Zitat Zum Thema "Wert von Arbeit" habe ich eine zugegeben provokante Meinung für dich: Jobs mit Löhnen unter der Mindestlohngrenze, die von 1€-Jobs verdrängt werden, sind ohnehin nicht erhaltenswert!
Warum sind sie nicht erhaltenswert? Und wie kann es Jobs geben, in denen unterhalb eines Mindestlohnes gezahlt wird, das wäre ja illegale Arbeit. Ich dachte, die Diskussion dreht sich um legale Beschäftigung, sonst macht sie keinen Sinn.
Spock,
zumindest bei sporadischen Tätigkeiten ist diese Diskussion sinnlos. Da wird es, wenn sich Auftragnehmer und Auftraggeber über einen Pauschalpreis einig sind, keine Kontrolle geben. Das sind alles Luftdiskussionen.
Zitat Wenn die Gemeinde Bedarf für 250 Schneeräumer hat, soll sie 250 Schneeräumer einstellen. Kann man einfach am Arbeitsamt ausschreiben. Wenn man die Dauer des Einsatzes nicht absehen kann, bieten die Zeitarbeitsunternehmen dafür Angebote. Wenn die Lohnnebenkosten zu hoch sind, sollen die Herren Gemeinderäte ihre Parteiführer motivieren, die zu senken.
Eben. Aber die 1Euros sind halt billiger und an vielen Stellen schon Dauereinrichtung ("Hausmeister" an Schulen, "Umgeschulte" als "Maler" beim Sanieren/Renovieren, usw.)
ng: Wie Martin schon geschrieben hat, kann man den konkret von mir genannten Fall nicht verallgemeinern, weder auf andere Einsätze noch auf andere Städte. Tatsächlich müsste es bei jedem solchen Einsatz eine Einzelfallprüfung geben, ob die Stadt es sich einfach bequem macht und auf den Einsatz spekuliert, oder ob die Arbeiten ansonsten wirklich nicht anderweitig vergeben werden.
In DIESEM Fall ist die Sache klar!
Spock: Letztlich spielt es keine Rolle, ob der Mindestlohn unterwandert wird, sei es durch Leiharbeit oder kriminelle Machenschaften, oder ob er politisch verhindert wird. Beides führt zum gleichen Ergebnis: Bezahlung unter Wert.
"man muss diese Sondersituation der Schneeräumung nicht gleich generalisieren." Naja, das Schema ist ja bekannt. Und es bleibt bei meiner Aussage, dass es Firmen gibt (Leiharbeitsfirmen) die sich genau auf solche Situationen spezialisiert haben. Normale Firmen haben auch kein Zugriff auf die ARGE Datenbanken, um mal eben 200 Leute zu bekommen.
"Abseits der 1€-Job Diskussion gibt die Räumsituation allerdings Gelegenheit, darauf aufmerksam zu machen, dass sich Arbeitslose nicht gerade nach Arbeit sehnen, selbst wenn sie sich anbietet." Diese Aussage ist erstmal eine Frechheit (auch wenn das in vielen Fällen stimmen mag). Aber selbst die Aufstellung, die da vom Landrat gemacht wurde (30% kamen, 30% waren krank, der Rest meldete sich ab) sagt erstmal gar nichts. Das Problem ist, dass viele Leute Hartz4 beziehen, die schlicht nicht arbeiten können, entweder weil sie wirklich krank sind (was ja eine gängige Ursache dafür ist, dass die Leute überhaupt arbeitslos sind) oder dass sie Kinder betreuen müssen. Und nachdem ich unser Schul/Krippen/Kindergartensystem selbst kennenlernen durfte, ist mir vollkommen klar, dass eine alleinerziehende Mutter nicht den Hauch einer Chance hat, ihre Kinder innerhalb 24 Stunden irghendwo unterzubringen, wenn sie zum Schneeschippen antreten soll.
