Okay, das mit dem Muskelfaserriss beim Zehnkämpfer Abele habe ich nicht mitbekommen (Er sah mir ganz fit aus. Vielleicht ist es eine Schutzbehauptung gegenüber den Medien, so ähnlich wie bei Ballack, der vor jedem Testspiel der Nationalmannschaft irgendwelche Probleme hat).
Wie auch immer, bei Muskelfaserriss ziehe ich meine Anschuldigung zurück.
Eine andere Idee zu Lexx' Thema:
Vorhin gab es ein Interview mit Gille/Wilenczyk, ihres Zeichens Kanuten und Olympiasieger in Athen, diesmal "nur" mit Silber und Bronze. Herr Gille erwähnte an irgendeiner Stelle, sie würden trainieren wie die Irren (das waren nicht exakt seine Worte), nämlich jeden Tag vier Stunden. Vier Stunden? Ja, er sagte vier, in Zahlen 4.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass in einer solchen Knüppelsportart wie Kanu die internationale Konkurrenz nur vier Stunden/Tag trainiert. Hier kann man eine Schwäche unseres Fördersystems vermuten. In solchen Sportarten hat bei uns selbst ein Olympiasieger nicht ausgesorgt, und so müssen die Topathleten im Sinne ihrer Zukunft nebenbei auch noch studieren.
Wenn so etwas selbst in unseren Kernsportarten (wie Kanu) notwendig ist, dann ist der Begriff "Kernsportart" in Wahrheit nur eine hohle Blase. Nur aus reiner Tradition haben wir zwar vielleicht keinen Nachwuchsmangel, können aber immer weniger Talente bis in die absolute Spitze führen (oder wir finden die Talente gar nicht erst). Wenn sich der Rest der Welt professionalisiert, so muss man mitgehen - oder untergehen.
Die DDR hat sich übrigens enorm viel Mühe gegeben, um in ihrem Kernsport Leichtathletik wirklich alle Talente zu finden. Hier ein kleiner Survey:
Im damaligen Bezirk Potsdam z.B. tingelte ständig ein Sichtungstrainer zu allen Dorfvereinen, um Talente für den Armeesportklub (ASK) Potsdam zu sichten und die guten zu Sichtungswettkämpfen zum ASK einzuladen. Speziell im Fokus standen Acht- und Neunjährige, und mit zehn Jahren konnten die erfolgversprechenden Kids bereits im Sportinternat sein.
Aber auch umgekehrt hat dieser ASK das Interesse der Kids angeheizt, indem er die großen Idole zu unseren Provinzwettbewerben schickte. So habe ich mal in irgendeiner Kleinstadt die Kugel gestoßen gegen Ulf Timmermann und Udo Beyer (hier werden die Kenner mit der Zunge schnalzen - beide sind am Ende vor mir gelandet [Keiner der Beiden hat gewonnen, denn die mussten mit ihrer Männerkugel stoßen, während wir Jungs die Damenkugel nehmen konnten]; Hochsprung gegen die beiden hätte mir besser gelegen). Ein paar andere Cracks waren auch noch dabei, und alle haben sich die Zeit genommen, die Kids mit allen gewünschten Autogrammen zu versorgen.
Und es ging auch um Geld: Aus der DDR-Sportförderung bekamen wir in unserem Trainingszentrum in der Provinz jedes Jahr einen kompletten Satz von Turnschuhen geschenkt. Und über das Markenbewusstsein von Kids wurde nochmal deren natürlicher Ehrgeiz angeheizt: Wer im Jahr zuvor gute Leistungen hervorbrachte, der bekam die Schuhe von Adidas (und das in der DDR!), die schlechtere Hälfte musste mit der Marke Botas leben (DDR-Eigenproduktion). Der Witz ist: Das gab es in den Provinzvereinen, nicht erst, wenn man bereits in einer Sportschule trainierte; das zielte also wirklich auf die gesamte Masse an interessierten Kids ab, lange bevor es um die große Karriere ging.
