Und Kosteneinsparungen von einem System zu verlangen, an dem verdient werden kann, wenn der Versicherte krank wird und mühsam geheilt werden muss anstatt zu verhindern, dass die Leute erst krank werden, ist naiv.
Da die medizinische Versorgung immer teurer wird bleibt mittelfristig ja nichts anderes übrig als entweder die Qualität derselben nach unten zu bringen (das will wohl niemand) oder die Finanzierung zu ändern, also z.B. gewisse Leistungen schlicht herauszunehmen oder die Selbstbeteiligung höher anzusetzen.
Ich würde gerne wissen, was diese Dinge kosten: - Arztbesuche plus Medikamente wegen einfacher Erkältungskrankheiten - monatliches Rezept für Dauermedikation (1)(Stellt der Arzt nur eine Rezeptgebühr in Rechnung oder ist das schon wieder ein Patient, für den es eine Pauschale gibt oder ist das eine "eingehende Untersuchung" o.ä.?) - Zahnbehandlung (nicht Zahnersatz) wegen schlechter Pflege - Hypochrondrie (2)
(1) Meine Exfrau benötigt ein Schilddrüsenpräparat, da muss sie jedes Quartal ein neues Rezept holen. Weil sie sonst aber nichts braucht ärgert sie sich natürlich über die Praxisgebühr. Ein Arztbesuch pro Jahr, bei dem dann auch die Wirksamkeit des Medikaments überprüft wird, wäre aus ihrer Sicht ausreichend (wann dies das letzte Mal gemacht worden ist, weiß ich nicht, aber sicherlich mehr als 2 Jahre her)
(2) Ich kenne jemand, der läuft seit seinem Ruhestand wöchentlich mindestens 2 x zum Arzt; er hat mehrere "Ärtzte seines Misstrauens", denn die meisten wollen ihn schon nicht mehr sehen, keineswegs öfter als 1 x innerhalb von 2 - 3 Wochen. Er verbringt seine Zeit mit Hineinhorchen in seinen Körper und wartet auf ein neues Signal, das ihm anzeigt, dass er doch todkrank ist. Leider hat jeder der Ärzte (ländliche Gegend, er fährt teilweise um die 30 km um einen anderen Arzt zu konsultieren) die Nase so voll von ihm dass niemand sich der Mühe unterzieht in mal in psychologische Behandlung zu schicken..
Solange das System so geartet ist, dass der Dritte (die Kassen) ohne eigene Einwirkung schlicht das bezahlen muss, was die Ersten und die Zweiten (KäV und Ärzte) aushecken und die Pharmaindustrie(3) auch noch ihr Süppchen mitkocht, werden unsere Kosten im "Gesundheitsunwesen" davonlaufen. Gefährlich wird es dann wohl, wenn wir bei >50% angekommen sind...
(3) Manchmal brauche irgendwelche Kleinigkeiten, wenn ich auf Reisen bin. Und ich noch NIE mehr bezahlt als in D für das selbe Medikament, meistens wesentlich weniger.
Schönen Tag WRL
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)
Die Medikamentenkosten bergen einerseits ein großes Sparpotential. Andererseits machen sie nur etwa 1/5 des gesamten Versicherungsvolumens aus.
Viel mehr könnte man sparen, wenn man das System anwendete, das in Skandinavien praktiziert wird. Dort kommt ein Patient garnicht immer zum Arzt. Stattdessen entscheidet die leitende Krankenschwester, ob sie den Patienten selber behandelt oder er einen Arzt braucht. So müssten deutsche Ärzte z. B. keine Schürf- und Platzwunden mehr behandeln.
Oder ökonomisch ausgedrückt: Es wird an der teuren Ressource Arzt gespart und stattdessen mehr Arbeit auf die billigere Ressource Krankenschwester verlegt. Damit könnte man selbst bei gleichbleibenden oder steigenden Honoraren an den Behandlungskosten sparen.
