Zitat von LexxDP: Ich kann mich nicht daran erinnern, dass das "aus dem Verkehr gehören" jemals ein Kriterium dafür war, wie "gut" oder "schlecht" ein Testkriterium ist.
Sollte er aber. Wenn ein Schadstoff gemessen aber seine Konzentration vielleicht völlig unschädlich ist dann sagt so ein Nachweis nichts aus, ausser der Tatsache, dass man tolle Messgeräte hat.
Du schreibst jetzt schon seit mehreren Beiträgen um das herum, was du eigentlich sagen willst. Sag doch direkt, dass die EPA-PAK in deinen Augen vollkommen harmlos sind und von Kindern gern aufgenommen werden können.
Ich habe, reiner Zufall, gerade einen Spruch hier vor mir; "Was du nicht messen kannst kannst du nicht lenken", Peter Drucker. Warum ich hier so hartnäckig gegenschreibe ist, dass ich gerne Klarheit habe. Warum das steht sehr eindrücklich in dem Focus Link und ist ansonsten auch meine Devise, um im Leben den Durchblick (ich weiss, ist eine Illusion) zu haben; ich will mir immer ein klares Bild machen. Was das nun genau bedeutet kann ganz unterschiedlich sein. Aber es ist ganz klar was es nicht ist und dies, also diese Vernebelung hängt genau mit dem zusammen, was du hier darstellst und was ich versuche zu entlarven; Rumgesülze, Falschaussagen, Unklarheiten, Schlamperei. Dein Eingangsbeitrag ist voll von Klischees, Halbwahrheiten und unbestätigten Behauptungen. Wie kannst du eigentlich mit einer solchen Haltung studieren? Das ist mir unbegreiflich. Ich habe ja mit Germanistik das klassische Rümgesülze studiert aber wenn ich da auch nur eine Behauptung aufgestellt hätte, die ich nicht felsenfest hätte belegen können wären mir die Seminararbeiten um die Ohren gehauen worden. Auch im Berufsalltag ist diese Klarheit ein essentieller Wert ohne dem eine professionelle Tätigkeit nicht möglich wäre. Oder meinst du, wenn ich einen Rapport verfasse an das Bundesamt für Kommunikation dann steht da, dass irgendwie 80% aller Dinge viellicht sicherlich so sein könnten, kombiniert mit allen möglichen Behauptungen über den Markt und über die daran beteiligten Firmen, wobei die relevanten Grenzwerte dann tatsächlich bei 4% liegen und sich der Markt bei genauer Analyse dann ganz anders darstellt? So etwas mache ich einmal, dann kann ich mir einen neuen Job suchen.
DP: Deine Faktenbindung sei dir unbenommen. Allerdings muss man das dann auch konsequent durchziehen. Es stimmt, dass nur 4% der Proben wegen zu hoher Schadstoffmengen unzulässig sind. Genau genommen sind es 0%, denn der Grund für die Unzulässigkeit ist der Gehalt einer komplett verbotenen Substanz.
Jetzt kommt aber das große "ABER"
Der einzige für PAK gültige gesetzliche Grenzwert (1-10 mg/kg) gilt nur für die Herstellung von (Auto-)Reifen. Das liegt aber nicht etwa an einer vermeintlichen Ungefährlichkeit dieser Substanzen, sondern hat technische und bürokratische Gründe - die neue Richtlinie ist gerade in Bearbeitung.
Was soll also die Stiftung Warentest deiner Meinung nach machen? Den PAK-Gehalt einfach ignorieren?
Das wäre sicherlich der falsche Weg, denn aus wissenschaftlicher Sicht ist bei diesen nachweisbar karzinogenen Stoffen das Prinzip der geringstmöglichen Exposition angezeigt. Die Tester sind allerdings keine Wissenschaftler, die selbst Studien zur Schädlichkeit dieser Substanzen anfertigen und daraus abgeleitet einen eigenen Grenzwert finden können. Sie sind auf die Ergebnisse angewiesen, die die Wissenschaft ihnen liefert. Es existieren in anderen Bereichen gesetzliche Grenzwerte für PAK. In Lebensmitteln liegen die zwischen 1 µg/kg (beachte: Mikrogramm!) für Babynahrung und 10 µg/kg bei Schalentieren. Für Verbraucherprodukte existieren zwar keine verbindlichen Grenzwerte, wohl aber freiwillige Grenzwerte der Hersteller: 10 mg/kg bei zu erwartendem längeren Hautkontakt (Handschuhe, Fahrradgriff, Hammerstiel, etc.) und 200 mg/kg bei kurzem Hautkontakt (Kabel, Elektrogeräte). Quelle
Aus wissenschaftlicher Sicht steckt das schonmal einen Rahmen ab, in dem sich die Grenzwerte für Kinder, die besonders anfällig für diese Exposition sind, bewegen sollten: unter 10 mg/kg.
