Die hessische SPD ist noch weit von einer Neuaufstellung entfernt.
Anstatt auf Münte zu hören und jetzt kein "Kleinholz" zu machen, verfallen die gefallenen Parteilinken in eine Wagenburg-Mentalität. Einseitige Schuldzuweisungen an die 4 Abweichler bis hin zu angekündigten Parteiausschlussverfahren. Keinerlei Selbsteinsicht in eigene Fehler. Um einen Neuanfang zu machen, müssten zuerst die aufgewühlten Emotionen abkühlen und sich die Einsicht breitmachen, dass ein Neuanfang mit dem alten Spitzenpersonal nicht möglich ist. Das gilt für Ypsilanti wie Scheer auf der einen wie auch Walter auf der anderen Seite.
Dazu braucht es aber Zeit, die die SPD nach Lage der Dinge nicht hat. Nach CDU und FDP sprechen sich auch die Grünen inzwischen für Neuwahlen aus. Wenn ein entsprechender Beschluss im Landtag bereits am 19.11. gefasst würde, müssten Wahlen innerhalb 60 Tagen, also spästens im Januar stattfinden. Davor müssten die Nominierungen für die Wahlkreise, die Landesliste und den Spitzenkandidaten erfolgen und das Wahlprogramm ausgearbeitet und beschlossen werden. Und Wahlkampf muss auch noch geführt werden. Zu kurz für die SPD um die tiefen Gräben zuzuschütten und die verfeindeten Gruppen wieder ins Gespräch für eine personelle und programmatische Neuaufstellung zu bringen.
Der enorme Zeitdruck könnte diesen Prozess zwar beschleunigen, könnte aber auch dazu führen, dass die Partei vollends explodiert. Letzteres sehe ich als wahrscheinlicher an.
Der Zeitplan liegt aber nicht mehr in der Hand der SPD, einen Neuwahlbeschluss von CDU/FDP/Grünen kann sie mit ihrer Fraktion nicht verhindern. Die 3 hoffen (wie auch die LP) aus der Konkursmasse der SPD möglichst viel Stimmen für sich abgreifen zu können.
Dass sich im ersten Schock die ganze Wut auf die Dissidenten legt ist ganz normal und verständlich. Das meiste kommt eh von aussen (und lustigerweise besonders derb vom Stegner, dem man bis heute hinterhermunkelt, er hätte Simonis gemeuchelt, denn er war ja der grösste Nutzniesser aus der Affäre) und wird sich wieder legen. Ein Parteiausschlussverfahren kommt nicht in Frage, das letzte gegen Clement hat die Partei noch im Magen und die Anklage, das zu späte Ziehen der Reissleine, ist ja auch wirklich zu dünn.
Vielleicht wäre es jetzt in der Tat das beste, wenn Ypsilanti weiter macht bis zur Neuwahl. Schlimmer kanns nicht kommen und womöglich kann sie Stimmen aus der Linken zurückholen und so den Absturz erträglicher gestalten. Mit Riesenglück ist sogar eine Ampel drin, die die FDP nicht mehr ausschliesst.
Dann lehne ich mich zur Abwechslung mal mit einer Prognose aus dem Fenster:
Nachdem sich der Staub gelegt hat und man einsieht, dass nicht die Bausteine Schuld sind am Zusammenbruch, sondern die Architektin, wird selbige die Konsequenzen ziehen und zurücktreten.
"Dann lehne ich mich zur Abwechslung mal mit einer Prognose aus dem Fenster:
Nachdem sich der Staub gelegt hat und man einsieht, dass nicht die Bausteine Schuld sind am Zusammenbruch, sondern die Architektin, wird selbige die Konsequenzen ziehen und zurücktreten."
Wenn Ypsilanti zurücktritt, wird die SPD bei Neuwahlen ca. 10% der Stimmen verlieren.
"Ok. Und wieviele verliert die SPD, wenn Y NICHT zurücktritt? ;)"
Wenn sie die richtigen Entscheidungen trifft und den Wahlkampf richtig führt gar keine.
Anonymer User schrieb am 04.11.2008 17:59
"Ok. Und wieviele verliert die SPD, wenn Y NICHT zurücktritt? ;)"
Wenn sie die richtigen Entscheidungen trifft und den Wahlkampf richtig führt gar keine.
Ja, alles klar. Zumal sie ein erwiesen geniales Gespür für richtige Entscheidungen hat.
Wenn Ypsilanti zurücktritt, wird die SPD bei Neuwahlen ca. 10% der Stimmen verlieren.
Ok. Und wieviele verliert die SPD, wenn Y NICHT zurücktritt?
15%
[uV]Ephraim Kishon: "Für mich ist Rassismus eine unverzeihliche Sünde, und dazu gehört auch der Haß auf die eigene Rasse."
Imam von Izmir 1999 (von wegen 'der Islam gehört zu Deutschland'): "Dank eurer demokratischen Gesetze werden wir euch überwältigen, dank eurer religiösen Gesetze werden wir euch beherrschen."
Dr. Gottfried Curio, AfD 2017: „Wenn der Ausreisepflichtige nicht ausreist, braucht der Steuerpflichtige auch keine Steuern zu zahlen“
Da Ypsilanti jetzt nur noch verlieren kann wäre es aus ihrer Sicht wohl am schlausten jetzt zurückzutreten, das kommende Wahldesaster den Renegaten in die Schuhe zu schieben und dann irgendwann später ein politisches Comeback zu starten.
