Die Antwort auf die gewachsenen Schulden durch die Finanzkrise war ja (nicht nur aber auch) im Euroraum allenthalben noch grössere Schulden machen; alles wegen der Deflationsangst. Ich denke das war die Lehre aus Japan; man kann Schulden nicht absparen, man kann ihnen nur entwachsen. Warum ist das aber jetzt in Griechenland anders? Die Griechen sollen ja jetzt sparen und nicht wachsen. Das liegt daran, dass der Grad der Verschuldung Ausmasse angenommen hat, die kein organisches Wachstum mehr einholen kann.
wichtig ist erst mal, wer 'man' ist: Der private Schuldner oder der Staat. Auch die Kausalität ist wichtig: Während der Finanzkrise sind die Schulden gestiegen, weil die Regierungen ihre Banken retten mussten, und sind die Zinsen gesenkt worden, um die Geschäftsbanken 'billig' mit Liquidität zu versorgen. Zu diesem Zeitpunkt war das Thema 'Liquidität' und nicht 'Deflation'.
Das 'Entwachsen' aus den Schulden geht klassischerweise über Inflation: Die Tilgung wird beispielsweise beim privaten Schuldner aus mit der Inflation einhergehenden Einkommenssteigerungen bezahlt, beim Staat mit den damit einhergehenden steigenden Steuereinnahmen. Bei Deflation läuft das (im Prinzip) umgekehrt.
Griechenland ist aber nicht mit Japan vergleichbar. Griechenland muss, um seine Gläubiger nicht den Bach runtergehen zu lassen, dieses Jahr und die nächsten Jahre umschulden: Auslaufende Staatsanleihen werden durch Neuemissionen ersetzt. Der Preis (Zins) für Neuemissionen ist aber wegen des Vertrauensverlusts oder der Finanzmarktaktivitäten massiv gestiegen, und liegt außerhalb der Kontrolle der griechischen Nationalbank, und außerhalb der EZB, die ihren Leitzins ja relativ niedrig hält. Die Schuldner kommen zum großen Teil aus dem Ausland.
Im Gegensatz dazu hatte Japan die volle Souveränität über Zinsen und Kreditgewährung, da die japanische Regierung auf immense nationale Ersparnisse (Beispiel Postbank) zurückgreifen konnte. Als jahrzehntelang starke Exportnation hatte Japan zudem einen hohen Cash-Flow ins Land, zusätzlich gestützt durch große Kreditvergaben ins Ausland (niedriger Zins, 'carry trades').
Die fehlende Souveränität über das nationales Geldsystem (und natürlich auch Außenwert der Währung) nimmt den Griechen einen Paramter. Nähme die EZB keine griechischen Anleihen mehr als Sicherheit wegen einer Ratingabstufung unter EZB-Qualitätsnorm, bräche die Finanzierung des griechischen Haushalts von heute auf morgen zusammen, könnte der Schuldendienst wohl nicht mehr bedient werden. Diese Situation hatte Japan nicht.
Das 'Entwachsen' aus den Schulden geht klassischerweise über Inflation: Die Tilgung wird beispielsweise beim privaten Schuldner aus mit der Inflation einhergehenden Einkommenssteigerungen bezahlt, beim Staat mit den damit einhergehenden steigenden Steuereinnahmen. Bei Deflation läuft das (im Prinzip) umgekehrt.
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Griechenland muss, um seine Gläubiger nicht den Bach runtergehen zu lassen, dieses Jahr und die nächsten Jahre umschulden: Auslaufende Staatsanleihen werden durch Neuemissionen ersetzt.
Das "Entwachsen" geht, um es neutral zu sagen, über das Wachstum zunächst des BIP und daraus folgend des Budgets. Inflation würde diesen Prozess beschleunigen, da durch sie das Wachstum aufgebläht wird.
Die bestehende Staatsschuld Griechenlands wird wie bei allen anderen Ländern incl. BRD auch laufend umgeschuldet. Darum geht es zunächst aber gar nicht. Das Crash-Programm der Regierung hat allein das Ziel die überbordende Neuverschuldung einzufangen und wieder in den Rahmen der Maastricht-Kriterien zu bringen. Sollte das gelingen, dann würde die Staatsschuld ihren Anteil am BIP und ihre Bedienung (Zinsen) ihren Anteil am Budget nicht weiter erhöhen und die Handlungsfähigkeit der Regierung nicht noch weiter einschränken. Bei jedem Punkt unterhalb der Maastricht-Kriterien nähme der Anteil des Schuldenservice am Gesamtbudget allmählich ab und erhöht die Spielräume im Budget.
