"Teilweise schon. Zum Beispiel verhindern sie, dass Schulen wegen Schülermangel geschlossen werden und die Kinder weiter fahren müssen." Mal ehrlich: Die Kinder, die da wohnen, und denen was an ihrem Schulerfolg liegt, werden so weit es geht von diesen Hartz Versagern (damit meine ich die Kinder, die durch Hartz zu Versagern werden) weggehen. Die müssen sowieso fahren.
" Ggf. sorgen sie für den Erhalt des ein- oder anderen Ladens, der sich sonst nicht mehr rentieren würde. Davon haben andere Einwohner auch was." Das ist eine erstaunliche Logik. Man nimmt den einen Einwohnern Geld weg, gibt dieses Geld dann anderen, und erzählt ersteren dann noch, sie sollen sich freuen, dass letztere jetzt von dem Geld was bei ihnen kaufen.
Kater: ►"Das ist eine erstaunliche Logik. Man nimmt den einen Einwohnern Geld weg, gibt dieses Geld dann anderen, und erzählt ersteren dann noch, sie sollen sich freuen, dass letztere jetzt von dem Geld was bei ihnen kaufen."◄
Hinter der Logik steckt, dass diejenigen, denen das Geld weggenommen wird, nicht dort wohnen, wo die alimentierten es ausgeben. Wir beobachten seit Jahren ein Aussterben der Innenstädte. Diejenigen, die es sich leisten können fahren in höhere Zentren als ihre eigene Stadt oder in "Outlet Stores" oder den Supermarkt auf der berühmten grünen Wiese. Diejenigen, die sich das nicht leisten können, schaffen für die nahgelegenen Läden dann oft nicht mehr genug Umsatz alsdass die überleben könnten. Deswegen machen sich bei uns in der Einkaufsstraße 1€- und Discountläden breit, während das höherwertige Gewerbe in die neu errichteten Einkaufszentren flüchtet.
Ähnlich sieht es bei Einrichtungen aus, bei denen die Besucherzahl entscheidend ist, etwa Schulen oder der ÖPNV. Hat eine Schule in Luckenwald zuwenig Schüler, wird sie dichtgemacht und die Schüler müssen eben nach Luckenfeld. Da hilft es auch nicht, wenn die 40 verbleibenden Schüler Millionärskinder sind. Wird eine Haltestelle zuwenig frequentiert, wird sie weniger oder garnicht mehr bedient.
►"Die Kinder, die da wohnen, und denen was an ihrem Schulerfolg liegt, werden so weit es geht von diesen Hartz Versagern (damit meine ich die Kinder, die durch Hartz zu Versagern werden) weggehen. Die müssen sowieso fahren."◄
Wenn die Schule dichtgemacht wird, werden die Hartz-Versager ihnen folgen. Und dann?
DP: Wie schon gesagt, die Äußerungen in dem Essay sind schon "seeehr plakativ", um nicht zu sagen einseitig. Deswegen habe ich mich damit garnicht länger mit Zahlen aufgehalten. Aber die Grundthese, dass durch die Finanzierung der Kinder eine soziale Unterschicht erst generiert wird, finde ich schon interessant und diskussionswürdig.
Zitat von Lexx Aber die Grundthese, dass durch die Finanzierung der Kinder eine soziale Unterschicht erst generiert wird, finde ich schon interessant und diskussionswürdig.
Mit dieser Grundthese kann ich nichts anfangen, dazu kenne ich die Staaten auch zu wenig. Und auch die Parabel dazu auf das Einwanderungsproblem in Deutschland haut mich nicht vom Hocker, da die Zeitmaschine leider noch nicht erfunden wurde, um diesen Fehler zu korrigieren. Aber jetzt passiert Einwanderung ja nun nach rein wirtschaftlichen Kriterien, wenn man davon absieht, dass die Masse der Einwanderung aus dem EU Bereich kommt, den man nun mal liberalisiert hat sowie aus dem Familiennachzugbereich, den man nun mal nicht stoppen kann ohne als faschistisches Schwein dazustehen.
Allenfalls interessant sind die, eben leider recht plakativ dargestellten, Zusammenhänge von Gesetzesüberlegungen, deren tatsächlicher Ausrichtung und deren Korrektur. Interessant auch, dass dies erst einem demokratischen Präsidenten gelang obwohl vorher mit Bush und Reagan zwei starke politische republikanische Kräfte am Werk waren.
