Letztlich ist ein Rechtsstaat an gewisse Regeln gebunden. Eine davon ist bisher, dass man niemand bestraft, der nichts gemacht hat, oder seine Strafe abgesessen hat.
Letztlich muss ein Rechtsstaat aber auch seine Bürger schützen. Macht er nichts dann bestraft er die Opfer, weil er ja weiss, dass es welche geben wird wenn man solche Leute entlässt. Man gibt ja Pädophilen auch nicht gerade den Job des Kindergärtners, auch wenn ihm der verfassungsmässig zustehen würde.
Ich empfehle dazu (da wir schon im Max Frisch Jahr sind): Biedermann und die Brandstifter.
Er muss vor allem das Recht durchsetzen. Dazu gehört eben auch, dass man Leute nicht einfach so einsperren kann, sondern dass man dazu gewisse Regeln einhalten muss, die sich der Staat ja auch noch selbst gegeben hat. Ich finde es jedenfalls sehr fragwürdig, wenn man Menschen, die möglicherweise nur einmal etwas verbrochen haben, aufgrund einer fragwürdigen Prognose lebenslang wegsperrt. Letztlich sind beide Verfahren ziemlich fragwürdig. Früher hat man mit dem Urteil keine Sicherungsverwahrung verhängt und muss die Leute jetzt freilassen, jetzt wird die Sicherungsverwahrung verhängt auf Basis einer Prognose, wie der Täter sich wohl nach Verbüssung der Haftstrafe 10 oder 15 Jahre später verhalten wird.
Interessant fand ich dazu die Aussage des Psychologenverbandes. Entweder ist der Täter psychisch gestört, dann ist der unzurechnungsfähig und gehört in die geschlossene Psychiatrie bis er entweder gesund oder tot ist. Oder er ist zurechnungsfähig und kann für die Tat bestraft werden. Dann gibt es keine Handhabe, ihn nach Verbüssung der Strafe festzuhalten. Ansonsten hat die Strafe ja gar keinen Sinn.
Im übrigen stellt sich natürlich die Frage, ob das Wegsperren überhaupt Sinn macht. Die USA haben mit ihrer "Three Strike" Strategie zwar unendlich viele Menschen hinter Gitter gebracht, die Mordzahlen sind aber trotzdem deutlich höher als in Deutschland. Offensichtlich führt das massenhafte Einsperren eben nicht zu mehr Sicherheit.
Da vermischst du 2 Sachen, das eine ist das lebenslange Wegsperren einer überschaubaren Grösse nicht therapierbarer Verbrecher, damit sie der Allgemeinheit nicht mehr schaden zufügen können, das andere ein mehr (US) oder weniger (D) restriktives Rechtssystem. Hier geht es nur um ersteres.
Ich finde es jedenfalls sehr fragwürdig, wenn man Menschen, die möglicherweise nur einmal etwas verbrochen haben, aufgrund einer fragwürdigen Prognose lebenslang wegsperrt.
Sicher ist das fragwürdig. Aber alle Gewaltverbrecher, die umgehend auf ihre nächsten Opfer losgehen einfach freizulassen kann ja nun auch nicht der Stein der Weisen sein. Und wenn ich abwägen müsste würde ich doch lieber die potenziellen Opfer schützen.
Zitat Mir wäre das jetzt ziemlich egal, wenn die zusammen glücklich sind. Risiken für Fehlgeburten hat auch jede Raucherin oder Trinkerin und da gibt es auch keine Einschränkungen.
Zitat von DPDa vermischst du 2 Sachen, das eine ist das lebenslange Wegsperren einer überschaubaren Grösse nicht therapierbarer Verbrecher, damit sie der Allgemeinheit nicht mehr schaden zufügen können, das andere ein mehr (US) oder weniger (D) restriktives Rechtssystem. Hier geht es nur um ersteres.
Wenn ich an die "überschaubare Grösse" glauben würde, wäre ich ja Deiner Meinung. Nachdem ich gehört habe, dass der erste Einbrecher zu Sicherungsverwahrung verurteilt wurde, bin ich da aber sehr skeptisch.
