Betrifft die Ankündigung der Post-Konkurrenten, einen eigenen Mindestlohn zu beantragen. Dass das gehen soll ist mir neu aber anscheinend fusst das auf irgendeiner gesetzlichen Grundlage.
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Aber insgesamt finde ich es schon witzig: der neue Vorstoß für einen eigenen Mindestlohn scheint alle notwendigen Voraussetzungen zu erfüllen: genügend hoher Organisierungsgrad der Arbeitnehmer in der beteiligten Gewerkschaft (> 50%), und die Argumente, dass es sich um eine eigene Branche handelt, scheinen auch stichhaltig (die Bundesnetzagentur führt diesen Bereich als eigene Branche namens "Mehrwertbriefdienste").
Aber andererseits: nach der Beliebigkeit der Entscheidungen der Politik würde mich eine Ablehnung auch nicht wundern.
Das ganze stinkt natürlich nach Plan B. Oder warum kommen sie erst jetzt damit ?
So recht glauben die AG der "Mehrwertbriefdienste" wohl selbst nicht daran, sonst würde nicht Springer gerade jetzt versuchen, der PIN den Garaus zu machen. Immerhin müssen sie dadurch über 600 Mio abschreiben.
Andererseits, wenn das tatsächlich funktionieren sollte, hätte sich die Post mit ihrem sehr hohen Hausmindestlohn selbst ins Knie geschossen. Drunter können sie dann nicht mehr um mit der neuen Konkurrenz kostenmässig einigermassen mitzuhalten.
F-W schrieb am 14.12.2007 23:08
Andererseits, wenn das tatsächlich funktionieren sollte, hätte sich die Post mit ihrem sehr hohen Hausmindestlohn selbst ins Knie geschossen. Drunter können sie dann nicht mehr um mit der neuen Konkurrenz kostenmässig einigermassen mitzuhalten.
FW
Oder weite Teile der Post schliessen sich dem niedrigeren Mindestlohn an, oder kreieren neue Tarifbranchen (Nutzzusatzbriefdienste, Briefexpresszustelldienste, oder wir fragen alte SED Kader, die denken sich schöne Namen aus für neue Branchen, in der jede einen neuen Mindestlohn erhält; Schreibeversendungslieferung z.B. oder Hauslieferungszusatzdienst.)
Selbstverständlich wird jeder Mindestlohn vorher noch einzeln in der Koalition diskutiert und festgeschrieben.
Weil sie damit erstmal selbst einen Tarfivertrag abschliessen müssten, den sie dann mit Verdi oder einen anderen Gewerkschaft aushandeln müssten. Und der wird zwar nicht den Posttarif erreichen, aber sicherlich höher liegen als die derzeitigen Löhne. Ausserdem ist dan Schluss mit dem einzelvertraglichen, vollkommen freiwilligen Arbeitsverträgen mit wehrlosen Bewerbern/Mitarbeitern.
Und genau das haben sie ja eigentlich verhindern wollen. Sie hätten sich ja auch an den Postverhandlungen beteiligen können, und was besseres aushandeln können.
Klassischer Fall von ins eigene Knie geschossen, würde ich sagen.
kater_5 schrieb am 15.12.2007 11:39
Ausserdem ist dan Schluss mit dem einzelvertraglichen, vollkommen freiwilligen Arbeitsverträgen mit wehrlosen Bewerbern/Mitarbeitern.
Ja, schön, wie hier alle irgendwie früheren halben liberalen Ansichten abfallen und der Kern herauskommt der da heisst: sozialistische Planwirtschaft.
Sozialistische Planwirtschaft: Aus 'sozialen Gründen' regelt der Staat den Arbeitsmarkt; er gibt Lohnbänder, Bedingungen und Benefits vor, nach denen dann alle gleich behandelt werden. Üblicherweise bestehen in solchen weniger leistungsorientierten Wirtschaften (weil Leistung brauchts ja nicht, kriegen ja alle dasselbe) Monopolstrukturen. Diese führen dann wiederum schnurstraks in Mangel und Servicewüsten.
Das Gegenteil davon ist etwa der AM in der Schweiz; es gibt praktisch keine Gewerkschaften, keinen Kündigungsschutz, keinen Mindestlohn. Der Markt regelt sich weitgehend über "vollkommen freiwillige Arbeitsverträgen", sprich er ist Ergebnis des Verhandelns zwischen AG und AN. Dieser Arbeitsmarkt regelt sich auch, nur nicht über staatliche oder gewerkschaftliche Indoktrination; zahlt eine Firma deutlich weniger hat sie eben die schlechteren oder minder motivierten MA.
