Im Stern steht eine ziemlich vernichtende Kritik über Kurt Becks Handhabe mit der SPD. Tenor: Der Beck, der kann es einfach nicht.
Nun, ich bin da gar nicht so pessimistisch. Kurt Beck hat den Linksruck der SPD zu verantworten, ja. Aber das war richtig, nur so konnte er die Sozis überhaupt im Spiel halten. Er hat gezeigt, dass die SPD sich in Wahlen wieder behaupten kann und mit seinem Gemurmel über die Linkspartei weist er schon auf künftige Möglichkeiten zur Regierungsbeteiligung. In Hamburg entwickelt sich eine desaströse Landes SPD zu einer +5% Partei, zusammen mit der LP könnten die beiden zwischen 10 und 15 % hinzugewinnen. Beck hat also den Zeitgeist erfasst. Wenn er es schafft, ohne viel Blut zu verlieren Ypsilanti zu rot-grüner Mehrheit mit geheimen LP Stimmen zu verhelfen könnte das zu dem erhofften Aufschwund auch auf Bundesebene führen. Die Turteleien vor der Hamburg Wahl, die man durchaus als Testballon nehmen kann, haben jedenfalls nicht zum Absturz in den Umfragen geführt, wie es uns der Artikel weiss machen will.
Auch inhaltlich bestimmen die Linken weiterhin das politische Geschehen; Mindestlohn, Ganztagsschulen, soziale Gerechtigkeit; die Union scheint nur noch von ihren politischen Führungsfiguren zu leben.
Beck hat es geschafft, innerhalb eines Jahres die SPD auf Kurs zu bringen. Mag sein, der Kurs an sich ist fragwürdig und führt längerfristig ins Verderben. Aber wer kann das schon sagen. Was zählt ist jetzt. Und da hat es Beck geschafft, die SPD von der angeschlagenen Schabracke wieder als Kriegsschiff flott zu machen.
DP schrieb am 22.02.2008 11:17
Kurt Beck hat den Linksruck der SPD zu verantworten, ja. Aber das war richtig, nur so konnte er die Sozis überhaupt im Spiel halten.
Eben. Aber es war kein Linksruck, sondern ein Rechtsruck Schroeders, der nun - zumindest etwas - korrigiert werden soll.
Zitat:
Er hat gezeigt, dass die SPD sich in Wahlen wieder behaupten kann und mit seinem Gemurmel über die Linkspartei weist er schon auf künftige Möglichkeiten zur Regierungsbeteiligung.
Das Gerede von den Schmuddelkindern, mit denen man nicht koalieren will - oder gar darf - ist doch peinlich fuer die Parteien in einer Demokratie, in der eine Koalition zwischen Parteien einfach zur Natur gehoert.
Allenfalls sollten sich Waehler darauf verlassen koennen, dass manche Parteien inhaltlich, bzw. von der allgemeinen Ausrichtung her, nicht miteinander koalieren.
Zitat:
Auch inhaltlich bestimmen die Linken weiterhin das politische Geschehen; Mindestlohn, Ganztagsschulen, soziale Gerechtigkeit; die Union scheint nur noch von ihren politischen Führungsfiguren zu leben.
Wenn ich nicht irre, propagieren alle Parteien den Ganztagsschulenkram - auch die Union.
Und einem Mindestlohn ist die Union auch nicht abgetan - der ganze HIV-Zuschuss- und sonstiger Kombilohnmist ist ja nichts anderes, nur dass eben der Staat diesen Mindestlohn zahlen soll.
Und soziale Ungerechtigkeit fordert auch keine Partei.
Wenn er es schafft, ohne viel Blut zu verlieren Ypsilanti zu rot-grüner Mehrheit mit geheimen LP Stimmen zu verhelfen könnte das zu dem erhofften Aufschwund auch auf Bundesebene führen. Die Turteleien vor der Hamburg Wahl, die man durchaus als Testballon nehmen kann, haben jedenfalls nicht zum Absturz in den Umfragen geführt, wie es uns der Artikel weiss machen will.
