Die Meldung ist knapp: Das BVG urteilt: Die Hartz-IV-Regelsätze sind verfassungswidrig! Ab dem 01.01.2011 müssen neue Berechnungsgrundlagen her.
Das könnte eine politische Bombe werden.
Schließlich ist keine Reform dieses Jahrtausends umstrittener als die Hartz-Reformen. Es könnte das endgültige Aus für die Steuersenkungspläne der Regierung sein, denn Hartz-IV-Bezieher können jetzt "in Ausnahmefällen" besonderen Bedarf geltend machen. Zudem werden die Zuwendungen an Kinder, die Auslöser für die ursprüngliche Klage waren, steigen müssen. Denn der prozentuale Abschlag von 20 bzw. 40% wird laut bereits früheren Urteilen dem erhöhten Bedarf etwa an Kleidung und Bildungsausgaben, den Kinder und Jugendliche haben, nicht gerecht.
Ich habe die Meldungen nur kurz überflogen, aber der Tenor war (für mich) dass nicht die Höhe der regelsätze angezweifelt wurde sondern das Berechnungsverfahren als nicht verfasungsgemäß weil nicht transparent.
Es ist also noch garnicht ausgemacht wie sich eine Neuberechnung auf die Sätze auswirken wird.
Ich habe vor ein paar Wochen einige (Arbeits-)Tage in den neuen Ländern verbracht und wiederholt festgestellt, dass die Lebenhaltungskosten dort substantiell niedriger sind als bei uns hier. Ich vermute, dass regionale Unterschiede in die Berechnung mit einfließen werden, so dass auch - so sich unsere Politiker trauen - auch regional weniger HIV fließen könnte.
Schönen Tag WRL
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)
Tja wie evaluiert man Bedürftigkeit korrekt, angemessen, individuell, sozial gerecht und transparent? Das BVG setzt sich wiedermal aufs goldene Pferd und reitet über den Wolken dahin. Schon jetzt ist die ganze Hartz Geschichte eine riesige Klagemaschinerie. Die Forderung nach perfekter Bedarfsermittlung wird diese Maschinerie weiter befeuern, alles mit den Geldern der Steuerzahler.
Immer wenn ich über Hartz4 lese frage ich mich, wo die Lobby ist für die Leute, die knapp über den Sätzen verdienen. Die gehen den Tag über schaffen und können die Kleidung ihrer Kinder oder die Miete nicht bedarfsgerecht abrechnen. Statt sich für diese Klientel mal stark zu machen kümmert sich die Linke zuvorderst um die Faulen und die Kranken.
Nach einem zweiten querlesen stelle ich fest, dass da wohl doch Mehrausgaben auf uns zukommen - zumindest die Kindersätze werden auch in der Höhe angezweifelt.
DP: Die Menschen, die knapp über den Sätzen verdienen will man ja mit Mindstlöhnen auch noch die letzten Arbeitsplätze verunmöglichen...
Schönen Tag WRL
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)
WRL: ►"Nach einem zweiten querlesen stelle ich fest, dass da wohl doch Mehrausgaben auf uns zukommen - zumindest die Kindersätze werden auch in der Höhe angezweifelt."◄
Stand so ähnlich auch in meinem Eingangsbeitrag ;)
DP: Die "Klagemaschine" ist aber nicht wegen der Höhe der Beiträge eine Klagemaschine, sondern wegen der Bedingungen, unter denen sie gezahlt werden. Und die ändern sich nicht dadurch, dass die Sätze neu ermittelt werden. Es gibt bereits jetzt eine Einteilung, wieviel von dem Satz wofür gedacht ist. Das waren ja Sarrazins berühmte 1,xx € pro Tag fürs Essen. Qualitativ wird sich an Hartz IV also garnichts ändern. Vielleicht bleibt der Regelsatz am Ende sogar unverändert, nur für Kinder springt mehr raus.
Im Moment dagegen bietet das Urteil natürlich Anlass zu Klagen. Vor allem aber ist es ein gefundenes Fressen für Opposition und Kritiker der Reform und der Regierung.
