Kater: "Allerdings kann ich diese Werteverschiebung tatsächlich nicht erkennen. Freiheit hat als Wert sogar tendentiell eher verloren, seitdem die sichtbare Bedrohung in Form der Mauer weg ist. "
Wie gesagt, sind unterschiedliche Milieus unterschiedlich weit. Die Nokia-Mitarbeiter z.B. zeigen diesen Wandel praktisch garnicht. Vielleicht ist er auch garkein umfassendes Phänomen, sondern nur in bestimmten Milieus vorhanden?
Auf jeden Fall sehe ich nicht, dass diese Wertverschiebung (bzw. tatsächlicher Verfall) dort, wo sie tatsächlich stattfindet etwas mit Religiosität oder ihrer Abwesenheit zu tun hat.
"Ich wehre mich dagegen, den Wunsch nach mehr Freiheit als Werteverfall zu sehen."
Deswegen schrieb ich ja auch vermeintlicher Werteverfall.
Spock: "Ich sehe eine Werteverschiebung in die entgegengesetzte Richtung."
Das bleibt dir unbenommen. Tatsächlich denke ich aber, dass dieser Eindruck eher auf eine erhöhte Medienpräsenz zurückgeht, sprich: Der Wert 'Solidarität' war schon vorher vorhanden und verinnerlicht. Aber jetzt, wo die Löhne sinken, die Probleme der Sozialsysteme offensichtlich werden und der rein Kapitalismus mehr und mehr Menschen betrifft, werden die Leute sich bewusst, dass sie diesen Wert haben und verteidigen wollen
...während man zur Zeit der DDR eher das Bedürfnis nach Freiheit artikuliert hat.
Es braucht eben nicht nur die Leute mit diesen Werten, sondern auch die Notwendigkeit/Gelegenheit, sich zu diesen zu bekennnen.
Werhamsters Einwand ist natürlich auch bedenkenswert. Es wird von Solidarität geredet, aber wenns ans eigene Portemonaie geht, sieht die Sache schon wieder ganz anders aus...
FW:
Einwand aufgenommen. Ich habe beim Schreiben an die Trümmerfrauen gedacht und an das, was meine Eltern aus der Zeit zu erzählen hatten.
"Selbstverwirklichung über Statussymbole gab es schon längst und waren gnadenlos. Der erste TV in der Nachbarschaft, das erste bzw. später das grösste Auto, Urlaub in Italien am Teutonengrill, die Kinder auf dem Gymnasium - das bestimmte die Welt damals wie heute."
Damit bist du in dieselbe "Falle" getappt wie Kater. Statussymbole sind in praktisch jeder Kultur und fast jeder Zeit dieser Welt wichtig (gewesen), aber das meinte ich nicht. Ich finde allerdings jetzt leider kein anschauliches Beispiel, um das nochmal darzulegen.
Ich bin da offen für neuen Input.
Partei:
Es kann aber auch passieren, dass diese Entwicklung überkompensiert wird und die wirklich Bedürftigen dann allein gelassen werden....
denke ich aber, dass dieser Eindruck eher auf eine erhöhte Medienpräsenz zurückgeht, sprich: Der Wert 'Solidarität' war schon vorher vorhanden und verinnerlicht. Aber jetzt, wo die Löhne sinken, die Probleme der Sozialsysteme offensichtlich werden
Da sieht man schön, wie du selbst zum willigen Opfer unserer Medien, allen voran ARD und ZDF, geworden bist. Du repetierst genau deren jahrelang wiederholten Phrasen.
Wenn man zu den Fakten geht, bleibt davon wenig übrig. Trotz Preissteigerung bei den Lebensmitteln brauchen die Deutschen heute prozentual weniger für Lebensmittel auszugeben als vor 20 Jahren. Mieten stagnieren, wohnen ist in Deutschland vergleichsweise (bezogen auf Westeuropa) billig... etc. Die größten Posten des Bundeshaushalts gehen in die Sozialsysteme, siehe oben, weit über 100 Milliarden und das bei bereits immenser Staatsquote. Wenn diese Sozialsysteme ein Problem haben, dann ist nicht der Kapitalismus dran Schuld, sondern der notorische fehlende Mut unserer Politiker (und Wähler) zur Umgestaltung.
Die einzig drastischen Preissteigerungen, die zu Reallohnverlust führen, kommen aus dem Energiesektor. Auch hier ist die deutsche Politik nicht ganz unschuldig zuzüglich einiger globaler Faktoren.
Zitat:
...und der rein Kapitalismus mehr und mehr Menschen betrifft,...
Mit solchen rot gefärbten Allgemeinplätzen kannst du dich bei Lafo als Redenschreiber bewerben.
Lexx schrieb am 10.04.2008 01:02 Partei:
Es kann aber auch passieren, dass diese Entwicklung überkompensiert wird und die wirklich Bedürftigen dann allein gelassen werden....
Nein, das kann eben nicht passieren, solange der Sozialstaat ein gesetzlich verankerter Mechanismus ist, der jedem Kranken, Faulen, Unglücklichen und Unwilligen ein angenehmes Auskommen beschert.
