1. "In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden."
Genau ein solches Gesetz hat das BVG aber verboten. Soll heißen: Ein gesetzlicher Eingriff in die Verfassung, wie er in dieser Form gemacht wurde ist unzulässig. Heißt, es darf kein solches (Notstands-)Gesetz geben, das den Abschuss erlaubt!
2. Sehe ich nicht, wie ein entführtes Flugzeug die Regierbarkeit des Landes gefährden kann.
Lexx schrieb am 24.09.2007 17:54
1. "In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden."
Genau ein solches Gesetz hat das BVG aber verboten. Soll heißen: Ein gesetzlicher Eingriff in die Verfassung, wie er in dieser Form gemacht wurde ist unzulässig. Heißt, es darf kein solches (Notstands-)Gesetz geben, das den Abschuss erlaubt!
2. Sehe ich nicht, wie ein entführtes Flugzeug die Regierbarkeit des Landes gefährden kann.
LOL, nach dieser Argumentation wären Notstandsgesetze ja per se nie anwendbar. Der Sinn dieser Gesetze ist es ja aber gerade, jedwede Form von juristischer Anfechtung auszuschalten. Egal ob Bundesverfassung, Zivil- oder Militärgesetz.
Nein, das BVG hat lediglich bestimmt, dass ein Gesetz unzulässig ist, welches ganz generell Leben gegen Leben abwägt.
Notstandsgesetze hingegen können immer angewandt werden.
"(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt."
Nun wird man nicht umhin kommen, dass die Würde der Menschen in so einem Flugzeug nicht gewahrt wird, wenn man es abschiesst
Davon abgesehen darf so ein Gesetz den Kern der GG-Artikels auch nicht aushebeln. Was ja auch das BVG so sieht. Sonst hätte es ja nicht das Abschussgesetz kassiert.
Zitat:
LOL, nach dieser Argumentation wären Notstandsgesetze ja per se nie anwendbar. Der Sinn dieser Gesetze ist es ja aber gerade, jedwede Form von juristischer Anfechtung auszuschalten. Egal ob Bundesverfassung, Zivil- oder Militärgesetz.
Nein, die Notstandsgesetze sind ein klar definierter Begriff. Darunter fällt die Einschränkung der Versammlungsfreiheit, des Briefgeheimnisses, sowie der Freizügigkeit. Eine Einschränkung des Rechts auf Leben ist nicht dabei. Bei den entsprechenden Artikeln ist auch geregelt, unter welchen Umständen die entsprechenden Grundrechte eingeschränkt werden können. So könnte das Recht auf Freizügigkeit durchaus wegen eines drohenden Terroranschlages aufgehoben werden.
Übrigends können sie natürlich alle im nachhinein angefochten werden. es reicht ja nicht, dass ein Minister den Notstand deklariert und dann unbegrenzt Leute verhaftet. Die haben trotzdem das Recht auf ein Verfahren und ein Richter kann die dann natürlich wieder rauslassen.
Gerne gebe ich zu, mit diesem Thema prinzipielle Schwierigkeiten zu haben. Wir haben sicher noch keinen Krieg erklärt, und so kommt der Gedanke vom übergesetzlichen Notstand. Aber was soll das sein? Wir sind so stolz darauf, alles nach Gesetzen zu regeln. Will ich dem Verteidigungsminister zugestehen, ein Flugzeug abzuschiessen, so sei mir ein Gedankenexperiment gestattet: Derselbe Verteidigungsminister könnte aus irgendwelchen Gründen auch jedes zivile, völlig unverdächtige Flugzeug abschießen. Der bekäme plötzlich "Rechte", die er ebenso munter missbrauchen könnte. Stellt euch mal vor, aus irgendeinem dusseligen Grunde bekämen wir statt Jung eben einen irren Hitler...
Da wird irgendwas vom übergesetzlichen Notstand gefaselt, obschon wir ein klares Wort dafür haben: Krieg.
Wir haben aber bisher niemandem einen Krieg erklärt, und so gilt das, was so im GG rumsteht.
Flecki5 schrieb am 25.09.2007 04:55
Will ich dem Verteidigungsminister zugestehen, ein Flugzeug abzuschiessen, so sei mir ein Gedankenexperiment gestattet: Derselbe Verteidigungsminister könnte aus irgendwelchen Gründen auch jedes zivile, völlig unverdächtige Flugzeug abschießen. Der bekäme plötzlich "Rechte", die er ebenso munter missbrauchen könnte. Stellt euch mal vor, aus irgendeinem dusseligen Grunde bekämen wir statt Jung eben einen irren Hitler...
Warum sollte ein Verteidigungsminister zivile Flugzeuge abschiessen? Oder hattest du dich verschrieben und du meintest Verkehrsminister? Wegen der Überkapazitäten in der Luftfahrt?
