Bundesoberparlamentarier Lammert von der CDU warnt vor der Ausweitung von direktdemokratischen Elementen in Deutschland. Wobei schon das Wort Ausweitung ein Witz ist. Tja wo kommen wir denn hin, wenn tatsächlich auch noch das Volk gefragt wird? Das kann man nicht zulassen, keine Frage.
Naja, das ist doch mehr als durchsichtig, wenn der omipräsente Parteiapparat das regierte Volk vor zuviel direkter Demokratie schützen will. Jede Demokratie birgt Risiken und Entscheidungen können auf Irrwege führen, das liegt in der Natur der Sache. Der vermeintliche 'Irrweg' Minarettverbot ist doch lange kein Weltuntergang, sondern wahrscheinlich nur Anfang einer auch in der Schweiz überfälligen Debatte.
Ich fände es wohltuend, wenn die Deutschen die Chance hätten, sich ihres politischen Stimmgewichts viel mehr bewusst zu sein. Die allseits von den Funktionären in Sonntagsreden bejammerte Politikverdrossenheit ist vielleicht eher eine Parteienverdrossenheit. Die SPD ging und geht ja auch schon durchs Jammertal, die CDU hat vielleicht nur Glück und der nächste Dinosaurier.
Prinzipiell wäre die direkte Demokratie gut und würde mir auch sehr zusagen, wenn die Wähler entsprechendes Wissen und Engagement mitbrächten.
So aber, bei allen gegenwärtigen Demokratien außer der Schweiz, wäre das ein unkalkulierbares Spielfeld für Demagogen und Kampagnenerfindern. Und bei den Schweizern klappt das auch nur eingeschränkt, weil die Schweiz als sehr exportorientierter Staat nicht völlig frei nach eigenem Gutdünken agieren kann. Man sieht ja an der Minarett-Abstimmung, wie der Wahl-Inhalt im Geschrei der Gegner des Ergebnisses bewußt fehlinterpretiert wird. Vor allem die Berufs-Moslems fühlen sich auf ihrem Weg in die Vertretung einer "ausgebeuteten Minderheit mit einem natürlichen Rechtsanspruch auf Staatsunterstützung" stark behindert, mit entsprechendem Radau.
[uV]Ephraim Kishon: "Für mich ist Rassismus eine unverzeihliche Sünde, und dazu gehört auch der Haß auf die eigene Rasse."
Imam von Izmir 1999 (von wegen 'der Islam gehört zu Deutschland'): "Dank eurer demokratischen Gesetze werden wir euch überwältigen, dank eurer religiösen Gesetze werden wir euch beherrschen."
Dr. Gottfried Curio, AfD 2017: „Wenn der Ausreisepflichtige nicht ausreist, braucht der Steuerpflichtige auch keine Steuern zu zahlen“
Erich, wer definiert denn was Demagogie ist undwas nicht? Man muss ja nicht die Leute für völlig bekloppt erklären und meinen, dass nun jeder Demagoge freie Bahn hätte und mit einer Kampagne zur Abschaffung aller Steuern 90% Zuspruch bekäme. Der kriegt nicht mal 10%, denn die Parteien und Verbände müssen ja nur darstellen, dass dies dasEnde des Staates ist, der Schulen oder der Polizei. Eine Demokratie, die das Votum seiner Bürger fürchtet, hat den Namen nicht wirklich verdient. Das Volk hat nämlich immer recht.
Ja und nein. Wir hatten schon mal jemand in D, der demokratisch an die Regierung gewählt worden ist und was uns garnicht gut bekommen ist - Hitler.
Und wenn ich mir Lafo und seine Linken und die NPD und Genossen auf der anderen Seite so anschaue, dann ist "das Volk" durchaus anfällig für Denagohie - zumindest zu einem erschreckend hohen Prozentsatz.
Um es klar zu sagen - ich wünschte mir eine Demokratie nach Schweizer Vorbild - hab ich schon früher gesagt - aber die Bedarf einer wachen und selbstverantwortlichen Bevölkerung.
Im übrigen, um Lammert zu zitieren, auch unsere indirekte Demokratie birgt eine Menge Risiken.
Schönen Tag WRL
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)
Hitler ist kein gutes Beispiel. Zwar konnte Hitler in einem demokratischen Prozess die Reichskanzlerschaft erringen, der Weg zur Diktatur (Ermächtigungsgesetz, 2/3 Mehrheit) hatte mit Demokratie nichts mehr zu tun.