Und dann gab es da noch die großen Wettbewerbe. So hatte Ost-Berlin ein Pendant zum ISTAF im Westen der Stadt, einen Leichtathletik-Grand-Prix. Dafür bekamen wir kleinen Racker immer ein paar Eintrittskarten geschenkt (vielleicht auch nur um die Ränge voll zu kriegen, was jetzt in Peking noch nicht mal gelungen ist). So war ich dabei, als ein gewisser (und gewiss gedopter) Uwe Hohn den Speer auf äußerst gefährliche 104,80 m warf. (Danach wurde das Sportgerät geändert, damit man nicht bei irgendeiner Gelegenheit mal auf der anderen Seite des Stadions einen Hochspringer o.ä. absticht.) Nach der Veranstaltung wieder: Autogrammstunde speziell für die Kids. Und zwar so lange, bis wirklich jeder von uns ein Autogramm hatte, nicht nur zehn Minuten lang, damit die Kameras der Welt den großen Helden als besonders nett darstellen können.
Soweit meine paar Erinnerungen zu einem aufwändigen, aber auch cleveren Sportförderungssystem. Dass die Weltspitzenleistungen zu einem großen Teil durch Doping erreicht wurden, spielt da noch keine Rolle. Ich wollte nur beschreiben, was alles bereits im weiten Vorfeld einer weltweit anerkannten Leistung getan werden kann (und muss). Jedenfalls ist hier der Begriff "Kernsportart" keine hohle Blase.
Das alles war lustig damals, aber wir haben auch an vier Tagen jede Woche trainiert, und hatten fast jedes Wochenende Wettkämpfe. Und das alles für uns für lau, also von der DDR aus Prestigegründen finanziert bereits in unserem Kindersportbereich.
Lexx schrieb am 22.08.2008 10:14
Flecki:
...
Und bei den Handballern....nunja wie gesagt. Man kann jeden Misserfolg individuell erklären. Aber die Häufung, die ein zunächst als leicht erscheinendes Mindestziel jetzt vielleicht sogar verpassen lässt finde ich schon ungewöhnlich.
in diesem Punkt verstehe ich dich nicht. Vielleicht hast du bei den Handballern nicht so genau hingesehen. Es gab zwei Gruppen zu je sechs Teams, und in jeder der Gruppen ein Abschusskandidat; letztere natürlich für Platz sechs nach der Vorrunde eingeplant. Das ist in unserer Gruppe auch so eingetreten. Von den anderen fünf konnte jeder auf jedem Platz landen, was sich einfach aus der Stärke von vielen Mannschaften in diesem Sport ergibt. Platz sechs wäre also wirklich schlecht gewesen (i.ü. gewinnt man auch nicht so einfach gegen Ägypten), Platz fünf hingegen ist "am unteren Ende der Glücksverteilung". Und so kamen unsere Jungs nicht in die Viertelfinals, was in der anderen Gruppe aber auch einen jener "Favoriten" getroffen hat. Zu diesem notwendigen Glück gehört eine vollständige Mannschaft, und da ist bei uns mit der linken Rückraumposition leider eine Kernposition ausgefallen. Diese Position ist bei jeder Weltklassemannschaft essenziell, und selbst in der Kreisklasse würde ein solcher Ausfall alle Spielkombinationen durcheinander bringen. Du brauchst diese Position sowohl für das reine Toreschießen (wenn da ein echter Könner ist), als auch für den Spielaufbau für die anderen Positionen. Wir hatten dort mit Hens und Kaufmann nicht die Welthandballer des Jahres, aber doch recht gefürchtete Leute. Und nun hat bei uns diese Position einfach gefehlt, Leere, Vakuum, und man kann auch keinen mehr nachnominieren.
Ich kenne mich so halbwegs aus mit Handball und halte das Ergebnis für völlig normal unter den gegebenen Umständen (Selbst in einem Tippspiel für diesen Wettbewerb hätte ich meine Tipps so gestaltet, dass unser Team auf Platz fünf landet).
