Wer erinnert sich noch an die alten Zeiten, als die Geschäfte im Hinterstübchen vollzogen und in der Öffentlichkeit das Lächeln präsentiert wurden. Differenzen? Keineswegs, allenfalls marginal und lediglich in der Sache.
Diese Zeiten sind zumindest vorerst vorbei. Der deutsch-britische Gipfel wird begleitet von Giftpfeilen, Entrüstungen und vorgängig vorgetragenen Abschlusszielen. Unions Fraktionschef Kauder hat am Parteitag der CDU vorgelegt und eine deutsche Vorreiterstellung formuliert. Die Daily Mail brachte in großen Lettern auf Seite 1 das Zitat Kauders: "Europa spricht jetzt deutsch!"
Die Haltung der Länder der Euro Zone gegenüber Grossbritannien ist klar: "Nur den eigenen Vorteil suchen zu wollen und nicht bereit sein, sich auch einzubringen – das kann nicht die Botschaft sein, die wir den Briten durchgehen lassen. London hat als EU-Mitglied auch eine Verantwortung für Europa und sogar für das Projekt Euro", so Kauder.
Zentrales Thema der Debatte wird die Einführung einer europaweiten Finanztransaktionssteuer, die die Eurozonen Länder lieber heute als morgen aber nicht ohne den Finanzplatz London umsetzen wollen, aus Angst vor der Kapitalflucht. Premier Cameron, der sich zuletzt von Nicolas Sarkozy anschnauzen lassen musste ("Mund halten"), steht vor seiner ersten grössweren aussenpolitischen Bewährungsprobe. Lässt er die Steuer zu, wird ihn das der Wähler spüren lassen, bleibt er hart bringt er sein Land ins europäische Abseits.
Zitat von DPPremier Cameron, der sich zuletzt von Nicolas Sarkozy anschnauzen lassen musste ("Mund halten"), steht vor seiner ersten grössweren aussenpolitischen Bewährungsprobe. Lässt er die Steuer zu, wird ihn das der Wähler spüren lassen, bleibt er hart bringt er sein Land ins europäische Abseits.
Glaubst Du wirklich, dass die Wähler den Tories einen Denkzettel verpassen würden, wenn die Finanzmafia, die den ganzen Schlamassel ausgelöst hat, einen verschwindend geringen Bruchteil ihrer gigantischen Gewinne an die Allgemeinheit abtreten müsste?
P.S.: GB steht ohnehin schon seit langem im europäischen Abseits. Das Land fungiert als Spaltpilz und Saboteur innerhalb der EU, im Auftrag der USA.
---
„Manchen Völkern genügt eine Katastrophe, sie zur Besinnung zu bringen. Deutschen, so scheint es, bedarf es des Untergangs.” --Arthur Moeller van den Bruck
„Wenn man so darüber nachdenkt ist es eigentlich erschreckend, wie wenig Politiker aufgeknüpft werden.” --G. K. Chesterton
„Manchmal frage ich mich, ob die Welt von klugen Menschen regiert wird, die uns zum Narren halten, oder von Schwachköpfen, die es ernst meinen.” --Mark Twain
Zitat von Mirkalf Glaubst Du wirklich, dass die Wähler den Tories einen Denkzettel verpassen würden, wenn die Finanzmafia, die den ganzen Schlamassel ausgelöst hat, einen verschwindend geringen Bruchteil ihrer gigantischen Gewinne an die Allgemeinheit abtreten müsste?
Ja. Die Steuer (in England "Robin Hood Tax" genannt) hat dort wenig Befürworter. Sie wird von den Briten als deutsch-französischer Racheakt für die City of London gesehen. Und in einem Land, in dem ausser den Finanzmärkten nur wenig noch funktioniert, gilt ein Angriff auf eben diesen Wirtschaftsmotor als feindlicher Akt.
Ich glaube nicht, dass es um das Abtreten von Gewinnen geht. Es wird ja auch nicht der resultierende Gewinn besteuert. Ich vermute, dass die Wirkung einer Finanztransaktionssteuer die ist, dass die oft minimalen prozentualen Gewinne der einzelnen Trades durch die neue Steuer zunichte gemacht werden. Das heißt, der Handel selbst, von dem die City of London lebt, würde massiv schrumpfen (keiner handelt, wenn die Steuer höher als der Gewinn ist). Im Devisenbereich ist das weltweite tägliche Volumen nahe dem Billionenbereich, in dem es um minimalste Gewinne der einzelnen Trades geht. Bei einer fixen Abschöpfung pro Trade könnte die Geschäftsgrundlage für diese Trades wegbrechen, insbesondere wenn andere Handelsplätze ohne Steuer arbeiten können.