Neue Studien haben außerdem ergeben, dass die Praxisgebühr das Gegenteil von dem bewirkt, was sie sollte: Wenn ein Patient erstmal gezahlt hat, geht er in dem Quartal ERST RECHT mehrmals zum Arzt. Beim Patientenverhalten könnte man noch eine ganze Menge sparen: Praxisgebühren pro Besuch statt pro Quartal, Erstattungen der Krankenkasse von nurnoch 98% der Kosten bei kleinen Einkommen bis 90% bei größeren Einkommen. Und warum ist die Unterbringung in einem Altersheim eigentlich teurer als der Aufenthalt auf einem Kreuzfahrtschiff?
Zitat von Lexx Und warum ist die Unterbringung in einem Altersheim eigentlich teurer als der Aufenthalt auf einem Kreuzfahrtschiff?
Na, na, wir wollen doch mal nicht gleich übertreiben. Die "Europa" von Hapag-Lloyd kostet ca. 550 Euro pro Tag und Nase. Das macht dann im Monat 16,500 Euro. Ich kann mir kaum vorstellen, daß man für einen Platz in einem Altenheim so viel berappen muß.
"Und warum ist die Unterbringung in einem Altersheim eigentlich teurer als der Aufenthalt auf einem Kreuzfahrtschiff?"
Nun, ich war noch nicht mit den Pflegesätzen in einem Altersheim befasst, aber "von meinem vorigen" Leben (ich habe gut 15 Jahre lange eine Behinderteneinrichtung ehrenamtlich mitgeleitet)weiß ich einiges über Plegesatzverhandlungen mit der Bezirksregierung und mit Krankenkassen.
Während die Bezirksregierungen zwar hart in der Sache sind aber in Einzelheiten durchaus einsichtig sind Verhandlungen mit KK der absolute Horror.
Prinzipiell gibt es Kostenblöcke, z.B. Personalkosten (da gibt es einen Personalschlüssel pro Betreutem, mehr wird nicht bezahlt), Raumkosten (incl. Abschreibungen der Gebäude, da liegt ein gewisses Potential drin Gewinn zu machen), natürlich die eigentlich auf Pflege entfallenden medizinischen und pflegerischen Kosten, sonstige Nebenkosten, Fahrdienst, Verwaltung.
Da Altenheime einer sehr strengen Reglementierung unterliegen können sie bei den o.a. Kostenblöcken natürlich so viel unterzubringen versuchen was die Buchhaltung hergibt (irgendwie ist es witzig - bei den Verhandlungen muss man eine "ehrliche" Buchführung vorlegen, dann werden pauschal 2 € pro Tag und betreuter Person gestrichen und damit soll man dann das nächste Geschäftsjahr auskommen. Tut man auch, weil man natürlich mit einer "kreativen" Buchhaltung ankommen muss weil man ja schon weiß, dass wieder was gestrichen werden wird und man...)
Ein Kreuzfahrtschiff ist ein Gewerbebetrieb, der "Personalschlüssel" ist viel besser (=weniger pro Passagier; nimm jetzt nicht die Edelkähne, die sind wesentlich teurer als ein Altenheim!) und das ganze wird auch anders kalkuliert. Und von ganz wenigen an Bord abgesehen sind die Gehälter auch niedriger, der im Zollfreihafen gebunkerte Hummer ist maximal genauso teuer wie das Biogemüse im Altenheim. Und dort darf ja auch die Pflegerin nicht die 2 Maultaschen mit nach Hause nehmen, die die zahnlose Frau Müller im Bett 7 nicht angerührt hat: Es kommen noch höhere Entsorgungskosten hinzu.
Schönen Tag WRL
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ich weiß, Sie sind ein großer Kreuzfahrer - die Europa würde ich mal unter die "Edelkähne" einreihen (sonst würden Sie da auch nicht fahren!)
Schönen Tag WRL
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Zitat von Lexx Ungerechtigkeit sieht die Mehrzahl der Deutschen in der Lastenverteilung. Für sie zeichnet sich folgendes Bild: Erst werden beim Sparpaket die Armen belastet und die Reichen ausgespart. Und jetzt wird es für alle teurer - außer natürlich die Reichen.
