Mal 'ne Zwischenfrage: warum wird die Blöd-Zeitung nicht endlich verboten, Kai Diekmann eingesperrt und das Springer-Haus dem Erdboden gleichgemacht?


"So sieht der BILD-Zeichner den Amoklauf in einem der Klassenzimmer"

kater:
Waffen verbieten, weil der Blutzoll zu hoch dafür ist?

Dann muss man sich die Frage der Verhältnismäßigkeit stellen. Schusswaffengebrauch im kriminellen Zusammenhang ist seit Jahren rückläufig. 2007 wurde 168 Menschen durch Schusswaffen getötet, das sind 22,1% aller Morde und Totschläge.
Rein statistisch (Tote bei Schul-Amokläufen gemittelt auf die Jahre 2002-2009) wäre die Opferzahl im Bereich der Schusswaffen um 2,7% geringer, die Zahl aller Mord- und Totschlagsopfer um 0,6%.

Desweiteren hätte der Amokläufer von Erfurt seine Waffen nach dem Waffengesetz so garnicht erwerben dürfen - der Besitz war illegal. Der Amokläufer von Willemden hätte seine Pistole nach dem Waffengesetz garnicht nehmen können dürfen. Bei beiden Amokläufen war also ein Verstoß gegen das Waffengesetz begünstigender bzw. vorausgesetzter Faktor für die Durchführung der Tat.

Bei generell verbotenem Waffenbesitz wären die Amokläufe wohl nicht zustande gekommen, das lässt sich nicht leugnen. Bei genereller Einhaltung des Waffenrechts allerdings auch nicht. Auch der Amokläufer von Emsdetten musste sich wegen Verstoßes gegen das Waffenrecht vor Gericht verantworten.

Zurück zur Verhältnismäßigkeit.
Auf der einen Seite steht also eine statistische Senkung des "Blutzolls" um 0,6%, auf der anderen Seite 1,5 Millionen von Sportschützen, die bei der Ausübung ihres Hobbys massiv behindert würden. Schließlich können diejenigen von ihnen, die Waffen besitzen ein "berechtigtes Bedürfnis" gemäß dem Waffenrecht vorweisen.

Zum Vergleich:
Allein bei der Rallye Dakar und der Tourist Trophy auf der Isle of Man kommen zusammen jährlich im Schnitt 4 Menschen ums Leben. Sollte man Motorsport jetzt verbieten?

Durch Skifahren starben in Österreich 2003 15-20 Menschen, bei ca. 8 mio. Skifahrern (Lawinenopfer nicht mitgerechnet!). Das sind runtergerechnet auf 1,5 mio. Sportschützen 2,8-3,8 Tote pro Jahr (+Lawinenopfer). Sollte man deswegen Skifahren verbieten?

Ich meine nein.

Damit ich nicht nur destruktiv diskutiere, mache ich auch gleich einen Gegenvorschlag:
An jede Schule ein Psychologe, dazu die von mir bereits genannten Schülerbefragungen. Dann kann man Mobbingopfer identifizieren und sich gezielt um sie kümmern. Ich finde es nämlich schon auffällig, dass Länder mit teilweise deutlich lascheren Waffengesetzten wie Kanada (da gibt es pro Einwohner sogar mehr Schusswaffen als in den USA!) einen deutlich geringeren "Blutzoll" durch Amokläufe haben.

Amokläufe in Frankreich, Großbritannien, Spanien, Italien?
Amokläufe in Schweden, Dänemark, Norwegen?
Amokläufe in Polen, Tschechien, Österreich, Schweiz?

In den meisten dieser Länder dürfte es einfacher sein als bei uns, an eine Schusswaffe zu kommen.

edit:

Mirkalf:
Ja, kenne ich.

Hat eigentlich jemand von euch dieses Amateurvideo von Tims letzten Minuten (ihr wisst schon, das, wo sich irgendein Spätzlefresser aus Angst, seine geliebte Karre könnte einen Kratzer abbekommen, in die Hosen scheißt) ganz gesehen? Konkret geht es darum: gibt es irgendeine Version in der man sieht, dass sich Tim selbst erschossen hat? Ich kenne nur die Version, wo er sich hinkniet, die Waffe liegt neben ihm auf dem Boden, dann kommt ein Schnitt, und dann liegt er reglos am Boden.

Lexx schrieb am 14.03.2009 15:31

> Über Mobbing-Prävention in der Schule wird bereits nachgedacht. Zum Beispiel indem man die Schüler ihre Klassenkameraden einordnen lässt nach angreifenden, angegriffenen und Mitläufern.

Mobbing durch Lehrer nicht vergessen.

> Kinder sind nicht nur mithin die grausamsten Mobber, sie sind auch Meister darin, etwas zu verstecken. "Mal sein Kind betrachten", auch mit Zeit und Interesse, deckt probleme ggf. nicht auf, wenn das Kind sie einem nicht anvertraut.

Wann soll es sich heutzutage denn auch anvertrauen? Auf dem Weg, wenn Mama es eine Stunde vor Schulbeginn selbst im Winter vor der Grundschule ablaedt? Oder abends zwischen dem nicht vorhandenen Abendessen und der Abendshow?
Ausserdem beginnt die Entwicklung eines Menschen ab Geburt - da geht es nicht nur darum, sich dann erst nach 15 Jahren mal ein paar Tage Zeit zu nehmen, wenn das Kind eh schon im Brunnen ist.

wh

kater_5 schrieb am 14.03.2009 17:29

>> "Dann haetten sie ihn vielleicht mal eine besorgen sollen. Dazu muss man aber mal sein Kind betrachten. Was Zeit und Interesse voraussetzt. Aber die sind ja wieder mal entschuldigt - sicher waren sie nur zu sehr beschaeftigt, weil ja irgendwie das schicke Haus und das teure Hobby finanziert werden muessen."

