Zur Zeit sind ja die Zeitungen voll vom grössten Anlegerprozess aller Zeiten. Auf den ersten Blick sieht das reichlich einfältig aus; weil die Werbung die Aktie als sicher darstellste wollen die frühen Käufer jetzt ihre Kursverluste rückerstattet haben.
Hallo?
Auf den zweiten Blick ergibt sich immerhin, dass die Telekom auf einen Vergleich aus ist und also tatsächlich Kompensation anböte. In den US hat sie das bereits durchgezogen und 120m Dollar gezahlt.
Und hier bei uns? Gab es sowas in der Grössenordnung noch gar nicht. Deshalb wurde eigens für diesen Muster Prozess ein Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz geschaffen.
Worum gehts also? Bei dem dritten Börsengang hatte die T-Aktie einen Ausgabekurs von 66,50 Euro. Nach dem Höchststand von 103,50 Euro am 6. März 2000 ging es stetig bergab, bis zum Tiefststand von 8,14 Euro im Juni 2002. Seitdem kam das Papier nicht mehr über 20 Euro hinaus. Während dieser Zeit übernahm die DTAG die amerikanische Voicestream und investierte Milliarden in die UMTS Lizenz, während sich der Markt weit schlechter entwickelte als erhofft; der Umsatz stagnierte, Margen bröckelten.
Ein Urteil noch in diesem Jahr gilt allerdings als extrem unwahrscheinlich.
1. Die Tatsache, dass nach der Ausgabe der Kurs stark anstieg, dürfte nach deutschem Recht die Sache für die Kläger recht schwierig machen. Schließlich hätten die ja zwischenzeitlich verkaufen können.
2. Selbstverständlich darf ein Unternehmen nach der Ausgabe von Aktien weiterhin unternehmerisch tätig sein. Das betrifft auch Zukäufe.
3. Anders dagegen bei der Immobilienbewertung. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Telekom vor der 3. Tranche bereits wusste, dass die Immobilien überbewertet sind. Wenn man das nachweisen kann, hat die Telekom ein Problem... aber kann man das nachweisen?
3. Anders dagegen bei der Immobilienbewertung. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Telekom vor der 3. Tranche bereits wusste, dass die Immobilien überbewertet sind. Wenn man das nachweisen kann, hat die Telekom ein Problem... aber kann man das nachweisen?
"zu 1.: Auch, wenn es Treue-Aktien gibt für Anleger, die die Papiere halten?"
Das ist deren Problem. Tatsache ist aber, dass eine Mehrheit der Aktionäre damals der Meinung waren, dass die telekom Aktien viel mehr Wert waren als der Ausgabekurs. Da stellt sich dann wirklich die Frage, wie jemand auf die Idee kommt, die wären über Wert verkauft worden.
"3. Anders dagegen bei der Immobilienbewertung. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Telekom vor der 3. Tranche bereits wusste, dass die Immobilien überbewertet sind. Wenn man das nachweisen kann, hat die Telekom ein Problem... aber kann man das nachweisen? "
Naja, bisher sind ja doch in solchen Fällen immer irgendwelche E-Mails aufgetaucht. Ich schätze eher, dass diese Immobilien schlicht falsch aber nicht unbedingt vorsätzlich eingeschätzt wurden.
Davon abgesehen hat kein Mensch Telekom Aktien wegen des Immobilienbesitzes gekauft. Auch die Vorstellung, dass der Wert der Telekom Aktie an der Börse mit dem Buchwert eines Verteilerkastens korreliert ist abenteuerlich. Mal davon abgesehen, dass der Wert tatsächlich gar nicht zu beziffern ist. Der Bodenwert an der Stelle ist wohl kaum ein Massstab.
Mich ärgert schon ein wenig diese Mentalität, jetzt nach Haken und Ösen zu suchen, weil man sich verspekuliert hat.
Es werden ja nicht nur die abenteuerlichsten Kleinanleger zitiert, die sich praktisch an Manfred Krug privat wenden, weil er ja irgendwann mal gesagt hat, dass... ich habe noch jede Menge Familienmitglieder, die sich bei jeder vor allem unpassenden Gelegenheit lautstark echauffieren: "Da hamse uns wieda beschissen!!"
Mit den normalen Massstäben des Börsenalltags kann man das Geschehen nicht erklären und deshalb wirkt die ganze Klagegeschichte am Ende so bizarr.
