Spock schrieb am 19.11.2007 12:28
Ich kann gut nachvollziehen, dass die Bahn keine separaten Tarifverträge haben will, weil aus derartigem Gezänk 'Wir leisten mehr als die... ' sonst eine nerverending Story wird.
Aus Sicht der Bahn kann man sicher noch mehr ihrer Standpunkte nachvollziehen, einschliesslich des generellen Bestrebens, die Personalkosten im Zaum zu halten. Aber so eine Auseinandersetzung hat es nun mal an sich, dass keine Seite Ihre Punkte vollständig durchsetzen kann.
Wenn die Standpunkte die Extrempunkte irgendeiner Skala in € oder Arbeitszeit darstellen, wird man sich irgendwo treffen und kann im Zweifelsfall in der nächsten Runde nachjustieren. Das echte Problem ist der eigenständige Tarifvertrag. Die einen wollen ihn partout, die anderen partout nicht. Dazwischen gibt es nichts. Die GDL hat das in den vergangenen Jahren schon öfters versucht, die Bahn hat sich bisher durchgesetzt. Vielleicht unterschätzt sie deswegen den Durchhaltewillen der GDL. Das Argument, die Bahn würde durch einen Spartentarifvertrag unregierbar halte ich nicht für stichhaltig. Dann kann der Bahnvorstand vielleicht nicht regieren. Der LH-Vorstand kann es in einem vergleichbar komplexen Unternehmen, die Krankenhäuser konnten es schon vor dem Tarifvertrag des Marburger Bundes nicht.
Bei der Kräfteverteilung sehe ich die Bahn nicht unterlegen. Sie kann immerhin auf eine Reihe beamteter oder nicht GDL-organisierter Lokführer zurückgreifen, nur deswegen konnte sie bisher durchhalten.
Die Drohung mit der verschärften Automatisierung zieht nicht. Beim derzeit rollenden Material schon gar nicht, und das wird gut und gerne 40 Jahre gefahren. Und bei Neuwentwicklungen kommt sie sowieso, selbst wenn die Lokführer eine Lohnsenkung anbieten. Der Heizer ist wie der Flugingenieur eingespart worden lange bevor die Besatzungen aufmüpfig wurden.
Mehdorn würde sich freuen, wenn die GdL sowas wie Kater öffentlich vom Stapel lassen würde, dann hätte er sie nämlich schnell vorm Kadi wegen übler Nachrede oder Geschäftsschädigung.
Die Bahnkunden fänden es sicher nicht so toll, dass ihr Leben angeblich vom Popogefühl des Lokführers abhängt. Und dass dem NICHT so ist, kann Mehdorn garantiert mit tonnenweisen Wartungsvorschriften und -protokollen belegen.
DP: "Die Verantwortung des Lokführers besteht darin, alle 30 Sekunden aufs Knöpfchen zu drücken. Der Rest funktioniert mehr oder weniger vollautomatisch."
Du verwechselst gerade Verantwortung mit Aufgabe!
Die Verantwortung ist genau die, die Mirkalf geschrieben hat. Die Aufgaben, die der Lokführer hat, dürften tatsächlich nicht aufwändiger sein als die des Überwachungspersonals eines KKW.
DP, (Spock): "Ach so und wenn da ein Furunkel sitzt fährt schon mal Onkel Tod mit oder wie?"
Manchmal ist es besser, die Sätze nicht wörtlich zu nehmen, weil sie nicht wörtlich gemeint sind. Soweit ich kater verstanden habe, geht es um Symptome, die erst während der Fahrt auftreten, was bei dem teilweise 40 Jahre alten Material inzwischen keine Seltenheit mehr ist. Da hilft keine Wartung, das merkt zuerst der Lokführer mit 2 bis 3 seiner Wahrnehmungssinne, nämlich dem Hören (Ohr) und dem Fühlen (Popo) und ggf. dem Sehen (Auge).
Hören, wenn ungewöhnliche Geräusche auftreten.
Fühlen, wenn der Zug/die Lok unrund läuft.
Sehen, wenn etwas zu sehen ist.
Wie oft so etwas passiert, kann man vielleicht daran festmachen, dass der VRR jüngst schon wieder kurz vor einer Kürzungen seiner Zahlungen stand, weil die Züge auf der Strecke Düsseldorf-Wuppertal-Dortmund fast chronisch Verspätungen und immer wieder Ausfälle hatten. Ursache: altes Material. Die Bahn hat Versprochen Ersatzwagen und -Loks einzusetzen.....
