Erste Umfrageergebnisse verheissen hier nichts gutes.
Wie weiter? Später nochmal wählen lassen? Das Ganze sein lassen und zurückkommen auf ein handlungsfähiges Kerneuropa?
SPD Europaparlamentarier Schulz kann sich sogar vorstellen, dass "wir zu einer Umgründung der EUkommen. Wenn sich der Reformvertrag ohnehin nicht umsetzen lasse, können die integrationsfreudigsten Staaten auch zum progressiveren EU-Verfassungsentwurf zurückkehren."
"Theoretisch wäre es ja möglich zu sagen: Die Staaten, die die Verfassung wollen, setzen sie in Kraft und kündigen alle alten EU-Verträge." Damit würden die übrigen Länder in Zugzwang geraten, argumentierte Schulz. In jedem Fall aber will Schulz bei einem Nein der Iren den Erweiterungsprozess der EU stoppen.
DP schrieb am 13.06.2008 13:39
Erste Umfrageergebnisse verheissen hier nichts gutes.
Am schlimmsten finde ich, dass man staendig Kommentare wahrnimmt, die Iren haetten bei einem Nein angeblich ihre Hausaufgaben nicht gemacht und muessten dann eh erneut waehlen... diese undemokratische Grundhaltung verheiszt nichts Gutes.
Zitat:
In jedem Fall aber will Schulz bei einem Nein der Iren den Erweiterungsprozess der EU stoppen.
Neiiin! Jetzt doch noch nicht, wo doch noch Israel und Russland fehlen, tz...!
DP schrieb am 13.06.2008 13:39
Erste Umfrageergebnisse verheissen hier nichts gutes.
Am schlimmsten finde ich, dass man staendig Kommentare wahrnimmt, die Iren haetten bei einem Nein angeblich ihre Hausaufgaben nicht gemacht und muessten dann eh erneut waehlen... diese undemokratische Grundhaltung verheiszt nichts Gutes.
Man wird an dem jetzigen Vertrag ein paar Kommas anders setzen, das verkauft man dann als "Nachbesserung" und "dem demokratischen Willen Rechnung tragen", und dann wird die Verfassung durchgedrückt, diesmal ohne den Urnenpöbel zu fragen, der wählt eh immer falsch.
Der European Roundtable of Industrialists will das Ermächtigungsgesetz, Widerstand ist zwecklos.
Also in der Meldung, die ich gelesen habe, wird mangelnde Information für das Nein verantwortlich gemacht. Indiz: Besonders in ländlichen Regionen soll die Ablehnung groß sein.
Lexx schrieb am 13.06.2008 15:10
Also in der Meldung, die ich gelesen habe, wird mangelnde Information für das Nein verantwortlich gemacht. Indiz: Besonders in ländlichen Regionen soll die Ablehnung groß sein.
Nein, der aktuelle Spin geht eher in Richtung "Iren lehnen Vertrag nicht ab, sondern wollen Regierung einen Denkzettel verpassen".
Sicher ist das ein Denkzettel; an die eigene Regierung, die ja praktisch immer Scheisse ist, die Brüssler Bürokraten, die ja eh nur Mist machen, gegen komplizierte Verträge, die ja schon deswegen abzulehnen sind, weil sie nicht von der Bild Zeitung in 2 Sätzen zusammenzufassen sind und gegen die Neuen, die jetzt an die Pfründe wollen, die man bisher selber bekam. Die Vorteile der EU gibts ja praktisch gratis, weswegen die Ja Stimmer immer unterlegen sein werden, weil man sie kaum mobilisieren kann.
Falls es die Möglichkeit gibt fände ich es in der Tat überlegenswert, dass jeder Staat die Verträge ratifiziert und die aktuell geltenden kündigt. Dann werden Länder wie Irland oder Polen eine eigene Union sein, nämlich die der übrig gebliebenen ungekündigten.
Wenn nich mich recht entsinne, hatten, als es um die zuletzt an F und NL gescheiterte Verfassung ging, die Iren in der ersten Runde auch mit Nein gestimmt. Sie "durften" dann allerdings noch mal an die Urnen, und dann hat es auch gepasst.
Genau wie dieses mal, war damals alles Mögliche der Grund für die Ablehnung, nur nicht die eigentliche Frage, nämlich ob sie der Verfassung zustimmen oder alternativ aus der EU raus wollen, der sie ihren in ihrer Geschichte beispiellosen Aufstieg und Wohlstand verdanken.
Warum also die Iren diesmal nicht auch noch mal abstimmen lassen. Irgendwann müssen die doch kapieren, wie sie abzustimmen haben.