Ansonsten redest du von Häufung nicht erreichter Mindestziele. Willst du die Handball-Herren mit den Handball-Damen in eine Statistik werfen, oder die Schwimmer mit Ruderern? Das geht sicherlich nicht. Wir haben ein Sportfördersystem, das für verschiedene Sportarten völlig unterschiedlich aussieht. So ist unser Handballergebnis der Herren aus einer rein professionellen Liga gespeist (also ohne Sportförderung), während unsere Handballdamen in's Ausland (Dänemark) gehen müssen, um wirklich professionell arbeiten zu können.
Sollte man nicht mal die Frage stellen, was die Antriebsfedern unserer Sportler und die von vielen anderen Nationen sind?
Flecki hat es ja schon angedeutet - wer in der DDR Sport betrieb, der WAR WER, der stellte etwas dar, war ein Held des Sports.
Ein Freund hat mir mal nach einem Besuch in Erfurt erzählt, Roland Mattes (hab ich den jetzt richtig geschrieben, ich meine DEN DDR-Schwimmer) fuhr (durfte fahren) den einzigen Ford Mustang der überhaupt in der DDR zugelassen war.
Wer in den USA erfolgreich Sport betreibt kann (meistens: wird) eine Menge Geld verdienen, zumindest kann er per Stipendium studieren und die Ausrüster der einzelnen Sportarten werden ihn gut alimentieren.
Wer in China Olympiasieger wird ist ein Nationalheld, bei uns auch, aber nur für maximal 2 Wochen.
Wie ist denn der Status von Birgit Fischer, der erfolgreichsten deutschen Olympiateilnehmerin aller Zeiten?
Wer bei uns in Randsportarten Erfolg haben will versinkt erstmal in einem Sumpf an Bürokratie. Oder braucht sehr spendable Eltern oder Freunde. Außerdem sind viele unserer Sportverbände so organisiert, dass da ein kleiner Gott sitzt, der über die Förderung entscheidet und damit über einen großen Teil der Motivation von Sportler und Umfeld. Dazu kommt noch ein eifersüchtiges Schauen auf den konkurrierenden Stützpunkt oder Landesverband, da wird gerne mal der eigene (deutlich schlechtere) Sportler zu einem internationalen Jugendmeeting geschickt und nicht der bessere, der aus einem anderen Landesverband stammt.
Geht es nur mir so, dass mich das meist krasse Missverhältnis von aktiven Sportlern (incl. Trainern) und Funktionären bei großen Events stört? Wobei ich ja zugebe, dass ich keine Ahnung habe, wie das in anderen Ländern aussieht.
Dazu kommt m.E. noch, dass vielen unserer Sportler die Leichtigkeit fehlt, die z.B. so viele US-Sportler auszeichnet, dieses Selbstvertrauen, das jetzt gerade nicht auf der Kippe zur Überheblichkeit steht. Siege werden zuerst mal im Kopf errungen - Niederlagen wohl auch. Und dann ist ein Olympiasieg noch viel mehr als ein WM-Titel, da ist die Gefahr des "Verkrampfens", das sich dann in momentanen Fehlentscheidungen (ein Beispiel - die Kanu-Männer gestern haben wohl den Endspurt ein paar Meter zu spät angezogen oder den Gegner um einen Meter zu weit wegfahren lassen) niederschlägt.
Natürlich ist die Leistungsdichte in der Weltspitze derart dicht, dass sich solch kleine Fehlentschätzungen nicht mehr korrigieren lassen.
Flecki:
Wenn du Zitate von mir in einen Zusammenhang bringst, der nicht existiert, kannst du mich auch nicht verstehen. Die zitierte Aussage bezieht sich auf das Gesamtergebnis von jetzt 41 Medaillen - Mindestziel verfehlt!
Ansonsten hast du viel Text geschrieben, auf den es nur wenig zu erwidern gibt.