Spock schrieb am 09.04.2008 09:38
Ich habe den gegenteiligen subjektiven Eindruck: Es wird in Deutschland 2008 soviel über Solidarität, soziale Gerechtigkeit, etc. geredet oder besser geschwafelt wie nie zuvor. Ich sehe eine Werteverschiebung in die entgegengesetzte Richtung.
Naja, du sagst es doch selbst: es wird von Gerechtigkeit, Solidaritaet, usw. eben nur geredet oder gar nur geschwafelt...
wh
Sicher. Es fließen allein in Deutschland zwar noch dreistellige Milliardenbeträge (=Sozialetat), aber ansonsten wird nur geschwafelt.
Und du meinst, allein deshalb hat all das, wofuer diese Milliarden flieszen, auch automatisch etwas mit Solidaritaet, Gerechtigkeit, etc. zu tun bzw. ist gerecht, solidarisch, usw.?!
Ich bezweifle das einfach mal.
allein deshalb hat all das, wofuer diese Milliarden flieszen, auch automatisch etwas mit Solidaritaet, Gerechtigkeit, etc. zu tun bzw. ist gerecht, solidarisch, usw.?!
Ich bezweifle das einfach mal.
Ja super, dann lassen wir die Milliarden eben weg. Oder wenigstens ein Drittel. Und dann kehren wir zur ECHTEN Solidarität zurück. D.h. ich drücke dem Penner gerne einen Zehner in die Hand, wenn er dafür meinen Hof fegt und das Auto wäscht. Wenn er es gut macht, auch zwei.
Spock: "Da sieht man schön, wie du selbst zum willigen Opfer unserer Medien, allen voran ARD und ZDF, geworden bist. Du repetierst genau deren jahrelang wiederholten Phrasen. "
Fakten sind nicht relevant, relevant ist das Gefühl!
Wenn es den Leuten 20 jahre lang schlecht ging und es geht ihnen ein bisschen besser, dann sind sie glücklicher, als wenn es ihnen 15 Jahre lang sehr gut ging und es ihnen jetzt schlechter geht. Fakt ist, dass in den letzten Jahren die Reallöhne gesunken sind und die momentane Inflation vielen zusetzt - das weiß ich aus erster Hand.
Da denkt man dann eher an die Zukunft und die eigene Existenz, als wenn es bergauf geht.
Oder kurz: Nicht das Niveau ist entscheidend, sondern die Richtung!
"Mit solchen rot gefärbten Allgemeinplätzen kannst du dich bei Lafo als Redenschreiber bewerben. "
Ich behaupte einfach mal, dass du durchaus verstehst, was ich damit meine aber das aus Böswilligkeit(?) nicht so aussehen lässt.
"Im Gegenteil: Die Götzen, heiligen Schriften und Glaubenssätze waren nur andere. "
Aufmerksames Lesen hätte das verhindert!
Buddha wird in Südostasien verehrt wie kaum ein anderer. Trotzdem ist der Buddhismus eine atheistische Religion. So und jetzt zurück zur DDR.....
Partei:
Trotz Sopzialstaat gibt es arme und Obdachlose. Und wenn der gemeine Bürger sich allzu sehr auf den Sozialstaat verlässt, dann gehen diese Gruppen unter. Das meine ich mit Überkompensation. Der Sozialstaat ist ja nichts, was aus der Initiative der Bevölkerung kommt, sondern etwas, das quasi von oben diktiert wird...."Du HAST den Armen zu helfen."
Lexx schrieb am 11.04.2008 00:05
Buddha wird in Südostasien verehrt wie kaum ein anderer. Trotzdem ist der Buddhismus eine atheistische Religion.
Bitte etwas vorsichtiger mit solchen Thesen. Dass es sowas wie eine "atheistische Religion" gibt, ist mitnichten Konsens, sondern Standpunkt. In dem Kontext, wie in diesem Thread bisher Atheismus diskutiert wurde, gibt es sowas wie eine "atheistische Religion" sicherlich nicht.
Lexx schrieb am 11.04.2008 00:07
Spock:
Der Reallohn heute liegt unter dem von vor 17 jahren. Damit gerät selbst deine These von der heute besseren Situation ins Wanken....
Ich helfe mal Deinen Versuchen, die Beiträge Spocks zu verstehen, etwas auf die Sprünge...
Seine These ist, dass der Reallohnverlust staatsinduziert ist, nicht bruttolohn- und damit kapitalismusinduziert ist.
Da sind die Fakten 100% auf seiner Seite. Und wenn ich mir die Gesamtentwicklung in den letzten 20 Jahren anschaue, dann kann ich nur einen ebenso steilen wie breiten Wohlstandsanstieg konstatieren. Netto. Real.
Der Verfasser des FAZ-Artikels hat seinen Atheismus-Begriff nicht definiert, aber im Laufe des Textes explizit Nazis und Kommunisten aufgeführt ebenso wie gewalttätige Strömungen innerhalb des Islam, die für ihn auch atheistisch sind. Von Buddhismus war da nicht die Rede. Vielleicht sollte Topicgeber Kodo festlegen, wie er den A. denn nun betrachtet sehen möchte.
