Wir leben in Zeiten eines aggressiven Atheismus mit einer Flut von entsprechenden Büchern:
"Der Gotteswahn" von Dawkins oder "Gott ist nicht groß" von Hitchens.
Es ist modern, Religionen als Wurzel allen Übels darzustellen.
Als Gift, das bis heute für Gewalt und Unfreiheit sorgt.
Andererseits wird behauptet:
Der wissenschaftliche Fortschritt marginalisiere die Religionen.
Zum Teil scheint das tatsächlich so zu sein.
Ich denke, das sind nur temporäre Erscheinungen.
Gerade der technische Fortschritt stellt die Frage nach dem Sinn.
Wissenschaft wird zum Mythos, wenn sie zum quasi reliösen Ersatz wird.
Die brutalsten Verbrechen der neueren Zeit und zwar die Rassenlehre des Nationalsozialismus und der dialektische Materialismus der Sowjets haben "die unenendliche Komplexität der menschlichen Existenz auf die tödliche Einfachheit einer wissenschaftlichen Formel reduziert" (John Gray in der FAZ am Wochenende).
In beiden Fällen handelte es sich zwar um eine Pseudowissenschaft, die jedoch seinerzeit als gültig angesehen wurde und zwar nicht nur von den entsprechenden Regimen.
Wissenschaft kann also für unmenschliche Zwecke mißbraucht werden.
Je mehr, je höher die Autorität der Wissenschaft an sich von Atheisten hochgejubelt wird.
Personenkult war kein Widerspruch zum Atheismus.
Hitler war tief beeindruckt von einem vulgarisierten Darwinismus.
Heute bezeichnen sich viele Atheisten als Liberale.
Sie wollen einen säkularen Staat, in dem Religion keine Rolle spielt.
das ist allerdings nicht so einfach, wenn man sich die USA als säkularen Staat und den dortigen christlichen Fundamentalismus, zumindest aber eine große praktizierte Gläubigkeit betrachtet.
Wissenschaftlicher Fortschritt überträgt sich nicht auf Poltik und Ethik.
Aktuelles Beispiel ist China.
Folter ist seit Ende des zweiten Weltkrieges geächtet.
Heute wird in der ganzen Welt gefoltert; leider auch in einem führenden Staat der westlichen Welt.
Die Menschen können länger leben und können sich gleichzeitig mit High-Tech-Mitteln töten, wie nie zuvor.
Fortschrittsgläubigkeit ersetzt keine Religionen.
Selbst die angeblich religiös fundierten Terroristen aus dem arabischen Raum sind in einem großen Maß von linksextremen Ideologien geprägt.
Sie haben jedoch nicht das industrielle Fundament wie der Faschismus und Kommunismus.
Und sind in keiner Weise so gefährlich wie diese.
Religion ist nicht verschwunden.
Sie zu unterdrücken ist, als wolle man Sexualität unterdrücken, ein sinnloses Unterfangen.
Natürlich ist nicht alles gut an Religionen.
Aber auch atheistische Systeme wollen Menschen vorschreiben, wie ihre Sexualität aussehen soll, unter welchen Umständen Geburtenkontrolle erlaubt sein soll, wann man sein Leben beenden darf.
Doch der Versuch, die Religion abzuschaffen, führt dazu, dass sie in grotesker und entstellter Form wieder auftaucht.
Einn unkritischer Glaube an die Weltrevolution, den Kampf gegen die Achsen des Bösen oder die universelle, herbeigebombte Demokratie beleidigt die Vernunft mehr als die Mysterien der Religion.
Fundamentalisten, die einen kindischen Schöpfergott propagieren, sind kein Widerspruch, sondern Randerscheinungen.
Die Apostel des Unglaubens, des missionarischen Atheismus stehen jedenfalls mit leeren Händen da.
Die heute exzessive, permanente Beschäftigung mit sich selbst, die schützende Ich-Bezogenheit, urteilende Vorstellungen jedes einzelnen verursachen immer wieder nur neues Leiden.
Es fehlt der unmittelbare, nicht vernunftgesteuerte Zugang zum Leben.
Dabei kann Religion helfen, wenn sie kein Machtmittel ist.
Kodo schrieb am 30.03.2008 15:35
Gerade der technische Fortschritt stellt die Frage nach dem Sinn.
Ist ja auch schon schwierig, sich an sich darueber zu einigen, was Fortschritt bzw. ob etwas Fortschritt ist.
Zitat:
In beiden Fällen handelte es sich zwar um eine Pseudowissenschaft, die jedoch seinerzeit als gültig angesehen wurde und zwar nicht nur von den entsprechenden Regimen.