Damit ist dann aber immer noch kein Cent Staatsschuld zurückgezahlt. Das geht nur über Haushaltsüberschüsse.
quote="F-W"] Die bestehende Staatsschuld Griechenlands wird wie bei allen anderen Ländern incl. BRD auch laufend umgeschuldet. Darum geht es zunächst aber gar nicht. Das Crash-Programm der Regierung hat allein das Ziel die überbordende Neuverschuldung einzufangen und wieder in den Rahmen der Maastricht-Kriterien zu bringen. FW[/quote]
FW,
ich denke, dass die Maastricht-Kriterien per se im Moment die geringste Sorge der beteiligten Parteien sind. Der Umschuldungsprozess ist selbstverständlich so normal wie die Verlängerung des Hypothekenkredits eines Häuslebauers. Es geht aber um die Kosten (Zinsen) nach der Umschuldung, die ja dann auch den Spielraum zum Rückfahren der Neuverschuldung nehmen, je höher sie sind. Diese Zinsen steigen mit schwindendem Vertrauen. Das Crash-Programm hat m.E. das Hauptziel, kurzfristig das Vertrauen zu schaffen, um die Umschuldung problemlos über die Bühne zu bekommen (will ja niemand einspringen müssen). Wenn ich das richtig verfolgt habe, sind die heutigen Anleihen zu 6,7% emittiert worden.
Die Effektivverzinsung soll knapp unter 6,5% liegen. Gekauft haben vor allem Institutionelle.
Von einer Spekulation gegen Griechenland kann da keine Rede sein (wie Mirks Zitat von Le Monde unterstellt), sondern darauf, dass man GR nicht fallen lassen wird.
Was die ganz kurzfristigen Ziele des Regierungsprogramms betrifft, hast du natürlich recht. Es liegen keine 48 Std. zwischen seiner Verkündung und der Auktion der Anleihe. Trotz mehrfacher Überzeichnung ist der Betrag der Anleihe nicht aufgestockt worden. Der ARD-Börsenmensch meinte, GR verschiebt weitere Kreditaufnahmen in der Hoffnung, die Sanierungsolitik würde dazu beitragen, die Zinsen wieder sinken zu lassen. Er könnte Recht haben. Ob das funktioniert, hängt vor allem davon ab, ob die Griechen nach den ersten rituellen Protesten die Einschnitte aus Einsicht akzeptieren, oder ob das Land im Chaos versinkt.
Aber auf mittlere Sicht muss das Ziel schon das Erreichen der Maastricht_Kriterien sein. Anders kommt das Land aus seiner Überschuldung nicht raus. Selbst wenn einzelne Banken, Staaten, die EU oder der IMF Geld gäben, würde das die Verschuldungslage nicht ändern.
Zitat von F-WD Ob das funktioniert, hängt vor allem davon ab, ob die Griechen nach den ersten rituellen Protesten die Einschnitte aus Einsicht akzeptieren,
Na. FW, warum sollten sie?
Zitat oder ob das Land im Chaos versinkt.
Kann's nicht. Die Deutschen werden von nun an die griechischen Rechnungen bezahlen.
Zitat Aber auf mittlere Sicht muss das Ziel schon das Erreichen der Maastricht_Kriterien sein. FW
Auf nahe (noch nicht mal mittlere) Sicht muss Iran aufhoeren an Atombomben zu basteln....Ist genau so heisse Luft.
Zitat von F-WTrotz mehrfacher Überzeichnung ist der Betrag der Anleihe nicht aufgestockt worden. Der ARD-Börsenmensch meinte, GR verschiebt weitere Kreditaufnahmen in der Hoffnung, die Sanierungsolitik würde dazu beitragen, die Zinsen wieder sinken zu lassen. Er könnte Recht haben. Ob das funktioniert, hängt vor allem davon ab, ob die Griechen nach den ersten rituellen Protesten die Einschnitte aus Einsicht akzeptieren, oder ob das Land im Chaos versinkt.
