"Sind das jetzt Fakten, oder ein Hergang, wie er typischerweise sein könnte?"
So hat die TAZ das geschildert.
Wo Dewo natürlich recht hat, ist, dass die Faktenlage bisher einseitig ist.
Aber alles in allem, finde ich, dass dieses Beispiel eigentlich eher für das Gleichstellungsgesetz spricht.
Nachdem die unterschiedlichen Einkommen ja nun offenliegen, ist es ja für die Versicherung ein Leichtes, die bessere Leistung des Nachfolgers zu belegen. Umgekehrt wäre das ja fast unmöglich, da die Klägerin diese Daten nicht gerichtsfest vorlegen kann.
Immerhin gibt es kaum eine Branche, bei der die Leistungen der Vertriebsleute so kontrolliert werden und so transparent sind wie in der Versicherungsbranche.
Die Daten, die eine 50% Besserleistung des Nachfolgers belegen, sind also bei der R+V in Sekundenbruchteilen verfügbar.
Somit hat es die R+V in der Hand, diesen Prozess innerhalb weniger Stunden zu beenden. Dass sie das nicht hat, spricht erstmal für die Angeklagte.
Mir ist der Fall zu unübersichtlich, als dass er als Präzedenzfall taugen könnte.
Es gibt die unterschiedlichsten Provionsmodelle bei Versicherungen, das stimmt. Aber allen gemein ist, dass der Stelleninhaber sein Fixgehalt mindestens selbst über Abschlüsse verdienen muss und erst darüber hinaus mit Provisionen beteiligt wird. Generell kann man sagen, je höher das Fixgehalt, desto geringer der Proviosionssatz. Und auch in einem strukturell guten Gebiet muss man die Verkäufe erst mal machen, und zwar nachhaltig. Wer als Festangestellter 3 Monate hintereinander sein Gehalt nicht selbst verdient, bekommt die gelbe Karte und nach spätestens einem Jahr ist er draussen.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Versicherung auf eine gute Verkäuferin verzichtet, nur weil sie türkisch ist und einen dicken Bauch hatte und den Bezirk einer Niete mit Beziehungen gibt. Dazu ist das Geschäft viel zu hart. Die R+V wird vermutlich kein Problem haben, die höhere Qualifikation ihres Mitarbeiters zu beweisen. Die Tatsache, dass die R+V Vergleichsverhandlungen rundheraus ablehnt, kann prozesstaktisch bedingt sein, kann aber auch bedeuten, dass sie gute Karten hat. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die R+V, die mit ihrer Zugehörigkeit zum Genossenschaftsbereich ja auch einen gewissen „ideologischen“ Überbau hat, jemanden aus niederen, d.h. ethnischen oder frauenfeindlichen Beweggründen heraus aus dem Job schiesst. Da muss mehr sein.
Viel zu wenige Details sind bekannt. Z.B. Stornoquoten. D.h. Verträge, die innerhalb der Provionskarenzfrist wieder gekündigt werden und zu einer vollen oder anteiligen Rückerstattung der Provisionen führen. Die Frist ist im Lebensversicherungsbereich mittlerweile auf 5 Jahre verlängert worden, und dazu gehören alle provisionsstarken Abschlüsse. Bei der Beurteilung des Erfolgs zählt nicht die Bruttoabschlussquote, sondern die Nettoquote nach Abzug der Storni.
Vom Sachversicherungsgeschäft (Auto, Hausrat, Haftpflicht usw.) kann heute kein Versicherungsvertreter mehr leben.
Wie die vorausgegangene Kette an Argumenten ergibt, stützen sich selbige weitgehend auf Vermutungen. Was genaues weiß man nicht. Daher ist eine Diskussion ohne genaue Kenntnis der Fakten müßig.
"Wer vom Mutterschaftsurlaub kommt hat nicht notwendigerweise einen Anspruch darauf, alles wieder so vorzufinden wie es vorher war."
Doch, hat sie.
Ich hatte in einer anderen Zeitschrift über den Fall gelesen. Da schien es mir in erster Linie ein Fall von Mobbing zu sein. Dort las sich das so, daß die Frau in jedem Fall im Recht ist - rechtlich interessant war nur die Höhe der Schadenersatzforderung.
Alles in allem bringt es eh nicht viel, über Zeitungsberichte von Journalisten zu Gerichtsverfahren zu spekulieren. Die Hälfte ist meist falsch oder verfälscht dargestellt. Worauf es im Kern ankommt, verstehen eh nur sehr wenige Gerichtsreporter.
"Wer vom Mutterschaftsurlaub kommt hat nicht notwendigerweise einen Anspruch darauf, alles wieder so vorzufinden wie es vorher war."
Doch, hat sie.