...weil eben geglaubt wurde.
Zitat:
Wissenschaft kann also für unmenschliche Zwecke mißbraucht werden.
Eine Erkenntnis, die nichts mit der Atheismus-Frage zu tun hat.
Das klingt mir doch alles sehr konstruiert.
"Atheisten wollen einen säkularen Staat, in dem Religion keine Rolle spielt."
Ach Gottl nee, wirklich? Wo denn? "Doch der Versuch, die Religion abzuschaffen..." Hä?
"Wir leben in Zeiten eines aggressiven Atheismus mit einer Flut von entsprechenden Büchern:..." Also wer einmal in einen normalen Buchladen geht wird als erstes mit dem grossen Angebot an spirituellem konfrontiert. Da gibt es ganze Abteilungen, die sich nur um mystisches, keltisches, homöopatisches, tibetisches oder sonstwie spirituelles kümmern. Schauspieler referieren über ihre Begegnungen mit Gott, in der Islamecke kommen die Austeiger zu Wort, zu Tibet und dem Dalai Lama gibt es momentan praktisch eigene Buchhandlungen und seit Jahren top in den Bestsellerlisten ist ein Buch über die Erlebnisse eines Entertainers auf dem Jakobsweg. Ich habe neulich ein Buch über schweizer Wanderwege gesucht. Ganz vorn lagen mehrere Bücher mit demselben Thema: Schweizer Orte der Kraft. Da ging es um mythische Berge und magische Konstellationen.
Religion hat gegenwärtig absolute Hochkonjunktur.
Solange der aggressive Atheismus nur Bücher schreibt, komme ich damit klar. Da hatte und hat z.B. der aggressive Katholizismus weitaus schlimmere Früchte getragen.
Überhaupt ist die Geschichte der großen Religionen die von Machtanspruch und brutaler Unterdrückung. Es ist reichlich naiv zu sagen, Religion ist etwas schönes, wenn sie von der Macht entkoppelt ist. Dieselbe Denkweise findet Kommunismus toll, wenn nur alle richtig mitmachen.
Die Differenzierung von Kommunismus (aka Nationalsozialismus) und Religion verstehe ich nun gar nicht. Das Ganze dann auch noch "atheistisches System" zu benennen ist schon reichlich kühn. Es gibt kaum spirituellere Systeme als die links- oder rechtsextremistischen; ihr Führerkult und ihr Anspruch auf Alleinvertretung des Rechtes und des Wissens ist am Ende nur eine Facette des Komplexes Religion.
In der FAZ wird das Thema nun in Essayform dargeboten und erreicht gleich mal die Verve eines Kreuzzuges. Hier sind die Atheisten schlicht an allem schuld, was die Menschheit an Monströsem zu bieten hat. Und wenn etwas Schlimmes im Namen einer Religion geschah, dann waren das in Wirklichkeit die atheistischen Strömungen innerhalb der Religion. Soso.
Dabei ist die Wahrscheinlichkeit äußerst gering, dass jede Entartung der Geschichte immer denselben Grund hat (und dass ein solcher Grund erst jetzt erkannt wird). Umgekehrt wird aber ein Schuh draus: Man definiert "Das Böse = Atheismus", dann lässt sich natürlich die gesamte Religionsgeschichte in bunten Farben drum herum malen. (Es erscheint so, als müsse sich der Verfasser die eigene Frau erst schönsaufen.)
Dazu kommt ein gerüttelt Maß an Überheblichkeit: Religion zu unterdrücken ist wie Sexualität unterdrücken? Sexualität ist das biologische Grundbedürfnis Nr. 1, auf der Stufe ist Religion nie gewesen und wird dort auch nie ankommen. Können alle Tiere irren? Die haben alle eine Art von Sexualität ähnlich der des Menschen, sind aber nicht religiös.
Bisher bin ich noch nicht mal von der Verknüpfung von Atheisten und Wissenschaftsgläubigkeit überzeugt. In der DDR oder den anderen Ostblockstaaten hat es kein Wissenschaftler in den Status eines Verkünders o.Ä. geschafft und es gab auch keine Strukturen von der Stärke der Kirchen. Die Akademie der Wissenschaften hatte einen auf Zeit gewählten Chef und auch die Hochschullandschaft sah aus wie in den christlich geprägten Jahren weit vor der DDR oder in der BRD. Wie auch anders? Die Partei duldete keinen Gott neben sich, keinen christlichen und auch keinen anderweitig "Wissenden". Diese Stutenbissigkeit hätten sie im Zweifel auch gegen Gartenzwerge oder Stecknadeln ausgelebt.