Warum Konjunktiv und Zwinkersmiley? Ich versehe deinen Satz mal mit einem Ausrufezeichen!
Zu der Information gehört nicht nur die korrekte Kommunikation des Inhalts und der Bedeutung des Vertrages, sondern auch die Konsequenzen einer eventuellen Ablehnung.
Ich denke, wenn sich alle irischen Bürger über die Folgen ihrer Ablehnung im klaren gewesen wären, hätte viele ihr Votum noch mal überdacht.
Der Punkt ist, WARUM die Leute dagegen sind. Das hat nach aller Erfahrung nichts mit der Sache an sich zu tun, sondern mit allgemeiner EU-Verdrossenheit oder Ablehnung gegen die eigene Regierung. Das bitter-ironische dabei ist, dass man mit der Reform die EU Bürgernäher machen würde, wie schon mit der Verfassung, etwa durch die Stärkung des EU-Parlaments.
Aber durch diese Ablehung wird die EU in genau dem Zustand gehalten, den der die Leute verdrossen macht - ein Teufelskreis.
Weil ihnen der jetzige Zustand nicht gefällt, verhindern sie, dass daran etwas geändert wird.
Lexx schrieb am 15.06.2008 10:05
Das bitter-ironische dabei ist, dass man mit der Reform die EU Bürgernäher machen würde, wie schon mit der Verfassung, etwa durch die Stärkung des EU-Parlaments.
Lexx,
Wenn das so wäre könnte man das ja sicher in eins, zwei Sätzen erklären. Vielleicht kannst Du es ja? Also; das neue EU Gesetz ist bürgernäher weil...
Sag jetzt bitte nicht, "durch die Stärkung des EU Parlamentes." Wo ist denn da die Bürgernähe. Ich denke das Gegenteil ist der Fall. Die EU mag regierbarer werden, sicherer, nützlicher, flexibler, aber das sieht ja keiner, das passiert in den Parlamenten, Ausschüssen und Gremien. Das versteht kein Mensch was da bürgernäher sein soll. Im Gegenteil, fragt man die Leute, ob sie neue Länder wie die Türkei in der EU haben wollen kommt da ein deutliches Nein. Mit dem neuen EU Gesetz ist die Türkei praktisch drin und Länder wie Georgien, Aserbaidschan, Armenien stehen schon in der Schlange und wollen auch was vom Verteilungskuchen.
Vielleicht sollte man mal runterkommen von der Haltung, dass die Leute zu dämlich sind zu wissen was gut für sie ist. Mirk hat insofern recht, dass bei einer umfassenden Abstimmung mit ziemlicher Sicherheit 2/3 der Länder das Gesetz ebenfalls ablehnen würden. Statt nach juristischen Winkelzügen zu sinnieren sollten sich unsere europäischen Grosskopferten mal darüber Gedanken machen.
DP:
Ich denke schon, dass eine EU auf Basis eines mächtigen Europaparlamentes bürgernäher ist als die derzeitigen Kungelrunden im Ministerrat. Ob das den Bürgern auch klargemacht werden kann ist natürlich wieder eine andere Sache.
Vielleicht hat die Ablehung der Iren aber auch etwas gutes. Wenn jetzt der Einstieg in ein "Europa der zwei Geschwindigkeiten" auch auf dieser Ebene erfolgt begrüße ich das. Das dürfte nämlich zu besseren Strukturen führen als ein 27er-Kompromiss (siehe Euro, Schengen).
"Vielleicht sollte man mal runterkommen von der Haltung, dass die Leute zu dämlich sind zu wissen was gut für sie ist. "
Auch wenn ich dieser Einschätzung grundsätzlich zustimme, denke ich, dass sie in diesem Fall nicht greift.
Es ist für faule und schlechte Politiker einfach zu verlockend, nötige und vor allem schmerzhafte Reformen der EU in die Schuhe zu schieben. Somit werden von unseren Politikern faktisch alle harten Entscheidungen den Eurokraten zugeschrieben, alles was klappt, wird sich selbst zugeschrieben. Im Extremfall geht das sogar so weit, dass man die eigenen miesen Forderungen dann der EU in die Schuhe schiebt und als Beispiel für die Schlechtigkeit der EU darstellt (unvergessen die Normung des Traktorsitzes). Letztlich ist das auch das Problem der Iren, wobei man denen ja sogar zugestehen muss, dass die mit dem Status Quo am besten weiterfahren. Aus Sicht der Iren ist diese Entscheidung daher sogar logisch.
Auf der Basis ist es kein Wunder, dass die EU so einen schlechten Ruf hat.
Nur halte ich den überwiegend eben nicht für gerechtfertigt.