Den Gedanken weitergedacht heißt, Beck macht Rot-Rot-Grün in Deutschland hoffähig und lässt sich bei der nächsten Bundestagswahl zum Kanzler wählen.
Der schwache Trost daran wäre, dass wir bis dahin garantiert wieder einen Abschwung erleben und Beck mit seinen linken Koalitionspartnern Hartz V und VI auf den Weg bringen darf.
"und Beck mit seinen linken Koalitionspartnern Hartz V und VI auf den Weg bringen darf. "
Tja, das ist der Grund, warum ich Grün wähle um die CDu zu verhindern. DIE bringen nämlich garantiert kein Hartz x auf den Weg. Das blieb schön den Grünen und der SPD überlassen.
Die CDU steht doch nur für "Weiter so" bei ihrer Klientel. Da diese ziemlich beliebig ist, läuft das auf "Weiter so" für alle und Steuererhöhungen hinaus.
Dass es sich bei Becks Vorgehen um Strategie handelt ist tatsächlich nicht auszuschliessen. Aber ob sie aufgeht? Vielleicht führt sie geradewegs in Thüringer Verhältnisse.
Dort streiten die beiden Bewerber um die Spitzenkandidatur bei den nächsten LTW nicht darum, ob sie mit der Linken zusammenarbeiten würden. Das ist selbstverständlich. Der Streit geht darum, ob die SPD auch als Juniorpartner der Linken mitregieren sollte.
kater_5 schrieb am 22.02.2008 16:59
"und Beck mit seinen linken Koalitionspartnern Hartz V und VI auf den Weg bringen darf. "
Tja, das ist der Grund, warum ich Grün wähle um die CDu zu verhindern. DIE bringen nämlich garantiert kein Hartz x auf den Weg. Das blieb schön den Grünen und der SPD überlassen.
Die CDU steht doch nur für "Weiter so" bei ihrer Klientel. Da diese ziemlich beliebig ist, läuft das auf "Weiter so" für alle und Steuererhöhungen hinaus.
Gruss
Kater
Gibt es eigentlich Thema, bei dem du nicht reflexartig sofort nach der CDU schnappst?
Warum machst Du nicht einfach mal ein CDU Bashing Thema auf, in dem Du hemmungslos vom Leder ziehen darfst.
Gibt es eigentlich Thema, bei dem du nicht reflexartig sofort nach der CDU schnappst?
Warum machst Du nicht einfach mal ein CDU Bashing Thema auf, in dem Du hemmungslos vom Leder ziehen darfst.
Dieser Kommentar gegenüber Kater ist einigermassen tolldreist, bedenkt man die SPD-Basherei in diesem Forum.
Die CDU entwickelt sich unter Merkel in der Tat zu einer Non-Story - keine Themen, keine Meinung. Nach dem Motto "Wer sich zuerst bewegt, verliert" überlässt man das Streiten lieber der SPD, um danach auf jeder dusseligen Einzelmeinung herumreiten zu können.
Kater wird sicher selbst antworten können. In Ermangelung eines Hamburger Wahlthemas schielt er vielleicht aus taktischen Gründen auf die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat. Aber vielleicht geht es auch um Hessen, denn die Hamburger Wahl wird die Regierung in Hessen (mit)bestimmen, nachdem sich die dortigen Parteien weigern, das hessische Wahlergebnis in die politische Tat umzusetzen. Naja, die SPD versucht es wenigstens mit ihrer Debatte um eine Beteiligung der Linken; die CDU setzt wohl einfach auf Neuwahlen, bis die Bürger passend wählen. (Der wählende Hesse wurde von seinen Parteien teilentmündigt, um die Hamburger entscheiden zu lassen. Schon kurios.)
Womit hätte die CDU in Hessen eigentlich Wahlkampf gemacht, wenn nicht gerade in München zwei Typen einen Rentner verprügelt hätten? Irgendwie stehen die für gar nichts, während die SPD wenigstens einen Standpunkt sucht.