Interessant auch in diesem Zusammenhang die gegenwärtige Debatte um Westerwelle, der doch wirklich und wahrhaftig verlangt, dass sich arbeiten mehr lohnen soll als nichts tun und Staatsgeld bekommen. Dass er sich das überhaupt traut ist schon ein Ding. Denn üblicherweise wird sojemand von der vereinigten Journaille ans Kreuz genagelt. Schon berichtet der Stern weinerlich von wütenden Müttern und nach Arbeit flehenden Handwerkern und die SZ schreibt schon fast stündlich Hetzartikel zum Thema. Ich denke Westerwelle setzt langfristig doch auf das richtige Pferd, denn die FDP muss nun wirklich nicht auch noch links politisieren.
Zitat "Interessant auch in diesem Zusammenhang die gegenwärtige Debatte um Westerwelle, der doch wirklich und wahrhaftig verlangt, dass sich arbeiten mehr lohnen soll als nichts tun und Staatsgeld bekommen."
Dann soll er sich gefälligst für einen Mindestlohn einsetzen, von dem man sich und ggfs. seine Familie ernähren kann. Stattdessen spielt dieser Spalter Billiglöhner und ALG II-Empfänger (VON DENEN DIE ALLERMEISTEN ARBEITEN WOLLEN ABER NICHTS BEKOMMEN) gegeneinander aus. Außerdem geht es Westerwelle gar nicht um die Mittelschicht, dem geht es einzig und allein um die obersten 10% der Gesellschaft, und zu denen gehört keiner hier in diesem Forum.
"Die einfachste surrealistische Tat besteht darin, mit Revolvern in den Fäusten auf die Straße zu gehen und blindlings, solange man kann, in die Menge zu schießen. Wer nicht einmal im Leben Lust gehabt hat, auf diese Weise mit dem derzeit bestehenden elenden Prinzip der Erniedrigung und Verdummung aufzuräumen - der gehört eindeutig selbst in diese Menge und hat den Wanst ständig in Schusshöhe." ~André Breton
DP: Ich will mich hier nicht zum gesellschaftlichen Kenner aufspielen. Es gibt vermutlich viele Gründe, warum die Geburtenrate hierzulande im Wesentlichen antiproportional zum Bildungsstand verläuft. Aber ich schließe nicht aus, dass weniger Hilfe für die Kinder hierzulande auch in unserer Unterschicht bzw. in Problembezirken die Geburtenrate senken würde.
Ob das sinnvoll bzw. erstrebenswert ist, ist wieder eine ganz andere Frage (siehe Diskussion mit Kater).
►"der doch wirklich und wahrhaftig verlangt, dass sich arbeiten mehr lohnen soll als nichts tun und Staatsgeld bekommen."◄
Soweit ich das mitbekommen habe, ist der Stein des Anstoßes nichtmal die inhaltliche Kritik, sondern die Wortwahl. Westerwelle hat von "geistigem Sozialismus" gesprochen, was für einen Vizekanzler schon ziemlich harte Polemik ist - zu hart, wie viele Kommentare und Leserbriefe finden. Sowas kommt normalerweise von den Generalsekretären oder dem politischen Nachwuchs.
Spock: ►"Genau, denn wenn er nur die obersten 10% anspricht, bekommt er sicher auch 15% der Wählerstimmen. Ist schon sehr clever, dieser Westerwelle."◄
Das muss sich ja nicht widersprechen. Die 15% waren ein Zwischenhoch pünktlich zur Wahl, weil die FDP sich erfolgreich als (nicht-linker) Kritiker der bisherigen Regierung positioniert hat. Jetzt, wo das (vermeintliche) Klientelverhalten offensichtlich geworden ist, ist die FDP pünktlich zum neuen Jahr unter 10% gerutscht.
"Interessant auch in diesem Zusammenhang die gegenwärtige Debatte um Westerwelle, der doch wirklich und wahrhaftig verlangt, dass sich arbeiten mehr lohnen soll als nichts tun und Staatsgeld bekommen."
Ich denke inhaltlich sind sich da alle einig, das gilt auch für die Masse der SPD Wähler, die ja tatsächlich mit relativ harten Jobs ihr Leben sichern müssen.
