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Dieses Thema hat 48 Antworten
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Lexx Offline



Beiträge: 3.730

14.02.2011 22:27
Schulden der Kommunen - sterben die Inenstädte aus? Antworten

Die Haushaltslöcher der deutschen Kommunen sind 2010 auf ein Rekorddefizit von 9,8 Mrd. € gestiegen.
Inzwischen wird nicht nur über den weiteren Verkauf von Eigentum (sofern möglich), sondern auch über weitere Einsparungen bei Kultur und Sport nachgedacht, etwa die Schließung von Museen.
http://www.n24.de/news/newsitem_6661214.html

Die große Frage ist: Warum?

Woher kommen die großen Haushaltslöcher?
Sind es die Sozialausgaben, die die Städte und Gemeinden mit 42. Mrd. € belasten?
Sind es Kürzungen bei der Gewerbesteuer?
Oder wurde einfach schlecht gewirtschaftet?

Und welche Auswirkungen hat das Ganze auf die Städte (Stichwort: Landflucht)?

DP Offline



Beiträge: 5.248

15.02.2011 07:42
#2 RE: Schulden der Kommunen - sterben die Inenstädte aus? Antworten

Tja steht doch gross da im Text; die Sozialausgaben steigen kontinuierlich, die Einnahmen stagnieren, was somit in der simplen Feststellung mündet: Die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben ist 2010 auf ein Rekorddefizit von 9,8 Milliarden Euro gestiegen.

Schon der restliche Text vom n24 Beitrag ist bezeichnend; Länder und Kommunen hängen am Gängelband des Bundes und um die Höhe der Einnahmen und Ausgaben wird geschachert wie auf dem Pferdemarkt. Statt dass man einfach sagt; ab heute darf jede Kommune ihre Steuern, Abgaben und Sozialausgaben selber festlegen. Wie in der Schweiz, da hat keine Stadt Schulden.

ng Offline



Beiträge: 2.614

15.02.2011 16:48
#3 RE: Schulden der Kommunen - sterben die Inenstädte aus? Antworten

Wer bestellt, soll auch bezahlen.

Das gilt aber auch für den Bürger!

Kater Offline



Beiträge: 1.208

15.02.2011 17:35
#4 RE: Schulden der Kommunen - sterben die Inenstädte aus? Antworten

Das witzige ist ja, dass es durchaus Städte und Gemeinden gibt, die mit dem Geld auskommen.

Und für das Gehalt eines Bürgermeisters würden qualifizierte Leute sich den Job nicht antun.

Mit mehr Geld würden die auch nicht besser wirtschaften. Alles, was ich aus kommunalpolitischer Sicht direkt sehe, spricht sehr dafür, dass man den Leuten auf der Ebene schlicht kein Geld in die Hand geben darf.

Gruss
Kater

Lexx Offline



Beiträge: 3.730

18.02.2011 15:19
#5 RE: Schulden der Kommunen - sterben die Inenstädte aus? Antworten

Das Witzige ist aber auch, dass die Haupteinnahmequellen der Städte enormen Schwankungen unterliegen.
So hatte Wuppertal im letzten Jahr mit 20% weniger Erwerbssteuer zu kämpfen und gleichzeitig mit geringeren Schlüsselzuweisungen.

Da bricht dann durchaus mal 1/4 des gesamten Etats weg - wesentlich mehr als auf Landes- oder Bundesebene.
Ein weiteres Problem ist, dass sich wirtschaftlicher Abstieg selbst verstärkt. Die Stadt, die wirtschaftlich schwach ist, wird weniger attraktiv für die Einwohner. D. h. sie wird insbesondere diejenigen mit hohem Einkommen und hohen Ansprüchen verlieren oder zumindest einen Teil ihrer Kaufkraft. Gleichzeitig sinken die Mieten im Vergleich zu attraktiveren Nachbarn, was die sozial Schwachen in der Stadt hält. Die wiederum belasten die Stadtkasse mit Sozialleistungen, wodurch die Finanzkraft der Stadt weiter geschwächt wird.

Das ist ein Teufelskreis, aus dem die Kommune ohne fremde Hilfe nicht mehr herauskommt.

Spock Offline



Beiträge: 2.377

18.02.2011 21:35
#6 RE: Schulden der Kommunen - sterben die Inenstädte aus? Antworten

Lexx, es gibt Leute in selbständigen Berufen, deren Einkommen ist extremen saisonalen oder gar zufälligen Schwankungen ausgesetzt. Das sind zum Teil recht einfache bodenständige Leute ohne VWL-Studium. Die bilden einfach RÜcklagen aus der guten Zeit. Ich habe da überhaupt kein Verständnis für irgendwelche Jammertouren.

