Zitat von MartiS2 Es geht nicht um einheitliche Regeln für Kreditfinanzierung, es geht darum, ob die Politik in den verschiedenen Ländern es schafft, die sozialistischen Tendenzen zurückzufahren, und die Staatsausgaben solide zu finanzieren.
Na da meinen wir aber beide dasselbe.
Ah, der Sozialismus war`s! Die Banken in Spanien z.B. haben so viele faule Papiere und faule Kredite für`s Häusle-/Casa`le-bauen ausgegeben und sitzen jetzt darauf und sind fast zahlungsunfähig, weil Aznar den Sozialismus ausgerufen hatte? So ähnlich, wie in Irland.
Zitat Arbeiten die BMW Arbeiter mehr als griechische Arbeiter, dass sie im letzten Jahr einen erheblichen Sonderbonus bekommen haben ? Arbeiten sie härter ?
Ja.
Zitat Da wäre es doch mal interessant, wenn Du hier mal kundtun würdest, was Deine ganz persönlich überragende Einzelleistung ist, die besser ist als die eines Griechen unter gleichen Voraussetzungen.
Was soll das denn für eine Argumentation werden? Welchen Griechen darf ich mir denn aussuchen? Einen faulen korrupten Beamten oder einen motivierten Mitarbeiter in einem der existierenden wettbewerbsfähigen griechischen Unternehmen? Und was ändert es inhaltich an meiner Argumentation, ob ich ALG-II-Empfänger bin oder Workaholic kurz vorm Burn-Out in der Krebsforschung? Das ist ja übler argumentativer Käse, aber kein Feta.
Zitat Letztlich steht Deutschland wegen seiner Bodenschätze und der Leistungen einiger weniger herausragenden Persönlichkeiten so gut da. Die Industrien des Ruhrgebietes sind nur deswegen so gross geworden, weil sie Kohle und Stahl hatten...
Hatten. Das ist die Vergangenheitsform. Merkst du was?
Wenn du mir nicht so blöd gekommen wärst, würde ich ja noch sachlich eingestehen, dass natürlich Bodenschätze und geniale Köpfe das Fundament unserer Industriegesellschaft waren. Aber die befindet sich im rasanten Umbruch. Die Briten hatten eigentlich dasselbe Fundament, entwickeln sich aber in eine ganz andere Richtung. M
Zitat von HubbaBubba im Beitrag #31Ah, der Sozialismus war`s! Die Banken in Spanien z.B. haben so viele faule Papiere und faule Kredite für`s Häusle-/Casa`le-bauen ausgegeben und sitzen jetzt darauf und sind fast zahlungsunfähig, weil Aznar den Sozialismus ausgerufen hatte? So ähnlich, wie in Irland.
Was haben die privatwirtschaftlichen Banken mit dem Staat zu tun? Kann man einfach pleite gehen lassen. Wer kauft dann aber die ganzen Staatspapiere auf? Und die Staatspapiere die niemand haben will gibt es, weil der Staat sich übernommen hat.
ohne verallgemeinern zu wollen, aber ich habe persönlich Arbeit in Griechenland erlebt. Da sind die Leute vielleicht weitgehend anwesend, aber es gibt weit mehr Müßiggang als an deutschen Arbeitsplätzen. Genauso, wie ich von unseren Einkäufern die Situation bei unseren rumänischen Zulieferern kenne, wo es schon extrem schwierig ist, Leute zum pünktlichen Erscheinen zur Arbeit zu bewegen. Oder wie ich die in Frankreich übliche Arbeitsweise kenne, wo ein ausgiebiges Mittagsmahl mit einem halben Liter Wein Standard ist. Die amerikanischen Kollegen waren regelmäßig schockiert.
Wenn Dir die Unterschiede zwischen deutschen AN und AN der südeuropäischen Länder so unbekannt sind, sammle ich gerne mal ein paar Eindrücke von unseren Einkäufern (und Auditoren).
Gruß, Martin
Hmm, das habe ich in den USA genauso erlebt. Die Leute waren die meiste Zeit damit beschäftigt, ihre Aktienkurse zu beobachten und zu diskutieren. Letztlich muss ich Dir durchaus zugestehen, dass die Arbeitsintensität in Deutschland weltweit (ok ein paar Länder kenne ich nicht) mit die höchste ist, die ich überhaupt festgestellt habe, übrigens inkl. Finnland oder England. Allerdings korreliert dies auch mit einer relaitiv niedrigen Wochenarbeitszeit und einem hohen Anspruch an Urlaubstagen in Deutschland. In Summe glaube ich nicht, dass es nenneswerte Unterschiede im Arbeitsaufwand der einzelnen Arbeitnehmer gibt. Schon gar nicht, wenn man die dann doch deutlich höheren Löhne in Deutschland berücksichtigt.
