Tja dennoch haben vom Aufschwung nur die reichsten profitiert, während das untere Zehntel sowie die wimre zweit- bis viertreichsten Zehntel Vermögen verloren haben. Zudem öffnet sich die Einkommensschere in Deutschland stärker als anderswo in Europa. Irgendwas machen wir also grundfalsch.
Dass vom Aufschwung nur die reichsten profitiert haben, ist eine dumme Plattitüde. Profitiert haben breite schichten qualifizierter Arbeitnehmer. Gesunde Unternehmen haben die letzten Jahre sehr gut gezahlt, in bestimmten Branchen reichten die Hochschulabsolventen nicht aus, es waren gute Einstiegsgehälter verhandelbar etc etc.
Aber nehmen wir das Körnchen Wahrheit aus deiner Aussage und legen meine daneben, dass wir schon stark von oben nach unten umverteilen. Anscheinend nützt das so gar nichts, es müssen andere Konzepte her.
Das ist auch das, was ich unseren Linken so übel nehme. Nicht, dass sie fordern, dass es den kleinen Leuten besser geht. Das findet sicher jeder gut. Nein, es sind die ewiggleichen platten Sprüche und Rezepte, die zumindest in der Welt von heute völlig sinnlos sind.
Tja dennoch haben vom Aufschwung nur die reichsten profitiert, während das untere Zehntel sowie die wimre zweit- bis viertreichsten Zehntel Vermögen verloren haben. Zudem öffnet sich die Einkommensschere in Deutschland stärker als anderswo in Europa.
Ich hätte noch diese Aussagen beizusteuern; Frau am Steuer - ungeheuer, Wenn der Hahn kräht auf dem Mist ändert sich das Wetter oder es bleibt wies ist, der Gefoulte soll nie den Elfmeter selber schiessen, früher war alles besser.
Auf Seite 59 des Wochenberichts steht ein Vergleich (2002 vs 2007) der Vermögen nach Dezilen geordnet.
Vergleichen wir das mal mit meinen Aussagen: "haben vom Aufschwung nur die reichsten profitiert"
Das oberste Einkommensdezil hat seinen Anteil am Vermögen von 58 auf 61% vergrößert, wie deutlich zu sehen ist.
"während das untere Zehntel (...) Vermögen verloren haben."
Das unterste Dezil hat seinen Wert vergrößert - Schuldenzuwachs!
"sowie die wimre zweit- bis viertreichsten Zehntel Vermögen verloren haben"
Ihr Anteil am Gesamtdeutschen Vermögen ist von 39% auf 36% gesunken.
Alle anderen Dezile haben ihren geringen Anteil von rund 4,5% gehalten. Der Gini-Koeffizient ist von 0,777 auf 0,799 gestiegen.
Das zeigt: Meine Erinnerung war korrekt, das Vermögen in Deutschland konzentrierte sich in den fünf Jahren von 2002 bis 2007 bei den allerreichsten und ihr könnt euch eure Beißreflexe in Zukunft sparen.
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Gehen wir nun weiter auf Seite 64, so finden wir eine absolute Vermögensentwicklung. Auch hier zeigt sich, dass in diesen fünf Jahren vor allen Dingen die oberen 30% der Einkommen profitiert haben, während die Vermögensentwicklung bei den unteren 70% uneinheitlich aber praktisch unverändert ist.
Wir sehen also: In den Jahren zwischen 2002 und 2007 ist das Vermögen der Reichsten 30% stark gewachsen, während das der unteren 70% mehr oder weniger unverändert geblieben ist. Wenn die statistik nicht inflationsbereinigt ist, dann haben wir in der "breiten Masse" daher sogar einen Vermögensrückgang (7,3% Inflation von 01/02 bis 01/08).
Zusammen mit den Reallohnverlusten im letzten Aufschwung ergibt sich daher für mich das Bild, dass die Situation der breiten Masse trotz Aufschwungs schlechter geworden ist - weniger Vermögen bei weniger Einkommen - während die oberen Einkommen ihr Vermögen steigern konnten.
Nehmen wir nun diese Statistik zur Entwicklung des Gesamtvermögens dazu, dann haben wir einen Zuwachs von schätzungsweise 12%.