Das mit der Sportförderung kenne ich übrigens aus eigener Erfahrung. Der Vorsitzende und Trainer unseres Vereins (alles ehrenamtlich) sollte etwa 1000€ Hallengebühr nachzahlen, weil wir angeblich garnicht förderungsberechtigt wären da in keinem Verband....was man ihm nach drei Jahren auf den Tisch geknallt und erst nach heftigem Protest und einer Klagedrohung zurückgezogen hat.
Und dann hat der Stadtsportbund ihm die Förderung für zwei Hallenzeiten pro Woche (von drei) gestrichen. Begründung: Es gebe ausreichend Möglichkeiten auf städtischen Einrichtungen, Außenanlagen, zu trainieren und deswegen werde man die Hallen des privaten Betreibers nicht bezahlen.
...Das wird einem Verein gesagt, der einen Hallensport betreibt!
Der SSB ist dem Verein mit bösem Willen und - wie der Mitarbeiter selbst zugegeben hat - Gleichgültigkeit begegnet (die Existenz/das Fortbestehen des Vereins interessiert ihn nicht). Allein unserem Trainer und seinem massiven (ehrenamtlichen) Engagement ist es zu verdanken, dass diese Stadt überhaupt noch einen Verein in diesem Sport hat. Mit so einer Einstellung gegenüber Randsportarten sorgt man natürlich nicht für ein breites Angebot an Spitzensportlern.
Ich denke WRL hat Recht - unser Land könnte sportverrückter sein. Beim Fußball ist es das, jeder kennt die National-Kicker. Aber selbst Timo Boll ist wohl in China berühmter als in Deutschland.
Andererseits ist das ein anderer Effekt: Wo keine Öffentlichkeit, da kein Nachwuchs und keine Breite. Aber wir HABEN ja Spitzensportler, die die gesamte Welt schonmal geschlagen haben.
Doch die hatten in der Mehrzahl bei Olympia Pech und zwar meist soviel, dass garkeine Medaille rausgesprungen ist.
Dennoch können wir gern über Deutschland und seine Haltung zum Sport diskutieren. Da habe ich viel zu zu sagen.
Die deutsche Mannschaft hat doch eine Goldmedaille mehr als in Athen.
Ansonsten verstehe ich die Diskussion hier nicht.
Ganz besonders verstehe ich sowas nicht:
Zitat:
WRL007 schrieb am 24.08.2008 08:31
Sollte man nicht mal die Frage stellen, was die Antriebsfedern unserer Sportler und die von vielen anderen Nationen sind?
Flecki hat es ja schon angedeutet - wer in der DDR Sport betrieb, der WAR WER, der stellte etwas dar, war ein Held des Sports.
Ein Freund hat mir mal nach einem Besuch in Erfurt erzählt, Roland Mattes (hab ich den jetzt richtig geschrieben, ich meine DEN DDR-Schwimmer) fuhr (durfte fahren) den einzigen Ford Mustang der überhaupt in der DDR zugelassen war.
...
Schönen Sonntag
WRL
Ich habe oben auf die drei DDR-Dopingtrainer hingewiesen, die auch jetzt wieder dabei waren, weil sie eine falsche Erklärung zu ihrer aktiven Dopingvergangenheit abgegeben haben.
Deinen Verweis auf die angeblich tolle DDR-Zeit verstehe ich vor dem Hintergrund des organisierten und auch kriminellen Dopings in der Vergangenheit nicht.
Helden des Sports waren auch minderjährige DDR-Sportler, denen ohne ihr Wissen z.B. männliche Hormone verabreicht wurden.
Die Chinesen können ihren Nachwuchs aus 1.3 Milliarden casten.
Da sind alle "Deformationen" dabei.
Und letztlich wahrscheinlich auch Doping.
So auch dann, wenn man eine Menge Geld verdienen kann - siehe USA.
