"Die Physik, die solchen Netzen zugrundeliegt, ist seit 1960 im Großen und Ganzen dieselbe. Die darauf aufbauende Technik ebenfalls."
Ja, vor allem letzteres ist das Problem. Dinge wie z. B. intelligente Stromzähler, die eine Laststeuerung auf Verbraucherseite ermöglichen, werden nur auf massiven Druck der Regierung eingeführt. Es gibt z. B. schon seit Jahrzehnten die Möglichkeit, z. B. Nachtspeicherheizungen oder Wärmepumpen zentral an oder abzuschalten, wenn man Lastregelung betreiben will. Bei Wärmepumpen muss z. B. explizit eine Abschaltzeit von bis zu zwei Stunden eingeplant werden. Die Technik so etwas z. B. auf Kühlschränke, Kühltruhen, Klimaanlagen etc. auszuweiten existiert bereits seit Jahrzehnten und ist auch schon installiert. Diese Tarife werden zunehmend abgeschaft, die sich daraus ergebenden Möglichkeiten werden nicht genutzt.
Von daher sind all die Tränen der EVU über die ach so schlimmen Netzprobleme nur Krokodilstränen. Die Lösungen gibt es, sie werden nur nicht eingesetzt.
Und ja, in den 60ern, als die Kommunikation zwischen den Kraftwerken per Telephon lief, war die Lastregelung sicher ein Problem. Heute sind die zeitlichen Anforderungen für Netzregelautomatisierung im Millisekundenbereich unter anderem um die Lastregelung entsprechend dynamischer machen zu können.
WRL: OK, überzeugt. Ich hatte da wohl was falsch in Erinnerung.
Inzwischen scheint das Thema hier sowieso umzuschwenken von der Preisfrage zur Technikfrage. Ich gebe auch zu, dass das gerade sehr interessant ist. Daher zum Strompreis nur noch ein paar Sätze: Das HTW des Saarlandes macht andauernd Studien zur Energiewirtschaft und ich bin der Meinung, dass die auch bei einer Studie im Auftrag der Grünen noch seriös sind. Schließlich sind auch harte (börsenrelevante) Zahlen darunter, die sehr leicht zu überprüfen sind. Ich bin also gespannt, ob die entkräftenden Gegenquellen, die einige hier abwarten wollen, noch kommen oder das Ergebnis so stehen bleibt - es würde mich nicht wundern. Wir haben hier nicht die erste Diskussion darum. Ich meine sogar, damals bewiesen zu haben, dass die höheren Kosten im europäischen Vergleich nicht durch Steuern zustande kommen können. Ich lasse mir den Thread aber gerne raussuchen und mich eines besseren belehren.
Die Eingangsfrage "Warum ist Strom so teuer" wurde bisher leider nicht beantwortet.
Bei der Studie wäre natürlich interessant zu wissen, wann die in Auftrag gegeben wurde. VOR oder NACHDEM die Grünen wussten, dass das EEG nächstes Jahr zum Bumerang für die Bürger wird. Vor der nächsten Hiobsbotschaft - der drohenden Gefahr für die Netzstabilität dürfte es auf jeden Fall gewesen sein.
Zitat ..Die Technik so etwas z. B. auf Kühlschränke, Kühltruhen, Klimaanlagen etc. auszuweiten existiert bereits seit Jahrzehnten und ist auch schon installiert...
Ja, ich war in den 70er Jahren in einem jordanischen Dorf, da wurde abends zwischen 8 und 10 Uhr der Stromgenerator eingeschaltet, und die Leute hatten für zwei Stunden elektrisches Licht und konnten ihre Waschmaschinen betreiben. Ist wirklich nichts Neues.
Man kann natürlich sein Leben auch dem intelligenten Takt Netzlast anpassen. Irgendwann kommen dann die EU Direktiven, wer wann was tun darf, damit die Netze ja stabil bleiben. Ich will mir aber bis dahin keine Gedanken mehr machen müssen, ob ich einen Kühlschrank bis zum nächsten Nachmittag besser nicht mehr öffne, weil erst dann wieder das zentrale Steuersignal kommt.
