Kodo schrieb am 02.12.2007 14:36
Die interne Revison prüft, so wie ich sie kenne, just in time.
Das habe ich in meinen 30 Jahren Berufspraxis noch NIE erlebt. Die Herrschaften kamen stets hinterher. Prüfen das, was schon passiert ist. Das ist auch ihre Aufgabe. Sie können natürlich hergehen und die Jungs rufen, BEVOR Sie etwas vorhaben, um prüfen zu lassen, ob das in Ordnung geht (das habe ich schon gemacht, und das funktioniert prima), aber da geht die Initiative von IHNEN aus. Ein ganz anderer Fall als der, der diesem Bankendebakel zugrunde liegt. Da wäre Internal Controls in jedem Falle zu spät gekommen. Nix is mit "Just in Time".
Als Privatmann würde ich mir meine Wohnung auch nicht überbuchen, trotzdem führt gerade diese Handlung bei den Fluggesellschaften zu einem weiten Teil zum Geschäftserfolg.
Na der Vergleich taugt nicht viel. Durch Überbuchen ist noch nie ein Flieger abgestürzt und selbst durch Überziehen der Überbuchungspraxis gibt es höchstens ein paar verärgerte Kunden. Nie ist aber die Existenz der Airline gefährdet.
Zitat:
Beide prüfen erst im Nachhinein. Und das im Routinefall auch erst mit grossem Zeitabstand, von anlassbezogenen Sonderprüfungen mal abgesehen.
Eine gute Revision prüft nicht nur Vorfälle, sondern auch die bestehenden Geschäftsprozesse auf deren Sicherheit. Die Definition UND Einhaltung sicherer Geschäftsprozesse ist sogar zwingend, wenn ein Unternehmen bestimmte Zertifizierungen haben will.
DP schrieb am 02.12.2007 20:43
Spock, Der Vergleich war auf Martin gemünzt, der meinte, als Privatmann andere Risiken einzugehen als das Bankmanagement.
Ich wollte den Hinkevergleich eigentlich nicht kommentieren. Der Mechanismus des Risikos, wenn ich als Bürge mit meinem gesamten Vermögen eintrete, ist einfach: Wenn der Fall der Fälle eintritt, sitze ich auf der Straße. Wenn Fluggesellschaften überbuchen mag das zwar mit zunehmender Frequenz mehr und mehr Kunden verkraulen, dann reguliert sich das von selbst. Bleiben mehr Kunden weg, nimmt die Frequenz der wegen Überbuchung vergraulten Kunden wieder ab. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Nutzer der Bürgschaft ausfällt, ist kaum kalkulierbar. Die Wahscheinlichkeit, dass alle Kunden synchron wegbleiben ist gering.
Selbstverständlich können Banken Risiko besser streuen als ein Privatmann in einem singulären Fall. Die Kunst des Risikomanagements ist aber auch, 'Klumpenrisiken' zu vermeiden. Das trifft auch für Einzelrisiken zu. Wer will beispielsweise schon die Pleite seiner firma riskieren, weil alle Zulieferer im Erdbebengebiet Japan sitzen?
MartiS2 schrieb am 02.12.2007 22:41
Die Kunst des Risikomanagements ist aber auch, 'Klumpenrisiken' zu vermeiden.
Nein.
Die Kunst des Risikomanagements ist es nicht, Risiken zu vermeiden. Das wäre ja einfach. Die Kunst, sprich dafür wird das Management bezahlt das einzuschätzen, ist, die perfekte Balance zu finden zwischen unternehmerischem Risiko und den Ertragschancen.
MartiS2 schrieb am 02.12.2007 22:41
Die Kunst des Risikomanagements ist aber auch, 'Klumpenrisiken' zu vermeiden.
Nein.
Die Kunst des Risikomanagements ist es nicht, Risiken zu vermeiden. Das wäre ja einfach. Die Kunst, sprich dafür wird das Management bezahlt das einzuschätzen, ist, die perfekte Balance zu finden zwischen unternehmerischem Risiko und den Ertragschancen.
Natürlich gehört es zu den grundlegenden Zielen des Risikomanagements, Risiken zu vermeiden.
Risiken, die personenbedingt sind, wie mangelhafte Kontrolle und Aufsicht oder riskante Geschäfte, können vermieden werden.
Z.B. durch ein KO für diese Personen.
Letzteres muss natürlich der Vorstand exekutieren.
Genau so wie das Management die Balance finden muss, zwischen Risiko und Ertragschancen.
Wer sonst?
Allem wohnt ein Risiko inne. Das gilt für alle Lebensbereiche. Man kann zwar einzelne Risiken ausschalten oder minimieren aber nicht alle. Risiken können Wechselwirkungen haben, Das eine vermeiden kann ein anders hervorrufen oder verstärken. Wenn ich nicht vor die Tür gehe, kann mir kein Blumentopf auf den Kopf fallen. Dafür erhöht sich aber mein Herzinfarkt-Risiko wegen Bewegungsmangel. Im Geldgewerbe ist es nicht anders.
Das Risikomanagement hat zuerst mal die Aufgabe Risiken überhaupt erst erkennbar zu machen. Das unerkannte Risiko ist das grösste.
Dann muss es die Risiken bewerten und quantifizieren.
Dann muss ein Plan her: Welche Risiken dürfen nicht eingegangen werden, welche doch? Und in welcher Höhe? Welche Risiken sind unvermeidlich? Wie wird damit umgegangen? Wie sieht die Risikostruktur aus? Das gilt nicht nur für die „traditionellen“ Kredit- und Anlagerisiken, sondern für alles. Personalbereich, wie von Kodo erwähnt, EDV, Betriebsabläufe, Immobilien usw. Das muss der Vorstand verabschieden. Der AR muss es kennen und absegenen.
Mittlerweile ist ja bekannt, dass das Problem bei den US-Immobilien zunächst nicht Kreditausfälle waren, sondern der Mangel an Investoren, die noch weiter in die Kreditpakete investieren wollten. IKB und SachsenLB waren pleite bevor das erste Häuschen aus ihrem Portefolio die Rückzahlung einstellte. Das Refinanzierungsrisiko war schlicht nicht erkannt worden, und zwar schon als die ganzen Konstruktionen aufgelegt wurden. Das ist insofern erstaunlich, als es sich um das alte Münemann-Syndrom handelt. Münemann war die erste Bankpleite nach dem Krieg.
MartiS2 schrieb am 02.12.2007 22:41
Die Kunst des Risikomanagements ist aber auch, 'Klumpenrisiken' zu vermeiden.
Nein.
Die Kunst des Risikomanagements ist es nicht, Risiken zu vermeiden. Das wäre ja einfach. Die Kunst, sprich dafür wird das Management bezahlt das einzuschätzen, ist, die perfekte Balance zu finden zwischen unternehmerischem Risiko und den Ertragschancen.
Der Widerspruch ist unberechtigt. Risikomanagement hat zwei Stufen: In der ersten Stufe versucht man möglichst viele der Einzelrisiken und das Gesamtrisiko mit vertretbarem Aufwand auf ein vertretbares Niveau zu reduzieren. Nur die Risiken, die nicht mit einfachen Mitteln auf ein vertretbares Niveau gebracht werden können werden einer in der Regel aufwendigeren Kosten-Nutzen Analyse unterzogen. Die 'Kunst' umfasst beides, wer aber den aufwendigeren Teil (bei gutem Ergebnis) vermeiden kann, ist einfach besser..