Tatsächlich argumentiert das Bundesinstitut für Risikobewertung im Rahmen der neuen Richtlinie in einem sehr fundierten 16-seitigen Papier dafür, die Grenze der maximal zulässigen Exposition bei Kinderspielzeug auf die Nachweisgrenze zu legen und kritisiert die bisherigen/geplanten Regelungen: "Aufgrund der Orientierung der neuen Spielzeugrichtlinie am Chemikalienrecht darf die Leit-verbindung BaP bis zu einer Konzentration von 100 mg/kg im Spielzeug vorhanden sein (entsprechend Anhang VI der VO 1272/2008 ist der spezifische Konzentrationsgrenzwert für BaP, CAS 50-32-8, ≥ 0,01%). Legt man diese Konzentrationsgrenze für BaP in Spielzeug zugrunde, so könnten Kinder bei einstündigem Hautkontakt/Spielen ein Vielfaches dessen an krebserzeugendem BaP dermal aufnehmen, was im Rauch von 40 Zigaretten am Tag enthalten ist."
"Das BfR empfiehlt, generell die Regelungen für CMR-Stoffe in Spielzeug nicht auf die Gehalte, sondern auf die Migration zu beziehen, da nur diese für die Exposition relevant ist. Die Regelungen für CMR-Stoffe in Lebensmittelkontaktmaterialien, dass die Freisetzung der verwendeten CMR-Stoffe nicht nachweisbar sein darf (<0,01 mg/kg), sind technologisch umsetzbar und haben sich in der Praxis bewährt. Sie sollten für alle Arten von Spielzeugmaterialien und ohne Altersbegrenzung übernommen werden, um die Exposition der Kinder gegenüber den CMR-Stoffen zu minimieren."
Auf Basis dieses faktischen Unterbaus finde ich es durchaus in Ordnung, dass die Stiftung Warentest vor PAK-Belastungen im Spielzeug im Zweifel lieber warnt, als sie zu ignorieren und sehe darin keine Panikmache, wie sie im Focus-Artikel beschrieben wird.
p.s. Die Diskussion erinnert mich an unseren Thread zum Thema Exposition mit ionisierender Strahlung, von Tschernobyl bis zur Röntgenaufnahme. Als Alternative zu einer hier wie dort nicht vorhandenen Unschädlichkeitsgrenze könnte man die Exposition an der natürlichen PAK-Aufnahme orientieren. Die natürlichen täglichen Aufnahmemengen werden allerdings in ng und µg gerechnet, während bei der neuen Richtlinie Werte zwischen 10 und 1000 mg/kg im Raum stehen. Die mögliche Exposition liegt also viele Größenordnungen über der natürlichen. Auf ionisierende Strahlung übertragen - ich weiß, damit lehne ich mich jetzt ein wenig aus dem Fenster - könnte man die PAK-Frage auch so stellen: Wollen wir die Kinder für billigeres Spielzeug täglich einem Röntgen-CT aussetzen?
PAK haben schließlich nur für den Hersteller einen Nutzen. Moderne Herstellungsverfahren kommen auch ohne PAK aus - vermutlich deswegen bleiben 60% der untersuchten Plastikspielzeuge unbeanstandet, während zwischen 83% und 95% der Holzwaren-Proben Schadstoffbelastet sind (für genaue Zahlen auch zu den Konzentrationen, müsste mal jemand den Test kaufen).
Danke für die ausgezeichnete Zusammenfassung. Fachlich korrekt und trotzdem die möglichen Risiken beleuchtend. Zum Thema PAK habe ich hier einiges gelernt, das war mir gar nicht präsent, danke auch dafür.
Zitat Das setzt ja voraus, dass die Informationen irgendwo vorhanden sind. Wäre das der Fall, bräuchte man wiederum die Stiftung Warentest nicht.
Man könnte als Elter interessiert sein an der Gesundheit seines Kindes. Man könnte als Bürger interessiert sein an mehr Grundlagenforschung. Man könnte als Wähler interessiert sein an ein Durchgreifen der Politik (Grenzwerte, Kontrollen, Strafen, Verbote). Man könnte als Konsument interessiert sein an Informationen und gesunden Produkten. Usw.
Zitat Übrigens pikant an der Sache ist - das geht aus einem Kommentar zu der Meldung hervor - dass eins der durchgefallenen Spielzeuge vor Jahren von Öko Test mit "sehr gut" bewertet wurde.
Unfehlbar ist nur der Papst. Und je mehr man untersucht, kontrolliert, etc. umso mehr Fehler können dabei auftauchen.
Zitat Man könnte als Leser solche inflationären Meldungen einfach ignorieren.
Macht doch eh schon jeder und liest gemäß seines eigenen Filters. Deshalb gibt es ja trotz gleicher Infos unterschiedlichste Schlussfolgerungen zwischen "Weltuntergang" und "Alles easy" ;)
nichts dagegen, über solche Meldungen zu diskutieren. Man so etwas nur ganz unterschiedlich lesen. DP bemerkte bereits zu Beginn, dass wir älteren eigentlich alle tot sein müssten wenn wir nur um die Belastung unseres Spielzeugs gewusst hätten.