Zitat von DPDa vermischst du 2 Sachen, das eine ist das lebenslange Wegsperren einer überschaubaren Grösse nicht therapierbarer Verbrecher, damit sie der Allgemeinheit nicht mehr schaden zufügen können, das andere ein mehr (US) oder weniger (D) restriktives Rechtssystem. Hier geht es nur um ersteres.
Ich finde es jedenfalls sehr fragwürdig, wenn man Menschen, die möglicherweise nur einmal etwas verbrochen haben, aufgrund einer fragwürdigen Prognose lebenslang wegsperrt.
Sicher ist das fragwürdig. Aber alle Gewaltverbrecher, die umgehend auf ihre nächsten Opfer losgehen einfach freizulassen kann ja nun auch nicht der Stein der Weisen sein. Und wenn ich abwägen müsste würde ich doch lieber die potenziellen Opfer schützen.
Haben wir nicht das Dilemma dadurch geschaffen, dass wir selbst für schlimme Mordtaten deutlich geringere Strafmaße (und wenn es nur die tatsächlich abzusitzende Zeit ist) vorsehen als in etwas älteren Zeiten? Und haben wir das nicht mit der Begründung gemacht, dass die Resozialisierung stärker in den Vordergrund gerückt werden müsse? Ich bin kein Experte in der Historie unseres Rechtswesens und der Strafgesetze, aber wäre es nicht der rationale Hebel in der Rechtsprechung, dass bestimmte Strafmaße an die Resozialisierbarkeit gebunden sind? Dann entfiele das Konstrukt einheitlich festgelegter Strafmaße auf der einen Seite, und Sicherungsverwahrung die nicht Strafe sein darf auf der anderen? Alternativ könnte man aber prinzipielle fragen, warum nicht 'lebenslang' lebenslang sein darf, und dem Häftling generell die Möglichkeit gegeben wird, frühzeitige Entlassung zu beantragen? Dann können psychiatrische Gutachten in die Entscheidung einfließen.
Klar, es bleibt trotzdem immer das Problem der Prognosegenauigkeit von Gutachtern.
da stimme ich Dir voll zu. Erst hat man eine Strafrechtsreform durchgeführt, die "lebenslang" in "max. 15 Jahre" umgewandelt hat, das Ganze unter dem Deckmantel der Resozialisierung. Nur, Resozialisierung ist nicht in den Gefängnissen angekommen. Nicht mal Therapie. Von den ca 50 Gefangenen, die ich vor 1 1/2 Jahren kennengelernt habe sitzen sicherlich 75 % wegen Drogenabhängigkeit incl. aller Folgen ein. Therapie? M.E. sollte eine Therapie schnell erfolgen weil man damit möglicherweise auch dem schwunghaften Drogenhandel in den Gefängnissen wirksam begegnen könnte; wenn überhaupt dann gibts Therapei aber erst gegen Ende der Haft.
Ehe mich jemand missversteht - "Kuschelpädagogik" ist für mich KEINE Resozialisierung - im Gegenteil. Aber wenn ich als Staat erreichen will dass die Leute nicht mehr straffällig werden dann muss ich Ausbildung, Arbeit, Therapie (wo nötig) anbieten und etwas dafür tun dass die Leute nicht wieder zwangsweise in ihr altes Milieu zurückfallen. Aber da schauts bei uns nicht sonderlich positiv aus...
Inzest: Ich finde es gibt Bereiche in denen der Staat nicht viel verloren hat. Dass Inzest nicht "förderungswürdig" ist ist, denke ich mal, Allgemeingut. Aber solange keinerlei Zwang ausgeübt wird ist Gefängnis übertrieben.
Schönen Abend WRL
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)
Zitat von DPDa vermischst du 2 Sachen, das eine ist das lebenslange Wegsperren einer überschaubaren Grösse nicht therapierbarer Verbrecher, damit sie der Allgemeinheit nicht mehr schaden zufügen können, das andere ein mehr (US) oder weniger (D) restriktives Rechtssystem. Hier geht es nur um ersteres.
Wenn ich an die "überschaubare Grösse" glauben würde, wäre ich ja Deiner Meinung. Nachdem ich gehört habe, dass der erste Einbrecher zu Sicherungsverwahrung verurteilt wurde, bin ich da aber sehr skeptisch.
