Thilo Sarrazin stellt ein Buch vor und alle drehen durch; die Bundeskanzlerin regt seinen Rausschmiss aus dem Vorstand der Bundesbank an, sein Parteivorsitzender Gabriel prüft den abermaligen Ausschluss, FDP General Lindner emport sich über das skandalöse Verhalten, Journalisten aus aller Welt erscheinen zur Pressekonferenz, die Zeitungen überschlagen sich und die Buchhändler feiern den Verkaufserfolg.
Das ist ja schon fast klassisches Theater. Schon bemerkenswert, was man mit ein paar Thesen zur Zuwanderung erreicht. Aber andererseits auch wieder nicht erstaunlich. Statt sich inhaltlich mit den Thesen zu befassen wird der Autor angegriffen. Aber ob sich das Thema weiter unter Verschluss halten lässt ist doch mehr als fraglich. Der Erfolg des Buches zeigt doch, dass Sarrazin weiten Teilen der Mitte der Gesellschaft aus dem Herzen spricht.
Welche Konsequenzen finden Sie richtig für Thilo Sarrazin? (nicht repräsentative Focus Umfrage)
1 Die SPD muss ihn aus der Partei ausschließen. 3,6% 2 Die Bundesbank soll ihn aus dem Vorstand abberufen. 3,7% 3 Er soll sich komplett aus der Öffentlichkeit zurückziehen. 5,9% 4 Seine Äußerungen sollten keine Konsequenzen nach sich ziehen. 86,8%
Zitat Thilo Sarrazin stellt ein Buch vor und alle drehen durch
Derzeit aber eher wegen seiner Aussagen zu jüdischen und baskischen Genen (wobei sich eigentlich fast nur über die Aussage über die jüdischen Gene aufgeregt wird... wen wunderts ;))
Da hat er selbst eine tolle Vorlage geliefert, mit der von den eigentlichen Problemen, die er erwähnt, abgelenkt wird ;)
Wer in Deutschland mit Thesen um sich wirft, in denen Mutmaßungen oder Vergleiche etwa über jüdisches Genom angestellt werden, muss damit rechnen aufs Rad geflochten zu werden.
Schade eigentlich, dass sich Sarrazin in seinem Buch stellenweise auf so dünnes Eis begibt, denn er stößt damit eine längst überfällige Diskussion an und viele seiner Thesen sind so falsch nicht.
"Schade eigentlich, dass sich Sarrazin in seinem Buch stellenweise auf so dünnes Eis begibt,"
Das hat er ja wohl nur in einem Interview gesagt - unglücklich formuliert, aber den Tatsachen entsprechend. Ich habe gesetrn aufgeschnappt, dass der jüdische Genomein sehr hohes Mass an Rückführbarkeit und Übereinstimmung aufweist, was aus der Geschichte ja auch nicht sonderlich überraschend erscheint. Andererseits stellt S. ja auch die Juden sehr positiv hin, was mich wiederum nicht verwundert, haben doch die Nazis ein gefühltes Drittel der deutschen Intelligenzia entweder aus dem Land gejagt oder umgebracht.
Wenn die Diplom-Betroffenen aufjaulen stellen sie m.E. nur unter Beweis, dass sie wirklich nur einzelne Bemerkungen willkürlich auswählen für ihren Protest und den Zusammenhang nicht sehen wollen. Und es war schon immer der der Blindeste, der nicht sehen will.
Man kann über den Stil von S. ja durchaus geteilter Meinung sein, dass er seit langem seine Finger in offene Wunden legt ist m.E. unbestritten. Dass es zu einer übergroßen Koalition der Blinden kommt, war abzusehen, spricht aber nicht gegen Herrn S sondern eher gegen CDU/CSU/SPD/FDP/Grüne/Linke. Nur Mist, dass es neben den eben genannten keine weiteren wählbaren Parteien im Land gibt.
Schönen Tag WRL
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)
Zitat Nur Mist, dass es neben den eben genannten keine weiteren wählbaren Parteien im Land gibt.
Das macht nix. In Deutschland läuft das anders. Die, die heute am lautesten über Sarrazin zetern, haben seine Gedanken in zehn Jahren in ihren Parteiprogrammen. Diese deutsche Art der Umsetzung dauert nur etwas länger.
Zitat von SpockWer in Deutschland mit Thesen um sich wirft, in denen Mutmaßungen oder Vergleiche etwa über jüdisches Genom angestellt werden, muss damit rechnen aufs Rad geflochten zu werden.