Lexx, nein es wäre zu ambitioniert, ein marktwirtschaftsorientiertes System wie die Schweiz auf ein quasi sozialistisches wie in D zu übertragen. Es wäre auch politisch nicht umsetzbar, das würden die Leute nicht mitmachen. SPD und Linkspartei würde das Land mit einer gigantischen Kampagne überziehen, in der der soziale Kahlschlag an die Wand gemalt werden würde. Da die Deutschen ja auch keinen funktionierenden AM kennen wäre es ihnen auch nicht zu verdenken, dass sie an ihren Pfründen hängen.
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Vielleicht noch ergänzend zu oberen Ausführungen; dazu passt auch die gegenwärtige Diskussion um eine staatliche Regulierung von Managergehältern:
"Im öffentlich-rechtlichen Bereich fordert Volker Kauder eine Begrenzung der Gehälter. "Ich finde, dass im öffentlich-rechtlichen Bereich, also von den Sparkassen und Landesbanken bis zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk, niemand mehr verdienen muss als die Bundeskanzlerin."
Noch weiter geht Baden-Württembergs Staatsminister Willi Stächele (CDU). Die Politik müsse auch in der Privatwirtschaft mehr Einfluss nehmen, sagte er in Freiburg. "Wir müssen den Unternehmen klar machen, dass die Entlohnung der Spitzenmanager eine Frage ist, die der Sozialethik standhalten muss. Das ist keine Frage der Unternehmen allein." Die CDU dürfe "Raffgier in Chefetagen" nicht hinnehmen, sagte der Vorsitzende der CDU Südbaden.
Die schärfste Forderung stellen die CDU Sozialausschüsse in Baden-Württemberg auf. Sie appellierten an den Gesetzgeber, im Aktiengesetz Kriterien für die Angemessenheit der Vorstandsbezüge festzusetzen. Nach dem Vorbild der USA solle außerdem die steuerliche Absetzbarkeit von Abfindungen als Betriebsausgaben nach oben begrenzt werden.
Der baden-württembergische Landesvorsitzende des Arbeitnehmerflügels der CDU, Christian Bäumler, schlug eine Höchstgrenze von einer Million Euro vor. Er sagte: "Die Höhe der Managergehälter muss sich am Leistungsprinzip orientieren und in einem angemessenen Verhältnis zu den Arbeitnehmergehältern stehen. Der Gesetzgeber muss deshalb aktiv werden."
"Im öffentlich-rechtlichen Bereich fordert Volker Kauder eine Begrenzung der Gehälter. "Ich finde, dass im öffentlich-rechtlichen Bereich, also von den Sparkassen und Landesbanken bis zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk, niemand mehr verdienen muss als die Bundeskanzlerin."
Das könnte man auch als Forderung nach einer Gehaltserhöhung für den BK interpretieren.
Was ist ein Spitzenmanager? Wenn man es als einen Manager an der Spitze eines Unternehmens sieht, dann sind diese Positionen im ör-Bankbereich sämtlichst unterbezahlt.
Die vielen Sparkassenpleiten haben neben strukturellen auch den Grund, dass sie von Nichtskönnern reihenweise gegen die Wand gefahren werden. Fähige Leute lassen sich bei der mickrigen Bezahlung aber auf solche Positionen nicht ein.
Auch die Bosse der Grossinstitute wie Landesbanken oder KfW tauchen in den Gierlisten nicht auf. Und einem EZB- oder Buba-Präsidenten zahle ich als Steuerzahler gerne mehr als dem BK.
Hmm, habe mal auf dieSchnelle nach"Schweiz Mindestlohn" geggogelt.
Hier ein Ausschnitt aus 20minuten.ch:
Flankierende Massnahmen
Damit die Personenfreizügigkeit mit der EU in der Schweiz nicht zu Lohn- und Sozialdumping führt, wurden am 1. Juni 2004 Flankierende Massnahmen eingeführt und auf den 1. April 2006 verschärft:
Tripartite Kommissionen, zusammengesetzt aus Vertretern der Kantone, der Arbeitgeber und Gewerkschaften, überwachen den Arbeitsmarkt und können Sanktionen beantragen. Bereiche mit einem allgemeinverbindlichen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) werden von paritätischen Kommissionen, bestehend aus den Sozialpartnern, kontrolliert.
Arbeitskräfte, die ein ausländischer Betrieb vorübergehend in die Schweiz entsendet, unterstehen den in der Schweiz geltenden minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen.
Im Fall von wiederholter missbräuchlicher Unterbietung der branchen- und ortsüblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen können die in GAV enthaltenen Bestimmungen über Mindestlöhne und Arbeitszeiten leichter allgemeinverbindlich erklärt werden.
Für Branchen ohne GAV können Bund und Kantone bei wiederholtem Missbrauch zwingende Mindestlöhne in einem befristeten Normalarbeitsvertrag einführen.