Die bundesdeutschen Kommunen haben in den 90er Jahren noch so gewirtschaftet, als hätten sie die Einnahmen der 60er und 70er und fette Schuldenberge angehäuft. Da gibt es für mich keine Entschuldigung. Mal abgesehen davon, dass sie ja eigene noch so kleine Gestaltungsspielräume bei den Steuern offenbar gar nicht haben wollen. Jammern und die Hand aufhalten ist wohl leichter, als seinen Wählern die Ausgaben zu verantworten und zu erklären.

Lexx Offline



Beiträge: 3.730

21.02.2011 15:00
#7 RE: Schulden der Kommunen - sterben die Inenstädte aus? Antworten

Spock:
Und wie helfen irgendwelche Schuldzuweisungen in der jetzigen Situation weiter?
Genau!

"Ihr seid doch selbst schuld" ist ein so einfaches wie billiges Argument.
Genausogut kann man auch den Soli für den Schuldenstand verantwortlich machen. Schließlich mussten die Weststädte den Aufbau der Ostkommunen auf Pump finanzieren und kranken jetzt an den Zinsen dafür.

Dass Wuppertals CDU-geführte Regierung nach Hilfe von außen ruft, kommt nicht von ungefähr - die Stadt ist am Ende!
Sie nimmt weniger Geld ein, als sie an Pflichtausgaben (= nicht wegsparbar) hat.
Die großen Besitzstände (Stadtwerke usw.) wurden samt und sonders bereits verkauft.
Und wenn man noch die letzten freiwilligen Leistungen streicht, dann verliert die Stadt ihre potenten Einwohner, die zur Zeit aufwändig in den Grüngürteln angesiedelt werden.
Dafür können weder die jetzigen Einwohner noch die Stadtverwaltung etwas.

Bei vielen anderen Städten kommt noch das Cross-Border-Leasing hinzu, das sich in der Finanzkrise oft genug als Verlustgeschäft herausgestellt hat. Und natürlich die Stadtflucht.

Spock Offline



Beiträge: 2.377

21.02.2011 23:10
#8 RE: Schulden der Kommunen - sterben die Inenstädte aus? Antworten

Zitat
Bei vielen anderen Städten kommt noch das Cross-Border-Leasing hinzu, das sich in der Finanzkrise oft genug als Verlustgeschäft herausgestellt hat. Und natürlich die Stadtflucht.

Ja, warum haben die diesen Mist überhaupt gemacht? In Frankfurt sind sie damit nicht durchgekommen, die U-Bahn auf diese Weise zu verhökern. Und die Stadt hat massiven Bevölkerungszuwachs, es ist attraktiv, hier zu leben. Da muss man eben was für tun und das Geld richtig ausgeben.

Ich weiß selber, dass das in strukturschwachen Regionen leichter gesagt als getan ist. Aber sich den Realitäten stellen und eventuell auch maßvoll zurückzubauen, so wie das in ostdeutschen Städten Gang und Gäbe ist, wäre sicher besser als rumzujammern. Bei der wirtschaftlichen und demografischen Entwicklung, die wir gegenwärtig sehen, wird eben nicht jede Stadt zu halten sein, auch nicht im Westen.

Lexx Offline



Beiträge: 3.730

21.02.2011 23:41
#9 RE: Schulden der Kommunen - sterben die Inenstädte aus? Antworten

"Wird nicht jede Stadt zu halten sein" ist vielleicht als Existenzsatz nicht zu widerlegen, aber in der aktuellen Diskussion meiner Meinung nach mehr als unangebracht.

Ich will mich jetzt nicht auf mein Fallbeispiel verbeißen, aber es klingt schon nach Hohn, wenn man jahrzehntelang die Fördergelder an einer Region vorbei leitet und ihr dann anschließend sagt "Pech gehabt" - zumal die größten Haushaltsposten der Stadt garnicht ihrer eigenen Kontrolle unterliegen.

Meiner Meinung nach liegen hier mehrere Systemfehler vor.
Der erste ist der Aufbau Ost. Warum müssen heute noch Städte wie Dortmund und Gelsenkirchen für Städte wie Dresden oder Chemnitz zahlen, obwohl deren wirtschaftliche Lage besser ist?
Der zweite ist die Verteilung der Fördermittel. Auch hier werden Regionen einfach übersehen, die dann teilweise gegen die geförderten Städte keine Chance haben.
Der dritte ist die Kostenverlagerung von Bund/Ländern auf die Kommunen. Während die ersten beiden Punkte vor allem die Verteilung des Geldes und damit Ungleichheit fördern, liegt hier m. E. eine der Ursachen, warum der GESAMTSTAND der Schulden ALLER Städte jetzt auf Rekordniveau liegt.