Davon abgesehen würde es viel mehr anständige Jobs geben, wenn die nicht alle in 430€ Jobs und 1€ Jobs aufgesplittert worden wären.
vielleicht hat der Landrat die alleinerziehenden Mütter auch ausgenommen, als er 'arbeitsfähige' Hartz IV Empfänger anschrieb. Und die Alternative der Leiharbeitsfirmen hinterfrage ich auch: Da ist zwei mal eine Woche ordentlich Schnee, und von einem auf den anderen Tag sollen die Räumer auf der Matte stehen? Oder willst Du die Räumer den ganzen Winter in Reserve halten? Ich weiß Ende letzen Jahres von Leiharbeitsmärkten die leergefegt waren.
Es mag spezialisierte Firmen geben, aber hier handelt es sich auch um ein logistisches Problem.
Und was ohne 430€ Jobs wäre? Warum hat Rot-Grün diese Jobs so schnell wieder eingeführt? Ich würde jedenfalls keine Putzhilfe einstellen, wenn ich mich um Sozialabgabenkram u.a. kümmern müsste. Vielleicht sollte der Staat doch mal einführen, dass nicht die AG, sondern die AN ihre Abgaben abführen müssen. Ich mache sogar eine Kontrollmitteilung an das FA, wenn gewünscht. Bei Freiberuflern funktioniert das doch auch.
Nein, der LR hat keine alleinerziehende Mütter oder Väter und auch keine bekannt kranken Sozialhilfeempfänger angeschrieben, sondern nur solche, die schon länger arbeitslos gemeldet waren und im AA registriert waren. Lohn - soviel ich mich erinnern kann hatte es ein Taschengeld gegeben. Mehr hätte ja auch dazu geführt dass die Gelder wieder von Alo oder Soziaöhilfe abgezogen worden wären. H4 existierte damals noch nicht.
In übrigen ist Schneeräumen etwas das von jedem privat verlangt wird, es sei denn er/sie/es bewohnt ein Haus für das Hausmeisterdienste zur Verfügung stehen, und die werden dann richtigerweise über die Miet- oder Hausnebenkosten eingezogen. Egal, ob es sich um jemand Kranken, eine alleinstehende 80-jährige Omi oder sonst wen handelt - Schneeräumen ist Pflicht, steht in praktisch jeder Ortssatzung drin.
Da Schneeräumen i.d.R. eine Spitzenlast darstellt ist wohl schlicht kein Markt vorhanden, entsprechendes Personal hierfür vorzuhalten. Aber vielleicht ändert sich das ja mit dem Klimawandel... Der Beweggrund des LR war damals, dass er ein dringendes Problem lösen wollte und zudem an den Gemeinsinn der Leute appelliert hat - im Großen und Ganzen ist das in die Hose gegangen.
Schönen Abend WRL
"Glückliche Sklaven sind die größten Feinde der Freiheit!" Marie von Ebner-Eschenbach “Politiker sind wie Windeln. Man muss sie oft wechseln und das aus denselben Gründen.” (Mark Twain)
"Da Schneeräumen i.d.R. eine Spitzenlast darstellt ist wohl schlicht kein Markt vorhanden, entsprechendes Personal hierfür vorzuhalten. "
Die Gelben Seiten Düsseldorf liefern auf Anhieb 42 Firmen, die genau das anbieten.
Für "kein Markt vorhanden" sind das ganz schön viele. Übrigends viele Firmen z. B. Gärtnereien dabei, die damit Ihr Personal, was sonst wetterbedingt nicht die regulären Aufgaben machen kann, auslasten.
Wenn man dafür jetzt Hartz4 Empfänger nimmt, werden diese MA halt in Kurzarbeit geschickt. Aber ob das der Sinn der 1€ Jobs sein kann ?
Nach deiner Logik könnte man auch die Abschaffung des Ehrenamtes fordern - die Ehrenamtler nehmen regulären Arbeitskräften die AP weg! Man kann aber eben nicht generell voraussetzen, dass die Tätigkeiten, von denen wir reden, auf jeden Fall von irgendwem im Auftrag verrichtet werden.
