Fangen wir mal hinten an; die Linke hat sich festgesetzt und wie es aussieht auf Dauer.
Das ist fatal für 'links', solange die Linkspartei in der Schmuddelecke sitzt. Denn deren % stammen ja eigentlich von SPD und Grünen, sind aber nun für die Regierungsarbeit entwertet. In Hessen hätten diese Stimmen Frau Ypsilanti zum Sieg verholfen, in Niedersachsen zwar nicht, aber wenn es im Vorfeld geheissen hätte, dass es nur um eins, zwei % geht wer weiss wie das ausgegangen wäre.
Genauso problematisch ist es aber für schwarz-gelb. Die Bürgerliche Allianz muss schon klar gewinnen, wenn sie gegen rot, rot und grün eine Regierung bilden will. In Niedersachsen hat das noch funktioniert.
Mal grob gesagt; solange die Linke nicht regierungsfähig wird, werden sich tendenziell die Grossen Koalitionen mehren, im Land wie im Bund.
Ausscheren können hier nur die Grünen (Jamaika) und die SPD (rot-rot-grün). Dafür muss aber der Leidensdruck schon gross sein. (Z.B. der einer GK mit Koch an der Spitze?)
Wahlkampftaktisch:
Seit der BTW 05 spiegelt sich ein roter Faden des Wählerwillens in den Ergebnissen; Der Kandidat muss sympathisch sein (allerdings nicht unbedingt authentisch oder glaubwürdig), er oder sie muss vor allen Dingen nett sein und schöne und gute Visionen haben, die nach Neu klingen, nach Gerechtigkeit, einem guten Klima, Verlässlichkeit, Berechenbarkeit. Es geht nicht darum, wie in der Union geunkt wird, das Thema Wirtschaft stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Man muss das Thema Wirtschaft verpacken in die Wohlfühlwolke 'gerecht-verlässlich-sicher'. Wulff und Merkel sind die Protagonisten für genau diesen Wahlkampf. Koch hat zwar recht mit der Thematisierung in seiner Kampagne, aber er macht den Leuten Angst. Wenn die Leute Angst haben wählen sie aber nicht den Retter sondern die gute Fee.
DP schrieb am 28.01.2008 11:09
Parteilandschaftlich:
Fangen wir mal hinten an; die Linke hat sich festgesetzt und wie es aussieht auf Dauer.
Das ist fatal für 'links', solange die Linkspartei in der Schmuddelecke sitzt.
Korrekt.
Zitat:
...er oder sie muss vor allen Dingen nett sein und schöne und gute Visionen haben, die nach Neu klingen, nach Gerechtigkeit, einem guten Klima, Verlässlichkeit, Berechenbarkeit. ... Man muss das Thema Wirtschaft verpacken in die Wohlfühlwolke 'gerecht-verlässlich-sicher'.
Du willst also einen unhoeflichen Arsch, der Schwarzmalerei betreibt und nur nach hinten schaut, der Ungerechtigkeit und ein mieses Klima fordert, der Unverlaesslichkeit propagiert und unberechenbar ist und der einsteht fuer eine ungerechte, nicht verlaessliche und unsichere Wirtschaft(spolitik)?!? Na, denn...
Zitat:
Koch hat zwar recht mit der Thematisierung in seiner Kampagne, aber er macht den Leuten Angst. Wenn die Leute Angst haben wählen sie aber nicht den Retter sondern die gute Fee.
Das war das subjektiv häufigst gehörte Argument gegen Koch, so am Stammtisch. Er sei halt ein Arsch. Getoppt allenfalls noch von rechtsradikal.
Wenn man versuchte, dies vorsichtig mit Fakten, etwa zur hessischen Wirtschaftspolitik, in Frage zu stellen, kam man nicht besonders weit. Arsch ist Arsch und Punkt.
Aber die werden erst nach der nächsten BTW kapieren, dass es im neuen Parteiensystem für Schwarz-Gelb nicht mehr reichen wird. Wenn sie also nicht ewig in der Opposition bleiben und einer GK beim Regieren zuschauen will, muss sie bereit zur Ampel sein.
