Ein bisschen spät aber das Thema ist sicher noch aktuell und wird es vielleicht noch bleiben.
Zu MRR: Literarisch wird er meiner Meinung nach heute sehr überschätzt. Seine Stärken liegen in der europäischen und amerikanischen Literatur bis etwa 1980, mit der neueren Literatur kann er nicht viel anfangen sondern grantelt und nörgelt lieber. Aber vom Unterhaltungswert muss ich sagen ist er immer noch erste Sahne. Seine Preisverweigerung war klasse und sicher auch berechtigt. Ich hab nur einen kleinen Teil gesehen und wenn das da wirklich Deutschlands Top Fernsehen repräsentiert dann gute Nacht. Da ich aber nur Sport sehe und ansonsten Serien auf DVD bin ich auch kein Experte. Hat er denn Unrecht?
Lese gerade, dass sie die Heidenreich beim ZDF geschmissen haben. Die Heidenreich ist ja echt geil in der FAZ über die Verleihung und später über ihren Arbeitgeber hergezogen, so dass man sich sogar zu einer fristlosen Kündigung entschliess. Vielleicht hatte ja da auch die ZDF Moderatoren Ikone, der Waschlappen Gottschalk die Hände im Spiel. Nun ja was soll man davon halten? Sicher hat die Heidenreich überzogen und masslos wäre noch untertrieben. Aber jetzt steht das ZDF doch recht als kritikresisent, nachtragend und weinerlich da. Vielleicht meint man, jetzt, wo der Kritiker weg ist, ist die Kritik gegenstandslos?
Das ZDF weist jegliche Kritik, auch ihren sachlichen Kern, von sich. Die Begründung ist einfach: Öffentlich Rechtliches Fernsehen ist immer gut, weil es öffentlich-rechtlich ist. Und wenn es mal niveaulos ist, dann ist auch das richtig, der Quote wegen.
Gottschalk miemt den gutmütigen verständnisvollen Vermittler, repetiert dabei die Phrase, man müsse ja den Privaten nacheifern, eben der Quote wegen.
Als nächstes geht man zur Tagesordnung über und macht so weiter wie bisher. Bei der nächsten Gebührenrunde erzählen uns aber dieselben Leute, man bräuchte die Milliarden, um (auch von Quoten!) unabhängiges Programm zu machen.
Zum ZDF selber:
Nach meiner subjektiven Sicht ist es das ältere Pendant zu RTL2. Unzählige seichte Serien und verfilmte Schonzetten, allerdings Eigenproduktionen und kein US-Import (was es aber nicht besser macht, eher schlimmer). Daneben noch Dokumentationen, in denen Autobahnraser gejagt werden und Sozialhilfeempfängern in den Kochtopf geguckt wird. Dazwischen, des Gesetzes wegen nur vor 20 Uhr, Werbespots für Treppenlifte und Blasentee.
Es gibt ja im Öffi-Programm durchaus noch die eine oder andere Perle, aber beim ZDF sollte man sie lieber nicht suchen. Der Platz 2 auf der Fernbedienung ist bei mir nur noch Tradition. Die Serien gucke ich über Premiere, DVD-Boxen stapeln finde ich nicht so gut, hin und wieder einen guten Film auf Arte und etwas Klamauk auf Prosieben.
Noch etwas pathetisch zum Schluss:
Das klassische Fernsehen wird seine Rolle als großer medialer Kommunikator verlieren. Gottschalks Show ist einer der letzten Dinosaurier, dem es auch schon sehr schlecht geht. Er sieht nur noch recht gewaltig aus.
DP:
Zu deiner ersten Frage:
Ranicki hat teilweise Recht.
Zum Beispiel damit, dass man das niveauvolle, anspruchsvolle Fernsehen hauptsächlich bei Arte, 3Sat und einigen Dritten findet.
Auch damit, dass der ÖR (ARD und ZDF) den Privaten bei Unterhaltungssendungen nacheifert, statt ein eigenes Konzept zu behalten.
