Für alle die hoffen, dass dies der Untergang der Gabbidalismus ist, hier ein Kommentar der NZZ zum "rationalen Herdenverhalten":
Es sind jeweils nicht die zittrigen Kleinanleger, die markante Kursbewegungen an den Märkten auslösen – nach oben wie nach unten. Auch die Kurskorrektur des gestrigen «schwarzen Montags» geht nicht etwa auf hysterische und in Panik geratene Hobby-Börsianer zurück. Kursabschläge auf breiter Front von 5% oder 7% können nur professionelle Investoren herbeiführen. Warum aber bewahren diese nicht ruhig Blut? Wissen sie etwas, worüber andere nur werweissen können? Sind sie sicher, dass in den USA eine Rezession im Anzug ist? Haben sie eindeutige Indizien, dass in der Subprime-Krise das Schlimmste noch nicht vorüber ist? Oder sehen sie gar politische Turbulenzen voraus, die zum Verkauf von Aktien raten?
Die Antwort ist klar: Natürlich verfügen professionelle Anleger nicht über hellseherische Fähigkeiten. Deshalb lässt sich an der Börsenentwicklung auch nicht die Zukunft ablesen. Kurseinbrüche zeigen nur, dass die Verkaufswilligen gegenüber den Kaufwilligen in der Überzahl sind. Zu den Verkaufswilligen zählen aber auch all jene, die die fundamentale Entwicklung selbst positiv einschätzen, aber glauben, dass die Mehrheit der Mitspieler am Markt pessimistisch ist. In einer solchen Situation verdienen sie mehr, wenn sie der allgemeinen Stimmung folgen, sofern sie später den richtigen Zeitpunkt für einen Wiedereinstieg erwischen – was allerdings alles andere als einfach ist. Es ist dies eine Art von völlig rationalem Herdenverhalten, wie es Spieltheorie und «behavioural economics» erklären. Insofern liefert der Kursverlauf vor allem eine Prognose der Marktteilnehmer über das Verhalten aller anderen Marktteilnehmer.
Kleinanleger sind in einem solchen Umfeld gut beraten, nicht in Panik zu geraten. Wenn sie in Zeiträumen von fünf bis zehn Jahren denken – jede kürzere Perspektive ist bei kleinen Vermögen nicht ratsam –, müssen sie sich über den genau richtigen Zeitpunkt des Ein- oder Ausstiegs nicht allzu sehr den Kopf zerbrechen. Und sie können dann auf einige Charakteristika der Marktentwicklung zählen, die längerfristig praktisch immer spielen und selbst einen «brutalen» Verlusttag relativieren. Das war der Montag übrigens nicht, denn der «schwarze Montag» vom 19. Oktober 1987 führte in New York an einem Tag zu einem grösseren Kursverlust, als ihn die letzten Monate insgesamt brachten.
Langfristig nicht zu schlagenEine Relativierung lautet, dass Börsen geradezu zwingend ein Auf und Ab eigen ist. Wie zu erwarten war, dass der Anstieg der Aktienkurse einmal korrigiert werden würde, wird umgekehrt auch der Weg nach unten ein Ende finden. Einen «freien Fall» gibt es vielleicht für einen einzelnen Titel, nicht aber für die Börsen als Ganzes. Die Erfahrung lehrt zudem, dass starke Einbrüche oft von einer besonders schnellen Erholung abgelöst werden, unter anderem weil jene, die verkaufen, die gelösten Mittel wieder anlegen und kaum auf Dauer als Liquidität halten wollen. Natürlich gibt es Alternativen wie Rohstoffe, Immobilien oder Devisen, aber über einen längeren Zeitraum hinweg kommen Investoren nicht um Aktien herum; spätestens wenn diese Erkenntnis wächst, beginnen die Kurse wieder nachhaltig zu steigen.
