Es existiert eine CD, die angeblich die Daten von tausend deutschen Steuersündern enthält. Sie wird den deutschen Finanzbehörden für angeblich 2,5 Millionen Euro angeboten. Der Wert in entgangenen Steuern für den deutschen Fiskus dürfte ein Vielfaches dieser Summe betragen.
Das Problem: Die Daten wurden von einem IT-Mitarbeiter illegal aus den Systemen einer Bank entwendet. Die Versuchung ist sicher groß, hier zuzugreifen, die Populisten schreien auch schon. Für mich ist das ein eindeutiges No-Go und ich wundere mich, dass unsere Politiker, Vorsteher eines sich so verstehenden Rechtsstaates, mit einem kategorischen Nein noch zögern.
Man stelle sich vor, welche Signalwirkung ein Deal mit diesem Kriminellen (nichts anderes ist er) haben würde. Jegliches redliche Bestreben um sinnvollen Datenschutz wäre moralisch untergraben, die allgemeine Rechtsstaatlichkeit ebenso. Auch Strafverfolgungsbehörden müssten dann wohl noch weniger Rücksicht mehr nehmen, wie sie an belastendes Material gekommen sind.
Hatten wir doch schon. Zumwinkel. Mir ist nicht bekannt, dass einer der damals gekaschten seine Verurteilung mit Hinweis auf die Herkunft der Daten erfolgreich angefochten hätte. Juristisch scheint der Datenkauf aus dubiosen Quellen also gangbar zu sein.
Geld an Kriminelle für Hinweise zur Aufklärung von Straftaten zu zahlen ist gängige Praxis. Wenn Belohnungen für Hinweise ausgelobt werden, dann richten sich solche Aufrufe oft genug an Mitwisser oder gar Mittäter der Tat, also Kriminelle. Kein Verfahren ist bisher daran gescheitert.
Die Bedenken des Ober-Datenschützers kann ich nicht nachvollziehen. Und es erstaunt mich, dass Politiker, die sonst keine Hemmungen haben den Datenschutz unter der Fahne von Law&Order auszuhöhlen, plötzlich Bedenken haben.
Steuerhinterziehung ist eine Straftat. Sie aufzuklären sollte man sich der gleichen Methoden bedienen können wie bei anderen Straftaten auch.
Nach aktuellen Meldungen will das Finanzministerium "auf der Linie der Liechtensteinaffäre" bleiben - die Daten sollen also gekauft werden. Interessant finde ich den Protest der Schweizer. Auf der einen Seite wird damit natürlich Kriminalität in ihrem Land gefördert. Auf der anderen Seite wird dagegen Kriminalität in ihrem Land auch bekämpft.
Aus rechtstaatlicher Sicht müsste die Schweiz ein eigenes Interesse daran haben, dass Steuerhinterziehung in seinem Land bekämpft wird. Daher erscheint mir der Protest doppelmoralisch - es gibt ihn nur, weil die Schweiz von den Daten nicht profitiert, sondern im Gegenteil Angst hat, die Steuerflüchtlinge als Kunden zu verlieren.
Auch ich will, dass mit allen Mitteln gegen Steuerhinterzieher vorgegangen wird. Das können in einem Rechtsstaat aber nur rechtsstaatliche Mittel sein.
Sonst könnten wir auch gleich Folter erlauben, wenn es, wie etwa im Fall Gäfgen, sogar um die mögliche Rettung von Menschenleben geht. Oder wer will da die Grenze ziehen, welche Mittel noch legitim sind und welche nicht mehr?
Hier wird mit der Zahlung von 2.5 Mio sicher kein gutes Fass aufgemacht. Das ist doch wie ein Blankoscheck für alle halbseidenen und kriminellen Datenhändler. Ich bin mal gespannt, welcher Staatsanwalt künftig aufgrund solcher 'Beweise' vor Gericht geht. Wenn auch die derzeitige CD noch 'echt ist - künftige gefälschte und frei erfundene Datensätze sind sicher nicht undenkbar.
Ich bin ebenfalls der Meinung, dass sich ein Rechtsstaat nicht auf die gleiche Ebene begeben darf wie ein Verbrecher.
Die Argumente wie "Kronzeugenregelung" oder "Ausloben von Informationsprämien", wie sie von Frau Künast gebracht wurden, zieht da m.E. nicht.
Schönen Tag noch WRL
der leider kein Schwarzgeldkonto in CH o.ä. hat...
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)
Der Staat (z.B. Behörden, Richter, Polizei, usw.) darf sonst auch viele Sachen tun, die ein normaler Bürger nicht tun darf und für die er sogar bestraft würde. Warum sollte das in diesem Fall anders sein. Und schlechtere Beweise werden Beweise dadurch auch nicht.