Aha, eine Standpunktsuche ist das also wenn die SPD einen Weg sucht, den Bruch klarer und eigentlich nicht interpretierbarer Aussagen dem Publikum zu verkaufen.
"nachdem sich die dortigen Parteien weigern, das hessische Wahlergebnis in die politische Tat umzusetzen."
Ich verstehe die Aufregung um die Regierungsbildung bzw. die Nicht-Regierungsbildung in Hessen nicht.
Es gab von Anfang an klare Aussagen, dass entweder rot/grün oder schwarz/gelb zusammen eine Regierung bilden werden. Nun hat aber der Wähler entschieden, dass er weder die eine noch die andere Version will. Da beide ausgeschlossen haben, dass sie mit dunkelrot etwas am Hut haben, tun sie genau das, was der Wähler wollte: Gar nichts. Und dafür gibt es auch in der hessischen Verfassung eine Regelung - der Mini-Präsident bleibt solange im Amt, bis er durch eine andere Lösung abgelöst wird.
Der Wähler hat entschieden, dass es jetzt mal eine Zeit der instabilen Regierung geben wird - na und? Dann werden diverse Gesetzte nicht verschlimmbessert, der Haushalt bleibt weitgehend eingefroren, es geht mal eine zeitlang nichts vorwärts. Als ob die derzeitigen Zustände soviel besser sind..... Ich kann das Geschwätz, dass jede demokratische Partei mit einer anderen koalieren können muss, nicht mehr hören. Das mag ja in der Theorie möglicherweise richtig sein, in der Praxis müssen die Programme wenigstens so kompatibel sein, dass man mit dem resultierenden Kompromiss eine halbwegs ordentliche Regierungsarbeit leisten kann.
Wenn sich der Mini-Präsident jeweils Mehrheiten suchen muss, dann besteht zumindest theoretisch die Chance, dass sich einzelne Abgeordnete gemäß ihrem Gewissen verhalten und mal ausnahmsweise einem Vorschlag eines politischen Gegners zustimmen; wenn eine Koalition gerade mal 1 Stimme Vorsprung hat, ist der interne Druck so groß, dass das Gewissen des Abgeordneten gefälligst zu verstummen hat. Wenn das Dein Ziel ist, bitte.
Und was soll das Gerede, die Bürger sollen solange wählen, bis es den Parteien passt? Der CDU, der SPD, den dunkelroten passt? Das dürfte sich nämlich sehr stark unterscheiden - wer befindet dann darüber, wann es genug ist? Der Wähler soll eine stabile Regierung wählen, wenn er das nicht tut, soll er sich halt beim nächsten mal besser überlegen, wie er seine Stimme abgibt. Oder überhaupt zur Wahl gehen, das wäre doch schon mal was. "Teilentmündigt" hat sich der Wähler schon selber, denn er wusste genau, wer nachher mit wem kann oder auch nicht.
Kater wird sicher selbst antworten können. In Ermangelung eines Hamburger Wahlthemas schielt er vielleicht aus taktischen Gründen auf die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat.
Ich wusste gar nicht, dass kater in Wirklichkeit Politstratege der Friedrich Ebert Stiftung (oder so) ist. Also bei aller Liebe glaube ich dass er gern mal provoziert, mach ich ja auch, aber ansonsten seinen eigenen Standpunkt vertritt und ihm parteitaktische Gründe wohl egal sind.
Das geht mir mehr oder weniger auch so. Ich finde es eher interessant vom intellektuellen point of view. Politik ist für mich das, was für andere Dallas ist oder Schwarzwaldklinik und wie Du im Eingangsbeitrag vielleicht bemerkt hast wachsen einem manchmal sogar die bad guys and Herz.
