F-W schrieb am 28.08.2008 23:33
Ein Einkäufer von Aldi oder Plus verlangt aber wettbewerbsfähige Preise, Einhaltung von Liefermengen und -Terminen, logistische Vorleistungen bis zum Zentrallager usw. Das führt zunehmend zu einer Professionalisierung und Industrialisierung auf der Produzentenseite in der kein Platz mehr ist für esoterisches Geschwafel, wie es früher von Propagandisten der Biobewegung verbreitet wurde.
In der Tat erinnere ich mich, eine Statistik gelesen zu haben, dass inzwischen der durchschnittliche Biobauer eine größere Anbaufläche bewirtschaftet als sein konventionell wirtschaftendes Pendant.
Die Biobranche professionalisiert sich, und das ist gut so - es bedeutet mehr Sicherheit für den Konsumenten, günstigere Preise, mehr Qualität. An den grundsätzlichen Nachteilen dieser Wirtschaftsweise ändert es aber nix. Könnte mir persönlich egal sein, solange das alte Prinzip "wer bestellt, zahlt" gilt. Durch die übliche Einmischung der Politik (insbesondere zu Zeiten von Uns Renate) ist das leider nicht gegeben.
Steffen
Durch die EU werden vor allem industriell organisierte, landwirtschaftliche Großbetriebe gefördert.
Maßgebend ist die Größe der bewirtschafteten Fläche.
Da können Bio-Bauern nicht mithalten.
Die Landwirtschaft bekommt den größten Anteil der Eu-Fördermittel.
Gelöschtes Mitglied
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29.08.2008 11:02
#32Bioprodukte sind grundsätzlich rückstandsfreier
kater_5 schrieb am 29.08.2008 09:30
Die billigeren Lebensmittel zahlen wir dann übers Trinkwasser.
Gruss
Kater
Über das Wasser werden in der Regel, jedenfalls soweit es kommunale Wasserwerke betrifft, völlig wesensfremde, aber defizitäre Aktivitäten der Kommune gefördert, wie z.B. Nahverkehr.
kater_5 schrieb am 29.08.2008 09:30
Bio hat ja Kriterien die über die reine Qualität der Ware hinausgeht.
Ich finde es schon gut, wenn meine Kinder in dem genannten Biohofladen mal eine Horde Schweine erleben. Und wenn ich die Kinder nicht reinholen muss, weil der Bauer gerade mal wieder irgendwelches undefinierbares Vernichtungsmittel auf seine Felder gesprüht hat.
Und ich finde es auch besser, wenn das Fleisch, das ich esse, nicht mehr als nötig gequält wurde.
Zitat:
DP schrieb am 29.08.2008 09:46
Richtig, ich denke die Soft Facts dürfen wir nicht vergessen wenn wir über Bio reden. Ein anderer wäre, dass sich über dieses Zusatzangebot die Leute immerhin Gedanken über die Lebensmittel machen und ein weiterer wäre, dass ohne dem Bioangebot das "normale" wohl tendenziell immer künstlicher und/oder schädlicher und/oder inhaltsarmer werden dürfte.
Bio im traditionellen Lebensmitteleinzelhandel ist sicher kein vorübergehendes Phänomen, sondern wird als Absatzkanal immer wichtiger für die Produzenten. Die alte Einheit oder zumindest Nähe von Produktion und Verkauf im Biobereich weicht dadurch aber der bekannten Arbeitsteilung zwischen Produktion und Handel. Damit wächst auch die Entfernung zwischen Produzent und Verbraucher. Sich persönlich von der Sau zu verabschieden, bevor sie geschlachtet wird, dürfte immer mehr zur Ausnahme werden.
Das Berufsethos eines Einzelhändlers ist ein anderes als des Biobauern. Zwar wird auch der Einzelhandel versuchen, die Soft Facts von „Bio“ zum Verbraucher zu transportieren. Dennoch wird aus dem ethischen Commitment der Bio-Szene ein Marketinginstrument um ein margenstarkes Produktsegment zu kreieren und zu erhalten.