Zitat von F-WHatten wir doch schon. Zumwinkel. Mir ist nicht bekannt, dass einer der damals gekaschten seine Verurteilung mit Hinweis auf die Herkunft der Daten erfolgreich angefochten hätte. Juristisch scheint der Datenkauf aus dubiosen Quellen also gangbar zu sein. Geld an Kriminelle für Hinweise zur Aufklärung von Straftaten zu zahlen ist gängige Praxis. Wenn Belohnungen für Hinweise ausgelobt werden, dann richten sich solche Aufrufe oft genug an Mitwisser oder gar Mittäter der Tat, also Kriminelle. Kein Verfahren ist bisher daran gescheitert. Die Bedenken des Ober-Datenschützers kann ich nicht nachvollziehen. Und es erstaunt mich, dass Politiker, die sonst keine Hemmungen haben den Datenschutz unter der Fahne von Law&Order auszuhöhlen, plötzlich Bedenken haben. Steuerhinterziehung ist eine Straftat. Sie aufzuklären sollte man sich der gleichen Methoden bedienen können wie bei anderen Straftaten auch. FW
Der Unterschied ist, dass die Schweiz Nichtmeldung oder zu niedrige Schätzung von Einkommen oder Vermögenswerten auf der Steuererklärung nicht als Straftat betrachtet. Wir haben hier also mindestens einen Dissenz in der juristischen Betrachtung des Verhaltes. In diesem Fall erstmal die kriminell besorgten Daten zu nehmen ist befremdlich. Wurde die Schweiz wenigstens mal gefragt ob hier unter Umständen Amtshilfe geleistet werden kann?
Ich denke einfach, den Deutschen steht das Wasser zum Hals und sie nehmen jeden Groschen, auch wenn da Scheisse dran klebt. Im Prinzip verständlich, aber solche Dinger drehen sich irgendwann mal gegen einen und dann ist das Geschrei nach dem Recht und dem Rechtsstaat gross.
"Wurde die Schweiz wenigstens mal gefragt ob hier unter Umständen Amtshilfe geleistet werden kann?"
Wozu ?
Das Ergebnis ist doch bekannt. Die Amerikner versuchen es allerdings gerade wieder recht massiv.
"Ich denke einfach, den Deutschen steht das Wasser zum Hals und sie nehmen jeden Groschen, auch wenn da Scheisse dran klebt." Naj, so gesehen steht dem amies das Wasser noch viel höher. Die treiben ihre Steuern nämlich noch wesentlich rigoroser ein als die Deutschen.
" Im Prinzip verständlich, aber solche Dinger drehen sich irgendwann mal gegen einen und dann ist das Geschrei nach dem Recht und dem Rechtsstaat gross." Geht das jetzt gegen die Schweiz oder die Deutschen.
Was die Schweiz da macht mit dem Schutz von Kriminellen ist ja auch nicht ohne.
Übrigends noch ein anderer Aspekt. Das nicht versteuerte Geld wird ja mit einer relativ hohen Wahrscheinlichkeit aus Straftaten stammen, wo soll man sonst so viel Geld illegal oder halblegal her haben ?
Kater erklärt die Welt. Irgendwo stand da etwas von 1500 Namen und 200 Mio. €. Also etwas über 140K€ pro Nase. Wenn Du im Ausland Deine ehrlich verdiente Segelyacht an einen Ausländer verkaufst, das Geld auf ein schweizer Konto überweisen lässt, geht es um mehr Kohle, ohne dass irgendeine kriminelle Machenschaft dahinter ist. Usw.
Derweil wirft die Regierung den Banken das 1000fache hinterher. DP hat schon recht, dass da jemand das Wasser am Halse steht. Nur dass das Bankenthema BILDmäßig ausgelutscht ist.
Das gute daran: Wir brauchen nun gar kein Bankgeheimnis mehr, denn das funktioniert genauso gut mit innerdeutschen Banken.
Szenario: Herr Schäuble macht eine Liste der Daten, die er benötigt und gibt sie einer geeigneten Behörde, etwa BKA oder BND. Die macht nun passende Personen ausfindig, die zu diesen Daten Zugang haben. Man macht dann mit der Person einen Deal und erhält im Ergebnis die gewünschten Daten. Falls der potenzielle Beschaffer nicht kooperiert, gibt es behördlicherseits genügend Möglichkeiten, ihm klarzumachen, dass dies eine schlechte Wahl war.
Da muss Schäuble keine Liste vorbereiten, die deutschen Dienste suchen a priori alle vorhandenen Datenkanäle ab; Briefe, Kontobewegungen, Telefongespräche, Internetklicks. Sobald ein Bürger etwas unregelmässiges begeht wird abkassiert. "Und schlechtere Beweise werden Beweise dadurch auch nicht", genau woher die Daten kommen spielt ja keine Rolle mehr, es zählt allein das Ergebnis.
Die Linie bei Liechtenstein war so, dass man die Daten gekauft hat. Dass Merkel gegenüber der Schweiz bei dieser Linie bleibt finde ich nur konsequent. Warum soll man eine Steueroase anders behandeln als eine andere?