Will sagen: Solche Horrormeldungen sagen mir als Verbraucher rein gar nichts über die Gefahr, die nun tatsächlich von dem Spielzeug ausgeht.
Ich kann mir aber trefflich Gedanken machen über das Funktionieren unserer Mediengesellschaft und die Verteilung öffentlicher Gelder für solche Institute wie die Spielzeugtester.
Zum Beispiel, dass nur schlechte Nachrichten gute Nachrichten sind und ein Institut wie die Warentester im täglichen Strom der aufgebauschten Nichtigkeiten nur mit negativen Ergebnissen Chance auf Erwähnung haben.
FW, wenn ich so vergleiche, dann hatten wir damals zumindest nicht die Vielzahl an Spielzeugen. Oder wir haben uns die Spielzeuge aus irgendeinem Material gebastelt, das nicht für Spielzeug gedacht war. Wenn ich aber die Warentester mal in die Werkstatt meines Vaters mit der Vielzahl von Lacken und Schutzmitteln hätte führen können, wo ich mich regelmäßig herumgetrieben habe, dann müssten sie ihre heutige Arbeit an den Nagel hängen.
Das heutige Grundproblem ist, dass man zwar qualitativ Gefahren von Gefahrstoffen benennen kann, quantitativ (inklusive Intensität von Kontakt und daraus abgeleitet die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung) aber völlig im Dunkeln tappt. Man nimmt also den 'so wenig wie möglich oder nachweisbar'-Ansatz. Das hat dann mehr mit Methodik als mit dem tatsächlichen Risiko zu tun. Dumm ist, dass die Wenigsten damit umgehen können.
Zu den von Lexx erwähnten chinesischen Herstellern/Importeuren: Bei einigen 'Skandalen' der Vergangenheit war zwar die Fertigungsstätte in China, der ultimativ (auch für die Vorgaben) verantwortliche Hersteller war aber ein amerikanisches oder europäisches Unternehmen. Das Fingerpoining auf China greift da ein bisschen kurz.
Zitat dass wir älteren eigentlich alle tot sein müssten wenn wir nur um die Belastung unseres Spielzeugs gewusst hätten.
Richtig - und den Spruch mache ich auch immer gern ;) Aber...: Manche Erkrankung bekommt man von der Belastung ggf. erst später. Bei Krebs erregenden Stoffen z.B. kann man den Krebsausbruch ja auch nicht auf die Sekunde genau voraussagen.
Wenn also etwas schädlich sein kann, sollte man es aus dem Verkehr ziehen. Es gibt unzählige Stoffe auf der Welt - da bricht die Weltwirtschaft nicht zusammen, wenn man ein paar davon verbietet. Im Gegenteil animieren Verbote zur Suche nach Alternativen, was Fortschritt bedeuten kann.
Vielleicht sollte man da was auseinander halten. In meiner Vergangenheit habe ich auch schon eine Menge Mist gemacht das geht vom Sprayen im Innenraum, bis meine Hasenhaare vom Dampf eingefärbt waren, über das Einatmen von Capton und Kolophonium beim Löten bis zur Exposition mit irgendwelchen Metallen, mit denen man besser nicht in Kontakt kommt.
Das ist das Resultat individueller Sorglosigkeit bis Dummheit. Und trotzdem erfreue ich mich (noch) bester Gesundheit. Bei der Frage, welche Inhaltsstoffe wir in unseren Konsumgütern tolerieren, geht es aber um eine systematische - nennen wir es ruhig so - Verseuchung der Bevölkerung. Aufgrund der oft langfristigen Wirkung dieser Substanzen ist es letztlich ein Glücksspiel, wie so oft im Leben. Wir können lediglich das Risiko bestimmen.
In dem speziellen Fall PAK geht der geldwerte Vorteil für den Verbraucher mindestens ebenso im Grundrauschen unter wie das gesundheitliche Risiko (hohe Expositionen wie bei Schornsteinfegern ausgenommen. Dort sind die Krebserkrankungen tatsächlich signifikant erhöht). Daher ist meine Meinung, dass man ohne Weiteres auf die PAK-Weichmacher verzichten kann. Die Industrie kommt schließlich auch prima ohne bleihaltige Farben aus. Und, dass RoHS-konforme Elektrogeräte signifikant teurer wären als andere, habe ich auch noch nicht festgestellt.
ng: Hasenhaare sind diejenigen Haare, die dem Fell des Hasen ähneln. Ob die nun in der Nase, an den Augen oder wie bei manchen auch in den Ohren wachsen, spielt letzlich eine untergeordnete Rolle. Wobei die sich nicht alle verfärben, wenn man farbenhaltige Dämpfe einatmet ;)