In Verbindung mit der Statistik auf Seite 59 ergeben sich daraus folgende Vermögensentwicklungen (Inflationsbereinigt):
*Auf den ersten Blick sieht das nach Widerspruch aus. Beim 2. bis 5. Dezil muss aber beachtet werden, dass eine Veränderung von etwa 100%, 100%, 10%, 5% rundungsbedingt überhauptnicht auftaucht. Wir haben also +4,4% bei einem Messfehler von 5 bis 100%. Das ist mit den vorherigen Aussagen konsistent.
Nachtrag: Spock:
►"dass wir schon stark von oben nach unten umverteilen. Anscheinend nützt das so gar nichts, es müssen andere Konzepte her."◄
Es sieht tatsächlich danach aus, dass die steuerliche(!) Umverteilung (nicht vergessen, dass die Abgabenlast in der Mittelschicht am höchsten ist) von oben nach unten schwächer ist, als die natürliche Verteilung von unten nach oben. Um eine weitere Zunahme der Ungleichverteilung des Vermögens zu verhindern müssten also andere Konzepte her, da stimme ich dir zu.
Ansetzen kann man da z.b. an einer ausgeglicheneren Abgabenlast (Sozialversicherungen).
Oder man schraubt an den Rahmenbedingungen, unter denen unsere Wirtschaft arbeitet.
Weitere Ideen?
Wer sich bisher in sein ideologisches Kellerloch verkrochen hat, um sich der Realitaet zu verweigern, wird auf deine Belege trotzdem pfeifen und/oder sie sich zurechtschnitzlern.
Lexx, danke für deine detaillierten Ausführungen. Wenn wir das mal so stehenlassen, bleibt immer noch die Frage, was man staatlicherseits gegen diese Entwicklung tun kann und überhaupt sollte.
Ganz wichtig ist m.E. in dem Zusammenhang dein Hinweis, dass die Abgabenlast bei der Mittelschicht am höchsten ist. Wer auch immer sagt, er will die Reichen zur Kasse bitten, meint im Grunde die Mittelschicht. Nun kann man sich so einen Mittelschichtler als hässliches Klischee als porschefahrenden Anwalt vorstellen. Man kann sich aber auch mal existierende Gesellschaften faktisch ohne Mittelschicht, etwa in der Ex-Sowjetunion oder Lateinamerika, angucken und überlegen, ob wir sowas in Deutschland haben wollen.
Spock schrieb am 12.04.2009 18:20
Ganz wichtig ist m.E. in dem Zusammenhang dein Hinweis, dass die Abgabenlast bei der Mittelschicht am höchsten ist. Wer auch immer sagt, er will die Reichen zur Kasse bitten, meint im Grunde die Mittelschicht.
Ich nicht. Ich meine die wirklich Reichen. Die Stinkreichen. Die "Filthy rich", wie der Engländer zu sagen pflegt. Die Quandts und Albrechts und Thurn und Taxis und von und zu Guttenbergs. Die Leute, gegen die Ackermann mit seinen paar Milliönchen ein armer Schlucker ist.
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„Manchen Völkern genügt eine Katastrophe, sie zur Besinnung zu bringen. Deutschen, so scheint es, bedarf es des Untergangs.” --Arthur Moeller van den Bruck
„Wenn man so darüber nachdenkt ist es eigentlich erschreckend, wie wenig Politiker aufgeknüpft werden.” --G. K. Chesterton
„Manchmal frage ich mich, ob die Welt von klugen Menschen regiert wird, die uns zum Narren halten, oder von Schwachköpfen, die es ernst meinen.” --Mark Twain
Ich meine die wirklich Reichen. Die Stinkreichen. Die "Filthy rich", wie der Engländer zu sagen pflegt. Die Quandts und Albrechts und Thurn und Taxis und von und zu Guttenbergs. Die Leute, gegen die Ackermann mit seinen paar Milliönchen ein armer Schlucker ist.
Bla bla bla, davon bist du ja förmlich zerfressen, das wissen wir ja nun. Meine Frage, welchem gesellschaftlichen Problem damit abgeholfen wäre, beantwortest du ja nicht. Von der praktischen Machbarkeit ganz zu schweigen. Wir sind nicht in Russland 1917, wir haben Rechtsstaat und Verfassung, die schützen leider auch Leute und Dinge, die dir und manchmal auch mir nicht in den Kram passen.