Und die Nazis und Kommis haben schon gar nichts auf eine wissenschaftliche Formel reduziert. Solche Behauptungen klingen zwar cool, sind aber ausgemachter Schwachsinn. Hier wird munter vor sich hin behauptet, solche Personenkulte (bzw. für was die Personen standen) wären damals wissenschaftlich legitimiert oder anerkannt gewesen. Das ist einfach nur blanke Lüge.
Ich glaube, der Autor verrennt sich schon, wenn er die Atheisten als eine greifbare Masse mit klarer Abgrenzung zu den Nicht-Atheisten sieht. Wir haben ja noch nicht mal Verbände oder Lobbyisten in Berlin, und wenn sich mal einer für uns stark macht, dann kommt der gleich von der Linken oder mit Glück noch von den Grünen. Na Danke! Mitleid wäre da angebracht, kein Kreuzzug gegen die Schwächsten der Gesellschaft.
In der Moslowschen Stufenpyramide kommt Religion überhaupt nicht vor; man könnte das wohl auf der letzten, der 5. Stufe einsortieren (Selbstverwirklichung, Individualität).
Da kommt doch unweigerlich die Frage nach der Definition von Religion auf.
So wie der Atheismus im Eingangsbeitrag dargestellt wird zeigt er selbst religiöse Züge, es wird also der "Ismus", die Ideologie betont. Faktisch ist letztlich unerheblich, ob jemand fanatisch, fundamentalistisch einer religiösen oder nicht-religiösen Ideologie folgt.
So KANN der Atheismus tatsächlich zu einer Gefahr werden. Ich widerspreche aber der Behauptung, dass der Atheismus heute das bereits ist. In der Breite will niemand die Religion an sich abschaffen. Die Säkulairisierung fordert lediglich, dass die Religion zur reinen Privatsache wird, wie Fußball oder Schuhtick.
Der beste Weg ist letztlich der, die Vorteile einer Religion (ihrer Existenz/Verbreitung) zu nutzen, ohne die Nachteile bzw. Gefahren zu groß werden zu lassen. Bei der Wissenschaft wird das nicht anders gemacht.
Der Eingangsbeitrag ist eine derart krude Mischung aus Binsenweisheiten, Tautologien, absurden Behauptungen und Schwachsinn, dass ich jeden bewundern muss, der darauf eine sachliche Antwort formulieren konnte...
SteffenHuber schrieb am 03.04.2008 12:40
Der Eingangsbeitrag ist eine derart krude Mischung aus Binsenweisheiten, Tautologien, absurden Behauptungen und Schwachsinn, dass ich jeden bewundern muss, der darauf eine sachliche Antwort formulieren konnte...
Zen-Buddhisten z.B. lieben auch alle dummen Kreaturen des Universums.
Obwohl Zen eigentlich keine Religion ist.
SteffenHuber schrieb am 03.04.2008 12:40
Der Eingangsbeitrag ist eine derart krude Mischung aus Binsenweisheiten, Tautologien, absurden Behauptungen und Schwachsinn, dass ich jeden bewundern muss, der darauf eine sachliche Antwort formulieren konnte...
Zen-Buddhisten z.B. lieben auch alle dummen Kreaturen des Universums.
Obwohl Zen eigentlich keine Religion ist.
Das tun natürlich alle Buddhisten; nicht nur die Zen-Leute.
Ich wollte auch nicht behaupten, dass der Huber eine dumme Kreatur ist.
Sein Namensvetter macht allerdings zurzeit nicht gerade den besten Eindruck.
Aber das gehört hier nicht hin.
Frank2000 schrieb am 01.04.2008 16:43
In der Moslowschen Stufenpyramide kommt Religion überhaupt nicht vor; man könnte das wohl auf der letzten, der 5. Stufe einsortieren (Selbstverwirklichung, Individualität).
MfG Frank
Du meinst wahrscheinlich Maslow?
Maslow ist der Vertreter einer Psychologie-Schule unter mehreren, nämlich der so genannten Humanistischen Psychologie.
Natürlich kommt der Glaube bei Maslow vor, nämlich bei der Selbstverwirklichung.
Dazu kommt ein gerüttelt Maß an Überheblichkeit: Religion zu unterdrücken ist wie Sexualität unterdrücken? Sexualität ist das biologische Grundbedürfnis Nr. 1, auf der Stufe ist Religion nie gewesen und wird dort auch nie ankommen. Können alle Tiere irren? Die haben alle eine Art von Sexualität ähnlich der des Menschen, sind aber nicht religiös.