In Niedersachsen hat es gut gereicht. Trotz Linke, die zudem noch stärker als in Hessen sind. Naturgesetzlichkeiten gibt es also nicht.
Die SPD konzentriert sich in der Medienschlacht auf ihren Lieblingsgegner Koch und dessen Einbussen. Wann erkennen sie öffentlich ein, dass nicht Koch sie um den glatten Sieg gebracht hat, sondern die Linken. Und daran ist nicht Koch schuld, sondern die SPD selbst. Wenn es der Linken gelingt, sich dauerhaft in den westdeutschen Flächenländern zu etablieren, dann ist es das historische Versagen der SPD.
Übrigens sah ich auf der ARD eine interessante Wählersegmentierung der SPD. Danach hat sie bei Arbeitern, Arbeitslosen und Rentnern nichts hinzugewonnen, am stärksten dagegen bei Angestellten und Selbständigen. Klar, man muss solche Zahlen mit Vorsicht geniessen. Gerade bei der ARD, die ja mit ihrer Prognose und den ersten Hochrechnung grottenschlecht daneben gelegen hat.
Aber dennoch, es relativiert ein wenig das Bild der "linken" Yps. Sie hat mit linken Parolen und sympathischem Auftreten ausgrechnet in der Mitte gewonnen aber beim Objekt ihrer Begierde, den "Schwächsten" der Gesellschaft praktisch nichts erreicht.
Es wäre nur konsequent, im Hinblick auf künftige Regierungskonstellationen ihren Kurs im Nachhinein ihrer Wählerschaft anzupassen und die utopischsten ihrer Positionen zu schleifen. Da sie nicht alleine regieren kann, muss sie ohnehin Konzessionen machen und kann auch nicht alle ihrer Schattenministerhampelmänner duchbringen. Beste Gelegenheit, Scheer und seine Energiepolitik zu entsorgen.
Warten wirs mal ab. Unter Umständen sind die Linken auch schnell entzaubert, wenn sie erstmal in den Parlamenten drin sind.
"Der Kandidat muss sympathisch sein (allerdings nicht unbedingt authentisch oder glaubwürdig), er oder sie muss vor allen Dingen nett sein und schöne und gute Visionen haben, die nach Neu klingen, nach Gerechtigkeit, einem guten Klima, Verlässlichkeit, Berechenbarkeit."
Nun, das sind im Kern ähnliche Anforderungen, wie sie bis vor kurzem auch an jeden Top Manager gestellt wurden. Letzlich wollen die Leute wissen, wo jemand hin will und wie er sich das Land vorstellt, wenn seine Regierungszeit abgelaufen ist. Und Verlässlichkeit und Berechenbarkeit ist in Zeiten, wo Gesetze regelmässig vom BVG gekippt werden müssen, und man sich im Streit um eine 16% oder 18% Mehrwertsteuer auf 19% einigt, nicht verkehrt. Letzlich ist gerade auch die Wirtschaft auf Verlässlichkewit angewiesen.
" Es geht nicht darum, wie in der Union geunkt wird, das Thema Wirtschaft stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Man muss das Thema Wirtschaft verpacken in die Wohlfühlwolke 'gerecht-verlässlich-sicher'. "
Nein, man muss den Leuten sagen, was man damit erreichen will. Wirtschaft als Selbstzweck zieht eben nicht mehr.
Neben der SPD haben die Grünen ähnliche Themen zu bewältigen. Bisher wurden die unangenehmen Fragen, warum im Joschka-Fischer Land, in dem die Grünen zum ersten mal in ihrer Geschichte in der Regierung waren und einen Minister stellten, soviele Wähler verloren haben, mit dem Verweis auf die Verhinderung von Koch verdrängt. Aber irgendwann werden sie kommen. Wohin sind eigentlich die vielen enttäuschten Multikulti Migrationshintergrundstimmen gegangen? Zu den Grünen jedenfalls nicht.
