Mitte dieses Jahres viel diskutiert war die US-amerikanische Forderung von Fluggastdaten bei Reisen in die USA. Haupt-Kritikpunkt war unter anderem die Vielzahl an Daten sowie die langen Speicherungsrechte. Die USA haben sich seinerzeit letztlich durchgesetzt, zum Unwillen der EU.
Nun sieht ein Aktionsplan gegen den Terrorismus vor, dass die EU ihrerseits Fluggastdaten speichern soll - und dabei so richtig hinlangen soll. Es ist von 19 verschiedenen Daten die Rede, die stolze 13 Jahre lang gespeichert werden sollen.
5 Jahre lang sollen die Daten von allen Mitgliedsstaaten voll nutzbar sein.
Zum Vergleich: Die USA speichern die Daten (in 19 Kategorien) 15 Jahre lang und haben sich verpflichtet "nur in Extremfällen" auf die Daten zuzugreifen.
Wird hier der Datenschutz ausgehölt oder ist die Maßnahme sinnvoll?
Wird sie überhaupt in Kraft treten und Bestand haben? Die Beschränkungen bei den Getränken wurde inzwischen ja auch wieder abgeschafft.
Schäuble jedenfalls, der eine europäische Datenbank propagiert wird dieser Plan freuen.
Als ehemaliger Vielflieger gebe ich Dir folgenden Rat:
Wenn Du immer irgendwo hinfliegen willst, dann erkunde Dich praezise, was das notwendige paperwork ist, und bereite das penibel vor. Und das bis zu dem Punkt, dass Du auf die Linie und nicht ausserhalb einer Box schreibst.
Das verringert den Stress gewaltig , der sowieso nicht vermeidbar ist beim Fliegen.
Wenn Du dich ueber diese oder jene Bestimmung aufregst, und Du dir dabei Dein Leben durch Stress verkuerzest, wuerde ich vorschlagen, das Ticket zurueckzugeben und diesen Flug nicht durchzufuehren.
Ich meine das wirklich im Ernst.
Du bist jung, aber Du willst sicher auch 100 Jahre alt werden, genau wie ich. Ist nicht so klar jetzt, bin ich sicher, aber es wird Dir klar werden mit zunehmendem Alter.
Mach' Dich mal schlau ueber den Einfluss von Stress, der die telomeres vorzeitg verkuerzt, und damit den Altersprozess bescheunigt. Es gibt Unmengen kontemporaere Literatur ueber das Phanomen.
Das heisst, jedes mal, wenn Du dich irgendwie ueber vollstaendig unlogische, arbitraere und sonstwie nicht nachvollziehbare Regeln aufregst, das meiste ist von der Sorte, und Du absolut nichts dagegen machen kannst, erzeugst Du Frust bei Dir, das kein Aktionsventil hat. Das erzeugt Stress und es verkuerzt die telomeres.
Rocky:
Eigentlich wollte ich hier eine Diskussion über Datenschutz, Sicherheit und Terrorbekämpfung anregen und nicht eine über persönlichen Stress und Schwierigkeiten.
Du irrst übrigens, wenn du denkst, dass mich das persönlich aufregt oder frustet. Ich sehe das ganz distanziert und kühl.
Mich regt das aber auf, und ich WILL mich auch darüber aufregen, und was das für meine Telomeres oder ein ähnlich geartetes Haustier bedeutet, ist mir scheißegal, BASTA!
Eine Sicherheitsbehöde bekommt einen Datensatz der Leute, die ins Land einreisen. Das sind Daten, die sie ohnehin spätestens an der Passkontrolle kriegen.
Schon damals, als die USA damit anfingen und sich alle künstlich aufregten, habe ich vorhergesagt, dass in spätestens fünf Jahren das alle Länder so machen werden.
Ich sehe kein Szenario, in dem mir diese Datenerhebung schaden könnte. Meine Bank weiß anhand meiner Kontobewegungen und Kreditkartenabrechnungen viel mehr über mich. Mache ich mir da Sorgen? Immerhin können unsere Finanzbehörden ohne großes rechtsstaatliches Brimobrium auf simplen Verdacht an DIESE Daten. Da regt sich komischerweise niemand drüber auf.
Was ja erstaunlich war, ist, dass man im Netz ziemlich suchen musste, um eine Liste dieser Daten zu bekommen.
Das hier scheint sie zu sein. Allerdings komme ich nicht auf 19.
