Zitat Nun ja, ich könnte mich damit anfreunden, dass sich der Staat aus solchen Fragen heraushält. Das würde für mich allerdings auch heißen, (...) dass der Staat von speziellen Schutzmaßnahmen von Privatpersonen Abstand nimmt, die sich den Zorn irgendwelcher religiöser Gruppierungen zugezogen haben. Das sollen dann die unter sich ausmachen.
Na, dann schaffen wir den Staat doch ab, denn man könnte sich ja immer bei jeder Schandtat darauf berufen, dass man "bezüglich seiner Religion zornig gemacht" wurde...
Erstens sollte sich der Staat aus der 'Kultur' ganz weit heraushalten. Dann muss jemand, dessen Religion beleidigt wird, nicht davon ausgehen, dass er dies auch noch selbst mit Steuergeldern oder GEZ mitfinanziert. Ich hielte das für recht fair. Die künstlerische Freiheit muss sich den Markt dann selbst suchen und kann sich nicht hinter den staatlichen Gießkannen verstecken. Zweitens musst Du immer damit rechnen, dass Du eins 'auf die Fresse' kriegst, wenn Du jemanden beleidigst. Du kannst dann ja Anzeige erstatten. 'Spezielle Schutzmaßnahmen' heißt ja nicht, dass es keine Strafgesetze geben soll. Der Staat muss Dir aber nicht präventiv Tag und Nacht das Haus bewachen, nur weil Du über die Befindlichkeiten anderer Menschen hergezogen bist. No risk, no fun. Ich bin übrigens in der Regel durchaus in der Lage, eine klare Position zu vertreten, ohne jemandes Weltanschauung beleidigen zu müssen.
Zitat von MartiS2 im Beitrag #16 Ich bin übrigens in der Regel durchaus in der Lage, eine klare Position zu vertreten, ohne jemandes Weltanschauung beleidigen zu müssen.
Gruß, Martin
Reine Illusion, oder kennst du die Weltanschauung aller Menschen in und auswendig? Vielleicht reicht ja schon demnächst einer Frau die Hand zu reichen - schon hast du eine Weltanschauung beleidigt und musst bestraft werden.
Reine Illusion, oder kennst du die Weltanschauung aller Menschen in und auswendig? Vielleicht reicht ja schon demnächst einer Frau die Hand zu reichen - schon hast du eine Weltanschauung beleidigt und musst bestraft werden.
DP,
es gibt natürlich kulturell bedingt unterschiedliche Umgangsregeln. Wer privat herumreist, besorgt sich besser erst einen Reiseführer, der ihn darüber etwas aufklärt. Wer für eine professionell aufgestellte Firma reist, der wird zuvor geschult. Auf Umgangsregeln zu achten ist für weltweit mobile Menschen nichts Außergewöhnliches. Das findet statt, ohne dass man den Hintergrund - die Weltanschauung, Gesetze, Kultur - diskutiert oder in Frage stellt (außer bei Besserwisser-Touries). Darüber hinaus gibt es inzwischen in einer vernetzten und mobilen Welt ja auch ein gewisses Allgemeinwissen. Dass man in den USA oder in Saudiarabien nicht einfach mal so nackt ins Meer springt dürfte sich herumgesprochen haben.
Das schließt nicht aus, dass man mal ins Fettnäpfchen tritt. Meine Erfahrung ist, dass es da durchaus eine gewisse Fehlertoleranz gibt. Als ich beim letzten Schulfest als Grillmeister nicht wusste, dass moslemische Würstchen nicht mit Schweinefleischwürstchen zusammen gegrillt werden sollen, konnten wir uns darauf einigen, dass links die moslemischen, rechts die anderen gegrillt wurden - nicht ganz 'korrekt', aber wenn Du mal mit strenggläubigen Juden zu tun hattest, dann weißt Du, dass selbst dieser Kompromiss nicht gegangen wäre .
Als Deutschland sich entschlossen hatte, fremde Kulturen in signifikanter Zahl zu importieren, habe ich heftig davor gewarnt, dass hier teilweise auch ursprünglichste Lebensformen auf ein modernes, von Hedonismus geprägtes Land träfen, und dass dies letztlich zu Reibereien führen wird. Nun, ich konnte, andere wollten das nicht verhindern. Letzte Abwehrversuche (deutsche Leitkultur und so) wurden von links-grün niedergemacht. Also wirst Du Dich wohl oder übel mit den neuen Gegebenheiten arrangieren müssen.
Trotz alledem, wenn es um Beleidigungen von religiösen Gemeinschaften geht, so sind zwar die gegen den Islam meist spektakulärer, aber in der Zahl selbst dürften Beleidigungen gegen Christen in unserem Land überwiegen. Da hier Klagen im Zusammenhang mit künstlerischer Freiheit eh wirkungslos bleiben, kann man die Gesetze streichen. Die Christen (wie auch andere Religionsgemeinschaften) sollten aber den Anspruch haben können, Medien oder Kulturhäuser mit Boykott belegen zu können, ohne dass ihnen ätschebätsch der Zuschuss auf andere Art aus der Tasche gezogen wird.
Den Fall Nuhr gäbe es nicht, wären die Gesetze gestrichen.