Flecki5 schrieb am 24.08.2008 02:02
Vorhin gab es ein Interview mit Gille/Wilenczyk, ihres Zeichens Kanuten und Olympiasieger in Athen, diesmal "nur" mit Silber und Bronze. Herr Gille erwähnte an irgendeiner Stelle, sie würden trainieren wie die Irren (das waren nicht exakt seine Worte), nämlich jeden Tag vier Stunden. Vier Stunden? Ja, er sagte vier, in Zahlen 4.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass in einer solchen Knüppelsportart wie Kanu die internationale Konkurrenz nur vier Stunden/Tag trainiert. Hier kann man eine Schwäche unseres Fördersystems vermuten.
Also mir erscheinen 4 Stunden Training am Tag sehr viel. Wenn man bedenkt, dass die Muskulatur mindestens 48 Stunden braucht, um sich vollständig zu generieren (vorausgesetzt, man hilft nicht mit verbotenen Substanzen nach).
erstens, wie wäre es mit einem konkreten Namen, dann ist die Diskussion besser zu verfolgen.
Zitat:
Zitat:
Flecki5 schrieb am 24.08.2008 02:02
Vorhin gab es ein Interview mit Gille/Wilenczyk, ihres Zeichens Kanuten und Olympiasieger in Athen, diesmal "nur" mit Silber und Bronze. Herr Gille erwähnte an irgendeiner Stelle, sie würden trainieren wie die Irren (das waren nicht exakt seine Worte), nämlich jeden Tag vier Stunden. Vier Stunden? Ja, er sagte vier, in Zahlen 4.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass in einer solchen Knüppelsportart wie Kanu die internationale Konkurrenz nur vier Stunden/Tag trainiert. Hier kann man eine Schwäche unseres Fördersystems vermuten.
Also mir erscheinen 4 Stunden Training am Tag sehr viel. Wenn man bedenkt, dass die Muskulatur mindestens 48 Stunden braucht, um sich vollständig zu generieren (vorausgesetzt, man hilft nicht mit verbotenen Substanzen nach).
Mein Fehler, dass ich Kanu als Knüppelsportart bezeichnet hatte. Das Knüppeln ist hier nur 50% des Sports, und du musst zwei oder drei Stunden/Tag trainieren an der Koordination von zwei Kanuten/Ruderern (was natürlich nur Bootsklassen ab Zweier und höher betrifft). Du merkst schon im Hobbybereich, dass ein Zweier nicht so einfach gegen einen Einer gewinnt. Und das setzt sich ganz profan bis in den "Profi"bereich fort, nur dass die in solchen Wettkämpfen auftretenden Zeitabstände natürlich immer geringer werden. Ich wundere mich, dass wir bei Olympia antreten mit einem Zweier von einem Typen aus Potsdam und dem anderen aus Aachen. Da werden Athleten zusammen gewürfelt, die nur in wenigen Vorbereitungstagen zu jedem großen Event (WM und Olympia) gemeinsam fahren. In China oder Amerika würden diese zwei Typen Monate vor Olympia nur noch zu zweit fahren, und würden ihre Koordination auch noch trainieren, indem sie Übungen wie Synchron-Turmspringen machen.
Mir scheint, diese Unterordnung unter das gemeinsame Ziel Olympia ist bei unseren Kanuten schwierig. Und da erkennen wir Probleme, die WRL bereits beschrieben hat: Aachen ist in einem anderen Landesverband als Potsdam, und irgendwelchen Funktionären ist es enorm wichtig, bei deutschen Meisterschaften die meisten Medaillen zu erringen, was die gesamtdeutsche Zusammenarbeit bei internationalen Events erschwert oder gar verhindert.
Symptomatisch dafür ist sicherlich der "Deutschland-Achter". Rein sportlich gesehen gibt es keinen Grund, dort große Medaillenhoffnungen zu vermuten, aber für eine Funktionärs- und Ehemaligendebatte reicht es immernoch.
Das Gegenbeispiel: Die Chinesen haben ihre Olympiamannschaft im Tischtennis, also dort, wo sie ohnehin fast alles gewinnen würden, sechs (!) Monate vor den Spielen aus ihrer Super-League heraus gezogen (der vielleicht besten Liga der Welt). Und das nur, um etwas gegen den Verlust irgendeiner dämlichen Bronzemedaille zu tun. Denn mehr war für den Rest der Welt sowieso nicht drin.
