Dank des Vorschlags "Profilings" bei den Sicherheitskontrollen an deutschen Flugplätzen ist mal wieder die ganz große PC-Welle in der bundesrepublikanischen Politik ausgebrochen. Jeder faselt von Menschenrechten, Grundgesetz und was man da sonst noch gerne für Vokalbeln gebraucht. Es erinnert mich stark an die ersten Veröffentlichungen des letzten Sarrazin-Buches. Was mich am meisten stört ist dass unsere hohe Politik offensichtlich das Maul weit aufreißt ohne die Sachverhalte zu kennen oder vielleicht auch nicht kennen zu wollen. Wer meint dass nur die vordergründigen Merkmale wie Moslem, jung, männlich für das Profiling herangezogen werden ist gewaltig auf dem Holzweg. Was mich am zweitmneisten stört ist dass Profiling eine ganz normale Technik bei polizeilichen Ermittlungen, im Rahmen von Versicherungen und bei einer Reihe von anderen Anwendungen in unserem tattäglichen Leben darstellt - dagegen gibt es keine Aufstände! Halt, doch, bei bestimmten Versicherungen durften Frauen auf einmal nicht mehr "benachteiligt" werden - Männer im Übrigen schon...
Kann man in diesem Land nicht einmal mehr - vielleicht auch mal verquere - Vorschläge machen ohne dass man sofort in der Luft zerrissen wird?
Gute Nacht WRL
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)
Wer dicke Bretter bohren will muss früh genug anfangen.
Der Chef des Düsseldorfer Flughafens wusste doch, welche Reaktionen sein Vorschlag hervorrufen würde. Schon die Wahl des Zeitpunktes sagt uns, dass die Saure-Gurken-Zeit genutzt werden sollte um ein möglichst lautes Echo hervorzurufen. Hat ja auch geklappt. Selbst einige Top-Lautsprecher wie Bosbach, Leut-Schnarr oder Wiefelspütz haben im Weihnachtsurlaub die Empörungsmaschine angeworfen.
Immerhin liessen die ZDF-Nachrichten auch Pro-Positionen zu Worte kommen und man hört auch Zustimmung aus berufenem Politiker-Munde wie dem HH-Innensenator. So ist das nun mal bei uns. Es ist halt bequemer, lieb gewonnene Positionen mit der PC-Keule zu verteidigen statt sich mit den garstigen Realitäten des richtigen Lebens zu befassen. Das dauert. Und wenn es diesmal nicht klappt, dann vielleicht das nächste mal.
Den Rest sehen wir dann bei Anne Will und Konsorten.
Ja klasse, das ist die Lösung des Problems der Langzeitarbeitslosen. Die können dann alle profilen gehen. Iregendjemand muss das ja machen. Also die Omma in den Flieger, den jungen Mohammedaner mit Bart und Turban und der Alluahakbar fehlerfrei dreimal sagen kann, ins Kröpfchen.
Ich habe das, glaube ich, früher schon mal geschrieben:
Unser Uralt-Landrat hat das mal vor ca. 20 Jahren gemacht - ca. 250 "arbeitsfähige" Sozialhilfeempfänger angeschrieben und sie gebeten/verpflichtet zum Schneeräumen anzutreten. Die Reaktion: ~30 % sind gekommen, weitere 30 % haben sich aus der Sozialhilfe abgemeldet, der Rest hat Krankheit etc als Hinderungsgrund angegeben. Und es ging ein Schrei der Empötung durch die lokalen Zeitungen, wie man denn die Unverschämtheit besitzen könne diese armen, vom Schicksal gebeutelten Menschen zu etwas unwürdigem wie Schneeräumen zu verurteilen.
1€-Jobs gabs damals noch nicht.
Schönen Tag WRL
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)
Wenn man will, dass Almosenempfänger arbeiten gehen, dann schafft man Arbeitsplätze und bezahlt die Leute anständig. Wenn man Almosenempfänger einfach nur als billige Arbeiterameisen ausnutzen will, dann kann man auch das tun, sollte es aber zugeben... ;)
Wenn die Gemeinde Bedarf für 250 Schneeräumer hat, soll sie 250 Schneeräumer einstellen. Kann man einfach am Arbeitsamt ausschreiben. Wenn man die Dauer des Einsatzes nicht absehen kann, bieten die Zeitarbeitsunternehmen dafür Angebote. Wenn die Lohnnebenkosten zu hoch sind, sollen die Herren Gemeinderäte ihre Parteiführer motivieren, die zu senken.
Unsere Stadt steht kurz vor dem Bankrott. Die Bezirksregierung redet bereits fleißig in die Haushaltsplanungen rein. Da ist für reguläre Arbeitskräfte kein Geld da. Meines Wissens wurden die 1€-Jobs für genau solche Fälle erfunden.
Richtig, mit 1€ Jobs lügt man sich selber in die Tasche. Eine Arbeit, die dringend gemacht werden muss, hat einen Wert größer ein Euro. Auf der anderen Seite bringen 1€ Jobs keine Sozialabgaben, keine Steuern und keine Rentenbeiträge. Die beglückten können sich davon nix leisten, generieren also auch keine Nachfrage. Und nicht zuletzt machen diese Jobs noch Unternehmen Konkurrenz, die dieselbe Dienstleistung noch regulär anbieten. Wer auch immer sich das ausgedacht hat, sollte heute noch zur Strafe in ein ganz tiefes Loch geschmissen werden.
"Meines Wissens wurden die 1€-Jobs für genau solche Fälle erfunden."
Nein, ganz im Gegenteil wurde hoch und heilig versprochen, dass genau das nicht passiert, dass die 1€-Jobber Arbeit machen, die eigentlich normale Arbeitnehmer machen sollten.
