Das Haushaltsdefizit beträgt dieses Jahr 12,7%, weit mehr als nach den Währungsbedingungen erlaubt. Die Abwertung der Bonität von A- auf BBB+ tut ihr Übriges zur Finanznot. Daher hat Regierungschef Papandreou einen harten Sparkurs angekündigt. Im Rentensystem soll es Fusionen geben, beim öffentlichen Dienst soll gespart werden und zehntausende illegale Einwanderer sollen legalisiert werden. Man müsse "auf alle Annehmlichkeiten verzichten". Korruption und Vetternwirtschaft will er bekämpfen und außerdem die Umwelttechnologien fördern und Staatsbetriebe Privatisieren. Das Land müsse sich ändern, oder untergehen.
Bekommen wir mit Griechenland, das sich von Anfang an in die Euro-Zone getrickst hat, den ersten Staatsbankrott eines Euro-Landes? Was bedeutet das für die Stabilität des Euro und die Ambitionen auf eine alternative Leitwährung zum Dollar? Und inwieweit betrifft uns selbst, was in Griechenland vorgeht?
Zitat Bekommen wir mit Griechenland, das sich von Anfang an in die Euro-Zone getrickst hat, den ersten Staatsbankrott eines Euro-Landes? Was bedeutet das für die Stabilität des Euro und die Ambitionen auf eine alternative Leitwährung zum Dollar? Und inwieweit betrifft uns selbst, was in Griechenland vorgeht?
"Die einfachste surrealistische Tat besteht darin, mit Revolvern in den Fäusten auf die Straße zu gehen und blindlings, solange man kann, in die Menge zu schießen. Wer nicht einmal im Leben Lust gehabt hat, auf diese Weise mit dem derzeit bestehenden elenden Prinzip der Erniedrigung und Verdummung aufzuräumen - der gehört eindeutig selbst in diese Menge und hat den Wanst ständig in Schusshöhe." ~André Breton
Vielleicht sehe ich das ja falsch, aber was ändert Griechenland jetzt an der Eurozone ?
Griechenland wird jetzt schon anders bewertet als andere europäische Länder, eine einheitliche Euro-Klassifizierung gibt es sowieso nicht. Wenn Griechenland jetzt seine Schulden nicht mehr bedient, haben seine Gläubiger Pech gehabt, auf deutsche Anleihen hätte das aber keinen Einfluss. Der Euro könnte etwas fallen, aber das ist ja derzeit durchaus im Sinne der anderen Mitgliedsländer, denn Inflation ist ja zur Zeit so gar kein Thema.
Also, ich kann diese Katastrophenszenario für die Eurozone nicht nachvollziehen. Die einzige Katastrophe sind Zeitungsberichte wie dieser, der eine Katastrophe heraufbeschwören und das vielleicht sogar erreichen.
ich weiß nicht, wie Du darin ein 'Katastrophenszenario' sehen kannst. Inflationierung von 'Katastrophe'? Du hast ja vor einiger Zeit geschrieben, dass die Sitution in Argentinien eigentlich gar nicht so schlimm sei.
Dein Glaube, dass die griechische Situation auf deutsche Anleihen und damit auf die Finanzierung der Schulden von Bund und Ländern keinen Rückwirkung habe, teilen offensichtlich die den Finanzmärkten näher stehenden Leute nicht. Griechenland ist hier der Präzedenzfall für Italien oder andere Euroländer. Auch bei deutschen Anleihen müssen Aufschläge akzeptiert werden, wenn andere Länder im Euroraum in Schwierigkeiten sind, da letztlich das Vertrauen der Käufer leidet, und die Kosten, ob bail out oder 'Ausschluß', umverteilt werden.
"Dein Glaube, dass die griechische Situation auf deutsche Anleihen und damit auf die Finanzierung der Schulden von Bund und Ländern keinen Rückwirkung habe, teilen offensichtlich die den Finanzmärkten näher stehenden Leute nicht." Andere sogenannte Experten haben auch nicht meine Einstellung zur Schweinegrippe geteilt und haben das zu einer der grössten Epedemien der etzen Jahrhunderte hochgepusht. Dennoch habe ich recht behalten. Man sollte auch berücksichtigen, dass viele dieser Expterten selbst griechische Schuldverschreibungen halten, für die ist das natürlich schon Schade.
" Griechenland ist hier der Präzedenzfall für Italien oder andere Euroländer." Ok, das ist mal ein Argument. Allerdings war es bei Italien auch schon immer klar, dass die die Kriterien nur bei sehr grosszügiger Auslegung einhalten. Und dass Griechenland massiv geschummelt hat, ist ja nun auch nichts neues, allenfalls das Ausmass ist neu. Dennoch ist der Euro dramatisch gestiegen, was wohl dafür spricht, dass die Leute das recht nüchtern bewerten. Übrigends ist auch Kalifornien praktisch pleite, ohne dass man ernsthaft vom Zusammenbruch des US-System redet. Und das obwohl Kalifornien einen wesentlich grösseren Anteil am US Finanzsystem hat als Griechenland am europäischen.