Spock:
Der Reallohn heute liegt unter dem von vor 17 jahren. Damit gerät selbst deine These von der heute besseren Situation ins Wanken....
Mal abgesehen von deiner Ignoranz gegenüber meinen (und später - konntest noch nicht lesen - Steffens) Erklärungsversuchen: Was willst du uns damit kundtun?
Vielleicht sollte Topicgeber Kodo festlegen, wie er den A. denn nun betrachtet sehen möchte.
Achso, Kodo erklärt uns erstmal, was er unter Atheismus versteht und wir dürfen dann noch Stichwortgeber für seine Ausgangsthese spielen? Danke auch.
Zitat:
Der Verfasser des FAZ-Artikels hat seinen Atheismus-Begriff nicht definiert, aber im Laufe des Textes explizit Nazis und Kommunisten aufgeführt...
Ich bin (zum Glück) kein Geisteswissenschaftler: Aber ob mir der Papst erklärt, wenn ich auf Erden nach seinen Regeln lebe, um später ins Paradies zu kommen oder Hitler oder Stalin oder Honecker im Prinzip dasselbe tun, ist doch völlig egal.
Wie ist die Denke von solchen Geistesheinis? Verlieren die sich so im Detail, dass sie den grundlegenden Mechanismus nicht mehr erkennen?
Steffen: "In dem Kontext, wie in diesem Thread bisher Atheismus diskutiert wurde, gibt es sowas wie eine "atheistische Religion" sicherlich nicht. "
Es gibt hier auch keinen Konsens, dass Atheismus = Religionslosigkeit ist. Warum ich diese Verwendung ablehne habe ich bereits sehr früh im Diskussionsverlauf klargemacht. Ich denke daher nicht, dass jemand mit meiner Verwendung des Begriffes ein Verständnisproblem hat.
Ok, vielleicht war ich etwas zu aggressiv, als ich Spock auf mein Verständnis von "Atheismus" vorgehalten habe. Allerdings widerspricht auch Wikipedia der Verwendung des Begriffes von Spock. Danach widerspricht Atheismus nunmal nicht der Tatsache, dass Personen oder Idelogien in religiöser Weise verehrt werden - solange sie nicht für einen Gott oder eine Gottheit gehalten werden und Atheismus bedeutet die Abwesenheit eines Gottesglaubens, nicht die Abwesenheit eines Glaubens an sich.
"Seine These ist, dass der Reallohnverlust staatsinduziert ist, nicht bruttolohn- und damit kapitalismusinduziert ist. "
...die hat aber gegenüber meiner These, dass es in den letzten Jahren für die breite Masse der Bevölkerung wirtschaftlich bergab ging wenig Widerspruchspotential. Dass die Globalisierung die Marktmechanismen gegenüber früher hierzulande verstärkt hat werdet ihr beide wohl nicht bestreiten. Genau darüber betrifft der reine Kapitalismus nämlich mehr Menschen.
Spock: "Mal abgesehen von deiner Ignoranz gegenüber meinen (...) Erklärungsversuchen"
Den Vorwurf kann ich in gleicher Weise zurückgeben! Siehe dazu meine Antwort an Steffen.
"Was willst du uns damit kundtun?"
Zitat: "Fakt ist, dass in den letzten Jahren die Reallöhne gesunken sind und die momentane Inflation vielen zusetzt - das weiß ich aus erster Hand. Da denkt man dann eher an die Zukunft und die eigene Existenz, als wenn es bergauf geht."
"Der Wert 'Solidarität' war schon vorher vorhanden und verinnerlicht. Aber jetzt, wo die Löhne sinken, die Probleme der Sozialsysteme offensichtlich werden und der rein[e] Kapitalismus mehr und mehr Menschen betrifft, werden die Leute sich bewusst, dass sie diesen Wert haben und verteidigen wollen "
Ich hoffe das muss ich dir jetzt nicht noch weiter vorkauen.
Lexx: Wenn du deinen eigenen Kram nochmal zitierst, wird er davon nicht besser oder verständlicher.
Zitat:
Fakten sind nicht relevant, relevant ist das Gefühl!
Wenn es den Leuten 20 jahre lang schlecht ging und es geht ihnen ein bisschen besser, dann sind sie glücklicher, als wenn es ihnen 15 Jahre lang sehr gut ging und es ihnen jetzt schlechter geht. Fakt ist, dass in den letzten Jahren die Reallöhne gesunken sind und die momentane Inflation vielen zusetzt - das weiß ich aus erster Hand.
Da denkt man dann eher an die Zukunft und die eigene Existenz, als wenn es bergauf geht.
Oder kurz: Nicht das Niveau ist entscheidend, sondern die Richtung!
Wer mit Gefühlen operiert, meint es oft nicht ehrlich. Ich sehe da auch keine sinnvolle Diskussionsbasis. Vielleicht waren die Leute in den Nachkriegsjahren trotz Entbehrungen glücklicher als ihre Kinder heute, wer weiß? Das ist rein subjektiv. Ich frage dich nochmal, was sollen wir da für Schlüsse draus ziehen?