Den angeblichen oder tatsächlichen Markt für Schneeräumer würde ich in drei Teile aufteilen: 1. reiche Auftraggeber wie Düsseldorf, die sich reguläre Arbeiter leisten können. 2. weniger reiche Auftraggeber, die sich reguläre Arbeit nicht leisten können 3. Auftraggeber, die überhaupt kein Geld in die Hand nehmen können. (bei 2. und 3. bleibt die Arbeit ohne entsprechendes Angebot liegen)
Für 3. gibt es das Ehrenamt, da ist der Fall schon klar. 1. sollte idealerweise auf reguläre sozialversicherungspflichtige Arbeit zurückgreifen. Und im 2. Bereich sind 1€-Jobber tatsächlich sinnvoll.
WRLs und mein Beispiel sind wohl klar. Das Beispiel Düsseldorf auch. Es sind andere Fälle, in denen die Entscheidung tatsächlich schwierig werden könnte.
Zitat Für 3. gibt es das Ehrenamt, da ist der Fall schon klar. 1. sollte idealerweise auf reguläre sozialversicherungspflichtige Arbeit zurückgreifen. Und im 2. Bereich sind 1€-Jobber tatsächlich sinnvoll.
Ach, das ist doch Geschwätz.
Die 1€ Jobs werden letztlich von der Allgemeinheit aus Steuern bezahlt und die Gemeinden, die für derartige Arbeit Rücklagen im Etat bilden, um dafür reguläre Unternehmen beschäftigen, sind letztlich die Doofen und überlegen sich gut, ob sie nicht auch auf die Pleiteschiene aufspringen. Da hat Kater Recht, dass das 1€ System geradezu Anreize setzt, es auch so zu machen.
Man sollte sich mal fragen, warum Deutschland kein Geld mehr für simple Kommunale Aufgaben hat, obwohl jedes Jahr neue Rekordschulden aufgenommen werden. Mir wird schlecht, wenn ich z.B. an die nun wiederkehrende Schlagloch-Diskussion denke. In den 60ern und 70ern waren die Winter wohl fast alle so wie dieser und der letzte und da wurde meines Wissens nicht so ein Theater gemacht (wobei des da auch noch nicht so viele Doofenmedien gab).
mal ganz konkret: Wenn Du mit dem Studium fertig bist, was soll einen Arbeitgeber daran hindern, so lange keine Physiker einzustellen, bis er die als 1€ Jobber hinterhergeworfen bekommt ?
Letztlich müssen sich nur alle Arbeitgeber für Physiker mal für zwei Jahre einig sein, dann sind die alle in Hartz4. Wobei der Trend ja schon absehbar ist, an den Universitäten werden die ja schon nicht mehr so wirklich angestellt. Das ist genau die Situation, die wir bei den Kommunen und den Schneeschippern jetzt haben, die haben jahrelang alle miteinander Leute an die Luft gesetzt, obwohl sie die eigentlich zur Erfüllung ihrer Aufgaben brauchen. Und jetzt, wo die alle Hartz4 bekommen, sollen die, die gleiche Arbeit, für die sie früher fest angestellt waren, für 1€ machen.
Das System beisst sich in den Schwanz, am ende werden wir alle darunter leiden.
In dem Zusammenhang wird dann übrigends deutlich, dass die Steuersenkungen der letzten Jahre und die damit einhergehenden Ausgabenkürzungen der öffentlichen Hand, nicht mal den Reichen/Neoliberalen nützen. Die haben zwar jetzt das ganze Geld auf dem Konto, aber wenn die Flugzeuge nicht enteist und die Strassen nicht geräumt, nützt denen das so gar nichts. In der First Class Launge sitzt es sich zwar besser, aber nach Hause kommen sie zu Weihnachten eben auch nicht.