Naja ich muss sagen, ich war lange nicht mehr in Deutschland und kann das nicht beurteilen. Aber wenn das tatsächlich so etwas wie deutscher common sense ist muss der Grad an Debilität erschreckende Ausmasse haben. Man sollte ins Auge fassen die Tagesschausprecher durch Märchenprinzen und böse Hexen zu ersetzen, damit die Nachrichten dann auch ins Weltbild passen und, nachdem die Nachrichten mit Handpuppen nachgespielt wurden, begriffen werden können.
Du kannst ja mal einen Vorschlag machen, was die Kasse tun soll, wenn sie aufgrund ihrer Versichertenstruktur mit dem Geld nicht hinkommt.
Ich hatte ja bereits oben geschrieben, dass ich den Weg, den Rösler jetzt bestreitet, richtig finde. Noch konsequenter wäre, den AG Anteil komplett zu streichen resp. stufenweise herunterzufahren. Die Kassen sollten nur einen minimalen gesetzlichen Teil versichern müssen, der den Versicherten dann auch kostengünstig abgegeben werden kann. Das heisst also in erster Linie: abspecken am Leistungspaket. Das ist mittlerweile dermassen aufgeplustert, dass Kassen kaum günstig Kunden anwerben können. Alles andere, also jede Zusatzleistung, kommt in eine Zusatzversicherung, die dann im Baukastenprinzip vom Versicherten dazu erworben werden kann. Und ja; wer arm ist wird dann nicht mehr das Rundumsorglos Paket bekommen und wer reich ist kann sich mehr leisten. Und wer gesund ist, Sport treibt und vorsorgt kommt besser weg. Dafür haben Versicherte die Wahl und sind eigenverantwortlich. Die Kassen können je nach Möglichkeit ihre Pakete schnüren.
"Dafür haben Versicherte die Wahl und sind eigenverantwortlich. Die Kassen können je nach Möglichkeit ihre Pakete schnüren."
Da stimme ich Dir ja vollinhaltlich zu. Die Crux an der Sache ist aber doch, dass niemand den politischen Mut hat diese Aufgabe anzupacken.
Kannst Du Dich erinnern wie Mißfelder von der JU geprügelt wurde als er gesagt hatte dass man sich überlegen müsse ob jeder über 70 (oder waren es 75?) noch eine neue künstliche Hüfte bekommen kann. Es ist aber auch ein Selbstmordkommando, diese Versichten-Triage anzugehen...
Schönen Abend WRL
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Zitat von WRL Die Crux an der Sache ist aber doch, dass niemand den politischen Mut hat diese Aufgabe anzupacken. Kannst Du Dich erinnern wie Mißfelder von der JU geprügelt wurde als er gesagt hatte dass man sich überlegen müsse ob jeder über 70 (oder waren es 75?) noch eine neue künstliche Hüfte bekommen kann. Es ist aber auch ein Selbstmordkommando, diese Versichten-Triage anzugehen... Schönen Abend WRL
Natürlich. In dem Moment, in dem die erste Leistung gestrichen wird gehen Sommer, Trittin, Gabriel und Gysi Hand in Hand durch die Republik und spielen Weltuntergang. Mag sein, aber angesichts der medialen Wahrnehmung bei einer zögernden Regierung kann man wohl nicht mehr viel falsch machen. Problematisch finde ich, dass über solche Dinge, die ja als Alternative auf der Hand liegen, schon nicht mal mehr gesprochen wird. Die Mittelschicht in D ist längst eingelullt von Vater Staat und findet es auch angenehm, dass die ganze Familie auf Staatskosten zum Arzt geht. Dass die Kassen vor die Hunde gehen ist dann Schuld von Angela Merkel.
Das wäre im Prinzip das Schweizer System. Allerdings zeigen die Zahlen der OECD, dass die Schweiz damit die zweithöchsten Ausgaben weltweit für ihr Gesundheitssytem haben, nach den USA und deutlich vor Deutschland.
Um die Kosten zu reduzieren, scheint das also kein wirklich zielführender Ansatz zu sein.
dewo: Ein Langzeitaufenthalt auf der Aida kostet 135 € pro Tag.
DP: Dass das Gros der Bevölkerung jetzt eine höhere Belastung tragen muss ist nicht von der Hand zu weisen. Und die Privatpatienten sind nunmal der obere Teil der Einkommen. Ich sehe da keine Debilität.