Abgesehen davon beschreiben Deine technischen Lösungen das Mikromanagement der Lastenregelung, von dem keine Gefahr von Netzzusammenbrüchen droht. Allerdings wäre natürlich bei entsprechender Infrastruktur die Versuchung groß, bei Lastsprüngen zwischendurch alle Haushalte mal kurz zentral wegzuschalten, bis das Netz wieder stabil ist. Die EU Norm, die unseren Energieversorgern längere Pausen zugesteht, ist ja seit einigen Jahren freigegeben. Dem kann man dann wieder intelligent begegnen, indem man sich schnell anlaufende Notstromeinrichtungen zuhause installiert.
...wenn sie denn mal funktionieren. Bei uns in der Uni gab es gestern nen Stromausfall, weil einer der Elektriker entweder falsch informiert war, sich keine Gedanken gemacht hat oder einfach irgendwas verpeilt hat. Auf jeden Fall hat der wohl die Hauptstromleitung durchtrennt. Die Notstromversorgung hat unseren Server ca. fünf Minuten am Leben gehalten, dann war die Batterie platt (wurde noch vor wenigen Jahren ausgetauscht) und letztendlich ist die Systemfestplatte abgeraucht. Soviel zu Notfallstromversorgungen ;)
"Dem kann man dann wieder intelligent begegnen, indem man sich schnell anlaufende Notstromeinrichtungen zuhause installiert."
Wenn Du es für intelligent hälst, wegen ein paar Stunden Stromabschaltung für den Kühlschrank oder die Kühltruhe gleich ein Notstromagregat anzuschmeissen, dann scheint es mit der Intelligenz nicht weit her zu sein.
Nur noch mal für die ganz Doofen, es geht nicht darum, den Strom komplett abzustellen, sondern besonders unempfindliche Geräte wie eben Kühlschrank oder Kühltruhe über ein Zusatzsignal abzuschalten.
Zitat von Kater"Dem kann man dann wieder intelligent begegnen, indem man sich schnell anlaufende Notstromeinrichtungen zuhause installiert." Wenn Du es für intelligent hälst, wegen ein paar Stunden Stromabschaltung für den Kühlschrank oder die Kühltruhe gleich ein Notstromagregat anzuschmeissen, dann scheint es mit der Intelligenz nicht weit her zu sein. Nur noch mal für die ganz Doofen, es geht nicht darum, den Strom komplett abzustellen, sondern besonders unempfindliche Geräte wie eben Kühlschrank oder Kühltruhe über ein Zusatzsignal abzuschalten. Gruss Kater
Kater,
das was Andere manchmal als 'intelligent' betrachten, sehe ich Verkomplizierung, Gängelei, Abhängigkeit. Mein X5 ist so ein Beispiel: Wenn ich die Fahrertür leicht öffne, um beim Einparken ein Hindernis zu umfahren, fährt er schon gar nicht los: Die intelligente Software will mich vor Fehlern schützen.
Von den Amerikanern kenne ich den Begriff 'Elegant Simplicity', den umzusetzen viel mehr Intelligenz erfordert als das manchmal deutsche klein-klein (Steuerrecht als leuchtendes Beispiel).
Ich habe einen Kühlschrank, gut isoliert, mit einer guten und verlässlichen Temperaturregelung. Wenn ich zwei Kilo Fleisch oder zwei Liter Flüssigkeit reinstelle, dann muss der erst mal arbeiten damit seine Temperatur gehalten wird. Ich will mir dann keine Gedanken machen müssen, wann mir wohl das E-Werk wieder den Kompressor einschaltet. Und ich will mir keine Gedanken darüber machen müssen, ob ich bei einem abgetauten Kühlschrank mich mit dem Hersteller des Kühlschranks herumschlagen soll, oder mit dem Stromversorger. Wobei ich davon ausgehe, dass die Vielzahl der Kühlschränke nicht alle gleichzeitig ein- oder ausgeschaltet werden. Sie sind im Netz also 'Grundrauschen'.
Zu den 'Doofen': Ich nehme nur die deutsche oder europäische Gründlichkeit vorweg. Ist erst mal die Steuerung gelegt, fallen den Regulieren zusätzliche, wie von mir angedeutete, Regelmechanismen ein. Dies vor allem dann, wenn es dann tatsächlich zu großen Netzzusammenbrüchen kommen sollte. So eine konsequente Lastregelung hat doch ihren Charme, nur so ganz technisch betrachtet. Man vergisst dabei als Ingenieur leicht, warum man mal überhaupt so eine Stromversorgung haben wollte.