Die Frage ist allerdings, ob man das durch ein Absenken der Sozialhilfe oder eine Erhöhung der Löhne erreicht (wobei es noch die Option gäbe, die Lohnnebenkosten in den unteren Gehaltsklassen zu senken). Ein weiteres Absenken der Sozialhilfe hat das BVG ja nun verboten. Dazu kommt noch, dass das definitiv noch schlimmere Folgen für die existierenden Kinder in diesen Schichten haben würde und deren Erfolgsaussichten auf ein Leben ohne Sozialhilfe erstmal nicht verbessern würden.
Das scheint aber der Ansatz zu sein, den Westerwelle fährt. Die Löhne weiter senken und das Ganze dann mit Steuergeldern kompensieren. Das kann aber nicht die Lösung der Probleme sein.
Zitat -------------------------------------------------------------------------------- Außerdem geht es Westerwelle gar nicht um die Mittelschicht, dem geht es einzig und allein um die obersten 10% der Gesellschaft --------------------------------------------------------------------------------
Genau, denn wenn er nur die obersten 10% anspricht, bekommt er sicher auch 15% der Wählerstimmen. Ist schon sehr clever, dieser Westerwelle.
Erstens gehen ja nicht alle in Deutschland lebenden Menschen zur Wahl und zweitens hat die FDP viele Leihstimmen von Unionswählern bekommen. Richtig ist aber auch, dass die FDP von vielen Menschen gewählt wurde, denen der erforderliche Überblick fehlt, um erkennen zu können, welche Ziele die FDP verfolgt. Steuersenkungen hört sich natürlich gut an. Dass in der Folge viele staatliche Leistungen gestrichen werden müssen, die der Bürger dann eben bei privaten Anbietern (und dort teurer) kaufen muss, übersehen die meisten. Man kann z.B. auch Bundesstraßen und Autobahnen privatisieren, dann muss man eben zahlen, wenn man auf diesen Straßen fahren will.
"Die einfachste surrealistische Tat besteht darin, mit Revolvern in den Fäusten auf die Straße zu gehen und blindlings, solange man kann, in die Menge zu schießen. Wer nicht einmal im Leben Lust gehabt hat, auf diese Weise mit dem derzeit bestehenden elenden Prinzip der Erniedrigung und Verdummung aufzuräumen - der gehört eindeutig selbst in diese Menge und hat den Wanst ständig in Schusshöhe." ~André Breton
Richtig ist aber auch, dass die FDP von vielen Menschen gewählt wurde, denen der erforderliche Überblick fehlt, um erkennen zu können, (...)
Wer wählt hat immer recht. Es ist legitim aus Sympathie, Aussehen, Tradition oder wahltaktischen Überlegungen zu wählen. In einer Demokratie müssen die oberen 10% (also die, die die Hälfte des Steueraufkommens erbringen) genauso angesprochen werden wie die unteren 10% (die das Geld der anderen verfrühstücken). Und wer wie wo den Durchblick hat bestimmst du Allerletzter.
Mit der politischen Bombe hatte Lexx einen guten Instinkt beim Formulieren dieses Themas.
Westerwelle scheint jedenfalls willens, das Thema Hartz IV und das ganze Gerüst unseres Sozialstaates in Frage zu stellen. Gabriel keift zurück, die CSU distanziert sich, etc. SPON hat nun jeden Tag einen Kontra-WW-Kommentar online, die Meinungsforscher nennen das sehr unklug.
Ich bin jedenfalls gespannt, wie es weitergeht. Westerwelle ist sicher nicht der große stille Stratege wie Merkel und hat sich u.U. zu etwas hinreißen lassen. Der Ausgang ist aber für mich längst nicht klar. In Deutschland war es schon oft so: Worüber die Volksparteien und die Medien heute entsetzt hyperventilieren, ist zumindest übermorgen politisches Tagesgeschäft (Man denke nur an die zaghaften Beginne der überfälligen Integrationsdebatte Ende der 90er).
Kann natürlich dennoch sein, dass der Initiator der Debatte samt Partei die politischen Früchte nicht ernten darf.
Interessant wäre zu wissen, ob Westerwelle denjenigen, die arbeitend nahe am Hartz IV Limit verdienen, eher aus der Seele spricht, oder ob er dort Ängste erzeugt, weil man ja irgendwann die Seiten wechseln könnte. Ich denke, die meisten Leute sehen, dass eigentlich genug Arbeit da ist, und keiner will verstehen, warum Leute über lange Zeit von Staats wegen unterhalten werden, während diese Arbeit liegen bleibt.