Ich denke, direkte Demokratie entmachtet letztlich Regierungen, nimmt auch Verantwortung von den Regierenden. Damit spielen Einzelspieler eine geringere Rolle. Ist es nicht auffällig, dass es in der Schweiz diese Wahlkampfspektakel á la USA, Frankreich, Deutschland, usw. nicht gibt? Wichtig ist eine eine belastbare und stabile Verfassung. Über diese hinaus ist alles möglich: 'Das Volk hat immer recht' heißt nur, das Volk entscheidet. Das heißt nicht, dass es sich nicht korrigieren kann - wie auch in anderen demokratischen Modellen Korrekturen stattfinden. Der große Vorteil der direkten Demokratie ist der, dass wichtige und fundamentale Fragen nicht bis zum St. Nimmerleinstag verschoben werden, weil sich keine Regierung an diese Sache traut.
Im Übrigen gehört zu einer guten Demokratie ein rigoros durchsetzbares Informationsfreiheitsgesetz, möglichst mit Strafandrohung für Verhinderer.
ich habe das Hitler-Beispiel auch nur deswegen gewählt weil Demagogen in einer direkte(re)n Demokratie natürlich nicht unschädlich sind.
"Dank" der Denkweise in unserer Parteienlandschaft hat sich doch eine Art Klientel-Politik entwickelt und es gibt eine ganze reihe von Politikern, die heftig die Leier "Neid" (heißt bei uns "Soziale" Gerechtigkeit) drehen.
Ich habe mich schon immer über die für mich überraschend guten Stimmabgaben in der Schweiz gefreut - es geht also. Einzelne Ausreisser muss man halt später wieder korrigieren, geht ja auch. Aber ich stimme dir zu dass direkte Demokratie nur funktionieren kann mit einem sehr hohen Mass an Information, etwas, was bei uns ja nun nmicht so sonderlich beliebt ist.
Schönen Tag WRL
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)
Zitat von MartiS2Der große Vorteil der direkten Demokratie ist der, dass wichtige und fundamentale Fragen nicht bis zum St. Nimmerleinstag verschoben werden, weil sich keine Regierung an diese Sache traut.
Und dass politisch unbequeme Dinge durchgesetzt werden können. Die Minarett Initiative hätte wohl keine Partei allein durchbringen können, selbst die SVP war hier gespalten.
Erich: ►"So aber, bei allen gegenwärtigen Demokratien außer der Schweiz, wäre das ein unkalkulierbares Spielfeld für Demagogen und Kampagnenerfindern."◄
Wie sollen sich denn nicht-Schweizer Kompetenz in direkter Demokratie aneignen wenn nicht durch Erfahrung? Man kann ja wohl schlecht ganz Deutschland einen VHS-Kurs "direkte Demokratie" spendieren. Entweder müssen direkt-demokratische Instrumente nach und nach eingeführt und im Bewusstsein verankert werden, sodass das Volk damit Erfahrung sammeln kann. Oder man wirft es einfach ins kalte Wasser und nimmt den anfänglichen Temperaturschock in Kauf. Letzteres wäre die schnellere Methode.
DP: ►"wer definiert denn was Demagogie ist undwas nicht? (...) Eine Demokratie, die das Votum seiner Bürger fürchtet, hat den Namen nicht wirklich verdient. Das Volk hat nämlich immer recht."◄
Das unterschreibe ich!
WRL ►"Und wenn ich mir Lafo und seine Linken und die NPD und Genossen auf der anderen Seite so anschaue, dann ist "das Volk" durchaus anfällig für Denagohie - zumindest zu einem erschreckend hohen Prozentsatz."◄
1. Wäre es naiv zu glauben, dass die Zustimmung zu NPD und Linker 1:1 der Zustimmung zu ihren Thesen entspricht. Letzteres ist aber, was etwa in einer Volksabstimmung entscheidend ist. 2. Ist die Darstellung "Linke = Lafo = Demagogie" m.E. selbst Demagogie.
Man sollte also aufpassen, was man als Demagogie bezeichnet und was "erschreckend" ist. Ein gewisses Maß an Extremismus ist für eine Gesellschaft durchaus gesund. Denn ohne zu wissen wo der Rand ist weiß ich nicht, ob ich mich in der Mitte befinde.
►"die [direkte Demokratie nach schweizer Vorbild] Bedarf einer wachen und selbstverantwortlichen Bevölkerung."◄
...die Wachheit und Selbstverantwortung kommt m.E. aber erst durch Erfahrung.
►""Dank" der Denkweise in unserer Parteienlandschaft hat sich doch eine Art Klientel-Politik entwickelt und es gibt eine ganze reihe von Politikern, die heftig die Leier "Neid" (heißt bei uns "Soziale" Gerechtigkeit) drehen."◄
Klientelpolitik zu sehen derzeit am Wachstumsbeschleunigungsgesetz und den weiteren Steuerplänen der Regierung.