Diese 1€ Jobs (genau wie die 430€ Jobs) ruinieren den Arbeitsmarkt nachhaltig. All diese Leute bekommen aus den Sozialkassen Leitungen ohne selbst dazu beizutragen und machen damit die Sozialversicherungen für die anderen noch teurer. Was diese Jobs wiederum noch attraktiver macht.
Kater: Die Konkurrenz zwischen 1€-Jobbern und regulärer Arbeit wird oft heran gezogen - und viel zu oft wird das auch zu recht getan. Aber in diesem Fall ist es nunmal so, dass die Arbeit schlicht NICHT erledigt wird. Soll heißen, die Stadt schickt ihre (festangestellten?) Kräfte, die das Jahr über mit Straßenreinigung beschäftigt sind, im Winter zum Schneeräumen und die tun das ihren Kapazitäten entsprechend. Das Resultat ist, dass an meiner Haltestelle auch nach sieben Wochen noch niemand aufgetaucht ist. Weder zum Räumen, noch um wenigstens einen Gehweg zu schaffen, noch um jetzt die letzten Eispanzer zu entfernen.
Da kann man nun wirklich nicht von Konkurrenz mit regulärer Arbeit sprechen.
Spock: Zum Thema "Wert von Arbeit" habe ich eine zugegeben provokante Meinung für dich: Jobs mit Löhnen unter der Mindestlohngrenze, die von 1€-Jobs verdrängt werden, sind ohnehin nicht erhaltenswert!
nur weil die Stadt diese offensichtlich notwendige Arbeit nicht ordentlich macht, heisst das ja nicht, dass es dafür keine Jobs gäbe. Im übrigen hat gerade Düsseldorf durchaus das Geld, für diese Arbeit regulär jemanden zu beaufragen.
Und es gibt Firmen, die solche Dienste anbieten. Wenn man nun diese Schneeräumaktion, die nur deswegen nicht bezahlt werden, weil die Stadt andere Prioritäten setzt, durch 1€ Jobber erledigen lässt, nimmt man diesen Firmen, die ihre Mitarbeiter regulär bezahlen und sozielversichern müssen, die Aufträge weg, die sie zum Überleben brauchen. Übrigends bekommen diese Firmen genau von diesen Städte heftig auf die Mütze, wenn die für ihre Mitarbeiter keine Steuern und Sozialabgaben entrichten. Und nachher tauchen die Ex-Mitarbeiter dieser Firmen bei der Arge auf, um dann für 1€ genau die Arbeit zu machen, aus der sie gerade entlassen wurden, nur dass wir alle jetzt die Sozialversicherungen für die bezahlen dürfen.
Und wo willst Du da die Grenze ziehen ? Wenn die Städte sich ausserstande sehen, die Müllentsorgung zu organisieren, stellen wir dafür dann auch 1€ Jobber ein ? 1€ Jobber, die Streife gehen, weil bei der Polizei alles kurz und klein gespart wurde und der verbleibende Rest Radar- und Verkehrskontrollen macht ?
Zitat Zum Thema "Wert von Arbeit" habe ich eine zugegeben provokante Meinung für dich: Jobs mit Löhnen unter der Mindestlohngrenze, die von 1€-Jobs verdrängt werden, sind ohnehin nicht erhaltenswert!
Warum sind sie nicht erhaltenswert? Und wie kann es Jobs geben, in denen unterhalb eines Mindestlohnes gezahlt wird, das wäre ja illegale Arbeit. Ich dachte, die Diskussion dreht sich um legale Beschäftigung, sonst macht sie keinen Sinn.
Zitat von KaterLexx, Und nachher tauchen die Ex-Mitarbeiter dieser Firmen bei der Arge auf, um dann für 1€ genau die Arbeit zu machen, aus der sie gerade entlassen wurden, nur dass wir alle jetzt die Sozialversicherungen für die bezahlen dürfen.
Gruss Kater
Kater,
man muss diese Sondersituation der Schneeräumung nicht gleich generalisieren. Müllabfuhr ist in der Regel keine Nachfragespitze nach Arbeitskräften, sondern ein relativ gleichmäßiger Arbeitsanfall. Und ob ich durch Steuererhöhungen der Stadt oder durch höhere Sozialabgaben geschröpft werden dürfte am Ende ein Nullsummenspiel sein. Vielleicht sind die städtischen Krankenhäuser auch nicht unfroh, sich mit ein paar mehr Knochenbrüchen das Defizit verkleinern zu können.
Abseits der 1€-Job Diskussion gibt die Räumsituation allerdings Gelegenheit, darauf aufmerksam zu machen, dass sich Arbeitslose nicht gerade nach Arbeit sehnen, selbst wenn sie sich anbietet. Da so manche Sozialromantiker gerne die Karte von der emotionalen Not von Arbeitslosen spielen weil diese das Gefühl des Nichtmehrgebrauchtwerdens haben, kann man sich hier gelegentlich davon überzeugen, dass das warme Bett das überzeugendere Argument ist. Mein Schwiegervater (Arbeit gewohnter Rentner) hat dagegen nicht gezögert, und mir unentgeltlich den Gehweg geräumt. Dass er damit einem Tagelöhner oder mir den Job weggenommen hat ist natürlich bedauerlich. Aber vielleicht kommen die Städte doch noch auf den Trichter, die allgemeine Räumpflicht für Hauseigentümer abzuschaffen und die Räumung gegen Erhöhung der Grundsteuer in die eigene Hand zu nehmen. Mir käme das entgegen, dann könnte ich entspannter im Winter Urlaub machen.