Wenn du mal genug Leute zusammen hast, um Quandts Villa zu stürmen und die Insassen aufzuknüpfen, nur zu. Dann werde ich die Sinnfrage aus Selbstschutz nicht mehr stellen, obwohl immer noch berechtigt.
Spock: "Wer auch immer sagt, er will die Reichen zur Kasse bitten, meint im Grunde die Mittelschicht."
Naja. Spitzensteuersatz und Vermögenssteuer trifft tatsächlich die Reichen. Die Mittelschicht wird vor allem durch Renten- und Krankenversicherung belastet.
Dort anzusetzen und die Belastung zu senken ist, denke ich, kein schlechter Ansatz, zumal dadurch auch die berühmten Lohnnebenkosten sinken würden. Das um deine erste Frage aufzugreifen, was man tun kann und sollte.
Dazu gibt es noch einige Kleinigkeiten, die mir einfallen, wie die Tatsache, dass Leiharbeiter weniger Lohn als Festangestellte bekommen. Das verführt die AG ja geradezu, die Leiharbeit auszunutzen. Hier könnte man ohne Probleme das Lohnniveau einer kleinen Gruppe von AN steigern.
Lexx schrieb am 12.04.2009 23:37
Spock: "Wer auch immer sagt, er will die Reichen zur Kasse bitten, meint im Grunde die Mittelschicht."
Naja. Spitzensteuersatz und Vermögenssteuer trifft tatsächlich die Reichen. Die Mittelschicht wird vor allem durch Renten- und Krankenversicherung belastet.
10% der reichsten Deutschen zahlen 55% der Steuern in Deutschland. Oder auch gern anders: 90% der Deutschen tragen nur 45% der deutschen Steuerlast. Das Dumme ist nur; die 90% hast du auch garantiert morgen noch in Deutschland. Aber die 10% sind üblicherweise sehr mobil und können morgen schon mein Nachbar in Zürich sein. Wenn von den 10% morgen nur 2 oder 3% fehlen hat Deutschland ein gewaltiges Problem. Und wer weiss wieviel von denen schon auf gepackten Koffern sitzen.
"Dazu gibt es noch einige Kleinigkeiten, die mir einfallen, wie die Tatsache, dass Leiharbeiter weniger Lohn als Festangestellte bekommen. "
Die Tatsache, dass Leiharbeiter weniger Lohn bekommen als Festangestellte beruht viel mehr darauf, dass die Firman, die Leiharbeiter verleihen, sowohl Kosten als auch Gewinne machen, die ja ebenso der "Leihnehmer" bezahlen muss. Dessen Kosten für einen Leiharbeitnehmer dürften sich nicht sonderlich von den Kosten für einen Festangestellten unterscheiden, sieht man mal von besonderen Tarifverträgen (wie z.B. bei VW) ab.
Der Grund für die Leiharbeiter ist doch vielmehr darin zu sehen, dass unsere Kündigungsschutzgesetze nach wie vor sehr streng sind und Großfirmen einen nachgerade irren Verwaltungsaufwand betreiben müssen wenn sie Arbeiternehmer wieder entlassen müssen - "kurzfristige Auftragsspitze" ist kein Grund für eine befristete Beschäftigung.
>... dass unsere Kündigungsschutzgesetze nach wie vor sehr streng sind und Großfirmen einen nachgerade irren Verwaltungsaufwand betreiben müssen wenn sie Arbeiternehmer wieder entlassen müssen - "kurzfristige Auftragsspitze" ist kein Grund für eine befristete Beschäftigung.
...der Wunsch nach Kuendigungsschutz ist umso groeszer, je schlechter (nicht nur Hoehe, sondern auch Art und Weise) das "Soziale Netz" auffaengt. Ist ne Binse, wird aber immer gern uebersehen beim Verwundern ueber das Gezerre um Kuendigungsschutz.
wh schrieb am 13.04.2009 15:41
WRL007 schrieb am 13.04.2009 10:22
>... dass unsere Kündigungsschutzgesetze nach wie vor sehr streng sind und Großfirmen einen nachgerade irren Verwaltungsaufwand betreiben müssen wenn sie Arbeiternehmer wieder entlassen müssen - "kurzfristige Auftragsspitze" ist kein Grund für eine befristete Beschäftigung.