"Aber dennoch, es relativiert ein wenig das Bild der "linken" Yps. Sie hat mit linken Parolen und sympathischem Auftreten ausgrechnet in der Mitte gewonnen aber beim Objekt ihrer Begierde, den "Schwächsten" der Gesellschaft praktisch nichts erreicht. "
Das erstaunt eigentlich nicht so sehr. Denn bei den "Schwächsten" der Gesellschaft hat sich durch die ganzen Hartz4 Gesetze nicht so viel verändert. 5-8% ist da schon ein ganz guter Wert, das sind dann schon eine erheblicher Anteil dieser Wählerschichten.
Dagegen verliert die Mitte wesentlich mehr. Sie ist es, die unter der Globalisierung am meisten leidet, vor allem, weil sie am meisten zu verlieren hat.
Mich hatte mal interessiert, was Ypsilanti eigentlich für Leute zusammengesucht hat:
Gernot Grumbach: Germanistik und Politik (Abschluss?)
Wissenschaft und Kunst
- Was für eine Kombination
Margaretha Sudhof: Juristin
Europa und Integration
- Dagegen ist nichts zu sagen
Hermann Scheer: Politologe
Wirtschafts- und Umweltminister
- Ein Witz in Tüten, wenn´s nicht so traurig wäre
Michael Roth: Politologe (gemischt mit Germanistik und Sozialogie...? Was soll das sein, Wahlfächer? Keine Ahnung)
Bau- und Verkehrsminister
- Ich lach´ mich schlapp
Petra Fuhrmann: Politologin
Arbeits- und Sozialministerin
- Naja, egal. Sozialminister kann ja jeder werden, der nur genug Krokodilstränen vergießen kann
Nancy Faeser: Juristin
Justizministerin
Rainer Domisch, Parteilos, Lehrer für Deutsch und Englisch
Schule und Bildung
Jürgen Walter: Jurist
Innenminister
Norbert Schmitt: Jurist
??
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Ein sehr ausgewogene Gruppe, ja wirklich...
MfG Frank
kater_5 schrieb am 28.01.2008 13:10
Letzlich wollen die Leute wissen, wo jemand hin will und wie er sich das Land vorstellt, wenn seine Regierungszeit abgelaufen ist. Und Verlässlichkeit und Berechenbarkeit ist in Zeiten, wo Gesetze regelmässig vom BVG gekippt werden müssen, und man sich im Streit um eine 16% oder 18% Mehrwertsteuer auf 19% einigt, nicht verkehrt. Letzlich ist gerade auch die Wirtschaft auf Verlässlichkewit angewiesen.
Verlässlichkeit wird heute im Sinne von Reformmüdigkeit aufgefasst. Die Probleme werden schön geredet, ausgesessen und mit Schulden übertüncht. 'Verlässlichkeit und Berechenbarkeit' ist heute zu wenig, da muss schon mehr kommen. Das will der Wähler aber nicht. Ein Dilemma.
Das Gegenteil ist wohl die politische (wirtschaftliche) Situation Englands zur Thatcher Ära. Die Gute hat die Grausamkeiten angesprochen, durchgezogen und wurde wiedergewählt. Frau Ypsilanti ist für mich so ziemlich das genaue Gegenteil von Maggie Thatcher.
SteffenHuber schrieb am 27.01.2008 23:45
Summa summarum ist jetzt eigentlich die SPD der klare Verlierer.
Aber sonst geht's gut, oder?
Ja, geht prima.
M.E. hatte die SPD strategisch das Ziel, die Linke in den westlichen Bundesländern zu verhindern. Das ist gescheitert sowohl in Hessen als auch in Niedersachsen.
Niedersachsen war das Fiasko schlechthin - es war natürlich aussichtslos, Wulff aus dem Amt zu jagen, aber eine derartige Niederlage inklusive starker Linkspartei im Landtag ist die brutalstmögliche Niederlage in einem strukturell "mittig" orientierten Land.