Wie konnte das passieren? Ein grosser Konzern wollte so viel Aktien verkaufen und streuen wiemöglich und traf in ihrer Öffentlichkeitsarbeit auf eine relativ grosse Anzahl intellektuell minderbemittelter Leute, die das System nicht verstanden und trotzdem kauften. Das Gefühl, beschissen worden zu sein, wird deshalb nicht richtiger und schon gar nicht justiziabler, aber in einem gewissen Rahmen nachvollziebar.
"Wie konnte das passieren? Ein grosser Konzern wollte so viel Aktien verkaufen und streuen wie möglich und traf in ihrer Öffentlichkeitsarbeit auf eine relativ grosse Anzahl intellektuell minderbemittelter Leute, die das System nicht verstanden und trotzdem kauften. Das Gefühl, beschissen worden zu sein, wird deshalb nicht richtiger und schon gar nicht justiziabler, aber in einem gewissen Rahmen nachvollziebar."
Da fehlt mir so langsam das Verständniss für. Aber es ist wohl die logische Konsequenz, wenn es in einem Land als schick gilt, wenn man in Mathe eine 5 hatte und ein Bankkaufmann immer noch als Bankbeamter tituliert wird.
Ich frage mich, ob diese doch sehr weitverbreitete Dummheit nicht viel mehr zur wirtschaftlichen (Fehl)-entwicklung beiträgt als alle Diskussionen über Steuerreduzierung oder Sozialabgaben.
Nun, es gab ja eine relativ lange Periode wo man an der Börse eigentlich so gut wie nichts falsch machen konnte, weil die Kurse ständig bergauf gingen.
Wenn einem dann noch so ein sympatischer Mensch wie Manfred Krug - er ist ja schließlich als Kommissar auch noch Staatsbeamter! - erzählt wie toll die Aktien der Telekom sind, glaubt man das auch blind.
Wobei ich es allen an dem Projekt Beteiligten durchaus zutraue, die Bilanzen kräftig frisiert - seit 2003 heißt das wohl "sexed-up" - zu haben, zum Wohle des Geldbeutels von Papa Staat und ein paar Banken.
War es nicht so, dass die Telekom Klägern in den USA ein paar Mio € (ich habe was von etwa 100 Mio im Hinterkopf) bezahlt hat?
Gruß
WRL
edit: Für diese Aktien habe ich mich glücklicherweise nie interessiert
Wobei ich es allen an dem Projekt Beteiligten durchaus zutraue, die Bilanzen kräftig frisiert - seit 2003 heißt das wohl "sexed-up" - zu haben,
An der Stelle setzt meines Wissens auch die Klage an: Das falsch bewertete Immobilienvermögen ist wohl der einzug konkret belegbare Sachverhalt. Wobei das schwierig sein wird, für den AKtienkäufer zu beweisen, dass dieser Punkt im Verkaufsprospekt maßgeblich für die Kaufentscheidung war.
Ich frage mich, ob diese doch sehr weitverbreitete Dummheit nicht viel mehr zur wirtschaftlichen (Fehl)-entwicklung beiträgt als alle Diskussionen über Steuerreduzierung oder Sozialabgaben.
Im Prinzip ist das nichts anderes als die wirtschaftliche Variante des Wahlbetrugs. Der dumme Wähler wird gefüttert von Leuten wie Horst Seehofer, der sich hinstellt und feststellt, dass ein Rentner ein Recht auf eine hohe Rente hätte, "weil er ja ein Leben lang in die Rente eingezahlt hat". Der dumme Verbraucher wird gefüttert vom Versprechen der Industrie. So ist das eben und nie besser hätte an dieser Stelle diealte Signatur von FW ihre Berechtigung: Wer nichts weiss muss alles glauben.
...eine relativ grosse Anzahl intellektuell minderbemittelter Leute, die das System nicht verstanden...
Wohl dem, der zu arm bzw. zu wenig leistungstragend war, um solch Dummes tun zu koennen...
Zitat:
Aber es ist wohl die logische Konsequenz, wenn es in einem Land als schick gilt, wenn man in Mathe eine 5 hatte und ein Bankkaufmann immer noch als Bankbeamter tituliert wird.
Es gibt auch Leute, die einen Bankkaufmann negativ bewerten, wenn er nicht Anzug und Krawatte traegt... das ist noch duemmer... und dagegen huelfe nicht mal die Eins in Mathe