Es ist ja schon bezeichnend, dass bei den besten Wissenssendungen eine WDR-Sendung, eine Sonntagnachmittagsendung 3Sats und eine Sonntagabendsendung von Pro7 dabei ist. Bei ARD und ZDF würde mir auf anhieb nichtmal ein Kandidat einfallen. Außer vielleicht Joachim Bublath, was aber ein Dinosaurier und keine Neuentwicklung ist.
Ansonsten hat er - der fast nie TV sieht - ziemlich übertrieben.
Zu Heidenreich:
In der Privatwirtschaft würde niemand erwarten, dass ein Mitarbeiter eines Unternehmens weiterhin beschäftigt bleibt, wenn er seinen eigenen Arbeitgeber in der Öffentlichkeit schlecht macht, und dann auch noch maßlos übertrieben. Warum sollte das beim ÖR anders sein?
Naja, die Oeffis muessen ja im Prinzip Vollprogramm bieten und alles abdecken. Dabei sollen sie auch Nischen bedienen und das Niveau halten. Nebenbei wird dann noch ueber ihre niedrigen Quoten gemeckert, wenn sie mal nicht den billigen Massengeschmack bedienen. Unabhaengig sollen sie auch noch sein. Etc.
Das ist schwierig und man kann es nur selten allen recht machen.
Sie könnten auch ihre Programme werbefrei machen, den Wildwuchs an Kanälen ausmisten und dabei wieder mehr an Profil gewinnen. Z.B. dadurch, dass nicht auf ARD UND ZDF seichte Schmonzetten, Dummschwatz oder Volksmusik zeitgleich gegeneinander antreten.
Das gesparte Geld könnte man ins Programm investieren oder den Gebührenzahlern in Form einer Gebührensenkung zurückgeben.
So würden sie sicher nicht *alle* Herzen gewinnen, aber wenigstens einige.
Aber diese Apparate sind - trotz aller Absichtsbekundungen - nicht für fünf Cent reformfähig und daran werden sie auch zugrunde gehen.
"Es gibt ja im Öffi-Programm durchaus noch die eine oder andere Perle, aber beim ZDF sollte man sie lieber nicht suchen."
Als Krimi-Fan gucke ich noch ab und an am Samstag (20.15 Unr), Sonntag (22.00 Uhr) und Montag (20.15 Uhr) ZDF. Ansonsten sieht's im Zweiten mau aus. Vor allem politische Magazine kann man komplett in die Tonne treten, und vor allem "Die reporter" ist so ätzend, wenn jede Woche irgendeine Einheit der Zollfahndung, der Autobahnpolizei oder der Hartz-4-Schnüffler vorgestellt wird.
Mal ganz abgesehen davon, dass das Staatsangelegenheit wäre ist der ÖR, zumindest die ARD im Regionalprogramm Monopolist.
Man sollte nicht vergessen, dass die ARD von den Dritten zusammengesetzt wird. Das derzeitige ARD/ZDF-Programm könnte man auch einfach im ZDF fusionieren und die ARD sendet nurnoch Produktionen der Dritten - die nicht zum Regionalprogramm gehören.
Spock schrieb am 23.10.2008 17:22
(und daran) werden sie auch zugrunde gehen.
Hallo? Aus den verschiedenen Scharmützeln; EU Initiative gegen Zwangsgebühren, TV auf PCs, Internetangebote von ARD und ZDF sind die Öffis auf breiter Front als Sieger hervorgegangen. Gerade heute kann der verehrte Gebührenzahler zur Kenntnis nehmen, dass mit seinen Mitteln ARD und ZDF ihr Internetangebot auf breiter Fläche ausbauen können. Am Sparen hat dort, im Gegensatz zu jedem normalen Unternehmen, niemend Interesse, denn die Sharholder sind längst entmündigt worden. Die Gebührenerhöhung besteht in einer geregelten Maschinerie aus Eingaben, Evaluationen und Feststellungen bis hin zur Genehmigung; ein Prozess weitab vom echten Leben. Und wie jeder kafkaesquer Prozess gibt es hier kein Hinterfragen, keine Begründung, kein Sinn und deshalb wird es diesen Apparat bis in alle Ewigkeit geben.
und deshalb wird es diesen Apparat bis in alle Ewigkeit geben.