Von der Intelligenzija wird er in jedem Fall aufs Rad geflochten, dazu braucht es keine jüdischen Chimäre. Denn Sarrazin kratzt schliesslich am für alle Zeiten festgemeisselten Denkmal, dass alle Menschen gleich sind und gut und intelligent, wissbegierig und fleissig und nur die Umstände sie dazu zwingen, arm zu sein, verwahrlost, faul oder terroristisch. Deshalb gibt es bergeweise Studien und Thesen darüber, wie diese Umstände verändert werden können, damit die in ihrer Entwicklung gehemmten Menschen sich zu dem entwickeln können was die Sozioindustrie für sie vorgesehen hat. Sarrazins Gedanken markieren einen Paradigmenwechsel und damit einen krassen Tabubruch; es sind gar nicht die Umstände, die sind nämlich überall auf der Welt höchst uneinheitlich, es sind die Menschen selbst, die nichts taugen, weshalb letztenendes nur eine strengere und geregelte Einwanderung dieser Gruppen das Einwanderungsland weiterbringt (stark verkürzt wiedergegeben.)
Sarrazin hat ja schon einige Tage versucht, den Hype um sein Buch anzuheizen. Nur gelang das nicht so recht. Die Profi-Empörer hielten sich auffallend zurück. Selbst Leute wie Kleber im Heute-Journal kamen nicht umhin, Sarrazin korrekte Faktendarstellung zu bescheinigen und festzustellen, dass die Diskussion über die Thematik fällig sei. Und die SPD war mit einem Parteiausschluss schon einmal gescheitert und Gabriel musste eingestehen, dass Stimmen aus der Parteibasis zu weit über 90% positiv waren. Selbst aus Immigrantenkreisen kam vereinzelt Zustimmung.
Das konnte Sarrazin nicht gefallen. Also legte er mit seinem jüdischen Gen nach. Fragt sich, was er damit bezweckt.
Auf die Idee, dass das Absicht sein könnte, bin ich noch nicht gekommen. Aber sie ist nicht so ganz abwegig. Andererseits habe ich Sarrazin noch nicht als Profi auf der Medienklaviatur wahrgenommen, sondern schlicht als einen streitbaren Menschen.
Zitat von F-W Also legte er mit seinem jüdischen Gen nach. Fragt sich, was er damit bezweckt.
Einen besseren Aufhänger gibts doch nicht. Die Existenz des jüdischen Gens ist wissenschaftlich unumstritten, aber öffentlich kaum zu thematisieren, zumindest nicht ohne die eine oder andere Mine zu umfahren.
Zitat von F-W Also legte er mit seinem jüdischen Gen nach. Fragt sich, was er damit bezweckt.
Gestern in Hart aber fair hat er das erklärt als unbeabsichtigtes Beispiel im Zeitungsinterview, weil die Zeitung immer wieder darauf zurückkam. Beim autorisieren muss er dann einen Blackout gehabt haben, sagte er.
Zitat Beim autorisieren muss er dann einen Blackout gehabt haben, sagte er.
So ein Zurückruderer :( Wie enttäuschend!
Ja, aber zu spät. Seinen Job bei der Buba dürfte er los sein. Und die SPD versucht in bewährter Manier mit Sarrazin die ganze Integrationsdebatte aus der Partei auszuschliessen. Ob das gelingt wird man sehen. Die Parteibasis rebelliert jedenfalls massiv und die Parteispitze muss Sarrazin in einigen Punkten recht geben und in der Integrationsdiskussion so viele Fehler und Defizite einräumen, dass sich nicht nur Parteimitglieder fragen, warum er dann 'rausfliegen muss.
Apropos SPD, hat die nicht Sarazzin genau deshalb auf diesen Posten befördert und damit aus dem Berliner Senat weggelobt damit er weitab vom politischen Geschehen seine Thesen verbreiten kann? Wie schizophren ist das denn ihn von genau diesem Posten jetzt wegzuekeln?
Die vehementen Reaktionen der SPD-Parteibasis auf den Rausschmiss Sarrazins zeigen warum. Auch in der Union rumort es, auch wenn derzeit kein aktueller Kulminationspunkt vorliegt. Der rechte Rand der Union liegt brach seit der Sozialdemokratisierung durch Merkel und dem Abschied profilierter Konservativer wie Koch.
Die Demoskopen trauen einer deutschen "Wilders"-Partei ein Potential von bis zu 20% zu. Noch ist diese Unruhe nicht organisiert. Die Pro-NRW und ihre Ableger versuchen zwar davon zu profitieren, aber bisher sind da nur obskure Figuren aktiv, drittklassige Vereinsmeier aus dem Dunstkreis von NPD und Reps. Aber das kann sich schnell ändern, sobald eine charismatische Führungsfigur auf den Plan treten sollte. Sarrazin ist diese Figur nicht. Sein beissender Spott und Sarkasmus sind nicht massenkompatibel. Aber vielleicht wird ja Lafontaine wieder gesund und sucht eine neue Aufgabe. Mit seinen Fremdarbeiter-Sprüchen hat er ja schon bewiesen, dass er auch in dieser Debatte keine Berührungsängste hätte.
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