Lexx schrieb am 24.08.2008 10:42
Flecki:
Wenn du Zitate von mir in einen Zusammenhang bringst, der nicht existiert, kannst du mich auch nicht verstehen. Die zitierte Aussage bezieht sich auf das Gesamtergebnis von jetzt 41 Medaillen - Mindestziel verfehlt!
...
ich behaupte nicht, deinen Diskussionsweg verstanden zu haben. Zunächst hast du über unsere Weltmeister geredet, dann erscheint dir der Medaillenspiegel diskussionsbedürftig. So ein Medaillenspiegel ist eine Ansammlung von Zahlen, aber nicht jede Anhäufung von Zahlen ergibt eine bewertbare Statistik. Wir haben etwas weniger Medaillen bekommen als in Athen, aber dafür mehr in goldener Farbe. So what?
Der Medaillenspiegel ergibt sich aus vielen Einzeldisziplinen mit vielen verschiedenen Chancen und Randbedingungen. Um in dieser Diskussion besser zu sein als irgendein nutzloser Funktionär, müssen wir alle Sportarten im Einzelnen betrachten (und DANACH zu einem virtuellen Medaillenspiegel zusammen rechnen).
Ich hatte bereits über Handball (Herren) und Fußball (Damen) meinen Beitrag geleistet. Aber es wird sicher für alle hier im Forum vertretenen "Sportler" schwierig, bei Schiessen oder Taekwondo unsere Medaillenchancen realistisch einzuschätzen.
Soll ich weitere Einschätzungen bringen? Gut, dann nehmen wir mal Schiessen, wo ich natürlich nur wie ein irrer Funktionär sprechen kann: Frau Pfeilschifter hätte in einer ihrer beiden Disziplinen eine Medaille machen können, vielleicht sogar Gold. Ihre WM-Siege bekam sie aber unter Ausschluss der Öffentlichkeit, Olympia ist für diese Leute ein ganz anderer Wettbewerb, und ich kann mich nicht erinnern, dass sie bei diesem Wettbewerb schon mal outstanding war. Pi mal Daumen hätte ich von ihr eine Silberne erwartet, und das kannst du nun verrechnen mit deinem virtuellen Medaillenspiegel, also mit dem, was man so erwartet im Vorfeld.
Oder auch Tischtennis (was meine Sportart ist): Es wurde ein Riesenhype um Timo Boll gemacht, der aber schwer an der Realität vorbei geht. Unsere einzige Chance bestand im Mannschaftswettbewerb, und auf Grund einer glücklichen Auslosung wurde es Silber. Ohne diese glückliche Fügung wären wir mit einer Bronzemedaille oder auch mit Platz vier weggegangen. Rein statistisch hätte man also von der dt. TT-Mannschaft Bronze erwartet, und das wurde mit Glück übererfüllt. Hier kannst du also in deinem virtuellen Medaillenspiegel für D einen Pluspunkt eintragen: Silber statt dem statistischen Bronze.
Wenn du jetzt für viele anderen Sportarten noch Leute findest, die sich trauen eine gewisse Medaillenerwartung zu formulieren, und wenn du das auch noch alles zusammen zählst, dann können wir unseren Medaillenspiegel von Peking in Gut oder Böse einteilen.
Ja, Flecki, diese Aufstellung KÖNNTEN wir machen. Ich hatte damit sogar angefangen und war am Ende bei neun Disziplinen bei einer Abweichung von -4 (Gold = 3, Silber = 2, Bronze = 1). Rudern und Kanu waren noch nicht dabei.
Aber das ist eine Kleinteilige Aufstellung, die an vielen Stellen angreifbar ist und zu Detaildiskussionen verführt. Die Tischtennisspieler waren für mich genau im Soll, da sie das Zeug zur zweitbesten Mannschaft der Welt haben (gegen Japan war es knapper als es hätte sein sollen).