Vielleicht war die Überschrift zu dem Thread etwas irreführend; die Anzeige selbst, also die juristische Auseinandersetzung, ist ziemlich bedeutungslos. Das geht jetzt durch Justizias Mühlen und wird dann irgendwann abgewiesen. Ohne Gesetz hätten diese pressure groups letztlich dieselben Mittel; Medienhetze, Boykott, vor allem wirtschaftlicher Art, Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit, Auftrittsverbote oder Störung derselben usw. Einiges in abgeschwächter Form sehen wir auch schon bei Nuhr, genauso wie die Solidarisierung derjenigen die das nicht akzeptieren. Das macht den Fall exemplarisch; wie weit kann man gehen. Es gibt ja bereits eine ganze Reihe Comedians die offen zugeben, das Thema Islam bewusst nicht zu thematisieren, Harald Schmidt ist so ein Beispiel. Ziel ist, schon den Ansatz von Kritik am Islam in Richtung rechtsextrem zu treiben.
ich denke aber, dass die Kritik am Islam nicht den Punkt trifft. Der Islam ist zwar inzwischen für extreme Gruppierungen zum Vehikel geworden, aber die überwiegende Zahl der Moslems will niemandem ein eigenes Weltbild aufzwingen. Konfliktpunkte gibt es dort nur, wenn schwer vermeidbar sehr konservative Anschauungen auf unsere ungezwungenere Anschauungen stoßen (Bsp. Schwimmunterricht in der Schule), oder aber Ehen zwischen Moslems und Nichtmoslems anstehen.
Ich muss da aber nicht den Islam kritisieren, sondern lediglich darauf bestehen, dass unsere aufgeklärte Rechtsordnung Vorrang hat: Ein AG muss die Kleiderordnung vorgeben dürfen (andernfalls darf auch eine Kündigung möglich sein), die Religionsausübung hat in der Freizeit stattzufinden. Das Problem ist teilweise, dass sich unser Staat zu sehr mit den christlichen Kirchen verbandelt hat (Kirchensteuer, Religionsunterricht in den Schule), er müsste sich da konsequenterweise zurückziehen.
Der Umgang mit Pressure Groups ist nochmal ein anderes Thema. Auch die Antifa ist eine Pressure Group.
Martin, Nuhr kritisiert den Islam nicht (oder nur indirekt, jedenfalls nicht als Ziel), er macht ihn lächerlich. Ob das gerecht ist oder den hier ansässigen Muslimen gerecht wird ist dabei völlig unerheblich. Ironie oder Sarkasmus ist per Definition nicht politisch korrekt. Das muss man aushalten. Mein Punkt eingangs war ja; es muss normal sein, sich hier in Europa über so etwas lächerliches wie dem Islam lustig machen zu können ohne dass das einen gross schert. Die Christen (natürlich mindestens genauso lächerlich) haben das schon hinter sich. Erst wenn das erreicht ist kann man sagen, der Islam ist Teil Deutschlands.
Zitat Erstens sollte sich der Staat aus der 'Kultur' ganz weit heraushalten. Dann muss jemand, dessen Religion beleidigt wird, nicht davon ausgehen, dass er dies auch noch selbst mit Steuergeldern oder GEZ mitfinanziert. Ich hielte das für recht fair. Die künstlerische Freiheit muss sich den Markt dann selbst suchen und kann sich nicht hinter den staatlichen Gießkannen verstecken. Zweitens musst Du immer damit rechnen, dass Du eins 'auf die Fresse' kriegst, wenn Du jemanden beleidigst. Du kannst dann ja Anzeige erstatten. 'Spezielle Schutzmaßnahmen' heißt ja nicht, dass es keine Strafgesetze geben soll. Der Staat muss Dir aber nicht präventiv Tag und Nacht das Haus bewachen, nur weil Du über die Befindlichkeiten anderer Menschen hergezogen bist. No risk, no fun. Ich bin übrigens in der Regel durchaus in der Lage, eine klare Position zu vertreten, ohne jemandes Weltanschauung beleidigen zu müssen.
Den GEZ-Kram habe ich bewusst rausgehalten - das ist ein Pipifaxthema. Ansonsten hat DP mir schon einiges aus dem Mund genommen. Und "Beleidigung" würd ich eh völlig aus der Justiz nehmen, weil die eh schon von der Justiz relativ behandelt wird (und werden muss, weil es ja keine eindeutig definierbare Beleidigung geben kann).
Zitat von DP im Beitrag #21Erst wenn das erreicht ist kann man sagen, der Islam ist Teil Deutschlands.
Ich finde diese ganze Formulierung Panne, da hat Wulff noch ein richtiges Ei gelegt. Frag doch mal die Eidgenossen, ob sie sagen wuerden, der Islam ist Teil der Schweiz. Oder meinetwegen der Buddhismus.
Ueberhaupt, was ist *der* Islam? Wir haben ja gelernt, es gibt Schiiten und Sunniten, die schlagen sich auch gerne gegenseitig die Koepfe ein, manche Imame und Kalifen nehmen die Scharia woertlich, andere sehen es wohl (noch gezwungenermassen?) locker. Dasselbe mit den Christen. Die verschiedenen christlichen Kirchen hier in den USA kann ich nicht mit Fingern an zwei Haenden zaehlen.
Sollen die Leute glauben, an was und wen sie wollen, solange sie es friedlich im Einklang mit der Gesellschaft auf dem Boden der Gesetze tun, gerne auch oeffentlich. Den Rest regelt das Miteinander, es braucht keinen Gruessaugust und keine Behoerden (Gott bewahre! lol), die erklaeren und verwalten, welche Religion zur Nation gehoeren.
Am Ende war dieser Wulff Satz nur ein missgluecktes peinliches Appeasement. Daran sollte man die Diskussion nicht aufziehen. Wenn wir einen starken Rechtsstaat haetten, der Religion und sich selber konsequent zu trennen wuesste, muessten wir ueberhaupt nicht staendig ueber Religionen diskutieren. Allein, dass wir uns staendig im Diskurs mit diesem Muell befinden muessen, wird mit der Zeit unertraeglich.