Wenn man sich anhört, was für Schmutz jetzt über die Abweichler ausgekippt wird, wäre es wohl besser gewesen, sie hätten von ihrem demokratisch verbrieften geheimen Wahlrecht Gebrauch gemacht und Y die Heide machen lassen.
Dieser Ablauf hätte die Gute zumindest so stark beschädigt, dass wir jetzt nicht mehr über das Ob und Wann eines Rücktritts spekulieren müssten.
Mag sein, ich irre mich. Aber mir kommt es immer so vor, als würden die Linken mit Andersdenkenden in den eigenen Reihen besonders schmutzig und unwürdig umgehen. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass bei der CDU jemals jemand derart brutal öffentlich beleidigt worden ist. Die Beleidigungen sind teilweise so heftig, dass sie locker justiziabel wären - aber würde jetzt einer der Vier auch noch eine Beleidigungsklage anstrengen, dann müssten die damit rechnen, von ihren linken "Freunden" abgestochen zu werden.
Was da für Sprüche kommen, ist so weit abseits jedes politischen Diskurses, so unwürdig, diffamierend und abstoßend, dass mein Urteil über die selbsternannten Gutmenschen mit ihren ach so erhabenen ethischen Grundsätzen mal wieder bestätigt wurde.
Aber ich lasse mich gerne korrigieren.
Überhaupt zeigt auch die Erfahrung in meinem persönlichen Umfeld, dass Linke tendenziell verbissener, humorloser und intoleranter sind (und dabei schließe ich das extrem linke Lager schon aus, wie ich ja auch das extrem rechte Lager gar nicht erst in meine Überlegungen einbeziehe).
"Überhaupt zeigt auch die Erfahrung in meinem persönlichen Umfeld, dass Linke tendenziell verbissener, humorloser und intoleranter sind (und dabei schließe ich das extrem linke Lager schon aus, wie ich ja auch das extrem rechte Lager gar nicht erst in meine Überlegungen einbeziehe). "
Ich würde vermuten, daß das linke Lager genauso über das rechte Lager denkt. Am Ende nehmen sich alle nichts.
Anonymer User schrieb am 05.11.2008 11:32
"Überhaupt zeigt auch die Erfahrung in meinem persönlichen Umfeld, dass Linke tendenziell verbissener, humorloser und intoleranter sind (und dabei schließe ich das extrem linke Lager schon aus, wie ich ja auch das extrem rechte Lager gar nicht erst in meine Überlegungen einbeziehe). "
Ich würde vermuten, daß das linke Lager genauso über das rechte Lager denkt. Am Ende nehmen sich alle nichts.
rw
Das Phänomen ist leicht zu erklären: Die Toleranz von Gleichgesinnten testet man naturgemäß seltener als die von Andersdenkenden. Ergo wirken letztere subjektiv intoleranter.
> Ich würde vermuten, daß das linke Lager genauso über das rechte Lager denkt.
Das eh.
Aber was Frank ansprach, liegt vielleicht auch daran, dass "Links" eher soziale und damit gefuehlsbetontere Themen beackert als "Rechts".
Und was die heftigen Reaktionen auf >>> die Art des Vorgehens <<< der "Vierer(eigentlich Dreier)bande" betrifft, sind die schon nachvollziehbar. Vielleicht sind Linke da nur direkter/ehrlicher als Rechte?! ;-)
Na ja, die heftige Reaktion (die mich an eine kommunistische Kaderpartei erinnert) kommt sicher auch daher, dass die 4 ihre Entscheidung zu einer Gewissensentscheidung erhoben haben. Das will ja auch sagen, dass ihre Gegner kein Gewissen haben. So etwas lässt man sich nicht gerne nachsagen, auch nicht durch die Blume.
Es fällt ja auch auf, dass die heftigsten Verbalinjurien von den kleinen Mitläufern kommen. Auch von solchen, die eigentlich dem rechten Lager wie dem Netzwerk zugerechnet werden. Die wären nämlich im Gegensatz zu ihrem Frontmann Walter für ihre Stimme mit Pöstchen und Funktionen belohnt worden. So stehen sie vor dem möglichen bis wahrscheinlichen Verlust ihres auf 5 Jahre kalkulierten Mandats. Das ist bitter.
Jetzt hat der Landesvorstand beschlossen, die 3 Neuverweigerer mit einem Parteiausschlussverfahren zu überziehen. Genau davor hatte Münte gewarnt. Y. wird sich damit in Berlin keine Freunde machen, eher für die Bundeslinken wie Nahles und Stegner zur Belastung werden. Ausserdem scheint die Funktionäsebene an Y. als Vorsitzender und möglicher Spitzenkandidatin für die nächste Wahlrunde festhalten zu wollen.
Mehr Realitätsverweigerung geht nicht. Und ein Neubeginn sieht eigentlich anders aus. Man will mit Gewalt mit dem gleichen Kopf zum 3. mal durch die dicke Wand. Um ein Bild eines prominenten Ypsilanti-Opfers zu bemühen.