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Ich finde Lammerts Äußerung typisch und ziemlich entlarvend. Die hohen Politiker schwimmen in ihrem eigenen Parteiensud weitab vom Herzen der Gesellschaft. Das Problem der kommunistischen/sozialistischen Räterepublik war laut meinem Schluunterricht, dass die oberen Entscheidungsebenen sich selbstständig gemacht und von dem Votum der unteren Schichten unabhängig gemacht haben, obwohl jede Ebene die darüber direkt kontrollieren soll. Damit war die Kontrolle durch das Volk ausgehebelt. Den gleichen Mechanismus sehe ich auch in unserer Demokratie: Die Parteispitzen und Minister heben ab und entfernen sich vom Volk, indem sie sich mit Ihresgleichen umgeben und die Abgeordneten mit dem Fraktionszwang gefügig machen.
Das macht das Volk verdrossen, weil es ignoriert wird. In der Geschichte ist sowas selten gut gegangen - die französische Revolution, der Aufstieg der Nationalsozialisten, die linke Bewegung der 68er inkl. RAF sind m.E. alles Beispiele eines solchen Missverhältnisses. Heute hängen die Enttäuschten der Linken oder den Rechten an oder ziehen sich wie unser Prekariat in die politische Depression zurück.
Mehr direktdemokratische Beteiligung würde in dieser Sache sicherlich hilfreich sein. Ich bin z.b. sehr gespannt, was beim Volksentscheid in Bayern nächstes Jahr rauskommt. Vielleicht macht das Beispiel dann Schule und auch in anderen Ländern werden die bestehenden Bestimmungen gekippt - wie etwa die Farce, die es hier in NRW gibt.
Passend zum Thema der neue Bericht des Bundesrechnungshofes: "Selten fiel eine Ohrfeige für eine Bundesregierung derart schallend aus. Aber der Präsident des Rechnungshofes fing ja erst an: Sein Jahresbericht 2009 ist ein Katalog der Verfehlungen - bisweilen schmerzhaft auch für so manchen von Bagatellverstößen besessenen Finanzbeamten.
Statt beispielsweise Angaben ausländischer Investmentfonds zu überprüfen - Prüfquote derzeit 0,1 Prozent - würden Bundesbürger, die Kaffee per Internet im Ausland einkauften, mit Strafbefehlen überschüttet. Die hätten zwar insgesamt immerhin 25.000 Euro Steuernachzahlungen gebracht. Der Pferdefuß: "Dem standen aber Personalkosten von 800.000 Euro gegenüber. Schon die Materialkosten für die Steuerbescheide überstiegen bisweilen die Steuererträge. (...) Bemerkenswert originell auch ein Begründungsschreiben aus dem Bundesumweltministerium, das die Büroräume seines Neubaus entgegen Gutachterexpertise mit aufwändiger Kühltechnik für Büroräume versieht: "Beim unkontrollierten Öffnen von Fenstern durch unvernünftige Mitarbeiter könnten unkontrollierbare Luft- und Temperaturzustände eintreten", zitiert Engels wörtlich. So etwas als Modell für umweltgerechtes Bauen zu bezeichnen, fiel auch dem Präsidenten des Rechnungshofes schwer. Sein Credo: Sparen. Seine Vorschlagsliste brächte über 30 Milliarden in fünf Jahren." http://www.tagesschau.de/inland/rechnungshofbericht100.html
Gerade letzteres zeigt, dass die Mentalität Lammers in den Ministerien weit verbreitet zu sein scheint.
Man kann es verkürzt auch sarkastisch sagen: die direkte Demokratie scheitert an der Inkompetenz und Verantwortungslosigkeit der Bürger, die indirekte Demokratie an der Inkompetenz und Verantwortungslosigkeit der Politiker.
[uV]Ephraim Kishon: "Für mich ist Rassismus eine unverzeihliche Sünde, und dazu gehört auch der Haß auf die eigene Rasse."
Imam von Izmir 1999 (von wegen 'der Islam gehört zu Deutschland'): "Dank eurer demokratischen Gesetze werden wir euch überwältigen, dank eurer religiösen Gesetze werden wir euch beherrschen."
Dr. Gottfried Curio, AfD 2017: „Wenn der Ausreisepflichtige nicht ausreist, braucht der Steuerpflichtige auch keine Steuern zu zahlen“
Ich kenne nur wenig Vorlagen, deren Zustimmung oder Ablehnung durch Inkompetenz oder Verantwortungslosigkeit gekennzeichnet war. Denk mal an den Beitritt der Schweiz zum Schengen Raum. Da hat sich sogar in einer separaten Abstimmung eine klare Mehrheit des Stimmvolkes dafür ausgesprochen, dass die Personenfreizügigkeit mit Bulgarien und Rumänien vollzogen wird. Auch die Minarett Initiative wird sich auf lange Sicht vorteilig erweisen. Sonst hätten wir bald auf den Minaretten die Lautsprecher und dann den Muezzin, denn schliesslich dürfen Kirchenglocken ja auch läuten. Ihr in D würdet lieber mit dem Muezzin leben als mal Tacheles reden. Das dürft ihr dann aber nicht der direkten Demokratie vorwerfen sondern dem Fehlen einer solchen.