Das muss kein Nachteil für Produkte und Verbraucher sein, aber die missionarischen Gründerväter der Bioszene wird es mit Grausen erfüllen. Sie werden sich nach dem Nischendasein vergangener Tage sehnen.
Teilweise sogar teuerer als in Naturkostläden; wie z.B. teilweise bei EDEKA beocbachtet, obwohl das Zertifikat weiter gefasst ist.
Das überrascht mich nicht. Der übliche Supermarktkunde setzt nie einen Fuss in einen Naturkostladen.
Ich wohne in einem von der Landwirtschaft geprägten Gebiet. Der Edeka in der nächsten Kleinstadt verkauft schwerpunktmässig Produkte aus der unmittelbaren Umgebung. Obwohl z.B. auf den Kartoffeltüten Name und Adresse des Bauern und sogar ein Hinweis auf seinen Hofladen aufgedruckt sind und der Preis höher als dort ist, bin ich mir sicher, dass der Edeka mehr Kartoffeln verkauft als der Bauer in seinem Hofladen. Und dass, obwohl es die meisten Kunden zum Bauern nicht oder kaum weiter hätten als in die Stadt.
kater_5 schrieb am 29.08.2008 09:30
Bio hat ja Kriterien die über die reine Qualität der Ware hinausgeht.
Ich würde eher sagen, Bio hat fast nur Kriterien, die mit der Qualität der Ware nichts zu tun haben.
Zitat:
Ich finde es schon gut, wenn meine Kinder in dem genannten Biohofladen mal eine Horde Schweine erleben. Und wenn ich die Kinder nicht reinholen muss, weil der Bauer gerade mal wieder irgendwelches undefinierbares Vernichtungsmittel auf seine Felder gesprüht hat.
In den 70ern und 80ern waren Pestizide ein ernstzunehmendes Problem - nicht unbedingt aufgrund der Pestizide, sondern aufgrund des verschwenderischen Einsatzes. Heute sind die in Deutschland zugelassene Spritzmittel ziemlich harmlos.
Zitat:
Und was die Politik angeht hat ja die konventionelle Landwirtschaft durchaus Auswirkungen, die über die reine Qualität der Ware hinausgeht. Die billigeren Lebensmittel zahlen wir dann übers Trinkwasser.
Wir zahlen alles mögliche übers Trinkwasser wegen grassierender Subventionitis und Intransparenz bei den Kommunen. Aber die konventionelle Landwirtschaft ist bei Gülledüngung genauso gut oder schlecht fürs Trinkwasser wie die Biolandwirtschaft. Bei korrektem Kunstdüngereinsatz allerdings viel besser. Von daher ist eher das Gegenteil richtig, noch verschärft durch den geringeren Flächenertrag bei der Biolandwirtschaft.
Du setzt hier einen verantwortlich handelnden konventionellen bauern mit einem unverantwortlich handelnden Biobauern gleich.
Das dürfte aber nicht so ganz der Realität entsprechen.
Der rationell handelnde konventionelle Bauer, der schon aus Kostengründen sparsam und effizient mit Dünger und Pestiziden umgeht, dürfte allenfalls einem Märchenbuch für Kapitalismustheoretikern entspringen, in der Realität gilt wohl eher "viel hilft viel".
Gruss
Kater
Gelöschtes Mitglied
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29.08.2008 15:40
#37Bioprodukte sind grundsätzlich rückstandsfreier
In den 70ern und 80ern waren Pestizide ein ernstzunehmendes Problem - nicht unbedingt aufgrund der Pestizide, sondern aufgrund des verschwenderischen Einsatzes. Heute sind die in Deutschland zugelassene Spritzmittel ziemlich harmlos.