Zitat von DP im Beitrag #30Das nenne ich mal eine gewagte These (interessantwerweise zwei Sätze später wieder ins Gegenteil verkehrt: Ansonsten ist so eine Gesamtleistung des deutschen Volkes ja auch die Summe der Einzelleistungen.)
Mit der Feststellung, dass Wirtschafts-, Sozialleistung und Wohlstand in Nordwestmitteleuropa annähernd vergleichbar ist, kann man deine originelle Deutschlandtheorie auf etwas solidere Füsse stellen und überlegen, warum dieser Wirtschaftsraum sich so deutlich abhebt von dem im Süden. Die Bodenschätze sind es sicher nicht. Holland hat gar keine, die Schweiz nicht, Dänemark auch nicht und trotzdem sind diese Länder wohlhabend. Ich sehe da auch keine herausragenden Persönlichkeiten in dem Sinne, dass sie allein für ein blühendes Wohlstandsgefüge für ihr Land verantwortlich sind. Man kann auch nicht mal von einem Ländercut sprechen, bei Frankreich, Spanien oder Italen geht der Riss im Wohlstandsgefüge mitten durch das Land.
Es muss da also ganz offensichtlich etwas greifbares geben, das im Norden für Wohlstand und im Süden permanent für Armut sorgt. Und das muss unabhängig sein von geographischen Gegebenheiten, politischem System oder sonstigen lokalen Besonderheiten. Und dieser Umstand führt letztlich zu der immer öfter erhobenen Forderung nach der Teilung der Gemeinschaftswährung in einen Nord- und ein Südeuro.
Und was sind letztlich die Gründe für diese Unterschiede? Das ist sicher von den jeweiligen Erfahrungen der Betrachter geprägt. Für mich ist hier ganz wichtig die Behördenstruktur, also Effizienz und Vertrauen in den Staatsapparat, auch Produktivität, Arbeitsmanagement, Arbeitsorganisation gehört dazu, im OECD Bericht über die AP sind die Nordländer regelmässig vorn und in die Kategorie fällt dann auch Leistungswille, Kreativität (nicht die Wahl des Blickwinkels des Hotels im Prospekt sondern die Anzahl der Patente), Unternehmertum, Fleiss. Und da ist dann schon jeder einzelne gefordert. Alles kann man nicht auf das System schieben.
Das mit der Summe der Einzelleistungen war einfach mal ein Beispiel, woran man hätte zeigen können, dass es eben die Faulheit der Griechen insgesamt ist, die zur Misere geführt hat. Das würde ja voraussetzen, dass jeder Grieche (zumindest zu einem erhebliche Teil) zur Misere beigetragen hat, während jeder einzelne Deutsche durch ganz besonderen Einsatz mit zum Gelingen des deutschen Wirtschaftswunders beigetragen hat. Deswegen mal die Frage an Spock, den ich damit wirklich nicht angreifen wollte, worin denn so eine besondere Leistung liegen könnte.
Ich kann das ja für mich selbst beantworten, wenn ich Spock mit der Frage zu nahe getreten bin. Ich würde für mich nicht sehen, dass ich im Vergleich zu einem Griechen besonders toll bin. Dass ich eine so gute Ausbildung habe und relativ viel Geld verdiene, ist eine Folge der hervorragenden Startbedingungen, die ich hatte, für die ich aber persönlich nicht viel konnte. Ich habe sicher Chancen genutzt, die vielleicht manch anderer nicht genutzt hätte, aber ich glaube nicht, dass ein Grieche genetisch bedingt aus vergleichbaren Bedingungen nennenswert weniger gemacht hätte. Weswegen ich eben auch keinem Griechen einen Vorwurf draus mache, dass die nicht aus dem Quark kommen und mir umgekehrt nur begrenzt viel auf meine Lebensleistung einbilde.