Wann das sein wird, lässt sich nicht sagen. Es kann schon morgen passieren, aber auch erst in einigen Monaten. Bis dahin sind noch einige Überraschungen und manche Übertreibungen möglich, denn auch sie gehören zum Wesen der Börse. Das beschriebene Herdenverhalten an den Märkten selbst ist ein Grund dafür, die Abwärtsspirale, die sich aus sinkenden Börsenkursen und rezessiver Konjunkturentwicklung bilden kann, ein weiterer. Dafür gilt es, sich warm anzuziehen, Gelassenheit zu bewahren und eine kluge Strategie der Gegenpartei-Diversifikation zu fahren, also nicht alles Vermögen bei einer Bank zu konzentrieren. Auf lange Frist aber schlägt die Performance von Aktien jedenfalls jene von Obligationen – und einigen anderen Möglichkeiten – haushoch. Wer vor 80 Jahren 100 Fr. in Aktien investierte, hat heute, wie die Banque Pictet errechnet hat, mehr als 66 000 Fr.; bei einer Investition in festverzinsliche Papiere wurden nicht einmal 3500 Fr. daraus. Das ist in so turbulenten Zeiten wie diesen eine tröstliche Einsicht.
DP schrieb am 22.01.2008 09:00
...
Mitspieler
... Herdenverhalten
... Spieltheorie
...
immer spielen
...
Damit ist doch alles erklaert. Keine Verschwoerung, sondern: Maenner praktizieren Machtgehabe und als ewige Kinder spielen sie dafuer mit Spielgeld - und nicht immer klug wegen Hammelverhalten.
Panik muss die reale Restwelt nur dort haben, wo man die reale Restwelt von dem Spiel beeinflussen laesst.
Komischerweise reden die Linken von nix anderem, als den Reichen viel von deren Spielgeld wegzunehmen, gehen auf die Straße und demonstrieren gegen die Kürzung des Sozialspielgelds und wollen Mindestspielgeldbeträge als Lohn.
Es muss wohl doch etwas mehr als Spielgeld sein.
Auch ansonsten wieder keinen blassen Dunst, gelle Hamster? Spieltheorie hat nix mit deinen Förmchen im Sandkasten zu tun.
Spock schrieb am 22.01.2008 11:12
Komischerweise reden die Linken von nix anderem, als den Reichen viel von deren Spielgeld wegzunehmen, gehen auf die Straße und demonstrieren gegen die Kürzung des Sozialspielgelds und wollen Mindestspielgeldbeträge als Lohn.
Und die Gegenseite will das Gegenteil, ja. Das ist aber voellig ot an dieser Stelle.
Zitat:
Auch ansonsten wieder keinen blassen Dunst, gelle Hamster?
Du willst mir also erzaehlen, du glaubst daran, dass ein reales Unternehmen in der realen Welt einfach so an Realitaet verliert, nur weil ein paar Hammel (ohne den minimalen Bezug zwischen Aktienpreis und Firmenaktivitaeten) die Preise von Aktien hoch- oder runtereiern?
Bitte schoen, glaub halt dran... ich nicht.
Es gibt ja keine dummen Fragen, sondern nur dumme Antworten. Weil du gestern schon fragtest, habe ich den Mechanismus gestern um 13:16 Uhr auf meinem Ingenieurniveau (bin kein VWLer) verständlich, aber sicherlich richtig hingeschrieben.
Spock schrieb am 22.01.2008 11:33
Hamster: Es gibt ja keine dummen Fragen, sondern nur dumme Antworten.
Deine Selbstkritik ist begrueszenswert
Zitat:
Weil du gestern schon fragtest, habe ich den Mechanismus gestern um 13:16 Uhr auf meinem Ingenieurniveau (bin kein VWLer) verständlich, aber sicherlich richtig hingeschrieben.
Das hier?! Ok...:
Zitat:
.. oder Besitzer von Fonds und Aktien, die vorhaben kurz- oder mittelfristig zu verkaufen..
Was anderes habe ich hiermit ja nicht gesagt: "Wer muss denn Angst haben? Und wovor? Eigentlich doch nur Firmenanteilsbesitzer falls sie die Absicht haben, Anteile zu verkaufen, oder?!"
Zitat:
.. oder Unternehmen, denen durch den Geldabzug das Kapital für anstehende Investments fehlt...
Doch nur, wenn obige Aussage auch auf diese Unternehmen zutrifft - also wenn sie Aktien gekauft haben und mit Verlust verkaufen.
Zitat:
.. oder Unternehmen, die keine Aufträge mehr bekommen, weil ihre Kunden aus (1) und (2) kein Geld mehr haben..