Steffen
Der Beginn der Vermarktung der BAYER-Pestizide Gaucho (Wirkstoff Imidacloprid) und Poncho (Wirkstoff Clothianidin) fällt mit dem Auftreten großer Bienensterben u.a. in Italien, der Schweiz, Deutschland, Österreich, England, Slowenien und den USA zusammen.
Allein in Frankreich starben innerhalb von zehn Jahren rund 90 Milliarden Bienen, die Honigproduktion sank um bis zu 60%.
Da Honigbienen außerdem den größten Teil der Blütenbestäubungen erbringen, gingen auch die Erträge von Äpfeln, Birnen und Raps zurück. TAZ
Poncho ist ein Produkt der Firma Bayer, die nun eingeräumt hat, dass es einen Zusammmenhang gibt zwischen ihrem Gift und dem Bienensterben. Aber nur, weil ein paar Chargen von den Saatgutherstellern falsch produziert worden seien. Den Imkern bietet Bayer nun eine Entschädigung von zwei Millionen Euro an. SZ
KLar, es sind noch keine 300 Doppelblindstudien usw. durchgeführt worden.
Steffen: "Aber die konventionelle Landwirtschaft ist bei Gülledüngung genauso gut oder schlecht fürs Trinkwasser wie die Biolandwirtschaft. "
Das ist definitiv falsch!
Die Bio-Landwirtschaft hat weniger Vieh pro Weidefläche und produziert damit gleichzeitig weniger Gülle pro Weidefläche als die konventionelle LW. Damit sind bei gleicher Verwendung der Gülle auch die Schäden geringer. Hinzu kommt, dass Bio-LW eine Fruchtfolge einhalten muss und daher die Gülle nicht jedes Jahr aufs selbe Feld ausgetragen wird.
Algenpest und Fischsterben durch nitratverseuchtes Wasser waren den küstennahen Massentierhaltungs-Betrieben zu verdanken, etwa in Dänemark.
Gelöschtes Mitglied
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30.08.2008 08:52
#39Bioprodukte sind grundsätzlich rückstandsfreier
Lexx schrieb am 29.08.2008 16:14
Die Bio-Landwirtschaft hat weniger Vieh pro Weidefläche
Das bringt mich zur Frage; die immer gültige Weltformel um seinen Betrieb und/oder seine Produkte Bio zu nennen steht und die alle Haltungs- Zucht- Anbaubedingungen vereinheitlicht und definiert steht noch mal wo... ?
In den allgemeinen Vorschriften (Anhang I) steht: "1.2 Die tierische Erzeugung muss das Gleichgewicht der landwirtschaftlichen Betriebssysteme fördern, indem sie zur Deckung des Bedarfs der Pflanzen an Nährstoffen und zur Verbesserung der organischen Boden-substanz beiträgt. Sie fördert so den natürlichen Kreislauf zwischen Boden und Pflanze, Pflanze und Tier sowie Tier und Boden. Im Rahmen dieses Konzepts entspricht die flächenunabhängige Produktion nicht den Vorschriften dieser Verordnung.
1.3 Durch die Verwendung erneuerbarer natürlicher Quellen (Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft, Legumi-nosen und Futterpflanzen) wird eine Kombination von Pflanzenbau und Tierhaltung und der entsprechen-den Weidesysteme ermöglicht, die die langfristige Erhaltung und Verbesserung der Böden sowie die Ent-wicklung einer nachhaltigen Landwirtschaft fördert.
Abschnitt 4 verbietet Zwangsfütterung und irreversible Mastmethoden sowie Fütterung durch nicht-Öko-Futter.
In Abschnitt 7 steht: "7.1 Die in einem Betrieb insgesamt verwendete, in der Richtlinie 91/676/EWG
** definierte Dungmenge darf 170 kg Stickstoffeintrag je Jahr und Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche (...) nicht überschreiten."
