Zitat von LexxSpock: Als der Führer hier noch das Sagen hatte, konnte man sich abends noch auf die Straße trauen. Oder so ähnlich.
Ich wollts nicht als erster schreiben, aber der Verglich ist tatsächlich passend.
Ja das passt wie die Faust aufs Auge, nur konterkariert er genau deine Interpretation von den guten Taliban, die Rückhalt finden in der Bevölkerung und ich denke Spock hat das auch so gemeint. Denn auf die Strasse durfte sich manch einer überhaupt nicht trauen im Dritten Reich und so herrschte statt bürgerlicher Freiheit die Willkür der Parteiführung der NSDAP. Nur so nebenbei; dass es unter den Nazisweniger Verbrechen gab halte ich für ein Gerücht, das sich aus der Tatsache erklärt, dass die Medien kontrolliert, zensiert und somit die trübe Wirklichkeit geschönt wurde. Kriminalität wurde medial auf ein kleines Mass reduziert, das als Übrigbleibsel jüdisch-bolschewistisch-bürgerlicher Moral zu überwinden galt.
DP: Wenn du glaubst, dass das meine Aussage, oder "Interpretation" konterkariert, hast du sie einfach nicht verstanden.
Da du offenbar nicht der Meinung bist, dass zumindest ein Teil der afghanischen Bevölkerung entweder offen mit den Taliban sympathisiert oder ihre Herrschaft für die persönliche Sicherheit oder andere Vorteile in Kauf nimmt, bin ich gespannt, wie deine Erklärung zu der Tatsache aussieht, dass die Taliban trotz jahrelangen massiven Militäreinsatzes noch immer im Ganzen Land präsent und organisiert sind und zuletzt ihren Einfluss sogar ausbauen konnten.
Naja das ist dieselbe Erklärung, warum der Osten jahzehntelang die kommunistischen Regimes ertragen hat, warum sich Diktaturen in Afrika so hartnäckig halten oder Strassenbanden erfolgreich ihr Unwesen treiben; Repression, Drangsalierung, Einschüchterung, brutale Verfolgung und Unterdrückung.
Weitergekommen in der Frage, wie man dem am besten begegnet sind wir dadurch nicht. Der Kommentator sagt: Innere Sicherheit. Ich neige dazu, dem zuzustimmen.
Achso, das ist innere Sicherheit. Na dann sind wir ja doch wieder beim ollen Atze, bei dem meine Oma (als junge Frau) sich nachts auf die Straße trauen konnte. Bei den Taliban könnte sie das wahrscheinlich auch, allerdings bitte in der Burka. Und wenn sie dann doch vergewaltigt wird, endet sie wahrscheinlich bis zum Kopf eingebuddelt im Steinehagel, weil es so in der Scharia steht und der verantwortliche Kerl die besseren (männlichen) Zeugen und (männlichen) Richter hatte. Schöner Mist! Dann war es ja genaugenommen bei Atze sogar besser als bei diesen Heinis ... außer man war Jude ... Alles recht kompliziert.
Spock: Ich glaub ihr habt beide nicht verstanden, dass ich hier völlig wertfrei die Situation beschreibe, wie sie sich mir darstellt. Deswegen gehen auch die Nazikeulen komplett am Thema vorbei. Es spielt keine Rolle, ob die Taliban gut oder schlecht sind. Fakt ist, sie sind da und sie können der Bevölkerung etwas bieten.
Würden sie nur als ausbeuterische Unterdrücker auftreten, hätte das Volk sich mit Freuden den NATO-Truppen angeschlossen. Tatsächlich aber finden die Taliban im Ganzen Land Unterschlupf, Versorgung und Nachschub - haben also Rückhalt in der Bevölkerung. Genau das sage ich seit Beginn der Diskussion.
Jau und Hitler hat die Autobahnen bauen lassen und Millionen Deutsche wieder in Lohn und Brot gebracht. Außerdem hat er viel für die Frauen und Familien getan. Das sage ich völlig wertfrei.
Zitat von Lexx Würden sie nur als ausbeuterische Unterdrücker auftreten, hätte das Volk sich mit Freuden den NATO-Truppen angeschlossen.
Die SED ist auch als ausbeuterischer Unterdrücker aufgetreten. Trotzdem hat sich das Volk bis 1989 nicht dem Westen angeschlossen. Warum war das wohl so...
DP: Im Gegensatz zu den Taliban hatte die SED aber die absolute und unangefochtene Macht. Deswegen bedurfte es Anfangs ja auch der vereinten NATO-Kampfkraft, um das Regime zu stürzen. Aber heutzutage sieht das anders aus, da kontrolliert die NATO weite Teile des Landes - und bekommt die Taliban trotzdem nicht weg.
DP: Ich "kenne" die Situation dort überhauptnicht, weil ich nie da war. Aber ich _weiß_ einiges über die Situation dort, weil ich Nachrichten, Reportagen, Hintergrundberichte usw. konsumiere und über das Thema nachdenke. Das gleich wäre dir prinzipiell auch möglich, wenn du es wolltest.
Aber selbst wenn nicht, ist, so behaupte ich, für jeden Beobachter offensichtlich, dass die Taliban sich in dem Land gefestigt haben. Und das tut man als Guerilla (im Norden und Osten des Landes) für Gewöhnlich nicht durch Unterdrückung, denn dann wird man ganz schnell an die stärkere Macht verraten.
Zitat von SpockWobei Lexx ja nicht ganz unrecht zu haben scheint, was das 'Nicht-Wegbekommen' der Taliban angeht.
Wieso? Von 'große Teile des Landes kontrollieren der Nato' kann ja nicht die Rede sein. Der Luftraum ist nicht das Land. Und wenn die Nato-Hubschrauber drüberfliegen, haben die Insaßen die Hose bis oben voll. Die Nato kontrolliert ein paar Lokalitäten, so kann sie die Taliban kaum bekämpfen. Also zum Wundern gibt es da keinen Grund.
Zitat von SpockWobei Lexx ja nicht ganz unrecht zu haben scheint, was das 'Nicht-Wegbekommen' der Taliban angeht.
Da hat er natürlich recht. Ähnlich sah es ja auch im Irak aus vor dem "Surge". Mit dem bisserl Personal, dass die NATO vor Ort hat, werden sie die Taliban nie wegbekommen. Dazu ist Afghanistan viel zu groß. Da braucht es nur eine ganz kleine Gruppe von Unterstützern (gerne auch finanziert mit ausländischem Geld, vulgo Iran und Pakistan), um die Guerilla-Strategie aufrechterhalten zu können.
Das ändert aber nichts daran, dass ein großer Teil der Bevölkerung Afghanistans mit den Taliban nix zu schaffen haben will.
Steffen: "Kontrollieren" ist sicher ein angreifbarer Begriff. Sagen wir, in den meisten Teilen des Landes sind die Taliban im öffentlichen Bild nicht anwesend, sondern können nur vom Untergrund aus agieren.
Ich denke da kann man ganz gut die Präsidentenwahl heranziehen. In 65% der Wahlbezirke konnten Wahlbeobachter entsandt werden und die Wahl war weitgehend störungsfrei. Im Rest des Landes war die Lage zu unsicher, Zugänge wurden blockiert, Wahlwillige aufgehalten.
"Das ändert aber nichts daran, dass ein großer Teil der Bevölkerung Afghanistans mit den Taliban nix zu schaffen haben will."