Lexx,
[QUOTE][b][i]Lexx schrieb am 31.08.2008 19:59[/b][/i]
Ja, Flecki, diese Aufstellung KÖNNTEN wir machen. Ich hatte damit sogar angefangen und war am Ende bei neun Disziplinen bei einer Abweichung von -4 (Gold = 3, Silber = 2, Bronze = 1). Rudern und Kanu waren noch nicht dabei.
Aber das ist eine Kleinteilige Aufstellung, die an vielen Stellen angreifbar ist und zu Detaildiskussionen verführt. Die Tischtennisspieler waren für mich genau im Soll, da sie das Zeug zur zweitbesten Mannschaft der Welt haben (gegen Japan war es knapper als es hätte sein sollen).[/QUOTE]
wir KÖNNTEN diese Aufstellung machen? Ich hatte das Gefühl, dass deine Themensetzung eine solche Aufstellung geradezu verlangt. Was natürlich schwierig ist, weil anstrengend.
Du sprichst von neun Disziplinen, die du selbst beurteilt hast. Wie genau du auf deine -4 kommst, musst du schon aufschreiben. Also Butter bei die Fische.
Ich gebe meinen Senf dazu in den von dir gegebenen Kriterien (Gold = 3, Silber = 2, Bronze = 1). Meine Butter bei die Fische:
Handball (Damen): Hier ist die Leistungsdichte ebenso wie bei den Herren, auch wenn es für uns Couch-Potatoes unbekannt erscheint. Ich hatte für unsere Damen auf eine Bronzemedaille gehofft. Erwartung also = 1, Resultat = 0.
Fußball (Herren): Erwartung = Ergebnis = 0. (Das ist lustigerweise eine Junior-Sportart, und das wir nicht dabei sind, ist wirklich diskussionswürdig - tut aber zur Medaillenbetrachtung nichts zur Sache)
Fußball (Damen): Erwartung (in meinen Augen) so circa 2, Resultat = 1
Tischtennis (Herren, Mannschaft): Erwartung = 1, Resultat = 2 (Lexx, wie kommst du auf die Idee, D wäre im TT besser als Südkorea?)
Feldhockey (Damen und Herren): Hier ist die Weltspitze so eng wie im Handball, und ich hatte auf drei Punkte gehofft, wie auch immer das aus der Leistung unserer Damen und Herren kombiniert werden soll. Nun kamen die Damen auf Null, die Herren haben aber die drei gemacht. Also Erwartung = Resultat = 3
Gewichtheben: Bei uns erscheint jede Medaille in dieser Sportart, als käme sie aus dem Nichts. Aber unser Sieger Steiner war durchaus vorher bekannt. Ich habe zwar keine Ahnung, wieso, würde von ihm aber einen Punkt erwarten. Resultat = 3
Schwimmen: Hier haben wir es mit echten Schwachmaten zu tun: Während die Amis und Australier darauf stolz sind, bei jedem möglichen Wettbewerb sich dem Konkurrenzkampf zu stellen, gingen unsere Schwimmer der EM aus dem Wege, die kurz vor unseren Quali-Wettbewerben für Olympia stattfanden. Wie man besser wird, indem man bei einem Wettbewerb komplett nicht antritt, muss mir mal jemand erklären. Wie auch immer: Ich hatte auf ein Staffelbronze gehofft und auf Bronze von Britta Steffen über 100m Freistil. Also Erwartung = 2, Resultat = 6
Leichtathletik: Ich hatte mir für die Christina Obergföll Platz Zwei erhofft, und Platz Drei für unsere Hochspringerin Friedrich. Ansonsten hatten wir keine Aktien in der Leichtathletik, und so gilt: Erwartung = 3, Resultat = 1
Triathlon (Gibt es das bei den Damen?): Das ist eine schwer zu verstehende Sportart. Beim Hawaii-Triathlon haben wir schon viel gewonnen, aber bei Olympia sind alle Strecken verkürzt. Wir hatten einen aktuellen Weltmeister, aber gewonnen hat für uns ein ganz anderer. Dieser Typ namens Frodeno war aber auch zuletzt schon nahe dran bei diesen Olympia-Strecken. Ich würde also mal locker sagen: Erwartung = 2 (weil wir zwei Eisen im Feuer hatten), Resultat = 3
Mountainbike: Unsere Frau Dingsbums war mit ihrer Goldmedaille vermutlich bei unseren Funktionären vom DOSB bereits eingeplant. Da ich solche Planungen immer übertrieben finde, würde ich sie eher auf Silber erwartet haben. Erwartung = 2, Resultat = 3
Wenn man das nun alles zusammen rechnet, so kommt man auf +8! Das kommt mir auch ein bisschen komisch vor, denn es widerspricht meinem Bauchgefühl. So toll war die Leistung nun nicht. Sie war hübsch, aber nicht toll. Ich möchte nun gerne von dir sehen, wie du aus den von dir gesehenen Sportarten deine -4 hinbekommst. Dann machen wir aus deinen -4 und meinen (für mich selbst ein bisschen überraschenden) +8 einen Medaillenspiegel.