Da die UK außer ihrer Finanzindustrie kaum nennenswerte Industrie haben ist der Widerstand vorhersehbar. Es muss aber auch dem Herrn Kauder klar sein, dass es nicht um Gewinnabschöpfung geht, sondern um das Überleben der britischen Finanzindustrie. M.E. ist seine Forderung unerfüllbar. Hier soll also nur das dumme Publikum bedient werden. Cameron wird ablehnen und unsere Regierung wird auf die bösen Briten zeigen.
Im Sinne der Repräsentation des Volkes müsste Cameron sich gegen jede Europa-Ambition sperren. Die Briten wollen doch eh am liebsten raus aus der EU und wieder ihr eigenes Dinge machen. Als EU-Bürger auf der anderen Seite des Ärmelkanals hoffe ich natürlich, dass Cameron genau das nicht tut, sondern sich der FTS den Weg frei macht.
Zitat von MartiS2Ich glaube nicht, dass es um das Abtreten von Gewinnen geht. Es wird ja auch nicht der resultierende Gewinn besteuert. Ich vermute, dass die Wirkung einer Finanztransaktionssteuer die ist, dass die oft minimalen prozentualen Gewinne der einzelnen Trades durch die neue Steuer zunichte gemacht werden. Das heißt, der Handel selbst, von dem die City of London lebt, würde massiv schrumpfen (keiner handelt, wenn die Steuer höher als der Gewinn ist). Im Devisenbereich ist das weltweite tägliche Volumen nahe dem Billionenbereich, in dem es um minimalste Gewinne der einzelnen Trades geht. Bei einer fixen Abschöpfung pro Trade könnte die Geschäftsgrundlage für diese Trades wegbrechen, insbesondere wenn andere Handelsplätze ohne Steuer arbeiten können.
Da die UK außer ihrer Finanzindustrie kaum nennenswerte Industrie haben ist der Widerstand vorhersehbar. Es muss aber auch dem Herrn Kauder klar sein, dass es nicht um Gewinnabschöpfung geht, sondern um das Überleben der britischen Finanzindustrie. M.E. ist seine Forderung unerfüllbar. Hier soll also nur das dumme Publikum bedient werden. Cameron wird ablehnen und unsere Regierung wird auf die bösen Briten zeigen.
Gruß, Martin
Was hätte denn Berlin davon? Der Markt in Frankfurt würde ja um denselben Faktor schrumpfen. Will man die Anzahl der Finanztransaktionen generell begrenzen? Welchen Sinn hätte das, Spekulationen gegen Staaten oder Währungen gäbe es trotzdem. Allenfalls könnte ich mir vorstellen, dass die Robin Hood Tax als Druckmittel gebraucht wird. Vielleicht nicht dass die Briten das Pfund aufgeben (was Schäuble bereits prophezeiht) aber dass sich die Briten nennenwert am ESFS beteiligen.
Zitat von DPWas hätte denn Berlin davon? Der Markt in Frankfurt würde ja um denselben Faktor schrumpfen. Will man die Anzahl der Finanztransaktionen generell begrenzen? Welchen Sinn hätte das, Spekulationen gegen Staaten oder Währungen gäbe es trotzdem. Allenfalls könnte ich mir vorstellen, dass die Robin Hood Tax als Druckmittel gebraucht wird. Vielleicht nicht dass die Briten das Pfund aufgeben (was Schäuble bereits prophezeiht) aber dass sich die Briten nennenwert am ESFS beteiligen.
DP,
m.E. ist der Einfluss einer Steuer auf Standardtrades an deutschen Börsenplätzen minimal. Was in Frankfurt an sogenannten Highspeed Trades mit Minimalmargen gehandelt wird kann ich nicht sagen. Ich würde aber vermuten, dass der große Anteil über London oder USA abgewickelt wird. Frankfurt wäre also kaum betroffen.
Warum das Ganze? Vielleicht stellt sich Klein Kauder vor, dass man so leicht eine neue Finanzquelle aufmachen kann. Wenn die aber nur sprudelt wenn gehandelt wird, dann kann diese schnell versiegen, indem der Umsatz deutlich sinkt. Dies hätte möglicherweise wenig Einfluss auf die Justierung von Marktpreisen, die Justierung würde dann halt nur etwas träger ablaufen. Theoretisch könte man die Transaktionssteuer als Bremse für Highspeed Trading nutzen (falls man beispielsweise darin eine gefahr sieht).
Der Sinn der Transaktionssteuer war doch vor allem diesen High Speed Handel zu reduzieren, damit sich kleine informationsfetzen nicht sofort zu grossen Problemen aufschaukeln.
Mir wäre es ansonsten ganz recht, wenn die Engländer die EU verlassen. Konstruktives kommt von denen sowieso nicht, an den grossen Projekten Schengenabkommen und Euro sind sie sowieso nicht beteiligt.