Tja, ich sagte ja nicht, dass es keinerlei Beeinflussungen der realen Welt durch diese Spielereien gaebe, sondern nur, dass es nur dort Beeinflussungen gaebe, wo man es zuliesze. Ich rede auch nicht von minimalen Preisaenderungen durch echte minimale Verbindungen zum realen Unternehmen (zb Gewinnausschuettungen bzw. realistische Ankuendigungen u.ae.), sondern nur von den Faellen, wo zb ein reales Unternehmen, an dem sich real nichts besonderes geaendert hat, ploetzlich laut Hammelherde kaum noch etwas wert sein soll.
Zitat:
... oder Angestellte dieser Unternehmen, deren Arbeitsplätze dadurch in Gefahr geraten.
Naja, dann lacht die Konkurrenz und deren Arbeiter.
I.Ue. fliegen die Leute dann ja meist nur, damit der Preissturz abgefangen werden kann und nicht, weil man sie nicht mehr braucht. Ein Beleg mehr fuer die Hammelidiotie.
Zitat:
Die einzigen, die tatsächlich so schnell keine Angst haben müssen, sind die Hartz IV -Empfänger in Deutschland.
Och, da waere ich mir nicht so sicher... mancher Depp macht die sicher auch noch fuer den Boersencrash verantwortlich und will sie auf dem Marktplatz dafuer verbrennen... aber anderes Thema
und vielleicht erklärst Du, warum man Angst haben muss, wenn man mit Verlust Aktien verkauft. Meistens haben doch eher die Mitarbeiter einer AG Angst, wenn die Aktienpakete an den Falschen verkauft werden.
Kodo schrieb am 22.01.2008 19:30
Noch sind nicht alle Quartalsberichte der Banken auf dem Markt.
Noch ist nicht sicher, ob die USA in eine Rezession abgleiten.
Die Zinssenkung von heute vor Eröffnung der Börse macht die Panik deutlich.
Klar ist nur, dass der Markt sich nicht selbst reguliert.
Amüsant die Versuche hier, die Krise klein zu reden.
Der Markt reguliert sich immer, höchstens nicht so wie Du Dir das vorstellst. Das ist wie beim der Klimadiskussion: Dynamik ist dem domestizierten Menschen hierzulande wohl ein Horror geworden.
Ich sehe die Börsenkorrektur als Glücksfall, da ich in Voraussicht derselben weitgehend aus dem Markt ausgestiegen war, mich aber vor der Einführung der Abgeltungssteuer doch gerne steuerunwirksam bei günstigen Kursen positionieren möchte. Die Notenbanken werden wohl eine höhere Inflation zulassen, und als eigenverantwortlicher Sparer muss man schauen, wo man nach Inflation und Steuer bleibt.
Der Markt reguliert sich immer, höchstens nicht so wie Du Dir das vorstellst. Das ist wie beim der Klimadiskussion: Dynamik ist dem domestizierten Menschen hierzulande wohl ein Horror geworden.
Gruß, Martin
Warum dann die vorausgegangene wundersame Geldvermehrung der großen Nationalbanken (= USA, Deutschland, Japan usw.)?
Warum dann ein Wirtschaftsankurbelungsprogramm der Bush-Regierung entgegen allen Regeln der liberalen Wirtschaftspolitik?
Warum die Milliardenstützungen der öffentlichen Banken?
1) Noch ist nicht sicher, ob die USA in eine Rezession abgleiten.
2) Die Zinssenkung von heute vor Eröffnung der Börse macht die Panik deutlich.
3) Klar ist nur, dass der Markt sich nicht selbst reguliert.
3) Amüsant die Versuche hier, die Krise klein zu reden.
1) Wer ist sich da nicht sicher? Das angekündigte Hilfspaket zeigt am deutlichsten, wie sicher sich selbst die Regierung ist. Aller gegenteiligen Beteuerungen zu Trotz.
2) Sie macht vor allem die Panik der FED deutlich. Der neue FED-Chef hat seine erste Herausforderung, die Hypothekenkrise, bisher nicht sehr souverän gehandelt.
3) Jeder Markt reguliert sich von selbst. Vielleicht nicht so wie sich das manche Beteiligten wünschen. (Siehe Martin).
