Der feste Leistungskatalog ist in Deutschland definitiv ein Problem. Pharmaunternehmen können für Krebsbehandlung mit Medikamenten Mondpreise im mittleren vierstelligen Bereich verlangen - weil die Kassen es ohne Kontrollmöglichkeit zahlen müssen. Die Entscheidung liegt beim Arzt und ist daher sehr anfällig für Lobbyismus. Allein bei den Krebsmedikamenten liegt das geschätzte Einsparpotential im Millarden-Bereich. Da es dort keine Konkurrenz gibt (entweder gibt es kein anderes zugelassenes Medikament oder der Hersteller sorgt dafür, dass die Ärzte seines verschreiben), funktioniert marktwirtschaftlicher Wettbewerb hier nicht.
Großes Einsparpotential sehen Experten außerdem beim Patientenverhalten. Weniger Arztbesuche!
Das skandinavische Modell mit der "leitenden Krankenschwester" klingt für mich auch nicht so schlecht.
Und zuletzt steckt großes Verschwendungspotential in der Tatsache, dass der Leistungsnehmer die Rechnung nicht zu Gesicht bekommt. Allein eine Umstellung auf das Prinzip der Ersatzkasse würde m. E. eine Menge Geld einsparen, weil die Versicherten 1. kontrollieren können, welche Leistungen ein Arzt in Rechnung stellt und 2. wahrnehmen, welche Kosten sie verursachen. (Bei anklingender Kritik: Ersatzkasse muss nicht heißen, dass der Patient auf jeden Fall die Summe erstmal vorstrecken muss)
"Allein eine Umstellung auf das Prinzip der Ersatzkasse würde m. E. eine Menge Geld einsparen, weil die Versicherten 1. kontrollieren können, welche Leistungen ein Arzt in Rechnung stellt und 2. wahrnehmen, welche Kosten sie verursachen."
Das ist jetzt keine Kritik: Die Ersatzkassen handhaben das genauso wie die AOK's - der Patient erfährt nichts (und eigentlich die Kasse auch nicht...)
Du musst schon das ganz böse Wort schreiben: "Privatversicherungen" - grusel - da bekommt der Patient eine Rechnung, wo jede GOÄ-Ziffer fein säuberlich aufgeführt ist, sogar mit Begleittext (yxz = eingehende Beratung, auch telefonisch)
Schönen Tag WRL
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)
Zitat von Lexx Großes Einsparpotential sehen Experten außerdem beim Patientenverhalten. Weniger Arztbesuche!
Und das will man nochmal wie durchsetzen? Ich habe für solche Weisheiten kein Verständnis. Wer für das Komplettpaket zahlt muss das auch abnutzen dürfen. Ich erwarte von niemandem abstraktes Sparverhalten. Und statt die Konsultationssteuer immer wieder rauf zu setzen würde ich auf ein Belohnungssystem setzen. Wer seine KV einen Monat nicht nutzt bekommt im Folgemonat 5% rückvergütet, wer sie 3 Monate nicht nutzt eine Monatsprämie von 10%, bei 6 Monaten 15 und bei 12 Monaten 25%.
"Großes Einsparpotential sehen Experten außerdem beim Patientenverhalten. Weniger Arztbesuche!"
Sehe ich so nicht. Es gibt in Deutschland schlicht zu viele Ärzte, und die sorgen dann dafür, dass sie auch beschäftigt bleiben.
Das gilt auch für die Offenlegung der Rechnung. Der zusätzliche Verwaltungsaufwand in den Kassen dürfte immens sein.
Wobei es hier natürlich auch ziemliche Blüten gibt. Ich habe mal versucht, die Kasse dazu zu bringen, eine Krankenhausleistung im nachhinein nicht zu bezahlen, weil ich sie für überflüssig, ja sogar gefährlich fand (und das auch belegen konnte). Aber die hatten da gar kein Interesse dran.
"Da es dort keine Konkurrenz gibt (entweder gibt es kein anderes zugelassenes Medikament oder der Hersteller sorgt dafür, dass die Ärzte seines verschreiben), funktioniert marktwirtschaftlicher Wettbewerb hier nicht." Das ist das entscheidende Problem bei der gesamten Gesundheitsindustrie. Der eine kampft um sein Leben und der andere kann ihn retten, will aber eine Summe X dafür. Wie soll da Wettbewerb funktionieren ?
