert bis der Bäcker eventuell pleite ist.
Der wesentliche Punkt, den ich in diesem Zusammenhang nicht verstehe ist, wie die Notenbanken über das Clearing Zugriff auf Geld der Bundesbank bekommen und das quasi "automatisch". Denn das scheint ja das Problem zu sein. Bisher dachte ich, dafür müssten sie einen entsprechenden Kredit aufnehmen oder auf andere Weise mit der Bank in Kontakt treten - womit man den Geldfluss natürlich kontrollieren könnte.
Der andere Teil meines Beitrags war übrigens Zynismus. ;)
Ich bin vor kurzem über das Buch "Crashkurs" von Dirk Müller gestolpert. Hat zwar ein bischen was Panikhaftes, aber so manche Dinge sind da doch mal recht anschaulich erklärt, und so manches Erstaunliche fand ich darin auch.
Der hat auch eine Webseite: www.cashkurs.com. Ist zwar vieles nur für Geld aber eben so manches auch offen.
Gerade im Zusammenhang mit den Krisen der letzten Monate habe ich da so manchen interessanten Kommentar gefunden. Besonders schön die Kommentare von "Bankhaus Rott".
Zitat von KaterGerade im Zusammenhang mit den Krisen der letzten Monate habe ich da so manchen interessanten Kommentar gefunden. Besonders schön die Kommentare von "Bankhaus Rott".
Gruss Kater
Ja, Bankhaus Rott gehört schon sein einiger Zeit zu meinen regelmäßig gelesenen Seiten. Ebenso Querschuesse.de.
das technische Detail der Abläufe des Clearings kenne ich auch nicht. Offensichtlich werden über diese Stelle die Zahlungsströme zwischen den Nationalbanken 'geklärt', bzw. ausgeglichen.
Wenn Du beim Bäcker Brötchen kaufst, dann gibt es Geld und Ware im unmittelbaren Austausch. Wenn Dir der Bäcker misstrauen würde, dann würde er Dir das Brötchen erst geben, wenn Du das Geld schon über den Ladentisch gereicht hast. Du könntest dem Bäcker aber umgekehrt auch misstrauen. Dann böte es sich an, eine dritte Person einzuschalten, der beide vertrauen, und die Geld und Brötchen einsammelt und dann weitergibt. Wenn der Tausch über große Entfernungen geht, und viele Parteien beteiligt sind, dann kann die 'Clearingstelle' diesen Tausch organisieren.
Ich war bisher davon ausgegangen, dass im Internationalen Geldverkehr die Guthaben bis zum Abend ausgeglichen und dass eventuell hinterlegte Sicherheiten für die Imbalanzen über den Tageszeitraum ausreichend sind. Aber offensichtlich erlaubt Target2 ein Anhäufen von Schuldverhältnissen, die nicht innerhalb einer kurzen Frist ausgeglichen werden müssen. Und offensichtlich hat man keine Bremse eingebaut. Wenn Target2 aber ein vereinbarter Modus/Prozess ist, dann ist jeder Teilnehmer daran gebunden. Ich kenne nicht die Verträge und ob eine Nationalbank einseitig aus diesem System aussteigen kann, bzw. wie dann die Entscheidung läuft. Sinn's Beitrag ist so geschrieben, als wenn Weber keine Eingriffsmöglichkeit gehabt hätte. Vielleicht hat Weber Sinn diese Info zugesteckt, um die Situation öffentlich zu machen, und so indirekt eine Begründung für seinen rücktritt zu liefern.
Martin: "Aber offensichtlich erlaubt Target2 ein Anhäufen von Schuldverhältnissen, die nicht innerhalb einer kurzen Frist ausgeglichen werden müssen. Und offensichtlich hat man keine Bremse eingebaut. "
Ja das scheint das Problem zu sein. Was ich an der Sache nicht verstehe: Normalerweise hat doch jeder Marktteilnehmer die Kontrolle über sein Vermögen und kann willkürlich entscheiden, welche Tranksaktionen er eingeht und welche nicht. Ich muss als Bäcker niemandem Brötchen verkaufen, von dem ich keine Zahlung erwarte. Nach meinem Verständnis ändert eine Clearingstelle an diesem Grundsatz nichts.
Wieso also kann die Bundesbank nicht verhindern, dass ihre Partner ihr so viel Geld abziehen? Oder will sie das garnicht?
Zitat von LexxMartin: "Aber offensichtlich erlaubt Target2 ein Anhäufen von Schuldverhältnissen, die nicht innerhalb einer kurzen Frist ausgeglichen werden müssen. Und offensichtlich hat man keine Bremse eingebaut. "
Ja das scheint das Problem zu sein. Was ich an der Sache nicht verstehe: Normalerweise hat doch jeder Marktteilnehmer die Kontrolle über sein Vermögen und kann willkürlich entscheiden, welche Tranksaktionen er eingeht und welche nicht. Ich muss als Bäcker niemandem Brötchen verkaufen, von dem ich keine Zahlung erwarte. Nach meinem Verständnis ändert eine Clearingstelle an diesem Grundsatz nichts.
Wieso also kann die Bundesbank nicht verhindern, dass ihre Partner ihr so viel Geld abziehen? Oder will sie das garnicht?
Der Bäcker ist ein vereinfachtes Beispiel. In meiner Einfalt stelle ich mir das so vor: Wenn ein deutsches Unternehmen mit einem griechischen Unternehmen ein Geschäft abwickelt, dann wird nicht ein Koffer Bargeld gegen Ware getauscht, sondern es wird eine Überweisung gemacht. Diese Überweisung ist letztlich ein zwischenstaatlicher Datenabgleich von Guthaben. Jeden Tag findet eine Vielzahl von Datenabgleichen zwischen den Nationalbanken statt, die offensichtlich über die Clearingstelle gebündelt abgeglichen werden. Die Clearingstelle ist eine funktionale Einrichtung, und hat mit dem Inhalt der Geschäftsbeziehungen nichts zu tun. Ich nehme an, dass neben dem Warenhandel-bezogenen Zahlungsverkehr natürlich noch viele sonstigen Finanzströme existieren, die über die Clearingstelle abgeglichen werden. VielleichVermutlich gibt es viele Inter-Banken-Geschäfte, die nichts mit Waren zu tun haben.
Die gute Nachricht: In erster Stufe ist der deutsche Steuerzahler mit nur 28% in der Pflicht, es sei denn die Sozialisierung bringt noch mehr Länder zu Fall.