Und ich würde schon sagen, dass das jeweils existierende politische und wirtschaftliche System ein erheblicher Bestandteil des Problems ist. Ausgewanderte Griechen oder Italiener sind ja z. B. in den USA durchaus erfolgreich. Und letztlich ist das Kernproblem in Süditalien oder Griechenland identisch, mafiöse und korrupte Strukturen, die sich verfestigt haben. In einem solchen Umfeld haben Erfindergeist oder Unternehmertum nur begrenzt Raum. In Frankreich hat man ähnliche Strukturen, nur nicht ganz so ausgeprägt, aber die Politik regelt auch da in alles rein. In Ländern wie die Schweiz, den USA, Finnland oder auch Deutschland nach Schröder (und nicht zuletzt dank den Amerikanern und Erhard nach dem Krieg) ist die Politik dramatisch weniger dominant. Wobei Deutschland schön zwischen den Polen pendelt und die USA ins andere Extrem läuft. Und bei Ländern wie England, den USA und auch Deutschland waren es Einzelpersonen, die diese Balance austariert haben, bei den Engländern war es Thatcher, bei den Amerikanern Reagan und bei uns Schröder. Bei den Griechen fehlte bisher so jemand. Ebenso wie bei den Spaniern oder den Japanern, um mal ein anderes Beispiel zu bringen. Die Italiener hatten mit Berlusconi wohl eher so eine Art Brandbeschleuniger.
Wenn man also das Problem Griechenland lösen will, muss man die Dominanz der Politik auf die Kernaufgaben (und die dafür richtig) reduzieren. Auf den einzelnen Griechen rumzuhacken, weil sie versuchen, in diesem Umfeld das Beste rauszuholen, ist kontraproduktiv.
Die Theorie mit den Bodenschätzen fand ich jetzt origineller. Dass einige wenige gute politische Führer die jeweilige Bevölkerung in einem Moment des Glücks auf die Siegerstrasse verhalf und nur die Griechen irgendwie Pech mit der Verteilung hatten leuchtet mir auch nicht so ganz ein. Nichts gegen Erhard oder Adenauer, aber wenn da halt ein anderer gewählt wäre wäre Deutschland heute nicht relevant anders. Und der liebe Gerhard Schröder mag für dich ja so eine Art Übervater der Sozialreformen zu sein, faktisch war sein Programm eine Kooperationsarbeit mit der CDU/CSU, mit deren Hilfe Schröder dieses Programm die relevanten Gremien überhaupt erst passieren konnte. Ohne die Union wäre das ein schröderscher Rohrkrepierer geworden. Gut, genaugenommen wertet das die Leistung Schröders noch höher, eine sachorientierte Politik quasi an der eigenen Partei vorbei zum Wohle des Volkes durchgesetzt zu haben, aber politisch war das keine ein-Personen-Leistung sondern Ergebnis einer informellen grossen Koalition. Aber sorry, das war jetzt abgeschweift.
Nun ja, zugegeben, der einzelne Grieche ist ne arme Sau. Damit hat sich mein Mitleid aber auch schon erschöpft. Als ich neulich von Kreta nach Hause fliegen wollte musste ich erst den Busfahrertstreik überstehen, dann den Fluglotsenstreik. Das hat mich 2 Tage gekostet und jede Menge Nerven. Die Leute da vergrätzen die restlichen Touristen und warum? Weil sie mehr Geld wollen, weniger Arbeit und gesichte Jobs bei Vater Staat. Und da muss ich dann einfach sagen; das ist mir jetzt zuwenig von deinem einzelnen Griechen. Da erwarte ich, dass die Leute jetzt auch mal über den Tellerrand schauen und sich sagen; jetzt machen wir für die Touris mal 2, 3 Jahre Super Service, dass die auch ja alle wiederkommen. Weil das ist unser Kerngeschäft. Aber das ist offensichtlich alles zuviel verlangt. Da ist sich jeder nur selbst der Nächste. Wenn die Deutschen so nach dem Krieg gewesen wären dann würden wir heute noch auf den Ruinen sitzen, weil die Trümmerfrauen streiken und Tauschgeschäfte lukrativer sind als geregelte Arbeit.
Zitat Das mit der Summe der Einzelleistungen war einfach mal ein Beispiel, woran man hätte zeigen können, dass es eben die Faulheit der Griechen insgesamt ist, die zur Misere geführt hat. Das würde ja voraussetzen, dass jeder Grieche (zumindest zu einem erhebliche Teil) zur Misere beigetragen hat, während jeder einzelne Deutsche durch ganz besonderen Einsatz mit zum Gelingen des deutschen Wirtschaftswunders beigetragen hat. Deswegen mal die Frage an Spock, den ich damit wirklich nicht angreifen wollte, worin denn so eine besondere Leistung liegen könnte.
Ich kann das ja für mich selbst beantworten, wenn ich Spock mit der Frage zu nahe getreten bin.
Kater, du bist mir nicht damit zu nahe getreten, ich fand das nur argumentativ recht blöd, das auf eine persönliche Ebene zu ziehen.
