Das ist wieder so ein Thema aus der Rubrik "Strohfeuer oder Flächenbrand?".
Die aktuellen Umfragewerte zur Bundestagswahl zeichnen ein äußerst interessantes Parteienverhältnis: CDU 29% SPD 24% Grüne 24% Linke 10% FDP 5%
Mit so einer Konstellation wäre erstmals sogar ein grüner Bundeskanzler denkbar. Die entscheidende Frage ist dabei allerdings: Ist das nur eine Momentaufnahme der politischen Stimmung, die abseits aller Wahltermine keine praktische Relevanz hat? Oder zeichnet sich hier tatsächlich ein Trend ab zu größerer Wählermobilität und schwächerer Union/SPD?
Was mich am meisten überrascht, ist das Abschneiden der Grünen und der FDP.
Die FDP hat sich so offensichtlich als Klientelpartei geoutet, dass man sich schon fragt, wo da noch 5% herkommen. Allerdings mag unsere Justizministerin noch den einen oder anderen Wähler halten.
Die CDU hat das typische Problem aller Regierungsparteien zur Halbzeit, das würde ich nicht überbewerten, allerdings muss Merkel so langsam die Kurve kriegen.
Aber die 24% der Grünen finde ich schon krass (um mal in den Jargon meiner Kinder zu verfallen). Dafür habe ich schlicht keine Erklärung.
Ich denke, diese Zahlen sollte man vor allem an der Mobilisierung messen. Die Grünen sind derzeit wohl die einzigen, die ihre Wähler mobilisieren können. Die Union ist derzeit so wenig sexy wie die FDP oder die SPD. Wer will da schon am Telefon der Umfragedame sagen, dass man mit einer dieser Parteien sympatisiert. Das ändert sich dann recht schnell wenn es um das tatsächliche Wählen geht. Dann geht es nicht mehr um die politische Stimmung sondern um das Kreuz. Ich vermute, dass die grüne Zustimmung dann wieder stark relativiert wird. Ansonsten kann ich mir deren Zustimmung nicht erklären; sie haben keine neuen Thesen, keine Themen, keine neuen Leute, nichts. Für mich ist dasein Windei.
Wahrscheinlich hat Merkel aus oben genanntem Grund auch die B-W Wahl zur Richtungswahl und Abstimmung über den Stuttgarter Bahnhof erklärt, was ja viele in dieser Deutlichkeit überrascht hat. Sie will die Union als klare Kraft der Befürworter positionieren und mit einer klaren Linie punkten.
DP: ►"Ansonsten kann ich mir deren Zustimmung nicht erklären; sie haben keine neuen Thesen, keine Themen, keine neuen Leute, nichts."◄
Vielleicht ist es ja GERADE DAS. Die Grünen stehen für das, wofür sie schon seit 20 Jahren stehen: Regenerative Energie, liberale Gesellschaft, Umwelt.
Die Großdemonstration gegen die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke zeigt doch, dass sie damit den Willen vieler Bürger trifft. Und sie sind weder eine Klientelpartei (FDP), noch sind sie dran, ihre Kernideale aufzugeben (SPD, CDU).
Die Grünen wirken momentan neben den Gefallenen, der FDP und der SPD und der butterweichen aber innerlich zerrissenen Union wie der Fels in der Brandung - den man gegenüber der Linken auch ohne schlechtes Gewissen wählen kann.
Wenn man das Denken ausschaltet kann man natürlich immer alles ohne Bedenken wählen. Dass die Grünen für die Schiene stehen und dann den Ausbau eines Grossbahnhofs in Stuttgart torpedieren muss man nicht verstehen und dass dem globalen Klima am meisten geholfen wird wenn wir die Kernkraft abschaffen und also die Kohleverbrennung weiter fördern müssen versteht nur wer das Gehirn auf Sparflamme stellt, um das Weltklima nicht zu gefährden. Ideologisch sind sie völlig beliebig geworden und koalieren mittlerweile mit jeder Partei, selbst wenn ihnen wie in Hamburg das letzte Thema abhanden kommt. Sie sind derzeit eine Partei, in der gegensätzliche Positionen gefahrlos eine gemeinsame Heimat haben, solange sie sich nicht beweisen müssen. Sie leben im Sowohl-als-Auch und können froh sein, dass sie sich nicht entscheiden müssen. Sie sind irgendwie ein bisschen für Afghanistan Einsatz und ein bisschen dagegen, die Grünen sind ein Gemischtwarenladen, aus dem sich jeder bedienen kann. In einer rot-grünen oder noch schlimmer Grün-roten Regierung wäre die Luft schneller raus als bei einem aufgebackenen Fladenbrot.
DP: Damit hast du jetzt CDU, SPD und Grüne gleichzeitig beschrieben.
Während die CDU (überraschend wenig) an der Regierungsbeteiligung leidet, sind allerdings SPD und Grüne beide in der vorteilhaften Opposition - die SPD hat sich aber vom Tief der letzten Jahre noch immer nicht erholt, während die Grünen die enttäuschten Wähler aufnehmen. Irgendwas muss die Grünen also unglaublich attraktiv machen.
Zitat Dass die Grünen für die Schiene stehen und dann den Ausbau eines Grossbahnhofs in Stuttgart torpedieren muss man nicht verstehen
Damit kommst du bei den S21-Gegnern nicht weiter. Die meinen, Schiene ja, aber eben keine Milliarden versenken für überflüssige Protzbauten. Wird dann noch erwähnt, man könne die Milliarden ja in Krippen stecken, setzt das Hirn eh aus. Insofern ist da kein Widerspruch für die vorhanden.
---> Dummheit, Gier
Zitat und dass dem globalen Klima am meisten geholfen wird wenn wir die Kernkraft abschaffen und also die Kohleverbrennung weiter fördern müssen versteht nur wer das Gehirn auf Sparflamme stellt
Auch da kommt man mit Logik nicht weiter, denn Kohle als Alternative kommt bei den AKW-Gegnern nicht vor, sondern nur ihre nebulösen "erneuerbaren Energien" wie Wind und Sonne.
Zitat von Kater"In einer rot-grünen oder noch schlimmer Grün-roten Regierung wäre die Luft schneller raus als bei einem aufgebackenen Fladenbrot." Hmm, die Jahre mit Schröder schon vergessen ? Gruss Kater
Du meinst die Regierung, die sich selbst aus dem Amt hievte, weil sie schon mitten in der Legislaturperiode am Ende war?
Also verstehe ich dich und kater richtig; die Grünen dominierten eine erfolgreiche Periode von 6 Jahren rot-grün, an deren Ende der Wähler in eine kurzzeitige Agonie verfiel und SPD und Grüne in einer Art kollektiven Blackout 5 Jahre lang abstrafte, während jetzt langsam klar wird wie toll die Regierung war und zuerst einmal ein Koalitionspartner von damals quasi rehabilitiert wird (der andere muss dann später noch irgendwie folgen)?
Auch das passt überhaupt nicht kater, denn dann müsste die SPD mindestens genauso (nein, eher weit mehr) im Umfragehoch sein und die Union im grossen Tief. Es sind aber nur die Juniorpartner, die sich hier so konträr entwickeln.