Aber warum sollte es auch bedingungslos sein? Wie wäre es mit "Der Antrag auf BG ist abzulehnen, wenn die monatlichen Einnahmen des Antragstellers den Betrag X überschreiten"?
Damit würden die Aufsteiger bestraft, die zum Bürgergeld legal (!) hinzuverdienen und dabei überdurchschnittlich erfolgreich sind.
Überhaupt fehlt der ganzen Philosophie a) der Anreiz und b) das Vertrauen in unsere Bürger, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Das ganze wäre, wie auch immer realisiert, eine weitere betäubende gesellschaftliche Medizin.
Flecki:
Wenn du das jetzt mal weiterdenkst... Bürgergeld ja oder nein? -> eine riesige Grenzbelastung um das Einkommen X -> Lösung: gestufte oder Kontinuierliche Anpassung praktisch direkt zur negativen Einkommenssteuer.
Die zahlt bei Einkommen 0 einen bestimmten Sockelbetrag (lass es die 800€ sein) und senkt die Zusatzzahlung bis zum Einkommen X kontinuierlich auf 0, ab da werden im Gegenzug immer höhere Steuern erhoben. Mal abgesehen davon, dass diese Methode deutlich einfacher zu finanzieren ist, finde ich sie auch die bessere Alternative. Durch die kontinuierlich sinkende Zuzahlung/steigende Belastung gibt es immernoch einen Anreiz, mehr zu verdienen und man hätte dennoch das momentane System enorm vereinfacht - es geht ja dann nurnoch um das Einkommen -> keine "Sozialstasi" mehr.
Also wenn es hier in Frankfurt noch Angebote für 12 Euro gibt, habe ich mal fürs flache Land 10 als realistisch angenommen. Aber sei's drum - ich wollte damit nur sagen, dass es auf dem Niedriglohnsektor ziemlich dünn werden würde.
Aber warum sollte es auch bedingungslos sein? Wie wäre es mit "Der Antrag auf BG ist abzulehnen, wenn die monatlichen Einnahmen des Antragstellers den Betrag X überschreiten"?
Damit würden die Aufsteiger bestraft, die zum Bürgergeld legal (!) hinzuverdienen und dabei überdurchschnittlich erfolgreich sind.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich das richtig verstehe. Begreift man es denn heute im allgemeinen als Strafe, wenn man KEINE Sozialleistungen erhält? Als normaler AN beschwert man sich doch nicht, kein ALG o.Ä. zu bekommen. Dein überdurchschnittlich erfolgreicher Hinzuverdiener ist in meinen Augen jedenfalls ein ganz normaler AN mit Einkommen >X.
Zitat:
Überhaupt fehlt der ganzen Philosophie a) der Anreiz und b) das Vertrauen in unsere Bürger, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Das ganze wäre, wie auch immer realisiert, eine weitere betäubende gesellschaftliche Medizin.
Solange die Schaufenster voll sind mit hübschen Produkten in allen Preisklassen, ist für jeden der Anreiz da, mehr Geld zu verdienen.
Vertrauen und Betäubung sind schon schwieriger zu behandeln. Ich bin aus humanitären Gründen dafür, in unserer Gesellschaft niemanden verhungern oder erfrieren zu lassen. Bereits in dieser banalen Forderung steckt mein Misstrauen, dass sich der ein oder andere seinen Lebensunterhalt eben nicht verdienen kann.
Sicher wäre ein BG eine betäubende gesellschaftliche Medizin, ähnlich dem heutigen ALG, H4 und solchen Pillen. Aber die Wirkung lässt nach, je einfacher das System gestaltet ist, je weniger die Menschen von Regeln umstellt sind.
Zum Niedriglohnsektor: Wegen der heute stattfindenden Bezuschussungen könnte man zu der Annahme verleitet werden, Niedriglohnjobs seien besonders schützenswerte Beschäftigungen. Einen echten Grund für diese Annahme gibt es aber nicht.
Lexx,
von mir aus kannst du auch eine negative Einkommensteuer als Idealmodell ansehen. IMHO sind sowohl BG als auch negESt okay, solange nur eine DEUTLICHE Vereinfachung der Umverteilungsmaschinerie zustande kommt. Es gilt der Spruch "Der Schlüssel zum Erfolg ist eine klare Linie mit hinreichend vielen Abzweigungen".