Das lässt sich mit schlechtem Wirtschaften nicht erklären, auch wenn deine Frage berechtigt ist.
Was das Cross-Border-Leasing angeht, frage auch ich mich, warum das damals gemacht wurde. Als Bürgermeister würde ich jedenfalls keinem 1000-seitigen Vertrag zustimmen, der von amerikanischen Finanzhaien auf englisch verfasst wurde.
Aber anscheinend war der (gefühlte) Kostendruck der Städte so groß, dass man sich zu diesem Schritt entschlossen hat.
Das war sicher leichtfertig, aber wohl eher Symptom und nicht Ursache der Finanzprobleme.

Spock Offline



Beiträge: 2.377

22.02.2011 08:06
#10 RE: Schulden der Kommunen - sterben die Inenstädte aus? Antworten

Zitat
Der erste ist der Aufbau Ost. Warum müssen heute noch Städte wie Dortmund und Gelsenkirchen für Städte wie Dresden oder Chemnitz zahlen, obwohl deren wirtschaftliche Lage besser ist?

Eine Neiddebatte wird da auch nicht weiterhelfen. Zumal ich sehr stark bezweifle, dass die wirtschaftliche Lage von Chemnitz besser ist als die von Dortmund. Die Ostkommunen sind durchaus pragmatisch und haben sich kein Anspruchsdenken in mehreren fetten Jahrzehnten angefressen. Für die gab es nie fette Jahre, sondern es ging, bis auf Ausnahmen wie Jena, immer nur abwärts.

Welcher Geist da in den Rathäusern herrscht, zeigt sich am Loveparade Skandal in Duisburg. Da wurde die - folgenlose - Inkompetenz nur mal richtig sichtbar, weil deswegen 20 Leute sterben mussten. Und welche Pleitestadt aus NRW war das noch, die das Stadtsäckel in hochspekulativen Optionsgeschäften verzockte?

Dann schreibst du immer von Fördermitteln. Das Wort kann ich bald nicht mehr hören. Wie wäre es denn, wenn zur Abwechslung jeder wieder selber seine Projekte finanziert und die Bürger abstimmen lässt, was sie haben wollen und was nicht? Dann müssten die Kommunen aber auch selbst Steuern erheben, wogegen sie sich ja wehren.

Zitat
Der dritte ist die Kostenverlagerung von Bund/Ländern auf die Kommunen. Während die ersten beiden Punkte vor allem die Verteilung des Geldes und damit Ungleichheit fördern, liegt hier m. E. eine der Ursachen, warum der GESAMTSTAND der Schulden ALLER Städte jetzt auf Rekordniveau liegt.

Hier müsste man mal gucken, welche Kosten da verlagert wurden. Wenn es kommunale Belange sind, finde ich das durchaus richtig.

Zusammengefasst ist unser System mit den fetten Fördertöpfen das von vorgestern mit hohen Wachstumsraten und Einnahmen. Es muss durch ein eigenverantwortliches System auf kommunaler Ebene ersetzt werden.

Kater Offline



Beiträge: 1.208

22.02.2011 11:06
#11 RE: Schulden der Kommunen - sterben die Inenstädte aus? Antworten

Zitat von Lexx

Was das Cross-Border-Leasing angeht, frage auch ich mich, warum das damals gemacht wurde. Als Bürgermeister würde ich jedenfalls keinem 1000-seitigen Vertrag zustimmen, der von amerikanischen Finanzhaien auf englisch verfasst wurde.



Tja, das ist genau, was ich meine. Dem Personal auf diesen Ebenen darf man einfach kein Geld oder Verantwortung in die Hand geben. Das sind Verwaltungsleute, die plötzlich Verantwortung bekommen, damit aber heillos überfordert sind.

Gruss
Kater

Steffen Huber Offline



Beiträge: 194

25.02.2011 14:57
#12 RE: Schulden der Kommunen - sterben die Inenstädte aus? Antworten

Zitat von Spock
Die Ostkommunen sind durchaus pragmatisch und haben sich kein Anspruchsdenken in mehreren fetten Jahrzehnten angefressen. Für die gab es nie fette Jahre, sondern es ging, bis auf Ausnahmen wie Jena, immer nur abwärts.



Wenn ich mich recht erinnere, war die Anzahl der Beschäftigten im ÖD in den Ostbundesländer immer auf einem deutlich höheren Niveau als in den Westländern. So ganz bescheiden hat man dort also nicht gelebt.