Nachtrag: "Auch Familienministerin Kristina Köhler betonte: "Das Urteil hat nicht gesagt, dass die Sätze erhöht werden müssen." Die Politik sei aufgefordert, die Bedürfnisse von Kindern genau zu untersuchen. Die Diskussion um das Existenzminimum dürfe sich aber nicht auf Hartz-IV-Empfänger beschränken. "Wir müssen auch die Familien im Blick behalten, die ihr Einkommen und ihr Existenzminimum Monat für Monat ohne staatliche Leistungen erwirtschaften", sagte die CDU-Politikerin." http://www.tagesschau.de/inland/hartzvierurteil104.html
Die CDU behauptet zumindest, diejenigen knapp über Hartz IV nicht zu vergessen.
Zitat Immer wenn ich über Hartz4 lese frage ich mich, wo die Lobby ist für die Leute, die knapp über den Sätzen verdienen. Die gehen den Tag über schaffen und können die Kleidung ihrer Kinder oder die Miete nicht bedarfsgerecht abrechnen. Statt sich für diese Klientel mal stark zu machen kümmert sich die Linke zuvorderst um die Faulen und die Kranken.
Die haben immerhin mehr als Hartz-4. Ganz besonders beschissen dran sind doch die Vollzeitkräfte, die unter den Sätzen verdienen und Hartz-4 dazu bekommen. Die dürfen sich trotz Vollzeitarbeit auch noch als Faule bezeichnen lassen.
Der Kernpunkt ist, dass die bisherigen Sätze nicht durch Bedarfsermittlung, sondern nur durch pauschale Prozente der Erwachsenenbeträge zustandegekommen sind.
Da werden in den Medien nun Dinge diskutiert, ob ein Kind seine Schultasche vom Amt bezahlt bekommen muss. Mal abgesehen vom Verwaltungsmonster, das dann für Millionen Menschen immer mehr über Dinge des täglichen Bedarfs entscheidet. Sowas führt doch zur grotesken Situation, dass das Kind von Kleinverdienern (selbstverständlich) mit der gebrauchten Schultasche vom Flohmarkt oder von Bekannten loszieht und das Hartz-IV Kind das neueste Modell auf Bezugsschein kriegt..
Diese Entwicklung, dass das tägliche Leben immerhin mündiger Bürger von vorne bis hinten von Behörden verwaltet wird, kann nicht gut sein. Ich kann mir auch nicht denken, dass das BVG derartiges im Sinn hatte.
Am gleichen Tag wie das Urteil veröffentlichte die "Welt" einen Essay von dem mittlerweile emeritierten Prof. Gunnar Heinsohn, einem ehemaligen 68er mit (sonst bei denen) seltenem Durchblick.
Diese Gedankengänge sind so offensichtlich, daß einen die bisherige Folgenlosigkeit wundert. Oder auch nicht, da letztlich die meisten "Versorger" unseres Sozialstaates sehr gut in ihrer Rolle leben können.
[uV]Ephraim Kishon: "Für mich ist Rassismus eine unverzeihliche Sünde, und dazu gehört auch der Haß auf die eigene Rasse."
Imam von Izmir 1999 (von wegen 'der Islam gehört zu Deutschland'): "Dank eurer demokratischen Gesetze werden wir euch überwältigen, dank eurer religiösen Gesetze werden wir euch beherrschen."
Dr. Gottfried Curio, AfD 2017: „Wenn der Ausreisepflichtige nicht ausreist, braucht der Steuerpflichtige auch keine Steuern zu zahlen“
Treffende Ausführungen zu meiner These, dass eine Gesellschaft, die Armut finanziert, noch mehr Armut ernten wird.
Der einzige deutsche Politiker, der das derzeit zu begreifen scheint, ist Westerwelle. Und er bezieht prompt Prügel von allen, die vom Armutsapparat prächtig leben. Von den Gewerkschaften angefangen bis in die CDU/CSU.
Wo, beeindruckende Analyse, auch wenn die Bewertungen teilweise seeehr plakativ sind (Der Rückgang der Zahl der Sozialhilfeempfänger wird als Erfolg verbucht. Ich sehe das als eine zwangsläufige Folge, wenn man den Kreis der Berechtigten einschränkt).
Mir fehlt beim Vergleich Deutschlands mit den USA aber ein wenig die Untersuchung auf Unterschiede. Die USA haben z.b. eine doppelt so hohe Geburtenrate, können also ohne weiteres auf einen Teil des Nachwuchses verzichten und kennen das Problem der Überalterung nicht. Wir haben dagegen fast 60% mehr Rentner und 32% weniger Kinder.
Bei der "richtigen" Einwanderungspolitik stimme ich dem Essay voll zu, aber wie steht es da mit der Freizügigkeit innerhalb der EU? Deutschland wird sich kaum so abschotten können wie Australien oder Kanada.