Gruss Kater
Blödsinn (übrigens schon aus rein finanziellen Erwägungen).
Na, dann schlage ich vor, dass Du Dich mal informierst:
Hier mal der $66, der bis zum 1. januar 2011 galt: ___________________________________________________________________________________________________________________ § 66 StGB - Unterbringung in der Sicherungsverwahrung:
"(1) Wird jemand wegen einer vorsätzlichen Tat zu zeitiger Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so ordnet das Gericht neben der Strafe die Sicherheitsverwahrung an, wenn 1. der Täter wegen vorsätzlicher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, 2. er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und 3. die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, für die Allgemeinheit gefährlich ist. _____________________________________________________________________________________________________________________________
Es reichten also mehrfache Verurteilungen wegen Diebstahls aus.
Allerdings wurde der aufgrund des EuGh Urteils geändert, heute braucht man tatsächlich schwerere Verbrechen mit körperlichen Angriffen.
Wie Du hättest lesen können, sind die UND Verknüpft.
Im Prinzip reichten also zwei Vorstrafen wegen Diebstahls, wobei die letzte mindestens zwei Jahre betragen haben muss. damit sind die Sätze 1 und 2 erfüllt.
Mit den zwei Strafen (und der anstehenden dritten) war dann der geforderte Hang zu schweren Straftaten automatisch erfüllt, ein "schwerer wirtschaftlicher Schaden" kann bei einer Strafe von über zwei Jahren wohl auch sowieso angenommen werden.
Letztlich konnte man durchaus wegen Diebstahls zu Sicherungsverwahrung verurteilt werden.
Es ist allerdings recht schwierig, dazu Daten zu finden, anscheinend sind 6% der Sicherungsverwahrten wegen Diebstahl in Sicherungsverwahrung, allerdings werden dabei anscheinend nur die letzten Taten gewertet. Teilweise hatten die aber anscheinend bei früheren Taten auch schon Vergewaltigungen begangen, der Einbruchsdiebstahl war nur die Spitze des Eisberges. Allerdings habe ich auch ein Urteil gefunden, wo ein Richter einen sexuellen Hintergrund gesehen hat, weil der Täter beim Einbruch die Unterwäsche des Opfers durchwühlt hatte und dann damit die Sicherungsverwahrung begründet hat.
Die neue Fassung des §66 ist da eindeutiger. Die finde ich dann auch akzeptabel.
Zitat von KaterWie Du hättest lesen können, sind die UND Verknüpft.
Kater,
ich habe gefragt, weil mir schien, dass der Punkt 3 für Dich irrelevant ist. Die Prognose muss ja irgendwie begründbar sein, wofür einfache Diebstähle kaum herhalten können. Man kann also wegen Diebstahls nicht zu Sicherungsverwahrung verurteilt werden, sondern wegen einer in diesem Zusammenhang stellbaren Prognose zu "Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird".
Natürlich könnten sich die Zeiten ja ändern, und Gutachter könnten entscheiden, dass die alte Frauen beim Anblick eines Einbrechers schweren seelischen Schaden genommen haben. Aber ich glaube nicht, dass wir schon soweit sind.
Der Punkt 3 liegt im Auge des Betrachters und ist stark abhängig von der Aufmerksamkeit, die ein Prozess bekommt. Deswegen halte ich den für relativ belanglos.
Es wird z. B. sicherlich jede Menge Gutachterinnen geben, die diese Eigenschaften Kachelmann zuschreiben würden (mal davon abgesehen, dass aufgrund der Öffentlichkeit eigentlich keine Gefahr für die Allgemeinheit besteht). Ich bin trotzdem nicht der Meinung, dass er in Sicherungsverwahrung gehört, selbst wenn er verurteilt würde.
Und was ist ein "schwerer wirtschaftlicher Schaden" in Kombination mit "Prognose" ? Das ist so schwammig, dass da grundsätzlich erstmal jeder drunter fällt, der wiederholt wegen Einbruchs verurteilt wurde. Es stellt sich auch die Frage, welchen Sinn eine Strafe haben soll, wenn man schon beim Urteil feststellt, dass die nichts nützen wird.