Für ein großes Kühlhaus mit entsprechender Isolation und 'kritischer Masse' mag es durchaus kostenrechnerisch Sinn machen, den Zeitpunkt der Stromabnahme mit dem Versorger zu beiderseitigem Vorteil zu regeln, und dafür Zusatzaufwand an anderer Stelle (Vertrag, Kontrolle, usw.) in Kauf zu nehmen. Als Privatmensch lege ich aber dort Wert auf Einfachheit, wo mir die Alternative keinen zusätzlichen Nährwert bietet.
Sicher, kann man diese intelligenten Geschichten heute alle machen und sollte es auch, wo es sinnvoll ist.
Die führen aber nicht daran vorbei, dass zwischen 6 und 8 Uhr 60 Millionen Menschen in diesem Land aufstehen, das Licht anmachen, Kaffee kochen und eine Stunde später in Schule, Büro oder Werkstatt Beleuchtung, Computer oder Maschinen einschalten. Das sind letztlich die signifikanten Verbraucher, die die schwankende Netzlast verursachen und wo irgendwann eine intelligente Lastverteilung an ihre Grenzen stößt. Da ist man wieder bei der puren Physik, nach der die Netze konstruiert sind.
(Wobei ich irgendwo mal gelesen habe, die EU erwägt ernsthaft, nach den Glühlampen auch Kaffeemaschinen zu verbieten. Nicht ganz ohne Häme habe ich in dem Zusammenhang das hier gelesen.
Zitat Wenn Du es für intelligent hälst, wegen ein paar Stunden Stromabschaltung für den Kühlschrank oder die Kühltruhe gleich ein Notstromagregat anzuschmeissen, dann scheint es mit der Intelligenz nicht weit her zu sein.
Aber sich sowas anzuschaffen und dann stundenlang ausschalten zu lassen, ist auch nicht grad schlau...
Zitat Nur noch mal für die ganz Doofen, es geht nicht darum, den Strom komplett abzustellen, sondern besonders unempfindliche Geräte wie eben Kühlschrank oder Kühltruhe über ein Zusatzsignal abzuschalten.
Was ist denn daran "besonders unempfindlich"? Wenn man nicht mehr weiß, ob und wie zuverlässig die Geräte gelaufen sind, kann man dem Zustand der Lebensmittel auch nicht mehr trauen. Dann kann man auch auf den Kram verzichten. Aber das ist vielleicht das eigentliche Ziel?! Zurück zur Natur?!
Zitat von Kater Nur noch mal für die ganz Doofen, es geht nicht darum, den Strom komplett abzustellen, sondern besonders unempfindliche Geräte wie eben Kühlschrank oder Kühltruhe über ein Zusatzsignal abzuschalten.
Die Geräte mögen ja unempfindlich sein, die Inhalte sind es bestimmt nicht.
Zumindest einen heutigen Kühlschrank will ich nicht mal 30min vom Netz nehmen, wenn ich eventuell einmal die Tür zwischendrin öffnen will. Es sei denn natürlich, ein paar verdorbene Waren wären ein akzeptabler Preis für ein sauberes Ökogewissen. Denn letztlich willst Du damit ja EE-Schwankungen ausgleichen. Im Winter und/oder in der Nacht bei wenig Wind müssen die Geräte dann schon mal 12-14h ohne Strom auskommen.
"Zumindest einen heutigen Kühlschrank will ich nicht mal 30min vom Netz nehmen, wenn ich eventuell einmal die Tür zwischendrin öffnen will."
Also ganz spontan würde ich annehmen, dass ein "heutiger" Kühlschrank wesentlich besser gedämmt ist also ein älterer und das deswegen weit besser wegsteckt. Die Kompressoren laufen ja heute auch nicht durchgehend, sondern machen recht lange Pausen.
Und das Öffnen der Türe ist nun wirklich irrelevant, dafür hat die Luft, die da einströmt, eine viel zu geringe Wärmekapazität im Vergleich zu dem Kram, der da drin ist. Die müsste man schon minutelnag offenlassen, aber dann ist das Problem nicht mehr primär die Stromabschaltung.