Zitat Der Sinn der Transaktionssteuer war doch vor allem diesen High Speed Handel zu reduzieren, damit sich kleine informationsfetzen nicht sofort zu grossen Problemen aufschaukeln.
Aber wie wird der Sinn erreicht, wenn die Händler ihre Server dann einfach in ein transaktionssteuerfreies Land stellen?
Was die Briten angeht, gebe ich dir ansonsten Recht. Und ich fühle mich immer mehr bestätigt, dass fast alleiniges Finanz- und Dienstleistungsgeschäft nicht taugt, einer großen Wirtschaftsnation auf Dauer Wohlstand und Wachstum zu bringen.
Zitat von KaterDer Sinn der Transaktionssteuer war doch vor allem diesen High Speed Handel zu reduzieren, damit sich kleine informationsfetzen nicht sofort zu grossen Problemen aufschaukeln. Gruss Kater
Kater,
nur, 'sofort' ist relativ. Wenn sich der Devisenhandel statt einem Trade pro Nanosekunde auf einen Trade pro Millisekunde reduziert, bricht zwar das tägliche Volumen möglicherweise um einige Größenordnungen ein, aber die Gefahr, dass ein markt innerhalb einer halben Stunde kollabiert ist damit nicht gebannt. Wenn die Mehrheit der Marktteilnehmen aufgrund einer Information fürchtet, dass sie einige Prozentpunkte verlieren, dann sind ihnen die Promille Transaktionssteuer egal. Aber vielleicht kannst Du das besser erklären.
Zitat von SpockAber wie wird der Sinn erreicht, wenn die Händler ihre Server dann einfach in ein transaktionssteuerfreies Land stellen?
1.ist das mit "einfach" gar nicht zu machen, die gesamte Kapazität von London aus wegzuzügeln dürfte teuer sein. 2. wird es kein Land in Europa und auch sonst kein seriöses Land geben, welches sich hier zur Verfügung stellt. Wir haben ja gesehen, wie schnell Staaten wie Singapur, Schweiz oder Liechtenstein eingeknickt sind, als sieauf die graue Liste der OECD landeten. Bleiben nur noch die Hühnerländer a la Cayman Islands. Und das bringt uns zu 3. Ob die enorm hohen Sicherheitsstandards für die Finanztransaktionen hier so gewährleistet werden kann wage ich zu bezweifeln.
Zitat Die Steuer wird ja nicht nach dem Standort des Händlers erhoben, sondern nach dem Ort des Handels.
Na umso besser, dann braucht er nur seine Server auf die Caymans zu stellen und kann bequem in London sitzen bleiben. Durch die globale Vernetzung ist es m.E. recht sinnlos, solche Standort-Diskussionen zu führen.
Zitat 1.ist das mit "einfach" gar nicht zu machen, die gesamte Kapazität von London aus wegzuzügeln dürfte teuer sein. 2. wird es kein Land in Europa und auch sonst kein seriöses Land geben, welches sich hier zur Verfügung stellt. Wir haben ja gesehen, wie schnell Staaten wie Singapur, Schweiz oder Liechtenstein eingeknickt sind, als sieauf die graue Liste der OECD landeten. Bleiben nur noch die Hühnerländer a la Cayman Islands. Und das bringt uns zu 3. Ob die enorm hohen Sicherheitsstandards für die Finanztransaktionen hier so gewährleistet werden kann wage ich zu bezweifeln.
Das sind natürlich Argumente, die eine Rolle spielen. Aber dennoch würde ich Standorttreue nicht extrem überbewerten.
Zitat von DPUnd in einem Land, in dem ausser den Finanzmärkten nur wenig noch funktioniert, gilt ein Angriff auf eben diesen Wirtschaftsmotor als feindlicher Akt.
Als das ist er ja auch durchaus gedacht.
Tja, früher Seeräuber und Ausbeuter, heute Börsenspekulanten. Mit ehrlicher Arbeit scheinen's die Briten nicht so zu haben.
Wenn der Wurmfortsatz der USA die EU verlässt, wird dies ein guter Tag für Europa sein.
---
„Manchen Völkern genügt eine Katastrophe, sie zur Besinnung zu bringen. Deutschen, so scheint es, bedarf es des Untergangs.” --Arthur Moeller van den Bruck
„Wenn man so darüber nachdenkt ist es eigentlich erschreckend, wie wenig Politiker aufgeknüpft werden.” --G. K. Chesterton
„Manchmal frage ich mich, ob die Welt von klugen Menschen regiert wird, die uns zum Narren halten, oder von Schwachköpfen, die es ernst meinen.” --Mark Twain