> Ich finde es ja immer wieder toll, wie der WH, der selbst keine Kinder zustande gebracht hat, erklärt, wie man Kinder erzieht und das natürlich alles vieeeeel besser gekonnt hätte.

Was ist los - bellt da nur wieder ein getroffener Hund?

wh

kater_5 schrieb am 14.03.2009 17:33

> Wir haben mitlerweile die Situation, dass fast jedes Jahr ein knappes Dutzend Schüler mit legal erworbenen Waffen erschossen werden. Da würde ich jetzt doch einfach mal den Nutzen und den Schaden abwägen und den privaten Besitz von Waffen schlicht verbieten.

Taeglich bringen sich ca. drei Jugendliche/Kinder um - die Mehrheit nicht mit legalen Schusswaffen. Die Amoklaeufer unter ihnen besorgen sich dann eben notfalls nicht legale Waffen aus Quellen, die evtl. noch wirksamere Spielzeuge bieten koennen als Papas Nachttisch. Sich Bomben nach Internetanleitungen zu bauen, ist uebrigens auch schon ein normales Hobby geworden. Schwert und Armbrust koennen auch toeten. Usw.

Wer nicht die Ursachen bekaempfen will, sondern nur die Werkzeuge, kann das gern tun, soll sich aber beim naechsten Vorfall dann wenigstens die scheinheiligen Krokodilstraenen verkneifen.

wh

Kodo schrieb am 14.03.2009 17:36

> Das Haus ist völlig normal. Nur 15 Schusswaffen nicht.

In einem "normalen Haus" gibt es kein verzweifeltes, vereinsamtes Kind, dass sich und andere Menschen umbringen will. Da koennten dann auch 100 Schusswaffen rumliegen, ohne dass es zu einem Amoklauf kaeme.

wh

Kodo schrieb am 14.03.2009 17:42

>> Wuerdest du losziehen und einen als Amoklauf gestalteten Suizid begehen, NUR weil dir jemand eine Pistole mit etwas Munition vor die Nase legt?

> Du verwechselst Ursachen mit der leichten Verfügbarkeit von Schusswaffen.
> Wer so abgedreht ist, Leute umbringen zu wollen, sollte man nicht noch mit den dafür notwendigen Waffen versorgen.

Das beantwortet nicht die Frage.

wh

Lexx, Wh:

Eure Argumente über die Legalität dieser Schusswaffen geht doch völlig an meinen Argumenten vorbei. Wenn diese Waffen zwar legal erworben aber illegal gelagert oder genutzt wurden, spricht das nur für meine Argumentation, dass man Waffen, die einmal im Umlauf sind, nicht mehr kontrollieren kann.

Und die Amokläufe der vergangenen Jahre sind allesamt mit Waffen passiert, die legal im Umlauf waren.

Und was die Verhältnismässigkeit angeht: Die Opfer der Sportarten die Lexx hier anführt, haben diese allesamt selbst mit ausgeübt und sind dabei umgekommen. Sie haben das Risiko durchaus gekannt und sind es bewusst eingegangen. Die Opfer dieser Amokläufe waren aber keine Waffennarren.

Gruss
Kater

Werhamster:
"Wann soll es sich heutzutage denn auch anvertrauen? Auf dem Weg, wenn Mama es eine Stunde vor Schulbeginn selbst im Winter vor der Grundschule ablaedt? Oder abends zwischen dem nicht vorhandenen Abendessen und der Abendshow?
Ausserdem beginnt die Entwicklung eines Menschen ab Geburt - da geht es nicht nur darum, sich dann erst nach 15 Jahren mal ein paar Tage Zeit zu nehmen, wenn das Kind eh schon im Brunnen ist. "

Ich bezweifle jetzt einfach mal, dass du genug Wissen und Erfahrung hast, darüber eine konsequente Aussage zu treffen. Wieviele Eltern und Kinder leben in deinem persönlichen Umfeld?

Noch was zum Thema bessere Betreuung:

Die Schule an der Tim zuletzt war (also nicht die, wo er das Massaker angerichtet hat) war anscheinend eine Privatschule mit besonders guter psychologischer Betreuung.

Hat auch nix geholfen.

Gruss
Kater

Ist jemand von euch Sporttaucher? Dann weiß er, was da in Deutschland für ein Drama draus gemacht wird, sich so eine simple Flasche Pressluft füllen zu lassen. Dabei kann man damit nur sich selber umbringen, es sei denn, man schlägt der Flasche in der Fußgängerzone das Ventil ab (was recht schwer sein dürfte). Immerhin passieren so auch wenig tödliche Unfälle beim Umgang mit Pressluftgeräten.

Wenn schon dieses Pressluft-Thema so heikel und gefährlich ist, wäre es nicht zuviel verlangt, auch die Sportschießerei etwas besser zu reglementieren, d.h. speziell die Aufbewahrung von Waffen und Munition, beispielsweise in zertifizierten Sicherheitsschränken im Vereinshaus. Dort wäre auch eine amtliche Kontrolle einfach und effizient möglich (anstatt Horden von Polizisten auf fragwürdiger Grundlage in Privatwohnungen einfallen zu lassen).