" Auch bei deutschen Anleihen müssen Aufschläge akzeptiert werden, wenn andere Länder im Euroraum in Schwierigkeiten sind, da letztlich das Vertrauen der Käufer leidet, und die Kosten, ob bail out oder 'Ausschluß', umverteilt werden." Wenn ich das richtig sehe, sind Bundesanleihen im letzten halben Jahr eigentlich tendentiell eher gestiegen, bzw. die Renditen gefallen, was eigentlich gegen Deine These spricht. Es spricht übrigends auch dafür, dass diese, den Finanzmärkten näher stehenden Leute, anders handeln als sie reden.
Verstehe mich hier übrigends bitte nicht falsch. Ich würde wirklich gerne verstehen, was tatsächlich das Risiko bei den griechischen Mauscheleien ist. Aber bisher sehe ich da eher die nächste Sau, die nach der Schweinegrippe durch Dorf gejagt wird.
Zitat von Kater Andere sogenannte Experten haben auch nicht meine Einstellung zur Schweinegrippe geteilt und haben das zu einer der grössten Epedemien der etzen Jahrhunderte hochgepusht. Dennoch habe ich recht behalten.
Damit fällt natürlich die Argumentation der "den Finanzmärkten näher stehenden Leuten" wie ein Kartenhaus zusammen.
Neulich hat irgendsoein Guru ein Szenario ausgebreitet; die Welt im Jahr 2020. Was mir da hangen geblieben ist war folgendes: das Eurogebiet steht vor dem Kollaps und in Deutschland ärgert man sich, dass man nicht gleich die Schulden von Griechenland übernommen hat, bevor es zu den schweren und Jahre anhaltenden Ausschreitungen gekommen ist, die in Athen ihren Anfang nahmen.
Naja ok der Rest des Szenarios war auch Schrott, aber sicher sollte man die Komponente der sozialen Situation nicht vernachlässigen. Generalstreiks, Unruhen, Massendemonstrationen (kurz: Mirks Freudenfantasien) können erheblichen Einfluss auf die Bonität von Wirtschaftsgebieten haben. Und Wirtschaft ist immer Psychologie.
Zitat von Kater"Damit fällt natürlich die Argumentation der "den Finanzmärkten näher stehenden Leuten" wie ein Kartenhaus zusammen." Sehe ich auch so. Oder glaubst Du jedem, der sich Experte schimpft, ohne dass der Argumente bringt ? Gruss Kater
Kater,
die Referenz auf "den Finanzmärkten näher stehenden Leuten" steht hier natürlich für eine Vielzahl von Aussagen oder Publikationen die ich beim Lesen nicht systematisch gesammelt habe, um sie Dir hier zu referenzieren. Ich habe den NZZ Beitrag als representativ für die verschiedensten Publikationen genommen, der die Sachlage in einer vernünftigen Kürze zusammmenfasst. Mir sind die Gedanken plausibel. Es geht hier nicht um eine Katastrophe, sondern um die Beschreibung eines Dilemmas, in dem die Euroländer stecken. Mitgefangen, mitgehangen.
Der NZZ Artikel versucht ja nur die formalen Hürden zu listen, nimmt aber auch die Folgen an den Kapitalmärkten ins Kalkül. Beim letzteren spielt dann natürlich das Geühl für die Vertrauensbildungsmechanismen an den Käufern von Statsanleihen eine Rolle.
Der Artikel kommt auch nicht zu einem Schluß. Den must Du selbst ziehen.
Man kann natürlich GR 'Pleite' gehen lassen als Warnung an andere (Lehmann Brothers Ansatz), ich glaube aber noch nicht so richtig daran, sondern eher an einen wie auch immer gearteten bail-out, u.U. zum Preis des Verlusts der Finanzhoheit GRs über sich selbst. An Unruhen in GR habe ich dabei noch gar nicht gedacht. Interessant wird eher die reaktion in D, wenn es irgendwann zu einer Art Euroländer-Finanzausgleich kommen sollte.
Martin: "wenn es irgendwann zu einer Art Euroländer-Finanzausgleich kommen sollte."
Sowas ist in den Euro-Verträgen m.W. explizit ausgeschlossen und die deutsche vermutlich schwarz-gelbe Regierung wird einen Teufel tun, so einer Vereinbarung leichtfertig zuzustimmen.
"Das hoch verschuldete Griechenland bietet einen heftigen Aufschlag, um eine fünfjährige Anleihe platzieren zu können. Die Hellenen räumten den Investoren für das Papier eine Verzinsung von 3,5 Prozentpunkten über Swap-Mitte an. Das sind 0,3 Prozentpunkte mehr als die ausstehende Anleihe mit Laufzeit bis Juli 2015 - und entspricht einer Verzinsung von 6,5 Prozent im Jahr. Der hohe Preis zeigte den erhofften Effekt: Die Bondemission war am Montag mit knapp 20 Mrd. Euro fast vierfach überzeichnet."
Das Risiko einer pleite Griechenlands scheint keiner ernst zu nehmen.