...der Wunsch nach Kuendigungsschutz ist umso groeszer, je schlechter (nicht nur Hoehe, sondern auch Art und Weise) das "Soziale Netz" auffaengt. Ist ne Binse, wird aber immer gern uebersehen beim Verwundern ueber das Gezerre um Kuendigungsschutz.
Im internationalen Vergleich haben aber gerade die Länder den schärfsten Kündigungsschutz, die auch das umfangreichste "soziale Netz" aufgespannt haben. Mir scheint, Du erfindest da wieder was.
Eine großzügigere Regelung z.B. bei Arbeitslosigkeit als in Deutschland wird man schwerlich finden. 12 Monate Arbeitslosengeld faktisch ohne Bedingungen zur Annahme einer Arbeit signifikant unter Qualifikation und vorherigem Verdienst sind echter Luxus. Wobei die Beiträge für diese Zwangsversicherung natürlich auch entsprechend hoch sind.
"Der Grund für die Leiharbeiter ist doch vielmehr darin zu sehen, dass unsere Kündigungsschutzgesetze nach wie vor sehr streng sind"
Bullshit. Betriebsbedingte Kündigungen sind gerade im Moment überhaupt kein Problem. Da wird nicht mal eine Abfindung fällig und für eine Abfindung von 1/2 Monatsgehaltern kann sich der AG sogar von Klagen freikaufen, wenn er sicher ist, ganz offensichtlich gegen alle Regeln verstossen zu haben.
" und Großfirmen einen nachgerade irren Verwaltungsaufwand betreiben müssen wenn sie Arbeiternehmer wieder entlassen müssen "
Das hat aber rein gar nichts mit dem Kündigungsschutzgesetz zu tun, sondern damit, dass die Gewerkschaften Kürzungen bei Gehältern oder Verlängerungen der Arbeitszeit mit Beschäftigungsgarantien kompensiert haben. Diesen Kündigungsschutz haben die Unternehmen freiwillig unterschrieben, als sie dringend Leute/Geld brauchten.
"- "kurzfristige Auftragsspitze" ist kein Grund für eine befristete Beschäftigung. "
Eine Auftragsspitze unter 6 Monaten ist nun gar kein Problem, da greift das Kündigungsschutzgesetz nämlich noch gar nicht.
DP schrieb am 13.04.2009 09:52
1. 10% der reichsten Deutschen zahlen 55% der Steuern in Deutschland.
2. Oder auch gern anders: 90% der Deutschen tragen nur 45% der deutschen Steuerlast.
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Zunächst mal ist diese Aussage natürlich falsch; du meinst nicht etwa "die Steuern" und schon GAR NICHT meinst die "Steuerlast". Du meinst "Anteil an den direkten Steuern".
Aber selbst dann, wenn wir uns auf diese Teilmenge beschränken, ist die erste Aussage pauschal zwar richtig, aber für diese Diskussion zu unscharf. Denn die offiziellen Statistiken fassen die beiden obersten Einkommengruppen brutal zusammen: da gibt es noch die Gruppe "64.000 bis 82.000" und danach nur noch "Über 82.000".
Es wäre durchaus mal interessant, bei der Einkommensgruppe "Über 82.000" noch mal zu differenzieren... und dann wäre nicht ganz uninteressant, auch mal den relativen Steuersatz dagegen zu halten, also die Steuerlast in Bezug zu setzen zum Einkommen.
"Es wäre durchaus mal interessant, bei der Einkommensgruppe "Über 82.000" noch mal zu differenzieren..."
Nun, an der Grundaussage würde sich nicht viel ändern. Da wäre aber tatsächlich der Anteil an den Gesamtsteuern (also nicht nur Einkommensteuer) viel interessanter.
" und dann wäre nicht ganz uninteressant, auch mal den relativen Steuersatz dagegen zu halten, also die Steuerlast in Bezug zu setzen zum Einkommen. "
Naja, bei den über 82.000€ werden das um die 35-50% sein. Denn das ist ja zu versteuerndes Einkommen, alle Freibeträge und Steuerreduzierungstricks sind ja dann schon abgezogen.
Umgekehrt sieht es bei den Renten- und Sozialversicherungsbeiträgen aus. Da dürfte die Masse der Beiträge aus den Einkommen zwischen 45k€ und 80k€ kommen. Was übrigends wohl auch für die MwSt. gilt.