Steffen: "Es ist mir schleierhaft, warum die Bahn nicht schon längst massiv in Automatisierung dahingehend investiert hat, dass sie jeden Depp ohne Vorbildung ins Führerhaus setzen können. Inzwischen ist die Technik so weit gediehen, dass die Kantinenbesatzung mehr Ausbildung benötigt als der Lokführer. "
An welchen Beobachtungen/Erkenntnissen machst du das fest? Oder ist diese Aussage Polemik?
Wie oft so etwas passiert, kann man vielleicht daran festmachen, dass der VRR jüngst schon wieder kurz vor einer Kürzungen seiner Zahlungen stand, weil die Züge auf der Strecke Düsseldorf-Wuppertal-Dortmund fast chronisch Verspätungen und immer wieder Ausfälle hatten. Ursache: altes Material.
Aber es besteht in diesen Fällen NIE Gefahr für Gesundheit oder Leben der Fahrgäste. Der Zug schafft es noch mit 20 km/h in den nächsten Bahnhof und das wars.
Die angewandte Qualifikation des Lokführers übertrifft in diesem konkreten Fall nicht die meiner 65jährigen Tante, die ihren alten Benz vorsichtig mit 20 km/h im 2. Gang zur nächsten Tankstelle fuhr, weil ein lautes komisches Geräusch zu hören war und sie dort daher den ADAC anrief.
"Aber es besteht in diesen Fällen NIE Gefahr für Gesundheit oder Leben der Fahrgäste. "
Woher weisst Du das ? So ein geräusch kann eine Folge defekter Bremsen sein. Und wie oft bekommst Du gar nich tmit, wenn so eine Lok trotz eines Schadens weiterfährt, weil der Lokführer richtig annimmt, dass der Schaden erst in der NAxcht behoben werden braucht.
Das nichts passiert ist ist doch lediglich eine Folge der überwiegend richtigen Einschätzung der Lokführer.
Pünktlichkeit ist ein hohes Gut für die Bahn. Ist sie es, macht sie gerne Reklame damit, ist sie es nicht wird sie regelmässig am Ochsenziemer durch die Arena gezogen. Dabei hacken die Kritiker gerne auf Minuten herum. Von der Schadensersatzpflicht bei grössen Verspätungen ganz abgesehen. Und bei der Pünktlichkeit sind die Lokführer sicherlich Schlüsselfiguren.
Katers Popobeispiel ist schon richtig. Von den wenigen ICEs abgesehen handelt es sich bei Loks um ziemlich grobschlächtiges Material. Wie bei einem alten Auto ist da der Hintern bestimmt ein wichtiges Sinnesorgan.
Die Frage, wieviel Verantwortung ein Lokführer für wieviel Leben trägt, ist doch völlig unerheblich, weil das für die Bezahlung schon immer irrelevant war, auch wenn das immer wieder als Scheinargument vorgebracht wird.
Nach meiner soeben ad hoc gebildeten Hypothese hängt die Bezahlung eines Jobs von dem Produkt aus Wertschöpfung, Freiheitsgrad und Unersetzbarkeit (Qualifikation) ab. Da braucht man dann gar nicht zu diskutieren, ob und wieviel Wert ein Lokführer schafft, da nämlich jedenfalls sein Freiheitsgrad bei der Tätigkeit gegen Null tendiert und er zudem mittelfristig recht leicht ersetzbar ist.
Wenn sich Lokführer mit Piloten vergleichen, ist das ja fast schon aberwitzig. Realistischer wäre es, sie würden sich am Gehalt eines Fernfahrers orientieren und davon dann 20% abziehen.
Lese gerade im Tagesanzeiger :"Wagen im Tunnel verloren
Beim Eurocity Zürich-Chur trennten sich die vorderen Wagen während der Fahrt vom Rest des Zugs. Der SBB-Zimmerbergtunnel zwischen Zürich und Thalwil ist gesperrt.
Die vorderen vier Wagen hätten sich mit der Lok vom Rest des Zuges gelöst. Der Zwischenfall ereignete sich gegen 17.30 Uhr.