Zitat In dem Zusammenhang wird dann übrigends deutlich, dass die Steuersenkungen der letzten Jahre und die damit einhergehenden Ausgabenkürzungen der öffentlichen Hand, nicht mal den Reichen/Neoliberalen nützen. Die haben zwar jetzt das ganze Geld auf dem Konto, aber wenn die Flugzeuge nicht enteist und die Strassen nicht geräumt, nützt denen das so gar nichts.
Kater, daran sind aber nicht automatisch die Steuersenkungen alleine Schuld.
Der naive Gedanke solcher Sparprogramme ist wohl, dass dort gespart wird, wo es möglich ist. Jedes Unternehmen macht das ja ähnlich mit dem Rasenmäher und mäht dabei auch manch hoffnungsvolles Gewächs ab. Wenn man Apparate verschlanken will, führt m.E. an Ausgabenkürzungen kein Weg vorbei. Ich wage mal die Prognose, dass die Situation der Kommunen ohne Sparmaßnahmen heute gar nicht so viel besser wäre, die Verwaltungsgebäude wären lediglich noch voller.
Zitat von Kater In dem Zusammenhang wird dann übrigends deutlich, dass die Steuersenkungen der letzten Jahre und die damit einhergehenden Ausgabenkürzungen der öffentlichen Hand, nicht mal den Reichen/Neoliberalen nützen.
Komisch, ich kann mich weder an Steuersenkungen noch an Ausgabenkürzungen der öffentlichen Hand erinnern.
Stattdessen erinnere ich mich an massive Steuer- und Abgabenerhöhungen und Rekordschulden.
Beziehst Du Dich vielleicht auf ein anderes Land als Deutschland?
Kater, Spock: "Wenn Du mit dem Studium fertig bist, was soll einen Arbeitgeber daran hindern, so lange keine Physiker einzustellen, bis er die als 1€ Jobber hinterhergeworfen bekommt ?"
Die wirtschaftliche Notwendigkeit. Bis es soweit kommt, sind die AG längst pleite. Mehr dazu schreibe ich weiter unten.
"Ach, das ist doch Geschwätz."
Und warum? Ist es denn nicht genau so wie beschrieben? Tatsache ist, dass die Schneeräumarbeiten in meiner Stadt NICHT erledigt wurden, weil sie sich die nötigen zusätzlichen Arbeitskräfte nicht leisten kann. Mit 1€-Jobbern wäre das vielleicht gegangen - so ist die Arbeit buchstäblich liegen geblieben. Ein anderes Projekt, der Umbau einer alten Eisenbahnstrecke in einen Rad- und Wanderweg wurde von einer Bürgerinitiative ins Leben gerufen und mit Spenden und ehrenamtlichem Engagement vorangetrieben. Die Stadt hat von Anfang an gesagt, dass sie kein Geld dafür geben kann, aber die Initiative unterstützt. Inzwischen ist eine Zusage über Fördermittel von 6 mio. € eingegangen und das Projekt damit gesichert. Die Arbeiten wurden übrigens bisher im Wesentlichen ehrenamtlich und von 1€-Jobbern erledigt. Ohne diese günstige Möglichkeit wäre das Projekt weder von der Stadt noch von den Spendern bis zu diesem Zeitpunkt zu finanzieren gewesen.
Jetzt komme ich zu dem Punkt, der offenbar Ursache unserer Uneinigkeit ist: Ich sage, dass für solche punktuellen Maßnahmen die 1€-Jobs durchaus sinnvoll sind. Ihr argumentiert, dass sich die Kommunen darauf einstellen und an der Vergabe regulärer Arbeit sparen.
Beides ist richtig!
Ein Problem mit den punktuell sinnvollen Jobber-Einsätzen bekommt man nämlich genau dann, wenn man sie als allgemeine Möglichkeit etabliert. DANN fangen die Profiteure an, routinemäßig damit zu rechnen und schaffen die von uns allendrei kritisierten Mitnahmeeffekte. Daher stammt letztlich auch meine Forderung nach einer Einzelfallprüfung.
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