Kann man eigentlich - rein theoretisch natürlich - in deinem Modell zum Zwecke der Vereinfachung die Umsatzsteuer kurzerhand abschaffen, ohne die funktionelle Systematik zu zerstören?
Flecki, warum soll sich der Hinzuverdiener anstrengen, wenn er das Geld ohne Anstrengung vom Staat bekommt.
Die betäubende Wirkung einer Droge steigt m.E. nicht durch strenge Regeln zu ihrer Erlangung, sondern durch die völlig freie Verfügbarkeit. Die prall gefüllten Schaufenster bleiben übrigens gerade für die Gering/Hinzuverdiener unerreichbar, da ja wohl die Finanzierung nur über eine höhere Mehrwertsteuer möglich wäre.
Der Niedriglohnsektor ist nicht besonders schützenswert, er ist einfach Realität einer Marktwirtschaft, in der Jobs niedriger Qualifikation niedrige Löhne erzielen. Jeder, der mehr will, muss sich anstrengen, dies zu erreichen. Mit Bürgergeldkonzepten untergräbt man zumindest einen Teil dieser Anstrengung, siehe meine Betäubungsthese. Von mir aus soll der Staat arbeitenden (!) Menschen was bezuschussen, aber bitte keine Konzepte, die die Arbeit bestrafen.
Ich bin übrigens auch dafür, dass niemand in unserem Land verhungern oder erfrieren muss.
Lexx schrieb am 13.02.2008 15:56
Nun, da das BGE wegen Nichtralisierbarkeit ausfällt dürfte die negative Einkommenssteuer (NES) bei den Alternativmodellen ziemlich weit oben stehen.
Beim wem und warum und wie genau (zb Finanzen) solls aussehen, ist die Frage.
Zitat:
Das Problem bei "den Sozialtöpfen" ist, dass sie nicht einfach da sind und nur irrationaler Weise falsch genutzt werden, sondern, dass sie einem bestimmten Zweck dienen und nicht so ohne weiteres zusammen geworfen werden können.
Eben, jedes Toepfchen soll einem bestimmten Zweckchen dienen... die vielen Zweckchen (meist einschl. Buergerkontrolle) bestimmen dann viele Grueppchen... und neben vielen Einnahmezufluessen gibts dann noch viele Ausgabe- bzw. Beduerftigkeitskriterien... die natuerlich von den vielen Grueppchen ideolo--äh--voellig ohne Eigennutz zurechtdefiniert werden... das ganze wird dann natuerlich von vielen Behoerden und Aemtern verwaltet, ueberwacht, kontrolliert, etc. werden muessen...
Und das kostet halt nicht nur Nerven, sondern auch Talerchen...
Zitat:
Deswegen ist jedes deratige Vorhaben Augenwischerei und wirklich sinnvoll sind gerade die Modelle, die sich "nur" mit "ein, zwei" Töpfen beschäftigen. Denn diese Töpfe sind dann idR auch wirklich zusammenwerfbar.
Lexx, meinetwegen kann man sich jeden Topf einzeln vornehmen und reformieren, aendern, etc. - aber das ist imho nicht das Thema, sondern eher ein groszer Wurf.
Deshalb finde ich das BGE so faszinierend und auch noetig, weil dort alles moegliche ineinandergreift und sich gegenseitig positiv beeinflussen kann.
Nur als Beispiel mal die Befreiung des Arbeitsmarktes (die ja von vielen - je nach Eigenideologie auf AN- oder AG-Seite stehend einseitig - gefordert wurde und wird) - ohne eine bedingungslose Sicherung des Existenzminimums kann man nicht auf der AG-Seite die Einschraenkungen (zb Kuendigungsschutz und Folgeprobleme) abbauen.
Ebenso ist diese bedingungslose Existenzsicherung Anreiz, die Angebote von Mini- oder gar Microjobs, Teilzeit, zeitl. begrenzte Jobs, etc. anzunehmen, weil es zb keinerlei Berechnungen und Abzuege beim Hinzuverdienen gibt und auch keine besondere Buerokratie mehr bei Annahme und Aufgabe des Jobs. Das gilt aehnlich auf AG-Seite.
Usw.