Zurzeit sei man daran, die beiden Zugsteile aus dem Tunnel zu bringen. Der hintere Teil müsse abgeschleppt werden. Die Panne führt laut SBB zu Verspätungen von fünf bis zehn Minuten, da die Züge sofort auf die parallele Seelinie umgeleitet worden sind. Wann der Tunnel genau wieder in Betrieb genommen wird sei noch offen."
Da wir ja seit heute wissen, dass der Lokführer mit diversen Körperteilen für die Sicherheit des Zuges verantwortlich ist fragt man sich; ist ihm da der Popo eingeschlafen??
Lexx schrieb am 19.11.2007 17:25 Steffen: "Es ist mir schleierhaft, warum die Bahn nicht schon längst massiv in Automatisierung dahingehend investiert hat, dass sie jeden Depp ohne Vorbildung ins Führerhaus setzen können. Inzwischen ist die Technik so weit gediehen, dass die Kantinenbesatzung mehr Ausbildung benötigt als der Lokführer. "
An welchen Beobachtungen/Erkenntnissen machst du das fest? Oder ist diese Aussage Polemik?
Erfahrungen in anderen Ländern mit vollautomatischen Zügen. Seit ungefähr 20 Jahren. Die Bahn hat eigentlich die meisten Voraussetzungen dafür geschaffen - schon jetzt kann *jede* E-Lok von den Stellwerken aus stillgelegt werden, und auch die Notbremsen funktionieren automatisch (d.h. der Lokführer hat keine Entscheidungsgewalt).
Steffen: "schon jetzt kann *jede* E-Lok von den Stellwerken aus stillgelegt werden, und auch die Notbremsen funktionieren automatisch (d.h. der Lokführer hat keine Entscheidungsgewalt). "
Und trotzdem passiert es, dass Züge aufeinander fahren, weil der LOKFÜHRER ein rotes Signal übersehen hat.....!!!?
Achja, zum Thema Ersetzbarkeit: Wie kann man denn den Betriebsblick des Lokführers vollautomatisch ersetzen? Bei den Fernzügen und größeren Personenzügen macht das der Zugbegleiter, aber bei S-Bahnen gibt es den garnicht.
"Aber es besteht in diesen Fällen NIE Gefahr für Gesundheit oder Leben der Fahrgäste. "
Woher weisst Du das ? So ein geräusch kann eine Folge defekter Bremsen sein. Und wie oft bekommst Du gar nich tmit, wenn so eine Lok trotz eines Schadens weiterfährt, weil der Lokführer richtig annimmt, dass der Schaden erst in der NAxcht behoben werden braucht.
Also zum einen hoffe ich es sehr stark, ansonsten könnte man sich nicht mehr ruhigen Gewissens in einen Zug setzen.
Zum anderen weiß ich, dass die Bremsen nicht im Triebfahrzeug sind, sondern in allen Wagen. Die alte pneumatische Lösung sorgt dafür, dass bei Druckabfall im System der Zug stehen bleibt. Das KANN nicht versagen und hat es in der Eisenbahngeschichte meines Wissens auch noch nie.
Zitat:
Und trotzdem passiert es, dass Züge aufeinander fahren, weil der LOKFÜHRER ein rotes Signal übersehen hat.....!!!?
Das kann nach meinem Kenntnisstand in Deutschland nicht mehr passieren. Ich wüsste auch nicht, wann ich zuletzt von einem derartigen Unglück gehört hätte.
Lexx schrieb am 19.11.2007 19:24
Steffen: "schon jetzt kann *jede* E-Lok von den Stellwerken aus stillgelegt werden, und auch die Notbremsen funktionieren automatisch (d.h. der Lokführer hat keine Entscheidungsgewalt). "
Und trotzdem passiert es, dass Züge aufeinander fahren, weil der LOKFÜHRER ein rotes Signal übersehen hat.....!!!?
Der letzte derartige Unfall in Deutschland war unter Beteiligung eines dieselgetriebenen Güterzugs. Da musst Du mit der DB reden, warum denen die Sicherheit scheissegal ist.
Zitat:
Achja, zum Thema Ersetzbarkeit: Wie kann man denn den Betriebsblick des Lokführers vollautomatisch ersetzen? Bei den Fernzügen und größeren Personenzügen macht das der Zugbegleiter, aber bei S-Bahnen gibt es den garnicht.