In den USA ist es üblich, dass die Wohlhabenden etwas spenden. Das ersetzt soweit es mir gesagt wurde einen Teil des hiesigen Sozialstaates. Bei uns werden die meisten Ehrenämter aber von der Mittel- und Unterschicht getragen und ansonsten macht sich eine Kultur des gegenseitigen Argwohns breit. So jemand wie Theo Müller spendet dann allenfalls für die NPD was.
Daher frage ich mich, inwieweit die Auswirkungen in den USA auf Deutschland übertragbar wären.
Aber diese 5 Jahre Regel liess sich nur durchhalten, weil die USA Ende der 90er bis vor zwei Jahren ein unglaubliches Wachstum hatten und tatsächlich jeder, der einen Job wollte, auch einen bekam. Wenn ich das richtig sehe, wird diese 5-Jahre Regel in den USA aber jetzt zunehmend gekippt, weil Jobs derzeit schlicht nicht vorhanden sind und die Verelendung nicht mehr hinnehmbar ist.
Man kann sowas also nur machen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen und derzeit sehe ich das bei uns eher nicht. Man hätte das vielleicht vor zwei Jahren machen können. Aber von den Beschäftigungsraten der USA waren wir immer weit entfernt.
Übrigends ist die unterschiedliche Geburtenrate kein Argument. Kinder, die in Hartz4 reingeboren werden und da nicht rauskommen, helfen bei der Lösung der demographischen Problem so gar nicht.
Kater: "Kinder, die in Hartz4 reingeboren werden und da nicht rauskommen, helfen bei der Lösung der demographischen Problem so gar nicht."
Teilweise schon. Zum Beispiel verhindern sie, dass Schulen wegen Schülermangel geschlossen werden und die Kinder weiter fahren müssen. Ggf. sorgen sie für den Erhalt des ein- oder anderen Ladens, der sich sonst nicht mehr rentieren würde. Davon haben andere Einwohner auch was. Wenn man nur auf das Geld guckt, dann sind sämtliche Hartz-IV-Bezieher natürlich überflüssiger Ballast.
Zitat von ErichFAm gleichen Tag wie das Urteil veröffentlichte die "Welt" einen Essay von dem mittlerweile emeritierten Prof. Gunnar Heinsohn, einem ehemaligen 68er mit (sonst bei denen) seltenem Durchblick. http://www.welt.de/die-welt/debatte/arti...t-vermehrt.html Diese Gedankengänge sind so offensichtlich, daß einen die bisherige Folgenlosigkeit wundert. Oder auch nicht, da letztlich die meisten "Versorger" unseres Sozialstaates sehr gut in ihrer Rolle leben können.
Dass so ein Schmarrn von einem emeritierten Professor kommt sollte noch mehr wundern als ausbleibende Folgenlosigkeit eines fehlenden amerikanischen Gesetzes in Deutschland. "Die Zahl der von Sozialhilfe lebenden Kinder unter 14 Jahren explodiert in Deutschland zwischen 1965 und 2009 von 120 000 auf fast zwei Millionen im April 2009." Tatsächlich? Und dass das damit zu tun haben könnte, dass seit ein paar Jahren zur Sozialhilfe des Jahres 1965 nun weite Teile der Arbeitslosigkeit zu einer gebündelten Hilfe unter dem Namen Hartz IV kommen ist Professor Heinsohn nicht in den Sinn gekommen? Würde man zu Hartz IV noch sämtliche Arbeitslosen, Hausfrauen und Beamte hinzuzählen gabe es eine Menge weiterer Explosionen dieser Zahl. Aber noch besser fand ich:
"Nur wenigen entsteht durch Clintons Reform ein Schaden. Viele aber gewinnen. Die Bürger dürfen mehr von ihrem Verdienst behalten. Ihre Angst vor Kriminalität weicht. Bildungsferne Jungen, die über Gewalt nach oben streben, werden kaum noch gezeugt. Eine bedauernswerte, weil hoffnungslose Jugend wächst schlicht nicht mehr heran. Ungeborene können niemandem einen Baseballschläger über den Kopf ziehen, aber sie können auch von niemandem erniedrigt oder beleidigt werden. Vor allem die schlechter verdienenden Minderheiten können aufatmen. Ihre Gettos brennen nicht mehr."
Und das alles nur durch eine Gesetzesnovelle über die Alimentierung alleinerziehender Eltern.