Was meine eigentliche Kritik an der anschliessenden Sicherungsverwahrung ist. Man kann nicht einerseits feststellen, dass jemand nicht in der Lage ist, seine wie auch immer gearteten Neigungen zu kontrollieren, ihn aber andererseits für so zurechnungsfähig halten, dass eine Strafe einen wie auch immer gearteten Sinn jenseits des schlichten Rachegedankens hat. Letztlich halte ich da die frühere Version für logischer, entweder ist er zurechnungsfähig, dann geht es ins Gefängniss, und man glaubt, dass die Haft ihn irgendwie bessert, oder er ist es nicht, dann kommt er in die geschlossene Psychiatrie und man versucht, ihn dort zu therapieren. Was durchaus lebenslänglich sein kann, wenn sich am Geisteszustand nichts ändert. Aber ein psychisch Kranker, der nicht heilbar ist, ist im Gefängniss sicher am falschen Ort.
Der "wirtschaftliche Schaden" wurde in der aktuellen Version des Gesetzes übrigends weggenommen.
Zitat von KaterDer Punkt 3 liegt im Auge des Betrachters und ist stark abhängig von der Aufmerksamkeit, die ein Prozess bekommt. Deswegen halte ich den für relativ belanglos.
In der Regel gibt es zu diesen Paragraphen ausführliche Rechtsliteratur, auf die sich Richter in der Rechtsprechung beziehen. Da spielt das Bauchgefühl von unsereins keine große Rolle.
Zitat Aber ein psychisch Kranker, der nicht heilbar ist, ist im Gefängniss sicher am falschen Ort.
Wenn man das Gefängnis als eine ausbruchsichere Räumlichkeit sieht, ist es nicht automatisch der falsche Ort. Wenn jemand von seiner Neigung zu Vergewaltigung oder Gewalttaten nicht heilbar ist, ansonsten nicht außergewöhnlich auffällig, dann muss man ihm keine wohl recht teurere Unterbringung anbieten.
Zur Zurechnungsfähigkeit: Nicht-Therapierbarkeit muss man ja nicht mit Unzurechnungsfähigkeit gleichsetzen. Zur Therapie: Man kann die Schwelle der Entscheidung der Therapierbarkeit eigentlich beliebig wählen.
Wenn also die psychiatrische Behandlung als erfolglos abgebrochen, wird, der Häftling keine außergewöhnliche Betreuung benötigt, dann bietet sich das Gefängnis an. Dies wäre einfacher zu argumentieren, wenn es eben nicht um die Beedigung einer relativ kurzen Haftstrafe ginge, sondern um eine Verkürzung einer langen Haftstrafe auf Antrag.
Schön, dass wir wieder zu einer Sachdiskussion zurückgekommen sind. Zwischenzeitlich wurde hier für meinen Geschmack etwas zu viel polemisiert. Als würden die Sicherungsverwahrten alle hochgefährliche Rückfallgarantien sein und völlig unbewacht in ein freies Leben entlassen werden.
Tatsächlich war die erste Folge der Entlassung, dass einige Freigelassene 24/7 von der Polizei überwacht wurden. Von einer Vernachlässigung der öffentlichen Sicherheit kann also keine Rede sein.
Und auch die Sicherungsverwahrung an sich steht ja garnicht in Frage. Der wesentliche Punkt ist nur, dass die Sicherungsverwahrung keine Buße mehr für den Straftäter sein darf, sondern wirklich nur eine gesicherte Unterbringung.
Im Übrigen finde ich die Prüfung der Verwahrten teilweise schon fragwürdig. Ist ein 73-jähriger, der sich des sexuellen Missbrauchs schuldig gemacht hat, wirklich eine Gefahr für die Gesellschaft?
Zitat von LexxDer wesentliche Punkt ist nur, dass die Sicherungsverwahrung keine Buße mehr für den Straftäter sein darf, sondern wirklich nur eine gesicherte Unterbringung.
Und wenn du jetzt noch definieren kannst wo man zwischen beidem sinnvoll unterscheiden kann hast du den Stein der Weisen gefunden.
Zitat von Lexx Ist ein 73-jähriger, der sich des sexuellen Missbrauchs schuldig gemacht hat, wirklich eine Gefahr für die Gesellschaft?
Ja, wenn da ein Muster zu erkennen ist (z.B. die x. Vergewaltigung).