WRL007 schrieb am 23.02.2008 09:38
Es gab von Anfang an klare Aussagen, dass entweder rot/grün oder schwarz/gelb zusammen eine Regierung bilden werden. Nun hat aber der Wähler entschieden, dass er weder die eine noch die andere Version will. (...) Der Wähler hat entschieden, dass es jetzt mal eine Zeit der instabilen Regierung geben wird
Ziemlich merkwürdige Interpretation, finde ich. Kein Mensch in Hessen hat irgendeine Konstellation gewählt. Ich gehe davon aus, dass jeder Wähler seiner Partei die absolute Mehrheit und dem Rest die Krätze an den Hals wünscht. Geradezu abenteuerlich ist die Aussage, der, also alle? Wähler wünschten sich instabile Verhältnisse in Hessen. Das ist völliger Quatsch, sorry.
Die "klaren Aussagen" vor der Wahl waren Wunschvorstellungen. Man darf der Politik zugestehen, vor Wahlen ihre Wünsche öffentlich Kund zu tun. Dass sie manchmal nicht aufgehen ist Schicksal aber dann muss man eben Plan B in Kauf nehmen und da gibt es neben der Minderheitsregierung noch mindestens 4 alternative Modelle; Ampel, Jamaika, rot-rot-grün (warum hat die eigentlich keinen Namen?) und grosse Koalition. Und nach der Wahl in Hamburg werden wir die Auflösung sehen.
Ich stimme Flecki zu, was das SPD-Bashing angeht. Da kann man ruhig auch mal eine provokante Salve in Richtung Gegenseite feuern. Dass DP bei sowas gerne und schnell beleidigend und unsachlich wird, ist ja inzwischen bekannt.
Wenn Ypsilanti sich mit den Linken zur MP wählen lässt und danach wechselnde Mehrheiten sucht ist das in meinen Augen kein "Bruch klarer und eigentlich nicht interpretierbarer Aussagen" (FW) sondern schlicht der Respekt den Gegebenheiten gegenüber.
Die CDU hat vor der Wahl eine Koalition mit der SPD und der Linken ausgeschlossen - weil sie dachte, diese nicht nötig zu haben und damit die Wähler zwischen Schwarz-Gelb und Rot(-Rot)-Grün entscheiden müssen. Wahlkampftaktik also, die nicht aufgegangen ist.
Die SPD hat eine Koalition mit der Linken ausgeschlossen, damit die Wähler ihr nicht dorthin weglaufen - und um nicht allzu sehr in die Linke Ecke gedrängt zu werden (siehe oben), was Wähler der Mitte kosten könnte.
Nun ist es so, dass keine der Parteien das Wunschergebnis bekommen hat und es gibt wechselnde Mehrheiten, also Spontan-Koalitionen gemäß der Übereinstimmungen in der Sache. Finde ich jedenfalls besser als wenn irgendeine Partei Schwachsinnsvorschlägen zustimmt, nur damit eine Koalition zustande kommt.
WRL:
Selbstentmündigt hat sich der Wähler nicht, das sehe ich anders. Vielmehr dürften die jeweiligen Wähler gehofft haben, dass die jeweilig gewählte Partei/Koalition auch die Wahl gewinnt (mit Außnahme der Linken, die hat keine Koalition).
Aber nun ist alles anders gekommen und die Wähler dürften kaum zufrieden mit dem Ergebnis sein. Ein trotziges "selber Schuld" hilft da auch nicht weiter, denn die Wähler haben in Umfragen eine Neuwahl abgelehnt und damit der Politik die Bürde dieser schweren Konstellation aufgeladen.
Auch wenn es "den" Wähler nicht gibt - es gibt deren 4,3 Mio in Hessen und somit auch keinen einheitlichen Wählerwillen, kann ich WRL nur zustimmen. Wenn sich die Parteien nicht auf eine Regierung einigen können gibt es halt eine Hängepartie. Davon gehen Hessen und die Welt nicht unter.
Das läuft dann natürlich auf Neuwahlen hinaus. Auch daran ist nichts auszusetzen wenn zumindest einige Zeit vergeht in der sich die Wähler neu orientieren können. Dann können sie u.a. auch das Parteienspektakel nach der letzten Wahl mit bewerten.