Es geht also - zumindest mir persoenlich - nicht um ein bestimmtes Modell XYZ, dass Topf A oder Toepfe B&C "reformiert" und das man nun auf den Cent genau abklopfen muss, aber eigentlich macht man sozialpolitisch weiter wie bisher, sondern um einen groeszeren Umbau, der nicht nur die Veraenderungen der letzten Jahrzehnte/Jahrhunderte beachtet und deshalb zukunftsorientierter ist, sondern auch buerokratieaermer und kostenguenstiger ist und auch sozialer und liberaler, weil er moeglichst viel Freiheit(en) schafft.
Flecki5 schrieb am 13.02.2008 17:47
Aber warum sollte es auch bedingungslos sein?
Weil Bedingungen erpressbar machen und Freiheiten nehmen (= eingeschraenkter Arbeitsmarkt).
Und weil man kontrollieren muss, ob die Bedingungen zutreffen bzw. eingehalten werden (= Buerokratie, die kostet / = Gruppen die mit Bedingungsdefinitionen Buerger steuern wollen).
Zitat:
Wie wäre es mit "Der Antrag auf BG ist abzulehnen, wenn die monatlichen Einnahmen des Antragstellers den Betrag X überschreiten"? Der Betrag X wird aus den Einnahmen aus der Umsatzsteuer und der Anzahl der Anträge auf BG per Computer ermittelt, natürlich so, dass unterm Strich eine Null erscheint.
Im zweiten Satz klingt es eher so, als sei der da errechnete Wert X der Betrag, der pro Person bzw. Antrag ausgezahlt werden kann bzw. wird. Im ersten klingts dagegen eher wie eine Einkommensgrenze.
Zitat:
In Zweifelsfällen (mehrere Einnahmequellen, jeweils unterhalb X) ist im Sinne des Antragstellers zu entscheiden. Damit kämen Schummler zwar durch
Warum dann ueberhaupt pruefen, wenn man im Zweifelsfall Schummler damit eh durchkommen lassen will?
Spock schrieb am 13.02.2008 20:03
Überhaupt fehlt der ganzen Philosophie a) der Anreiz und b) das Vertrauen in unsere Bürger, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen.
Grad jene, die ein BGE ablehnen und/oder den Status Quo erhalten wollen, machen das doch, weil sie dem Buerger nicht zutrauen, sich seinen Lebensunterhalt - ueber das Existenzminimum hinaus - selbst zu verdienen.
Spock schrieb am 14.02.2008 07:58
warum soll sich der Hinzuverdiener anstrengen, wenn er das Geld ohne Anstrengung vom Staat bekommt.
Weil er vom Staat nur das Existenzminimum bekommt und alles weitere selbst hinzuverdienen muss. Und deshalb:
Zitat:
Die prall gefüllten Schaufenster bleiben übrigens gerade für die Gering/Hinzuverdiener unerreichbar
...sind diese Schaufenster auch Anreiz, sich mit Jobs dafuer etwas zu erarbeiten.
Zitat:
Der Niedriglohnsektor ist nicht besonders schützenswert, er ist einfach Realität einer Marktwirtschaft, in der Jobs niedriger Qualifikation niedrige Löhne erzielen. Jeder, der mehr will, muss sich anstrengen, dies zu erreichen.
Ein BGE wuerde daran nicht viel aendern. Die AG werden mit dem BGE spekulieren und weiterhin so niedrige oder gar niedrigere Loehne anbieten - und die Buerger werden auch einen Bedarf danach haben. Der Unterschied liegt nur darin, dass beiden Seiten mehr Freiheiten haben (der AN ist weniger erpressbar durch das BGE, der AG muss sich nicht mit Kuendigungsschutz und Buerokratie herumschlagen) und dadurch der Arbeitsmarkt viel freier ist.
Zitat:
Von mir aus soll der Staat arbeitenden (!) Menschen was bezuschussen
...was nichts anderes ist, als eine Subvention (je nach Ausgestaltung per Gieszkanne oder fuer diverse Branchen o.ae.)
Zitat:
aber bitte keine Konzepte, die die Arbeit bestrafen.
...was das BGE ja nun am wenigsten bzw. eigentlich gar nicht macht, waehrend grad der Status Quo viele davon abschreckt, etwas hinzuzuverdienen, weil das mit Buerokratie und Abzuegen "bestraft" wird.