# Alle Daten zur Reservierung (Adresse, E-Mail-Adresse, Telefonnummer, Geburtsdatum)
# Reiseroute
# Zahlungsart (Rechnungsadresse, eventuelle Vergünstigungen durch Bonus-Systeme)
# Wo wurde der Flug gebucht (Daten der Reisebüros)?
# Wann wurde eingecheckt?
# Sicherheitsinformationen zur Person (vorbestraft?)
# Sitzplatznummer
# Mitreisende
# Gepäckinformationen
# Unter 18-Jährige: Name, Geschlecht, Alter, Muttersprache, Beziehung zu mitreisenden Erwachsenen
Da ist jetzt erstmal nichts schlimmes drin, allerdings frage ich mich, was das dann bringen soll. Diese Daten können im Zweifelsfall auch von den Fluggesellschaften erfragt werden, wenn etwas sein sollte.
Den einzigen Vorteil sehe ich darin, dass man schnell und automatisiert Bewegungsprofile erstellen kann.
Um es zu präzisieren: Was mich an diesem ganzen schwachsinnigen Sicherheitsgetue aufregt, ist die Tatsache, daß zig Millionen Flugreisende unter Generalverdacht genommen werden, Ungutes im Schilde zu führen und daher allen möglichen zeitraubenden und lästigen staatlich verordneten Mätzchen ausgesetzt sind, im Gegenzug dazu aber die Corpora delicti auf den Flughäfen ohne besondere Mühe für den zugänglich sind, der wirklich Ungutes im Schilde führt und der dort wirklich hinwill. Das zeigen Tests, die hinterher im Fernsehen zu jedermanns Ergötzen bei gleichzeitigem medienwirksam sorgenvollen Stirnrunzeln der Sicherheitsverantwortlichen breitgetreten werden, hinreichend oft und immer wieder aufs Neue.
Was soll der Quatsch?
Der nächste Airliner, den irgendwelche Islamisten-Achmeds beim Landeanflug mit einer - sicherlich in Insiderkreisen nicht allzu schwer erhältlichen - Boden-Luft-Rakete vom Himmel holen, läßt die ganzen albernen Fiesematenten um die Nagelfeile und die volle Tube Duschbad im Handgepäck ziemlich bescheuert aussehen. Gar nicht zu reden von dem geplagten Fluggast, der sich, seiner Schuhe und des Hosengürtels zu Sicherheitsüberprüfungszwecken ledig, mitten auf dem New Yorker Kennedy-Airport zum diebischen Vergnügen seiner Mitpassagiere, südlich des Äquators im Freien befindlich sieht. Wobei er dann womöglich noch wegen Untergrabung der öffentlichen Moral vor das nächstbeste Provinzgericht gezerrt wird.
Spock:
Was es da aufzuregen gibt, hat dewo in seiner bekannt eindrucksvollen Art hier über mir beschrieben.
Hier, und nicht nur hier, werden neue riesige (und teure!) Datenbanken geschaffen. Was hat der gemeine Bürger davon? Er muss die Unterhaltung des Systems bezahlen. Er muss im Zweifelsfall die Kontrollen über sich ergehen lassen. er hat im Zweifelsfall den Schaden, wenn die Daten missbraucht, geklaut oder ein neuer Verwendungszweck eingeführt wird ("Die Datenbank ist ja da, warum sollten wir sie nicht auch nutzen?").
Im Gegenzug erhält er allenfalls eine Illusion von Sicherheit, denn die Terroristen sind wie Computerviren-Schreiber. Ist eine Möglichkeit zum Angriff geschlossen, nutzen sie eine andere.
Schäubles PC-Lauschangriff wäre ja bei unsern jetzigen Terroristen schon wirkungslos gewesen, weil die fremde LANs benutzt haben. SMS-, Email- und Telefonüberwachung kann man einfach dadurch umgehen, dass man sich gute alte Briefe schreibt. und auch eine Waffe bekommt man heute in 60% der Fälle ohne Probleme in den Flieger - wenn man es drauf anlegt sogar noch häufiger.
Wenn es um "bürokratische Monster" geht, sind die Leute schnell bei der Sache, die höheren Kosten und den fraglichen Nutzen zu kritisieren. Bei Datenbanken und Sicherheitsmaßnahmen ist das seltsamerweise anders.
Naja, von dem Standpunkt aus gesehen sind Sicherheitsleute immer die Idioten.
Freilich kann man es lächerlich finden, wenn bei Erna Müller die Tube Duschgel aus dem Handgepäck beschlagnahmt wird. Nur wenn in der Millionsten Tube an Bord eben doch kein Duschgel, sondern Sprengstoff war, ist das Geschrei groß und die Immerschon-Besserwisser kommen aus ihren Löchern.