Zudem wäre ich beim Weg der Kopfpauschale sehr vorsichtig (ich lehne sie sowieso ab). Ohne sozialen Ausgleich geht das nicht und den kann sich Deutschland im Moment nicht leisten. Die Schweiz ist da auch kein gutes Vorbild, die Ausgaben pro Versichertem liegen bezogen auf das Durchschnittseinkommen etwa genauso hoch.
Ich denke, eine Reform des Gesundheitssystems sollte garnicht mal unbedingt auf der Einnahmenseite erfolgen. Vielmehr sollte man die Ausgabenpraxis reformieren. Ein paar Ideen dazu habe ich ja schon genannt.
Zitat von KaterDP: Das wäre im Prinzip das Schweizer System. Allerdings zeigen die Zahlen der OECD, dass die Schweiz damit die zweithöchsten Ausgaben weltweit für ihr Gesundheitssytem haben, nach den USA und deutlich vor Deutschland. Um die Kosten zu reduzieren, scheint das also kein wirklich zielführender Ansatz zu sein. Gruss Kater
Kater und Lexx
Nein, ich denke das wäre auch illusorisch. Das Schweizer System, wenn man das so bezeichnen will, sorgt für einen grösseren Spielraum für Kassen und für Versicherte. Billiger wird es deswegen nicht im Durchschnitt sondern für die die das System weniger brauchen während es für die Vielnutzer teurer wird. Das Kostenproblem wird es nicht lösen, das ist nun mal auf der ganzen Welt, speziell in der westlichen, gleich; die Leute werden älter, die Geräte teurer, die Forschung besser, die Bedürfnisse grösser etc. Beispiel Krebsvorsorge. Das ist ein Milliardenbusiness, das erst in den letzten Jahren aufkam. Ob das nun nützlich ist oder nicht will ich nicht entscheiden, nur wer soll die Kosten dafür tragen wenn nicht die Verursacher dieser Kosten?
Ich finde den Ansatz, per Akklamation die Kosten zu senken, auch schon mal falsch. Kein Mensch käme auf die Idee, VW per Gesetz zu Kostensenkungen in der Fertigung zu zwingen. Natürlich, der ganze Gesundheitsmarkt ist komplizierter, trotzdem wird es so kaum funktionieren. Die Grundidee sollte sein: Der Zwang zur Basisbehandlung (gesetzliche Versicherung) sollte so klein wie möglich sein. So sind die Kassen in der Lage kostendeckende Pakete in eigener Verantwortung zu schnüren. Um dies zu realisieren müssen sie Partnerschaften mit den Ärzten aufbauen. Z.B. habe ich nur deshalb einen günstigen Tarif (90 Euro/Monat) weil ich mich dazu verpflichte, zu einem von der KK vorgegebenen Hausarzt zu gehen. Die Ausgaben dieser Ärzte werden von den KK kontrolliert und auf kostenbewusstes Wirtschaften genormt. Ausgabenintensive Behandlungen werden so in die Zusatzversicherungen ausgelagert. So haben alle etwas davon; der Kunde kann sich den Tarif wählen den er wünscht, die Kasse arbeitet kostendeckend, der Arzt hat seinen festen Kundenstamm. Seine Zulieferer müssen kostenoptimiert liefern, sonst werden sie nicht mehr berücksichtigt.
Zitat Alles andere, also jede Zusatzleistung, kommt in eine Zusatzversicherung, die dann im Baukastenprinzip vom Versicherten dazu erworben werden kann. Und ja; wer arm ist wird dann nicht mehr das Rundumsorglos Paket bekommen und wer reich ist kann sich mehr leisten.
Dann könnte man diese Art der Versicherung auch gleich komplett streichen und alles dem Markt überlassen.
Zitat Und wer gesund ist, Sport treibt und vorsorgt kommt besser weg.
Inwiefern? Bessere Tarife nach Angabe?! Dann musst du auch kontrollieren, ob die Angaben stimmen. Oder meinst du nur die Wahrscheinlichkeit "Sport+Vorsorge=weniger krank"?! Das ist dann aber reine Statistik und der Einzelfall kann etwas ganz anderes erleben (bis hin zum "krank durch Sport").