Auszug: (Tiere pro Hektar)
Milchkühe 2
Merzkühe 2
Andere Kühe 2,5
Zuchtsauen 6,5
Mastschweine 14
Andere Schweine 14
Anhang VII beschäftigt sich z.b. damit, Wie eng die Tiere beieinander stehen müssen.
So müssen z.b. Legehennen mindestens 2,6 mal so viel Stallplatz haben wie die berühmte DIN-A4-Seite der Legebatterien. Dazu kommt eine vorgeschriebene Außenfläche.
Die Verordnung lässt an vielen Ställen verschärfungen der Mitgliedsländer ausdrücklich zu.
dewo:
Du hast die neueste Rechtschreibreform verpasst!
"Ställen" kommt von der "Ställe" (früher "Stelle" [Platz, Ort, Position]). Da man das "e" an dieser Ställe sowieso wie "ä" gesprochen hat, hat die Regierung entschieden, die neue Schreibweise im Sinne des Programms "Schreiben, wie man es spricht" ab sofort mit "ä" zu schreiben. Genau wie das "Restorang" (Restaurant), dass "Disein" (Design) oder die "Dädlain" (Deadline).
Lexx schrieb am 29.08.2008 16:14
Die Bio-Landwirtschaft hat weniger Vieh pro Weidefläche
Das bringt mich zur Frage; die immer gültige Weltformel um seinen Betrieb und/oder seine Produkte Bio zu nennen steht und die alle Haltungs- Zucht- Anbaubedingungen vereinheitlicht und definiert steht noch mal wo... ?
DP
Mich bringt Lexx' Zitat schnell zu dem Punkt, dass Bio-Landwirtschaft immer eine Nische für übersättigte Wohlstandsbürger bleiben wird, denn mit einer extensiven Bewirtschaftung ist die Welt gar nicht satt zu kriegen.
Lexx schrieb am 30.08.2008 11:00
dewo:
Du hast die neueste Rechtschreibreform verpasst!
"Ställen" kommt von der "Ställe" (früher "Stelle" [Platz, Ort, Position]). Da man das "e" an dieser Ställe sowieso wie "ä" gesprochen hat, hat die Regierung entschieden, die neue Schreibweise im Sinne des Programms "Schreiben, wie man es spricht" ab sofort mit "ä" zu schreiben. Genau wie das "Restorang" (Restaurant), dass "Disein" (Design) oder die "Dädlain" (Deadline).
Du setzt hier einen verantwortlich handelnden konventionellen bauern mit einem unverantwortlich handelnden Biobauern gleich.
Nein, das tue ich nicht. Zunächst vergleiche ich best practise. Da stinkt der Biolandwirt mächtig ab, weil ihm aus vielerlei Hinsicht unsinnige Vorschriften gemacht werden, die seine Handlungsmöglichkeiten extrem einschränken.
Im Durchschnitt sieht man beim Biobauern ebenfalls keine Vorteile. Jedenfalls sagen das die einschlägigen Untersuchungen, sofern sie sich nicht auf "Pestizidrückstände" beschränken. Hauptgrund dafür sind die Sortenbeschränkungen, der eingeschränkte Pestizideinsatz und die Restriktionen bei der Düngung. Größter Nachteil - auch das erwähnte ich bereits - ist der geringere Flächenertrag.
Zitat:
Der rationell handelnde konventionelle Bauer, der schon aus Kostengründen sparsam und effizient mit Dünger und Pestiziden umgeht, dürfte allenfalls einem Märchenbuch für Kapitalismustheoretikern entspringen, in der Realität gilt wohl eher "viel hilft viel".
Ich will mich an solchen Spekulationen eigentlich nicht beteiligen. Natürlich gibt es schwarze Schafe, und einige Übriggebliebenen aus den Golden 60s, als man noch eimerweise das Totalherbizid aufs Feld kippte. Der moderne Landwirt - und das sind die meisten, weil sie sonst nicht konkurrenzfähig sind, besonders der Trend zu großen Flächen hilft da - kann sich solche Sperenzchen nicht leisten.