Wohlgemerkt: Es geht hier um Daten, die zum Großteil ohnehin beim Fliegen anfallen, nur eben erst während oder nach dem Flug. Dann ist es aus Sicherheitssicht aber leider zu spät.
"Nur wenn in der Millionsten Tube an Bord eben doch kein Duschgel, sondern Sprengstoff war"
Welcher Terrorist wird den - die bekannten Sicherheitsmaßnahmen im Bewusstsein - Flüssigsprengstoff in einer Tube Duschgel mitnehmen, wenn er damit rechnen muss, dass er die nicht ins Flugzeug bekommt?
Keiner! Diese "Millionste Tube" gibt es dann einfach nicht mehr. Aber wird der Terrorist ob dieser Hürde aufgeben? Nein, er sucht sich eine andere Möglichkeit.
Effekt der Maßnahme? Schikane für den Fluggast, eine Verschiebung der terroristischen Aktivität in einen anderen Bereich. Schutzwirkung? null!
Das ist jetzt vielleicht ein bisschen binär gedacht, womöglich übertrieben. Aber der äußerst geringe und äußerst fragwürdige Nutzen kann m.E. nicht den enormen Aufwand und die enormen Kosten rechtfertigen.
Der Kampf gegen Terroristen ist so ähnlich, wie der gegen Geldfälscher oder Schmuggler: Die wissen ganz genau, was sie umgehen müssen, um zum Erfolg zu kommen. Man selbst muss die Methoden der kriminellen dagegen erst herausfinden.
Dann schreib doch die PIN deiner EC_karte hier ins Forum. Die geheim zu halten ist eh nutzlos, weil der Betrüger sucht sich ja einen anderen Weg, um an dein Geld zu kommen.
dewo schrieb am 08.11.2007 00:38
Mich regt das aber auf, und ich WILL mich auch darüber aufregen, und was das für meine Telomeres oder ein ähnlich geartetes Haustier bedeutet, ist mir scheißegal, BASTA!
Recht hasch, Dewo.
Jeder soll sich genau so aufregen wie es ihm Spass macht.
Aber Dewo, mit 74 Jahren kuemmert man sich doch darum ob da noch etwas am telomeres Schwaenzchen fuer die naechste Zell-Teilung ist.
"Wohlgemerkt: Es geht hier um Daten, die zum Großteil ohnehin beim Fliegen anfallen, nur eben erst während oder nach dem Flug. Dann ist es aus Sicherheitssicht aber leider zu spät. "
Das ist genau das Problem. Warum werden hier eigentlich Daten gesammelt, die für die Prävention nutzlos sind ?
Damit ist der Sicherheitsgewinn zumindest äusserst fragwürdig, die Kosten sind aber gewiss.
Die Daten für einen Flieger gehen in einen Computer, der macht über bestimmte Profile eine Gefahrenabschätzung.
Beispiel: Fünf männliche jüngere Passagiere, die ihre Tickets zeitlich nahe oder gar beim selben Provider gebucht haben mit Herkunft aus einem muslimischen Land gehen an Bord und sitzen womöglich über die Maschine verteilt an strategischen Punkten .... Dann schlägt der Computer Alarm.
Ob das einen realen Sicherheitsgewinn bringt, weiß ich nicht. Ich habe auch keinen Grund, mich zum Anwalt dieser Datensammler zu machen.
Aber ich halte es wie Rocky: Wenn ich von A nach B fliegen will, mache ich den Kram mit oder ich lasse es eben und fahre stattdessen mit der Bahn, dem Schiff oder sonstwas. Wenn mir die Prozedur irgendwann das Ausfüllen dieses umständlichen Immigration Forms abnimmt, freue ich mich sogar darüber.
Wenn das naechste Flugzeug runterfaellt oder irgendwo hineinfliegt wegen Terrorismus moechte die jeweilige Administration in der litigativen USA die Menschheit mit Tonnen von Papier zuschuetten, die bezeugen, dass sie alles menschlich moeglich getan haben, und sie deshalb nicht schuld sind an der Misere.
Weil eben "best effort" das Einzige ist , was wir armen Menschen zu unserer Entlastung vorbringen koennen, und weil der naechste erfolgreiche Terrorakt irgendwann garantiert passieren wird, wirst Du traktiert um die Tonnen von Papier.........., aber ich wiederhole mich.
Hast Du deinen Blutdruck schon mal gemessen, Dewo?