Zitat:
Kodo schrieb am 22.01.2008
1) Warum dann die vorausgegangene wundersame Geldvermehrung der großen Nationalbanken (= USA, Deutschland, Japan usw.)?
2) Warum dann ein Wirtschaftsankurbelungsprogramm der Bush-Regierung entgegen allen Regeln der liberalen Wirtschaftspolitik?
3) Warum die Milliardenstützungen der öffentlichen Banken?
4) Warum dann die heutige Zinssenkung?
1) Um die Geldmärkte flüssig zu halten. So viel war das gar nicht. Man darf die Beträge nicht einfach addieren, weil das Geld zwischendurch immer wieder zurückgezahlt wurde. Ein Teil davon war sowieso geldpolitisches Tagesgeschäft. Aber es stimmt schon, man wollte nicht ausprobieren, was passiert wenn die Geldmärkte austrocknen.
2) Reine Psychologie. Faktisch bringt so ein Programm nichts. Es zeigt irgendwo auch die Hilflosigkeit angesichts der anstehenden Rezession. Zudem ist es bisher reine Ankündigungspolitik. Bis das Paket durch die Instanzen ist , dauert es ja noch. Wenn dann der erste Cent fliesst, hat die Börse längst andere Themen.
3) Um sie nicht pleite gehen zu lassen. Jeder Eigentümer darf sein Unternehmen vor der Pleite schützen (wenn er es kann). Ausserdem könnte eine Pleite mehr kosten als die 2 Mrd. Kapitalspritze (WestLB). Dazu sei gesagt, dass die Bank schon vor der Hypothekenkrise morsch bis in die Knochen war.
4) Weiss ich nicht. Ein Mitglied der FED-Commission war auch dagegen. Hilfloses reagieren, das die Märkte möglicherweise noch mehr in Panik versetzt als sie zu beruhigen. Die EZB agiert da wesentlich gelassener und souveräner.
F-W schrieb am 22.01.2008 21:17
2) Sie macht vor allem die Panik der FED deutlich. Der neue FED-Chef hat seine erste Herausforderung, die Hypothekenkrise, bisher nicht sehr souverän gehandelt.
(...) Ein Mitglied der FED-Commission war auch dagegen. Hilfloses reagieren, das die Märkte möglicherweise noch mehr in Panik versetzt als sie zu beruhigen. Die EZB agiert da wesentlich gelassener und souveräner.
FW
Warum biste Dir da eigentlich so sicher? Die NYSE ist der einzige Handelsplatz in der Welt, an dem der Sturm völlig spurlos vorüber ging. Die technisch angesammelten Verkäufe vom Montag wurden praktisch komplett wieder aufgefangen. Niedrige Zinsen sind dazu nicht nur für den Kapitalmarkt relevant, sie entlasten auch den problematischen Immobilienmarkt.
Vielleicht stellt sich heraus, dass das gerade der richtige Entscheid war, ich würde das mal abwarten.
Die Meinung, die Zinssenkung hätte schlimmeres verhindert, überwiegt zwar, ist aber längst nicht einhellig.
Die Zinssenkung war bei Markteröffnung bekannt. Man kann die anfängliche 5% Talfahrt auch als Reaktion auf die Zinssenkung auffassen. Warum soll so eine Nachricht erst nach ein paar Std. wirken und nicht sofort, wie sie es auch sonst tut?
Der Dax hat sich gestern auch ohne Zinssenkung gefangen und hat einen wenn auch kleinen Teil der Verluste wieder aufgeholt.
Ich bleibe dabei, die Zinssenkung wie das 150 Mrd. Hilfspaket sind ein Eingeständnis, dass es ernst ist obwohl das böse R(ezessions)-Wort bisher streng verpönt war. Sowas belastet die Börse psychologisch sofort. Wass die Massnahmen materiell auf Dauer dann bringen, ist eine andere Sache, mit der sich die Händler vielleicht später befassen. Das Hilfspaket wird im besten Fall nichts bewirken. Es vergössert aber die Verschuldung und erhöht die Budgetprobleme. Die Zinssenkung könnte sich als viel zu stark erweisen, zumal weitere nicht ausgeschlossen sind. Damit wird zwar einerseits den gebeutelten Hausbesitzern geholfen, sie könnte aber auch den Grunstein für die nächste Immobilienblase legen.