Sicherlich hat die Schweiz das legitime Recht, sich zu beschweren, dass ein Nachbarstaat Kriminalität im eigenen Land unterstützt. Allerdings wirkt das in diesem Zusammenhang ziemlich scheinheilig, denn mit entsprechender Amtshilfe würde die Schweiz diese Kunden verlieren. Die Sache mit der schwarzen Liste war ja schon so ein Gewürge. Da haben die Steueroasen Abkommen mit Kleinst- und Inselstaaten geschlossen um auf ihre 12 Abkommen zu kommen und nurnoch auf der grauen Liste zu stehen. Das Signal eines solchen diplomatischen Verhaltens ist klar: Länder wie Liechtenstein oder die Schweiz wollen an der Praxis festhalten, zum finanziellen Schaden anderer Staaten ihre eigene Wirtschaft mit dem Geld krimineller (Steuerhinterzieher) zu fördern.
Da müssen sie sich nicht wundern, wenn die Geschädigten mit derlei Methoden den Druck erhöhen.
Aus Rechtsstaatlicher Sicht mag der Datenkauf bedenklich sein - aus diplomatischer Sicht finde ich ihn genau richtig.
Zitat Das Signal eines solchen diplomatischen Verhaltens ist klar: Länder wie Liechtenstein oder die Schweiz wollen an der Praxis festhalten, zum finanziellen Schaden anderer Staaten ihre eigene Wirtschaft mit dem Geld krimineller (Steuerhinterzieher) zu fördern.
Da müssen sie sich nicht wundern, wenn die Geschädigten mit derlei Methoden den Druck erhöhen.
Aus Rechtsstaatlicher Sicht mag der Datenkauf bedenklich sein - aus diplomatischer Sicht finde ich ihn genau richtig.
Lexx, von Diplomatie verstehst du nicht so sehr viel und von Schweizer Befindlichkeiten vielleicht noch weniger? Dort geht man meines Wissens sehr sensibel mit den Großmannsgelüsten des Nachbarlandes um.
Ich war im letzten Frühjar zu einem wichtigen Gespräch in der Schweiz. Da wurde ich - nett und halb im Spaß - als erstes mit irgendeinem blöden Indianervergleich konfrontiert, den einer unserer Ex-GK Spezies wohl gerade abgelassen haben muss. Ich kannte das Zitat und den Kontext gar nicht und musste da irgendwie raus ...
Soweit ich weiß, laufen einige Gespräche zwischen Deutschland und der Schweiz, um auf legalem Weg mehr Transparenz zu schaffen. Ob die Vorschlaghammermethode die richtige ist und ob sie ein gutes Timing hat, wage ich zu bezweifeln.
Davon abgesehen geht Rechtsstaatlichkeit immer noch vor diplomatischem Geplänkel.
Lexx, Naja gerade diplomatisch ist das ein ziemlicher Affront. Du meinst sicher, moralisch wäre das irgendwie verständlich und vertretbar. Na mal schauen wie das ausgeht. Ich frage mich was passiert, wenn alle diejenigen, die die deutsche Regierung mit den illegal erworbenen Daten erpresst, gegen dieses Vorgehen klagen. So ein Fall könnte bis vors BVG kommen. Sollte die Bundesregierung den Fall verlieren, und aus dem Bauch würde ich sagen stehen die Chancen gar nicht mal so schlecht dafür, könnte das noch interessant werden.
Es ist aber normal, dass, wenn sich die eine Seite seit Jahren/Jahrzehnten nicht bewegt, die andere Seite irgendwann härtere Saiten aufzieht. Ein Affront kann durchaus kalkuliert sein, um Bewegung in eine Sache bringen und/oder dem Gegenüber ein Signal der Härte zu geben. So etwas zwingt das Gegenüber zu handeln, mindestens indem es protestiert. Und das beides platziert das Thema in der (medialen) Öffentlichkeit, wo sie anders abläuft als im Hinterzimmer.
Derlei Beispiele gibt es zuhauf. Israel hat es mit dem türkischen Botschafter nicht anders gemacht - der sprach hinterher von der größten Demütigung seiner gesamten Karriere. Bush/Wolvowitz/Rumsfeld haben die europäischen Staaten mit ihrem "old Europe" ziemlich aufgemischt. Kacinski hat damit die Joannina-Klausel gegen den Willen der EU-Mehrheit durchgesetzt.
Oftmals erreicht man mit einem Affront eben mehr als mit - diplomatischer - Diplomatie. Und dieser Erfolg hält in der Regel länger als der diplomatische Schaden - siehe unser Verhältnis mit Polen.
Spock: ►"Davon abgesehen geht Rechtsstaatlichkeit immer noch vor diplomatischem Geplänkel."◄
Das ist eine Priorisierung, die ich selbstverständlich niemandem vorwegnehmen will. Ich für meinen Teil befürworte das Vorgehen Merkels in diesem Fall als Exempel.
DP: Soweit ich mich erinnere wurde das Vorgehen bereits vom BGH legitimiert. Rechtssicherheit scheint die Regierung jedenfalls zu haben.