Hessen ist höchstens gemessen an den letzten Wahlen ein Erfolg, als die SPD auf ein historisches Tief stürzte. Man hat die CDU nicht als stärkste Partei abgelöst, man konnte die Linke im Landtag nicht verhindern (trotz ultralinker Kandidatin), und man hat zusammen mit den Grünen deutlich weniger Stimmen bekommen als CDU+FDP. Jetzt bettelt man um die Gunst der FDP, um nicht wortbrüchig werden zu müssen. Ein echtes Dilemma. Eine strategische Ausrichtung für die Zukunft ist unklar - will man zurück in die Mitte und damit Gefahr laufen, die Linke weiter zu stärken, oder fährt man weiter den Linkskurs, der auf Bundesebene notwendigerweise eine Diskrepanz zwischen Reden und Tun verursacht, und läuft Gefahr, dass die Wähler sich lieber fürs Original entscheiden?
Nichtsdestotrotz hat die CDU in Hessen natürlich auch verloren. Genau wie die Grünen.
Das war das subjektiv häufigst gehörte Argument gegen Koch
Ich meinte aber nur DPs Kritik und nicht Koch
Zitat:
Er sei halt ein Arsch. Getoppt allenfalls noch von rechtsradikal.
Wenn man versuchte, dies vorsichtig mit Fakten, etwa zur hessischen Wirtschaftspolitik, in Frage zu stellen, kam man nicht besonders weit. Arsch ist Arsch und Punkt.
Angenommen, er waere ein Arsch und ein Rechter - dann waere das doch immer so, egal, ob er nun ein wirtschaftspolitisches Ass waere oder nicht, oder!?
Zitat:
F-W schrieb am 28.01.2008 12:29
Sie hat mit linken Parolen und sympathischem Auftreten ausgrechnet in der Mitte gewonnen aber beim Objekt ihrer Begierde, den "Schwächsten" der Gesellschaft praktisch nichts erreicht.
Bei den "kleinen Wahlen" spielt immer auch der "Bund" rein. Grad diese Waehlergruppe merkt sich immer noch, dass die Linken sie einst mit Schroeder und Hartz verscheiszert haben - und mit der GK im Prinzip nichts anderes tun.
Die waehlen dann nicht trotzig rechts, sondern bleiben halt mit dem Hintern zuhause (in Nds. waeren die Nichtwaehler ja zb staerkste Partei).
Zitat:
Hamster, damit reduziert sich Deine erste Aussage zu irgendetwas wie: 'Wer von A nach B fährt muss sich nicht wundern, wenn er in B ist.' Das ist ein typischer 'Hamster'.
Gruß, Martin
Wer den Sack mit der Aufschrift SPD waehlt, soll halt hinterher nicht rumheulen, dass auch SPD drin ist im Sack. Wenn doch, nervts. Mehr wollte ich mit meiner Binse nicht aussagen.
Das hatten wir doch schon alles bei der Bundestagswahl. VOR der tatsähclich angestrebten Option GK wurde alles andere ordentlich breitgetreten, um zum einen das Gesicht zu wahren und zum anderen den Preis hochzutreiben.
Die Liberalen werden Hessen hoffentlich opfern und in die Opposition gehen. Sonst machen sie sich 'als einzig verbliebene Kraft der Mitte' unglaubwürdig.
Auch auf die Gefahr hin, der einzige zu sein, der Wahlergebnisse auch im Sinne von Sachpolitik interpretieren möchte (selbst die FAZ gibt keinen Hinweis darauf, Politik wäre noch etwas anderes als Koalitionsschach):
1.) Die CDU sollte beim nächsten Mal den Wahlkampf nicht ausschliesslich mit einer Randsportart betreiben.
2.) Der hessische Wähler stört sich an der suboptimalen Einführung des G8-Gymnasiums. Wer auch immer regiert, daran muss gearbeitet werden.
Beide Punkte sollten auch bei den folgenden LTWs beherzigt werden. Sollten da noch mehr Themen im hessischen Wahlkampf gewesen sein, dann habe ich sie verpasst.