Mit Distanz gesehen stellst du da eine interessante Frage. Ich bin ja aus dem Osten und kenne die ganzen Sprüche, wie faul die Leute da alle waren, etc. Die waren aber nicht fauler oder auch dümmer als die Landsleute im Westen, aber das System gab ihnen keine Anreize, cleverer und fleißiger zu sein, es bestrafte sie eher dafür. So ähnlich mag es den Griechen gehen. Aber der Unterschied ist, sie leben nicht in einer Diktatur, die ihnen diese Lebensweise aufzwingt. Eine Portion Niedertracht muss man der Nation, oder wenigstens Teilen ihrer Eliten schon unterstellen. Keine Steuern zahlen und ein politische System dulden, das auf Korruption, Willkür und Ignoranz aufgesetzt ist. Wir als EU müssen uns den Schuh sicher auch anziehen, da jahrelang weggesehen zu haben.
Ich will auch absolut nicht abfällig reden über einen ideenreichen griechischen Existenzgründer mit einer Sirtakischule o.ä. Nur gesamtwirtschaftlich gesehen kann ein Land davon nicht leben. Unsere Supermärkte sind z.B. voll von spanischem Obst und Gemüse. Die Spanier schaffen es offenbar, das Zeug in guter Qualität und in großen Mengen zu annehmbaren Preisen auf den deutschen Markt zu bringen. Warum sollen die Griechen das nicht auch können?
Auch Deutschland muss sich ja neu erfinden, weil das Erbe, von dem du sprichst, wissenschaftlich-technische Revolution plus Montanindustrie größtenteils aufgebraucht ist. Und irgendwas muss ja da doch in den Menschen stecken, dass sie das tun.
Davon abgesehen gebe ich DP nochmal explizit Recht, dass all das nur in einem rechtsstaatlichen Rahmen gedeihen kann, zumindest nach europäischem Verständnis. Wir haben den (naja im großen und ganzen), die Griechen nicht, keine Steuern, siehe oben.
Zitat von Kater im Beitrag #34Hmm, das habe ich in den USA genauso erlebt. Die Leute waren die meiste Zeit damit beschäftigt, ihre Aktienkurse zu beobachten und zu diskutieren. Letztlich muss ich Dir durchaus zugestehen, dass die Arbeitsintensität in Deutschland weltweit (ok ein paar Länder kenne ich nicht) mit die höchste ist, die ich überhaupt festgestellt habe, übrigens inkl. Finnland oder England. Allerdings korreliert dies auch mit einer relaitiv niedrigen Wochenarbeitszeit und einem hohen Anspruch an Urlaubstagen in Deutschland. In Summe glaube ich nicht, dass es nenneswerte Unterschiede im Arbeitsaufwand der einzelnen Arbeitnehmer gibt. Schon gar nicht, wenn man die dann doch deutlich höheren Löhne in Deutschland berücksichtigt.
Gruss Kater
Kater,
es geht weniger um Arbeitszeiten und -kosten, sondern um Effizienz, bzw. auf die Fokussierung auf ein (gutes) Arbeitsergebnis. Dabei spielt wohl die verbreitete Mentalität und Bereitschaft eine Rolle, sich einem 'höheren' Ziel unterzuordnen. Kooperation und ausgeprägter Individualismus vertragen sich nicht immer. Der Südwesten ist nach wie vor vom Pietismus geprägt, der diese Mentalität gefördert haben dürfte. Damit korreliert auch der Wille zur Perfektion (im Gegensatz zu Schlamperei): Eine aus Deutschland stammende Wirtin in Kroatien, mit der ich mich unterhalten habe, hat nach anfänglicher Erfahrung mit einheimischen Handwerkern ihr Restaurant und Hotel von deutschen Handwerkern umbauen lassen. Nur so konnte sie sicher sein, dass alles zu Saisonbeginn fertig war.
Was Deine Erfahrungen in den USA angeht, so decken sie sich nicht mit meinen, und ich hatte immerhin einige Jahre dort (Massachusetts) meinen zweiten Schreibtisch stehen. Allerdings sind die USA bei weitem nicht homogen.
Um aber mal ein anderes Extrem zu nennen, ein kurzer Ausflug zu aus dem Südwesten stammenden Winzern in Südafrika, da kommen die Unterschiede in der Arbeitsmentalität krass zu Tage: Die einheimischen Schwarzen sind nur trickreich an regelmäßige Arbeit in den Weinbergen zu gewöhnen, und nach dem Zahltag sind alle verschwunden bis das Geld aufgebraucht ist. Kollektive Anstrengungen, die eigenen Verhältnisse zu verbessern sind eher selten. Solche Verhältnisse trifft man sicher gelegentlich auch in Deutschland, sie sind aber noch nicht ausgeprägt.