Ja das stimmt, da sollte man unbedingt ein Auge drauf haben.
Da wird irgendwas vom übergesetzlichen Notstand gefaselt, obschon wir ein klares Wort dafür haben: Krieg.
Wir haben aber bisher niemandem einen Krieg erklärt, und so gilt das, was so im GG rumsteht.
MfG, Flecki
Heutzutage wird Krieg nicht mehr erklärt. Der letzte Krieg, den die USA offiziell erklärt haben, war der gegen das Deutsche Reich. So eine offizielle Kriegserklärung kann nämlich erhebliche Kosten nach sich ziehen. Daran ist der Aggressor natürlich nicht interessiert.
Der ehem. israelische Botschafter hat am Wochenende bei Anne Will davon gefaselt, der Westen befinde sich im Krieg mit dem Islam und müsse dementsprechend handeln. Anscheinend glauben das Schäuble und Jung auch.
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„Manchen Völkern genügt eine Katastrophe, sie zur Besinnung zu bringen. Deutschen, so scheint es, bedarf es des Untergangs.” --Arthur Moeller van den Bruck
„Wenn man so darüber nachdenkt ist es eigentlich erschreckend, wie wenig Politiker aufgeknüpft werden.” --G. K. Chesterton
„Manchmal frage ich mich, ob die Welt von klugen Menschen regiert wird, die uns zum Narren halten, oder von Schwachköpfen, die es ernst meinen.” --Mark Twain
Ich wäre trotzdem an einer Antwort von dir interessiert, warum Artikel 1 GG "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt", für die einen Menschen gilt und für die anderen nicht. Cherrypicking aus reiner Rechthaberei?
Und die oben gestellte Frage, dass wenn Deutschland sich in der Frage isoliert dann womöglich ein bevorzugtes Ziel terroristischer Anschläge sein könnte harrt auch noch einer Replik.
Ich sehe meinen juristischen Sachverstand nicht so ausgefeilt, um hier Paragraphen um die Ohren hauen zu wollen.
Ich wende lediglich den gesunden Menschenverstand an: Gesetze sind dazu da, das Leben in unserer Staatengemeinschaft zu regeln. Sie haben nicht den Anspruch, jede Ausnahmesituation vorneweg abdecken zu können. Es wäre auch nicht klug, den Handlungsspielraum für Ausnahmesituationen von vornherein durch Gesetze zu blockieren, bzw. durch zeitaufwendige Verfahren ad absurdum zu führen.
Aus dieser Sicht ist es dumm, Militäreinsatz gegen Terrorflugzeuge per Gesetz zu blockieren, und daraus sogar noch eine Überlegenheit unseres Systems abzuleiten.
Fleckies Beispiel zieht m.E. nicht, da wir letztlich jedem Piloten eines Militärjets die Waffe in die Hand geben, ein Zivilflugzeug abzuschießen, auch ohne Befehl von oben. Wenn wir also unseren Militärpiloten vertrauen, warum dann nicht unserem Verteidigungsminister? Die wenigen Beispiele (Stadion, AKW in Gefahr) sind so selbstüberzeugend, dass auch ein Pilot letztlich keine Hemmungen haben sollte, er könnte immer so weit zuwarten, bis er sich seiner Entscheidung sicher ist.
Es wäre unfair von der Gesellschaft, den ausführenden Individuen die ganze Last der Verantwortung aufzubürden, nach dem Motto, wir drehen Däumchen, und Ihr geht durch die juristische Mühle. Wie man das Ausliefern dem sicheren Tod oder schweren Schäden von zigtausenden Menschen mit der Würde des Menschen begründen kann, lässt mich nach der Pervertierung des Rechtssystems fragen. Ich sehe das unmenschlich.
Man sollte dabei auch bedenken, dass ein entsprechendes Gesetz auf keinen Fall hieße, dass sich die Entscheider nicht in Folge auch rechtfertigen müssten. Es geht hier lediglich darum, dass man dem Piloten nicht mehr Verantwortung aufbürdet, als dies für seine Funktion gerechtfertigt ist.
„Manchen Völkern genügt eine Katastrophe, sie zur Besinnung zu bringen. Deutschen, so scheint es, bedarf es des Untergangs.” --Arthur Moeller van den Bruck
„Wenn man so darüber nachdenkt ist es eigentlich erschreckend, wie wenig Politiker aufgeknüpft werden.” --G. K. Chesterton
„Manchmal frage ich mich, ob die Welt von klugen Menschen regiert wird, die uns zum Narren halten, oder von Schwachköpfen, die es ernst meinen.” --Mark Twain
Ich halte die Problematik für so unlösbar, dass ich selbst keine Meinung dazu habe.