WRL: ►"Du musst schon das ganz böse Wort schreiben: "Privatversicherungen" - grusel - da bekommt der Patient eine Rechnung, wo jede GOÄ-Ziffer fein säuberlich aufgeführt ist, sogar mit Begleittext (yxz = eingehende Beratung, auch telefonisch)"◄
Genau die meinte ich auch! Wenn ein Kassenpatient eine Rechnung bezahlen muss, ohne, dass er weiß, wie sie sich zusammen setzt, fände ich das schlicht eine Frechheit. Wer zahlen muss, sollte auch wissen, wofür.
Und wie gesagt: Es schafft eine Wahrnehmung. Ich weiß z. B., dass ein MRT 300-500 € kosten kann. Ich habe die Rechnung dafür gesehen.
DP: ►"Und das will man nochmal wie durchsetzen?"◄
Dazu habe ich in diesem Thread bereits einen Vorschlag gemacht bzw. gesagt, wo das Problem ist.
kater: ►"Sehe ich so nicht. Es gibt in Deutschland schlicht zu viele Ärzte, und die sorgen dann dafür, dass sie auch beschäftigt bleiben."◄
Das sehe ICH so nich. Kassenpatienten sollten zu einem Arzt am liebsten genau einmal im Quartal kommen, denn jeder Folgebesuch bringt denen kein Geld mehr. Die Ärzte haben also ein Interesse daran, Kassenpatienten möglichst NICHT wieder zu sehen. Bei Überweisungen oder im Krankenhaus mag das was Anderes sein.
►"Der zusätzliche Verwaltungsaufwand in den Kassen dürfte immens sein."◄
Betriebsprüfungen sind auch Verwaltungsaufwand, lohnen sich für das Finanzamt aber. Außerdem kann man die Rechnungsprüfung wie bei der PKV dem Patienten überlassen. Dann steigt der Aufwand für die Kasse überhaupt nicht.
Zitat Wenn ein Kassenpatient eine Rechnung bezahlen muss, ohne, dass er weiß, wie sie sich zusammen setzt, fände ich das schlicht eine Frechheit. Wer zahlen muss, sollte auch wissen, wofür.
Er muss sie ja gar nicht zahlen. Er kann sich den Hintern im Wartezimmer für jeden Schnupfen breitsitzen (wir Deutschen sind da Weltmeister) oder es auch bleiben lassen, es ändert nix an dem, was er dafür an monatlichen Beiträgen abführt.
Die "normalen" heißen AOK, alles andere sind Ersatzkassen.
Die Unterschiede liegen oft darin, dass sich die EK gewisse Berufsgruppen herausgesucht haben (Techniker KK, Firmen-KK etc.), vielleicht auch im früheren Unterschied zwischen Arbeiter und Angestellten (die zumindest früher mal bedeutendste EK war die DAK, die Deutsche Angestellten KK), aber teilweise in den Leistungen. So leistet(e??) zumindest die TKK mal ein kleines bißchen mehr als die meisten anderen EK's, akzeptierte z.B. modernere Verfahren und Heilpraktiker. Ob das heute noch so ist weiß ich nicht.
Bonna notte WRL
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)
Zitat Na klar. Jedesmal, wenn der Patient die Rechnung bemängelt, muss sich wer drum kümmern, ob das gerechtfertigt ist.
Ja, so ist das bei jedem Vorgang zwischen einem Leistungserbringer und Bezieher.Der Bezieher bekommt eine Rechnung und hat die Chance, sie mit der erbrachten Leistung abzugleichen.
Kater, du bist bei den Gesundheitsthemen in der Diskussion immer vorne mit dabei. Aber was du da wirklich willst, erschließt sich mir nicht. Außer altklugen Sprüchen gegen jeden denkbaren Ansatz kommt da nix, oder?