Das ist doch völlig unrealistisch. Es kann 1000 objektive Gründe geben, aus denen bei der Rückkehr eben nicht mehr alles so ist, wie es vorher war. Sonst müssten ja Unternehmen oder zumindest komplette Abteilungen für die Zeit des Mutterschutzes einer einzelnen Mitarbeiterin komplett eingefroren werden.
"Wer vom Mutterschaftsurlaub kommt hat nicht notwendigerweise einen Anspruch darauf, alles wieder so vorzufinden wie es vorher war."
Doch, hat sie.
Das ist doch völlig unrealistisch. Es kann 1000 objektive Gründe geben, aus denen bei der Rückkehr eben nicht mehr alles so ist, wie es vorher war. Sonst müssten ja Unternehmen oder zumindest komplette Abteilungen für die Zeit des Mutterschutzes einer einzelnen Mitarbeiterin komplett eingefroren werden.
Deshalb muss es nicht derselbe Arbeitsplatz sein; aber ein Gleichwertiger in jeder maßgeblichen Beziehung.
Das entspricht der Rechtslage und ist auch richtig so.
Alles andere wäre tatsächlich Diskriminierung.
Obwohl die Frauen in der Praxis offenbar tatsächlich mit Schikanen rechnen müssen.
Genauer: Wenn Ihr Arbeitsplatz noch vorhanden ist (wie es hier offenbar der Fall war), hat sie einen Anspruch auf genau diesen Arbeitsplatz. Das hat mit dem Gleichstellungsgesetz allerdings rein gar nichts zu tun.
rw schrieb am 02.11.2008 12:25
Alles in allem bringt es eh nicht viel, über Zeitungsberichte von Journalisten zu Gerichtsverfahren zu spekulieren. Die Hälfte ist meist falsch oder verfälscht dargestellt. Worauf es im Kern ankommt, verstehen eh nur sehr wenige Gerichtsreporter.
Diese Aussage kann man. was die Tagespresse angeht, getrost auf alle anderen Fachbereiche ausdehnen. Schlampige Recherche und kreatives Uminterpretieren sowie Weglassen von Fakten ist an der Tagesordnung.
Anonymer User schrieb am 02.11.2008 13:46
Genauer: Wenn Ihr Arbeitsplatz noch vorhanden ist (wie es hier offenbar der Fall war), hat sie einen Anspruch auf genau diesen Arbeitsplatz.
Also eigentlich hätte ich mir gerade von dir einen etwas umfassenderen Kommentar gewünscht. Deine Ministatements, eine Mutter hat irgendwie immer Recht nach der Rückkehr kann doch gar nicht stimmen und ist wie Spock sagt gar nicht alltagstauglich. Es geht doch schon damit los, dass es hier einen Dissenz darüber gibt, was denn ihr Arbeitsplatz ist. Ihr Arbeitsplatz ist Versicherungsvertreter und den hat sie bekommen. Dass es eine gesetzlich vorgeschriebene Zusage für Verkaufsbezirke gibt oder Provisionsmodelle glaube ich nicht. Vielleicht hat der AG mittlerweile die Bezirke für alle ANer verändert, wie will man denn da einem Rückkehrer "genau das gleiche" wieder geben?
Der Grund, dass sie nach dem Gleichstellungsgesetz und nicht nach dem Mutterschutzgesetz klagt, dürfte der sein, dass das die Summen wesentlich höher sind.
Sie ist also tatsächlich genau so zu behandeln, als wäre sie nicht weggewesen und nicht auf einen abstrakten Job als Versicherungsvertreter zu verweisen. Eine Versetzung an einen anderen Ort ist sicherlich auch nicht möglich. Und letzlich ist es auch genau der Sinn dieses Gesetzes, genau solche Benachteiligung wie Versetzungen auf schlechtere Stellen von Müttern zu verhindern.
Und praktikabel ist das durchaus, wenn man ein bischen guten Willen an den Tag legt. Zumindest in so einer grossen Organisation.
In großen Unternehmen wird heute ständig umstrukturiert und das gilt gerade und insbesondere für Vertriebsorganisationen. Ob das immer sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt, ist aber Tatsache.
Davon abgesehen werden selbst in eher konservativen Läden ständig die Vertriebsgebiete verändert, zusammengelegt, geteilt, Vertreter neuen Kundengruppen zugewiesen, etc.
Wer in so einem Job ist, müsste das wissen - es ist quasi Wesen dieses Jobs.
kater_5 schrieb am 03.11.2008 11:34
"In großen Unternehmen wird heute ständig umstrukturiert und das gilt gerade und insbesondere für Vertriebsorganisationen."
Nur war das hier eben genau nicht der Fall. Genau der Arbeitsplatz war genau so weiter verfügbar.