Allerdings bin ich wirklich froh, dass uns noch nie jemand mit ein paar bombenbeladenen Verkehrsflugzeugen angegriffen hat - selbst in Zeiten des kalten Krieges hätte man nach Katers Meinung eine feindliche Bomberflotte nicht abschießen dürfen, es hätten sich ja eventuell Zivilisten an Bord befinden können.
Bitte nicht zu ernst nehmen - ich will damit nur zeigen, dass man für beide Seiten der Medaille beliebige Szenarien entwerfen kann, wo dann klar ist, dass eine generelle, unveränderliche Maßgabe ins Wanken gerät. Egal, ob es sich um den schießwütigen Verteidigungsminister oder die Linienflugzeug-Bomberflotte handelt.
"Bitte nicht zu ernst nehmen - ich will damit nur zeigen, dass man für beide Seiten der Medaille beliebige Szenarien entwerfen kann, wo dann klar ist, dass eine generelle, unveränderliche Maßgabe ins Wanken gerät. Egal, ob es sich um den schießwütigen Verteidigungsminister oder die Linienflugzeug-Bomberflotte handelt."
Im kalten Krieg hat "die andere Seite" so etwas gemacht - da wurde eine 747 der Korean Air kurz vor dem Verlassen sowjetischen Flugraumes noch abgeschossen. Der Pilot, zuerst als Held der Sowjetunion gefeiert, soll angeblich jetzt alkoholsüchtig sein wegen dieser Tat.
Und hat nicht der Ex-Botschafter Israels bei A. Will davon berichtet, dass auch die Israelis mal ein Verkehrsflugzeug abgeschossen haben, das auf Warnungen nicht gehört hat? Damals wurde gemutmasst, dass es ein Versuchsballon war, wie weit die Israelis im Ernstfall gehen würden - es soll danach keine derartigen Luftraumverletzungen mehr gegeben haben. Wobei die Sachlage bei 9-11 eine andere war, das waren es ja US-Flieger im US-Luftraum...
Ansonsten bin ich der Meinung, dass das Anliegen von Jung wesentlich mehr schadet als nützt, ebenso wie ich der zunehmenden Bevölkerungsfeindlichkeit Schäuble's wenig abgewinnen kann, auch wenn ich seine Beweggründe teilweise durchaus nachvollziehen kann.
Ich wäre trotzdem an einer Antwort von dir interessiert, warum Artikel 1 GG "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt", für die einen Menschen gilt und für die anderen nicht. Cherrypicking aus reiner Rechthaberei?
Ich sehe schon einen Unterschied, ob diese Menschen von Terroristen getötet werden oder quasi "zur Vorsorge" vom Staat, der sie schützen soll. Man darf ja nicht vergessen, dass der Abschuss des Flugzeuges ja prophylaktisch geschieht, ob die Terroristen sich wirklich selbst opfern wollen, überhaupt in der Lage sind, ihr Ziel zu erreichen und gar zu treffen, weiss ja keiner. Die Insassen des Flugzeuges werden also u. U. ganz umsonst geopfert. Davon abgesehen sollte es möglich sein, so ein Stadion im Fall der Fälle zu evakuieren und damit die Zahl der Opfer dramatisch zu reduzieren.
Wobei sich mal wieder die Frage stellt, wo man die Grenze ziehen will. Aktuell geht es um den relativ unwahrscheinlichen Fall, dass sich 9/11 wiederholt. Jetzt wird es aber kein Problem sein, Fälle zu konstruieren, bei denen man durch das Töten einer Gruppe von unschuldigen Menschen eine grössere Gruppe Menschen potentiell retten kann. Hätte man die ersten 200 HIV Infizierten in Deutschland einfach erschossen, hätte man die Ausbreitung der Krankheit möglicherweise verhindert und viele gerettet.
Eigentlich ist es sträflich, dass auf Flugzeuge zu reduzieren.
Ansonsten habe ich kein Problem damit, im Zusammenhang mit dem GG der Rechthaberei bezichtigt zu werden. Mir geht diese lässige Art, wie in Deutschland von Politikern, Journalisten und auch teilweise der Bevölkerung mit dem GG umgegangen wird, ziemlich auf den Sack. Wenn man das GG nur halb so schützen würde wie die Kruzifixe in süddeutschen Klassenzimmern, wäre das eine tolle Sache.
Zitat:
Und die oben gestellte Frage, dass wenn Deutschland sich in der Frage isoliert dann womöglich ein bevorzugtes Ziel terroristischer Anschläge sein könnte harrt auch noch einer Replik.
Das kann natürlich passieren. Allerdings betrifft das auch all die anderen Kriterien, wie z. B. Kameraüberwachung usw usf. Das hat England nicht geschützt und Deutschland bisher nicht geschadet.