►"Ja, so ist das bei jedem Vorgang zwischen einem Leistungserbringer und Bezieher.Der Bezieher bekommt eine Rechnung und hat die Chance, sie mit der erbrachten Leistung abzugleichen."◄
Eben! Außerdem würde der Patient ja erstmal beim Arzt/Krankenhaus oder was auch immer nachfragen und erst die akzeptierte Rechnung an die Ersatzkasse schicken.
Die altklugen Sprüche sind meistens auf die diversen Versuche bezogen, die Probleme im Gesundheitssystem mit anderen Geldeintreibungsmethoden zu lösen. Ich halte das aber für ein absolut sekundäres Problem. Ob man das ganze Kopfpauschale mit sozialer Komponente nennt oder das derzeitige System nimmt, wo man die Beiträge gleich am Gehalt bemißt, spielt meiner Meinung nach keine entscheidende Rolle. Wobei man bei der Kopfpauschale mit Steuerzuschuss letztlich nur diesen unsäglich Zustand mit den privaten Besserverdienern und Beamten zu kompensieren sucht, die sich dann darüber am Sozialausgleich für die Kinderversicherung beteiligen sollen.
Und die ganze Spielerei an den Zusatzbeiträgen, die jetzt "endlich" Wettbewerb einführen sollen, sind ja nun der totale Quatsch, solange man den GKV nicht wirklich erlaubt, die Konditionen selbst auszuhandeln. Erst dann sind sie in der Lage, die Ausgaben zu steuern und entsprechend die Beiträge zu senken. Und das gilt auch für alle anderen Varianten, Wettbewerb rein über die Beiträge einzuführen.
Für mich würde eine wirklich sinnvolle Reform als erstes die PKV als Basisversicherung abschaffen. Ob man das dann als Kopfpauschale oder am Gehalt orientiert macht, ist mir dann schon wieder egal, wobei eine Kopfpauschale den Charme hätte, dass diese ganzen Sonderregelungen wie 430€ Jobs etc. wegfallen könnten. Da wird nämlich auch erhebliches Geld auf der Einnahmenseite nicht erhoben.
Dann würde ich die Kassenärztlichen Vereinigungen ersatzlos streichen. Das können die Kassen mit erledigen. Das würde zwar deren Verwaltungskosten erhöhen, aber denen auch die Möglichkeit geben, die Ausgaben zu überprüfen. Dafür braucht es dann gar keine Rechnung mehr, die können dann Plausibilitätsprüfungen machen. Nur haben die Versicherungen im Gegensatz zur KV ein echtes Interesse, schwarze Schafe bei den Ärzten zu finden.
Und dann würde ich den Versicherungen viel mehr freie Hand bei den Preisverhandlungen mit den Pharmafirmen, Ärzten und Krankenhäusern geben. Da die damit direkt ihren Beitragssatz beeinflussen können, würde da Effizienz und Leistung viel besser honoriert. Dann würde Wettbewerb über den beitragssatz Sinn machen.
Und dann würde ich drastisch mehr Transparenz ins System bringen. Alle Krankenhäuser müssen ihre Resultate veröffentlichen, alle Medikamententests müssen veröffentlicht werden usw. usf.
Zitat von Lexx►"Ja, so ist das bei jedem Vorgang zwischen einem Leistungserbringer und Bezieher.Der Bezieher bekommt eine Rechnung und hat die Chance, sie mit der erbrachten Leistung abzugleichen."◄ Eben! Außerdem würde der Patient ja erstmal beim Arzt/Krankenhaus oder was auch immer nachfragen und erst die akzeptierte Rechnung an die Ersatzkasse schicken.
Ja klar, und irgendwer kann dann monatelang dem Patienten hinterherlaufen, bis der die Rechnung freigegeben hat.
Na das sind doch mal Nägel mit Köpfen. Dieses komische PKV/GKV-System kann man von mir aus auch abschaffen. Mit etwas Geschick bekommt man sogar eine gute Übergangsregel für die PKV-Versicherten und auch die Versicherungsunternehmen hin.
Was du vorschlägst, ist ja nichts anderes als eine private Basis-Pflichtversicherung für jeden, zumindest wenn man es als Kopfpauschale aufzieht. Die Abschaffung der KÄV versteht sich von selbst.