Flecki:
Gut gut, dann halte ich mal dagegen:
Judo: Erwartung = 0? Letztes mal in Athen waren es 4 Punkte.
Ich würde sagen 2, da mehrere Medaillenkandidaten.
-> +6
Hambüchen und die Turner:
Gold am Reck und 2 Punkte im Mehrkampf und/oder Mannschaftsmehrkampf.
Erwartung: 5 (bei der WM waren es 6), Resultat: 1
-> +2
Springreiter:
Da die Sportart laut einem Foristen hier nur in 2,3 Ländern ernsthaft betrieben wird, waren auf jeden Fall vier Punkte drin. Erwartung: 4, Resultat: 0
-> -2
Grad zufällig entdeckt: Boxer: "Seit den Spielen 1928 hatten die deutschen Boxer bei Olympia immer mindestens eine Medaille gewonnen. In Peking sind sie bereits komplett in der ersten Runde ausgeschieden – das Debakel ist perfekt."
Erwartung: 1, Ergebnis: 0
-> -3
Kanu:
K2, 500
Rauhe/Wieskötter waren Topfavoriten,
Olympia 2004: Gold, WM 2001-2007: Gold
Erwartung: 3, Ergebnis: 2
K2, 1000
Erwartung: 1 wegen Ihle, Ergebnis 3
K4, 1000
Weltmeister 2007 aber eher überraschend und ein neuer Mann dabei.
Erwartung: 1, Ergebnis: 1
C1 500, 1000
Dittmer ist über den Zenit.
Erwartung=Ergebnis=0
C2, 500
Gille und Wilentschek (Lautschrift) haben bei der WM 2007 4 Punkte geholt.
Erwartung: 2, Ergebnis: 3 (Silber + Bronze)
K1, 500, Frauen (Wagner-Augustin):
Erwartung = Ergebnis = 1
Turnen (abseits von Hambüchen):
Erwartung: 0, Ergebnis: 2 (Chusovitina)
-> -1,5
Turmspringen:
Erwartung: 4, Ergebnis: 3
-> -2,5
Insgesamt: -2,5 bei allerdings tiefgesteckten Erwartungen! Ich habe meistens niedrigere Platzierungen angesetzt als bei den bisherigen Wettbewerben (Z.b. das Ergebnis der Turmspringer bei der WM2007 halbiert).
Setzt man optimistischere Erwartungen an, erhöhen sich die Minuspunkte entsprechend -> Das erklärt den vielen Frust während der Spiele.
Betrachtet man die Weltmeister/Topfavoriten in dieser Liste, so konnte nur der K4 der Frauen die Erwartungen erfüllen, sechs andere sind unter der angesetzten Erwartung geblieben und zwar meist deutlich, viermal komplett ohne Medaille (und das teilweise in mehreren Wettebewerben).
Das bestätigt meinen Eindruck bezüglich des Abschneidens der Weltmeister.