Tatsächlich halte ich die Überverwaltung für das größte Problem der Kommunen. Da wird im Detail so viel geregelt, und das muss dann verwaltet und kontrolliert und nachgeregelt werden. Und die Verwaltung verwaltet sich selbst, und braucht schließlich noch mehr Personal.

Die öffentlich Verwaltung ist denn auch doppelt schädlich: einmal, weil sie direkt Geld kostet. Aber auch, weil sie zusätzlich andere am Geld verdienen hindert.

ErichF Offline




Beiträge: 3.111

25.02.2011 15:48
#13 RE: Schulden der Kommunen - sterben die Inenstädte aus? Antworten

Das kann ich ein einem eigenen jüngsten Fall bestätigen.
In meinem Haus habe ich eine Ölheizung mit innenliegendem Tank, d.h. eine Batterie im Keller, die alle 5 Jahre von einem Sachverständigen überprüft werden muß, weil wir im Wassereinzugsgebiet liegen. Vor ein paar Tagen ein dickerer Brief vom zuständigen Kreisamt mit dieser Aufforderung, einer Liste in der Nähe liegender SV und einen vorgekauten Brief an einen von mir zu bestimmenden SV (Adresse von mir einsetzen) und einem weiteren vorformulierten Schreiben an den Absender, in dem er die Kopie meines Auftrags einforderte. Dann der Hinweis, das Ende der Arbeiten (und wohl die Aufforderung an den SV) über das Prüfergebnis schriftlich zu bestätigen (ohne Vordruck).

Alles schön und gut. Aber der Aufwand ist weit über dem Notwendigen; dem Finanzamt genügt ein Computerbrief, in dem sie mich auf die nächste ESt-Vorauszahlung hinweisen, weil sie so scharf auf die rechtzeitige Zahlung sind, so etwas hätte hier auch genügt, die Vordrucke (keine Computerbriefe) hätten die sich ruhig schenken können.
Das ist Arbeitsbeschaffungsprogramm, ich bin sicher, unsere Behörden sind heilfroh über Brüssel, dadurch geht denen die Arbeit nicht mehr aus.

[uV]Ephraim Kishon:
"Für mich ist Rassismus eine unverzeihliche Sünde, und dazu gehört auch der Haß auf die eigene Rasse."

Imam von Izmir 1999 (von wegen 'der Islam gehört zu Deutschland'):
"Dank eurer demokratischen Gesetze werden wir euch überwältigen, dank eurer religiösen Gesetze werden wir euch beherrschen."

Dr. Gottfried Curio, AfD 2017:
„Wenn der Ausreisepflichtige nicht ausreist, braucht der Steuerpflichtige auch keine Steuern zu zahlen“

[/u]





Gruß
Erich

Lafo Offline



Beiträge: 437

26.02.2011 14:00
#14 RE: Schulden der Kommunen - sterben die Inenstädte aus? Antworten

Die Finanznot der Kommunen resultiert zu einem wesentlichen Teil aus Beschlüssen des Bundestages im Bereich Soziales, ob Kitas oder Hartz IV usw.
Bestellt in Berlin, bezahlt vor Ort.

DP Offline



Beiträge: 5.248

27.02.2011 05:12
#15 RE: Schulden der Kommunen - sterben die Inenstädte aus? Antworten

Zitat von Steffen Huber


Tatsächlich halte ich die Überverwaltung für das größte Problem der Kommunen. Da wird im Detail so viel geregelt, und das muss dann verwaltet und kontrolliert und nachgeregelt werden. Und die Verwaltung verwaltet sich selbst, und braucht schließlich noch mehr Personal.

Die öffentlich Verwaltung ist denn auch doppelt schädlich: einmal, weil sie direkt Geld kostet. Aber auch, weil sie zusätzlich andere am Geld verdienen hindert.



+ Weil sie das ja auch selbst wissen müssen sie dann aus purem Minderwertigkeitsgefühl heraus alles extra hoch offiziell aussehen lassen. Da reicht es nicht, dass sich die Verwaltungstusse meine Pläne mit den Details von meiner Gartenhecke anschaut, da muss eine ganze Baukommission zu tagen und statt zu sagehn ok oder nicht wird eine 3 seitige Empfehlung an den Stsdtrat geschickt, der dann auch wieder über meine Hecke berät und wieder Empfehlungen gibt. Ich dachte in meiner Naivität, reich das mal ein dann kannst du nächste Woche anfangen. Aber so eine offizielle Begutachtung dauert mindestens 4 Monate...

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