Zitat Ich denke, die meisten Leute sehen, dass eigentlich genug Arbeit da ist, und keiner will verstehen, warum Leute über lange Zeit von Staats wegen unterhalten werden, während diese Arbeit liegen bleibt.
Es verstehen immer mehr Leute, dass die Lobby der Anbieter von Weiter"bildung", Bewerbungstraining, Zwangsmaßnahmen&Co (u.a. auch Gewerkschaften) stark genug ist, um da Veränderungen zu verhindern. Aber auch gemeinnützige Einrichtungen leben durch die Arbeitslosen, die man ihnen zuweist.
Schade auch, dass es nicht mehr die DDR gibt, die immer sehr darauf bedacht war, den Schein von Vollbeschäftigung und ausgereizter Produktion zu wahren. Da hätten wir Westerwelle und andere Vollbeschäftigungsträumer hinschicken können.
Eine Gesellschaft hat immer Arbeiten, für die sich keiner findet und auf der anderen Seite Leute, für die es keine Arbeitsplätze gibt. Ein zwangsweises Reinpressen ist nur teuer aber meist nutzlos - egal, ob man den überflüssigen Bäcker zum Architekten machen will oder den Arzt zum LKW-Fahrer. Da macht es mehr Sinn, würde man beiden die Existenz sichern und sie frei hier und dort in ihrem Beruf ein wenig arbeiten lassen bzw. ihnen beim Umorientieren mehr Freiheit zu lassen.
Ich habe den "Welt" Artikel von dem emerierten Professor gelesen.
Zu diesem Thema gibt es keine "richtigen" und "falschen" Meinungen.
Als Tatsache kann man registrieren, dass die Welfare Ausgaben 1996 am Explodieren waren, und Clinton mit dem damals republikansichen Kongress -Gingrich war speaker- ein Gesetz mit dem fuenf Jahreslimit durchgebracht und unterschrieben hat.
Der Erfolg war dramatisch. Er war genau so, wie der Professor das beschreibt. Colorado hat heute sogar Schwierigkeiten, die immer noch sehr generoesen federal Block Grants an den Mann/Frau/Kind zu bringen.
-Genauer: ein Staat, der in seinen welfare Regulierungen die fuenf Jahre Limit Klausel nicht beruecksichtigt, bekommt keine Federal Block Grants fuer welfare, das heisst sie muessten ihre welfare Ausgaben auf Staatsebene finanzieren-
Dass Bill und Newt, zwei die weltanschaunngsweise vermutlich auf verschiedenen Planeten geboren sind, kooperiert haben, zeigt, wie brennend das Problem war, das spielend das Bundesbudget haette auffressen koennen.
Zitat von Ng[quote]Da macht es mehr Sinn, würde man beiden die Existenz sichern und sie frei hier und dort in ihrem Beruf ein wenig arbeiten lassen bzw. ihnen beim Umorientieren mehr Freiheit zu lassen.
Ich wäre mal gespannt auf den Vorschlag, wie man das denn wohl anstellen würde: "in ihrem Beruf ein wenig arbeiten lassen".
Dabei will ich gar nicht auf die genannten beiden, haarsträubenden Beispiele eingehen, sondern mich an ganz normalen Fällen orientieren: durch Pleite seines Betriebes arbeitslos gewordener Arbeiter. Wo, bitte schön, könnte man einem vormals beim Quelle-Versand Beschäftigten "die Existenz sichern" und darüberhinaus verordnen, ihn "in seinem Beruf ein wenig arbeiten zu lassen"?
Hierzu ein Weg, der gerne genommen wird: Man läßt sich in der Tat vom Staat (heißt: vom arbeitenden Steuerzahler) "die Existenz sichern" und peppt diese dann mit "ein wenig" Schwarzarbeit (in seinem Beruf oder auch sonstwie) zufriedenstellend auf. Allerdings weiß ich nicht, ob das so unbedingt zielführend ist...
Dewo, ich kann nur davor warnen, sich auf solche Hamsterdiskussionen einzulassen.
Richtig ist, dass in Deutschland eine wahre AL-Vermittlerindustrie entstanden ist, wo u.a. die Gewerkschaften stark mitmischen. Ebenso richtig ist, dass durch diese Industrie kaum Leute Arbeit bekommen (was aber nichts macht, solange eben die Vermittlerbranche boomt).
Natürlich ist die Schlussfolgerung falsch, man sollte die Leute doch alimentieren und selber 'suchen' oder 'umorientieren' lassen, solange sie es wollen.