Bisher bin ich noch nicht mal von der Verknüpfung von Atheisten und Wissenschaftsgläubigkeit überzeugt. In der DDR oder den anderen Ostblockstaaten hat es kein Wissenschaftler in den Status eines Verkünders o.Ä. geschafft und es gab auch keine Strukturen von der Stärke der Kirchen. Die Akademie der Wissenschaften hatte einen auf Zeit gewählten Chef und auch die Hochschullandschaft sah aus wie in den christlich geprägten Jahren weit vor der DDR oder in der BRD. Wie auch anders? Die Partei duldete keinen Gott neben sich, keinen christlichen und auch keinen anderweitig "Wissenden". Diese Stutenbissigkeit hätten sie im Zweifel auch gegen Gartenzwerge oder Stecknadeln ausgelebt.
Und die Nazis und Kommis haben schon gar nichts auf eine wissenschaftliche Formel reduziert. Solche Behauptungen klingen zwar cool, sind aber ausgemachter Schwachsinn. Hier wird munter vor sich hin behauptet, solche Personenkulte (bzw. für was die Personen standen) wären damals wissenschaftlich legitimiert oder anerkannt gewesen. Das ist einfach nur blanke Lüge.
Ich glaube, der Autor verrennt sich schon, wenn er die Atheisten als eine greifbare Masse mit klarer Abgrenzung zu den Nicht-Atheisten sieht. Wir haben ja noch nicht mal Verbände oder Lobbyisten in Berlin, und wenn sich mal einer für uns stark macht, dann kommt der gleich von der Linken oder mit Glück noch von den Grünen. Na Danke! Mitleid wäre da angebracht, kein Kreuzzug gegen die Schwächsten der Gesellschaft.
MfG, Flecki
Schon mal was von Sublimierung gehört?
Obwohl Sex und Religion bzw. sich die Frage zu stellen, was das alles soll, sich nicht ausschließen.
Das DDR-System war ja nun ein atheistisches System par excellence.
Oder wie oder was?
Personenkulte in der DDR?
Bei den Nazis ja.
Die Rassentheorie wurde im Auftrag und unter Kontrolle der Nationalsozialisten weiter entwickelt und verfeinert.
Rassentheoretiker in dieser Zeit waren u. a. Alfred Rosenberg, Hans F. K. Günther und Egon Freiherr von Eickstedt.
Die Ideologie baute auf vielen Fehlannahmen der noch unvollkommenen Völkerkunde und Biologie auf.
Zum Beispiel wurden alle Hochkulturen, die Griechen und Römer von den Nationalsozialisten mit den Ariern in Zusammenhang gesehen. (Wikipedia)
Der Atheismus ist die Ursache für die Wertelosigkeit unserer Gesellschaft und auch für die Unfähigkeit, mit dem als bedrohlich empfundenen Islam umzugehen.
Natürlich haben Atheisten eine Lobby:
Die Humanistische Union, der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten, die BILD-Zeitung usw.
SteffenHuber schrieb am 03.04.2008 12:40
Der Eingangsbeitrag ist eine derart krude Mischung aus Binsenweisheiten, Tautologien, absurden Behauptungen und Schwachsinn, dass ich jeden bewundern muss, der darauf eine sachliche Antwort formulieren konnte...
Steffen, Partei:
Dann antwortet einfach nicht auf den Eingangsbeitrag selbst, sondern auf das, was der Autor uns damit sagen will. Das sollte nicht so schwer zu erkennen sein.
Kodo: "Der Atheismus ist die Ursache für die Wertelosigkeit unserer Gesellschaft und auch für die Unfähigkeit, mit dem als bedrohlich empfundenen Islam umzugehen. "
Da halte ich voll dagegen. Atheismus ist erstmal genauso eine Ideologie (ein "-ismus") wie die Religionen auch. Werteverfall kommt davon, dass die Leute mehr und mehr pragmatisch werden statt "höhere Ziele", Ideale bzw. Ideologien zu verfolgen. Diese Leute sind oftmals auch Atheisten. Hier einen Kausalzusammenhang zu sehen Atheismus -> Werteverfall halte ich für falsch. Gegenbeispiel: Die 68er.
Ich bin mir nichtmal sicher, ob es wirklich einen Werteverfall gibt, oder ob die Werte sich nicht "nur" verschieben (hin zu weniger gesellschaftstauglichen, indivudialistischen statt kollektiven Werten, also etwa von Solidarität und Pflichterfüllung hin zu persönlichem Wohlergehen und Karriere).