So wie die DDR.
Das ging solange gut, bis die Leute anfingen, mit den Füßen abzustimmen.
Ich beobachte, dass sich das Stimmungsbild in der Bevölkerung zu ARD und ZDF langsam wandelt. Da hörte man vor z.B. fünf Jahren noch ganz andere Aussagen als heute. Gerade das Argument 'aber die liefern doch Qualität' wird seltener und kleinlauter genannt.
Ich kann dir nicht sagen ob der Apparat fünf oder zehn Jahre braucht um zusammenzubrechen, aber er wird es tun.
DP:
Gerade heute wurde das zukünftige Internetangebot der Sender drastisch eingeschränkt. Webinhalte müssen zukünftig einen direkten Bezug zu einer Sendung haben und Sendungsinhalte dürfen nurnoch 7 Tage im Netz stehen, Sportereignisse nur 24 Stunden. Gerade die letzten beiden Beschränkungen finde ich persönlich sehr schade. Gegen ersteres habe ich nix.
und Sendungsinhalte dürfen nurnoch 7 Tage im Netz stehen,
Das ist ja nun wirklich Käse. Warum soll die ARD ihren Weltspiegel (um mal eine halbwegs gute Sendung zu nennen) nicht so lange ins Netz stellen dürfen wie sie möchte?
Den ganzen Einschränkungen ist dagenen nicht zu trauen, da sie sinnigerweise über die Selbstkontrolle der Rundfunkräte organisiert werden.
Wie gesagt, ich kanns auch nicht nachvollziehen, wieso man ausgerechnet DIESES Angebot beschneiden will, wo doch die Online-Verfübarkeit der Sendungen m.N.n. eines der stärksten Argumente für Internetgebühren ist.
Wenn das wie geplant verabschiedet wird müssen diverse Sendungsarchive eingemottet werden, die teils Jahre alte Sendungen immernoch zum Download anbieten. Etwa das von Quarks & Co.
Den ganzen Einschränkungen ist dagenen nicht zu trauen, da sie sinnigerweise über die Selbstkontrolle der Rundfunkräte organisiert werden.
Da werden die anderen, sprich die privaten Sender und Anbieter aus dem print-Bereich sowie interessierte Gruppen und Einzelpersonen schon genau hinschauen und notfalls laut Krach schlagen. Es gibt ja sogar Freaks, die den call-in Quiz-Trash rund um die Uhr aufzeichnen und per Blog kommentieren.
Ansonsten denke ich wie Spock, das sich das ör-TV in seiner heutigen Form überlebt hat. Es wird aber durch seine starke Verankerung in der Politik und das Beharrungsvermögen der Apparate noch lange dauern, bis sich da was ändert.
Dass das ör-TV ein Angebot für alle Schichten des Volkes bietet, ist sowieso ein Märchen. In der werberelvanten Zielgruppe (egal ob diese Einteilung Sinn macht, sie wird von allen als Eichmass akzeptiert) haben ARD und ZDF jeweils Marktanteile in der Grössenordnung von RTL II und in ihren Zielgruppen der 83 und 84 jährigen (Schmidt&Pocher) dürfte das Internetangebot nicht so die grosse Rolle spielen.
F-W schrieb am 24.10.2008 01:36
Ansonsten denke ich wie Spock, das sich das ör-TV in seiner heutigen Form überlebt hat.
Reines Wunschdenken. Ich sehe auch nicht Spocks verändertes Stimmungsbild gegen ARD und ZDF. Die Öffis sind wie CDU und SPD die Staatsdinosaurier, irgendwie unbeliebt, unflexibel und teuer aber doch stets als notwendig (wenn auch übel) angesehen. Dass eine Abschaffung wirklich erwünscht wäre sehe ich nicht, vor allem nicht in der Generation 50+, die ja mittlerweile die klare Mehrheit in D ausmacht. Für eine Revolution ist bei weitem nicht das Wutpotenzial vorhanden, lieber erträgt man laut jammernd aber behäbig sehr deutsch das notwendige Elend.