Die Kantone sind zudem verpflichtet, eine ausreichende Zahl von Arbeitsmarktinspektoren einzusetzen. Wesentliche Elemente längerer Arbeitsverhältnisse müssen schriftlich fixiert werden. Im Bereich der Temporärarbeit besteht eine Auskunftspflicht der Verleiher gegenüber paritätischen und tripartiten Kommissionen. Selbständigerwerbende unterstehen den Flankierenden Massnahmen nicht. Um «Scheinselbständigkeit» zu verhindern, müssen sie aber bei der Arbeitsaufnahme in der Schweiz die Selbständigkeit nachweisen. (ap)
Das deckt sich nicht so wirklich mit den von Dir geschilderten Zuständen. Maldavon abgesehen, dass es schon einer sehr weite Interpretation von Planwirtschaft bedarf, um diese in Deutschland festzustellen.
Kater: "Maldavon abgesehen, dass es schon einer sehr weite Interpretation von Planwirtschaft bedarf, um diese in Deutschland festzustellen."
Kein vernünftiger Mensch, wird bezogen auf Deutschland ernsthaft von Planwirtschaft reden. Das ist polemische Provokation, weiter nichts. Dafür ist Dp ja durchaus bekannt...
DP:
Zu deiner Aussage über deutsche Zustände siehe die Antwort an Kater.
Mit dem Verhalten der Linkspartei und der SPD wirst du vermutlich recht haben. Aber auch die Union wird immer sozialgeiler*, wie wir sehen. Rüttgers ist da ja sowas wie ein Leuchtturm in der CDU.
*"sozialgeil" soll in Anlehnung an die Saturn-Werbung zum Ausdruck bringen, dass es eigentlich nicht um vernünftige Sozialpolitik geht, sondern darum, mit sozialen Parolen und Vorstößen populistisch Punkte zu machen.
Anonymer User schrieb am 16.12.2007 21:22
Hmm, habe mal auf dieSchnelle nach"Schweiz Mindestlohn" geggogelt.
Hier ein Ausschnitt aus 20minuten.ch:
Flankierende Massnahmen
Damit die Personenfreizügigkeit mit der EU in der Schweiz nicht zu Lohn- und Sozialdumping führt, wurden am 1. Juni 2004 Flankierende Massnahmen eingeführt und auf den 1. April 2006 verschärft:
Tripartite Kommissionen, zusammengesetzt aus Vertretern der Kantone, der Arbeitgeber und Gewerkschaften, überwachen den Arbeitsmarkt und können Sanktionen beantragen. Bereiche mit einem allgemeinverbindlichen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) werden von paritätischen Kommissionen, bestehend aus den Sozialpartnern, kontrolliert.
Arbeitskräfte, die ein ausländischer Betrieb vorübergehend in die Schweiz entsendet, unterstehen den in der Schweiz geltenden minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen.
Im Fall von wiederholter missbräuchlicher Unterbietung der branchen- und ortsüblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen können die in GAV enthaltenen Bestimmungen über Mindestlöhne und Arbeitszeiten leichter allgemeinverbindlich erklärt werden.
Für Branchen ohne GAV können Bund und Kantone bei wiederholtem Missbrauch zwingende Mindestlöhne in einem befristeten Normalarbeitsvertrag einführen.
Die Kantone sind zudem verpflichtet, eine ausreichende Zahl von Arbeitsmarktinspektoren einzusetzen. Wesentliche Elemente längerer Arbeitsverhältnisse müssen schriftlich fixiert werden. Im Bereich der Temporärarbeit besteht eine Auskunftspflicht der Verleiher gegenüber paritätischen und tripartiten Kommissionen. Selbständigerwerbende unterstehen den Flankierenden Massnahmen nicht. Um «Scheinselbständigkeit» zu verhindern, müssen sie aber bei der Arbeitsaufnahme in der Schweiz die Selbständigkeit nachweisen. (ap)
Das deckt sich nicht so wirklich mit den von Dir geschilderten Zuständen. Maldavon abgesehen, dass es schon einer sehr weite Interpretation von Planwirtschaft bedarf, um diese in Deutschland festzustellen.
Gruss
Kater
Wieso soll sich das nicht decken? Natürlich ist jedes Unternehmen frei darin, einen Gesamtarbeitsvertrag zu bestimmen, in dem seine Lohn- und Arbeitsbedingungen geregelt sind. Die Schweizer Post hat so einen, die Swisscom auch. Das hat aber nichts mit einem staatlichen Mindestlohn zu tun, das sind Hausverträge.
Nein, das wäre dann ein Branchen GAV, sowas gibt es aber nur sehr selten, ist aber natürlich der Wunschtraum aller Gewerkschaften. Üblich ist ein GAV beim Branchenprimus, z.B. Post und Swisscom, während die Konkurrenz eigene Hausverträge hat, also DHL oder DPD im Postgewerbe oder Orange, Sunrise, Cablecom in der Telco.