FW,
ich bin - ganz besonders, wenn die hohe Politik mit dem Rücken an der Wand steht - ganz vorsichtig mit der Interpretation solcher Abläufe, d.i. wer wann was ersteigert hat, und wie lange er es in den Büchern hatte. Wenn interessierte Regierungen und Banken Vertrauen vorgaukeln wollten hatten sie auch genug Möglichkeiten der Absprache (Köln ist überall). Da würde dann auch plausibel machen, warum eine Überzeichnung nicht weiter genutzt wurde.
Zu Griechenland: In einer ARD-Sendung wurden ein paar Zahlen genannt: Griechenland ist mit 300 Mrd im Ausland verschuldet, griechische Unternehmen und Privatleute sind mit 170 Mrd bei den Banken verschuldet, Kranken- und Rentenkassen haben 420 Mrd Schulden. Dem gegenüber steht ein BIP von 260 Mrd,und Steuereinnahmen von 50 Mrd in 2009. Dies gemischt mit einem sehr hohen Prozentsatz staatlicher Angestellter, Kleingewerbetreibenden, einem niederliegenden Schiffsfrachtbereich. Mal in die Luft gespuckt sieht mir da auch das Crash-Programm aus wie der Versuch der Quadratierung des Kreises. Tröstlich: Anderen Ländern geht es wohl nicht viel besser :-).
Pikant scheint mir zu sein, dass die hohen Transferleistungen innerhalb der EU in den Empfängerländern möglicherweise zu noch höherer Verschuldung und noch weniger Haushaltsdisziplin führen, als ohne Transferleistungen.
"Pikant scheint mir zu sein, dass die hohen Transferleistungen innerhalb der EU in den Empfängerländern möglicherweise zu noch höherer Verschuldung und noch weniger Haushaltsdisziplin führen, als ohne Transferleistungen."
Ich weiß nicht recht, ich weiß nicht recht - - - da hat doch so ein Sarrazin, oder war es jemand namens Westerwelle.. etwas seeehr ähnliches behauptet mit den H 4 Empfängern in D??? (Von den - meisten - Bundesländern ganz zu schweigen...)
Verblüfft WRL
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)
Hans-Werner Sinn (warum kommt der Name mir nur so bekannt vor), hat vorgeschlagen, dass Griechenland den Euro wieder abgibt. Dann könnte das Land seine Währung abwerten und den Haushalt wieder in den Griff bekommen. Zwar würden die Auslandsschulden dadurch steigen, aber das Beispiel der "Tiger"-Staaten habe gezeigt, dass das ein lösbares Problem sei.
Sachwerte und zukuenftige Einkommen kann man sicher irgendwie auf Drachmen umwerten, aber beim Bargeld sehe ich Probleme. wenn sich das Geruecht erst mal verfestigt, wird es einen Sturm auf griechische Banken geben, und alle erreichbaren Euros werden entweder unter der Matratze verstaut oder auf deutsche Konten geschoben.
Ich weiss nicht, wie gut sowas der Euro ueberstehen wuerde.
Der Herr Sinn hat auch eine schlaue Idee, die die Amis nie akzeptieren wuerden. Der IWF hat vorwiegend amerikanisches Geld. Er scheint klar zu sehen, dass der euro geneugend geld fuer einen Euro Waehrungsfond alleine nie zusammenkriegen wuerden.
Zitat von colorado Der IWF hat vorwiegend amerikanisches Geld. Er scheint klar zu sehen, dass der euro geneugend geld fuer einen Euro Waehrungsfond alleine nie zusammenkriegen wuerden. Gerd
Die USA haben beim IMF 16,77% Kapital- und Stimmrechtsanteil (Japan 6,02%, Deutschland 5,88% und GB und F je 4,86%). Der Generaldirektor wird traditionell von den Europäern gestellt, derzeit Dominique Strauss-Kahn (bei der Weltbank im Gegenzug von den USA). Beschlüsse werden mit 85% Mehrheit gefasst. Dadurch haben die USA als einziger Einzelstaat Vetorecht sowie die EU in Gesamtheit ihrer Stimmrechte.